Rundschau.

Stuttgart, 7. Dezbr. Heute vormittag fand im Kgl. Rcsidenzschlosse hier die Nagel­ung und Weihe der Fahnen der neuen Jnf.- Regimcnter Nr. 127 und 180 statt. Um 10 Uhr versammelten sich die Abordnungen der beiden Regimenter, bestehend aus den Regiments- und Bataillonskommandeuren und je einem Vertreter sämtlicher Chargen bis einschließlich Gemeinen nebst den Fahnen­trägern, ferner die direkten Vorgesetzten der beiden Regimenter, die Generale und Kom­mandeure der Garnisonen Stuttgart und LudwigSburg und die Offiziere deö Kriegs­ministeriums. Nachdem die AuNtellnng be­endet, betraten der König und die Königin um 10 Uhr 30 Minuten den Saal, gefolgt von den Königl. Prinzessinnen und Prinzen. Sofort wurde die Nagelung der Fahnen vo>- genommen, indem Se. Majestät der König und I. M. die Königin nnd die Mitglieder' des K. Hauses, der kommandierende Gene­ral, der Kricgsminister, der Kommandant der 24. Jnf.-Diviston, der bienstthuende Ge- neralabjutant des Königs, der Kommandeur der 54. Inf.-Brigade, sowie die Mitglieder der Deputierten je einen Nagel in die Fahne schlugen. Sobald die Nagelung vollzogen, begaben sich der König nebst Gefolge in den Schloßhof, wo inzwischen die Truppen der Garnisonen Stuttgart und Cannstatt, sowie die nicht in Front stehenden hiesigen Offiziere Aufstellung genommen hatten. Bei Erschein« n des Königs ließ General v. Hitler präsen­tieren, ein dreifaches Hurrah ertönte und die Musikkorps spielten jdie Königshymne. Die neuen Fahnen wurden sodann gegenüber einem im Schtoßhof errichteten Altäre ausgestellt, während dessen präsentierten die Truppen nnd die Musik spielte den Präsendiermarsch Hierauf erscholl das Signalzum Gebet" und mit Gewehr bei Fuß wurde von sämt­lichen Anwesenden der zweite'Vers des Cho­rals ,Allein Gott in der' sei Ehr" ge­sungen. Die neuen Fahnen wurden hierauf vom evang. Fcldprobst geweiht. Der kath. GarnisonSpfarrer sprach ei» Gebet, hierauf wurde bas LiedNun danket alle Gott" ge­sungen. Eine Batterie gab gleichzeitig 101 Kanonenschüsse ab. Nachmittags 1 Uhr fand Diner bei S. M- dem König statt.

Neuenbürg, 7. Dez. Bei der am Sonn­tag den 21. Nov- d. I. in C a l w stattge­habten Gauversammlung der Turnvereine des Enz- und Nagoldthales wurde als nächster Festorl des Gaulurnsestes Neuenbürg ein­stimmig gewählt. Als weiterer Festort hat sich auch noch Wildberg angetragen, doch zog Wildberg seinen Antrag zu Gunsten Neuen­bürgs wieder zurück. Der hiesige Verein wird sich nun kurz nach Neujabr mit den nötigen Vorarbeiten befassen und zunächst mit der Konstituierung der verschiedenen Ko­mitees beginnen. Aus diesem Anlaß macht sich im Vereinskreise das Fehlen einer Turn­halle am hiesigen Platze mehr als je fühl­bar und der Wunsch nach einer solchen wird immer lauter, Io daß man mit einer noch­maligen Bitte um Errichtung einer gedeckten Turnstätte das hies. Gemeindekollegium an­gegangen werren soll, um mit dem im Juli oder August nächsten Jahres in unseren Mauern abzuhatlenden Gauturnfest zugleich die Einweihung der Turnhalle, zu der ja die Pläne und KostenvoranschtSge schon aus­

gearbeitet sind, zu verbinden. Um außer­ordentlich große Ausgaben seitens der hies. Gemeindekasse zu einem solchen Unternehmen kann eS sich nicht handeln, und dürfte auch dieses Projekt zu keinen weiteren Bedenken veranlassen, angesichts der Thatsache, daß schon ein namhafter Baufonds vorhanden und daß in Württemberg keine Oberamts­stadt mehr ist, die nicht über eine Turnhalle verfügt. -- Mit ruhigem Blicke würde der Verein dem Feste entgegengeben, wenn sich sein seit Jahren gehegter Wunsch erfüllte, eine Turnhalle <u haben , in der er dann, auch wenn das Wetter weniger günstig sein sollte, mit den auswärtigen Turnern die turnerischen Vorführungen unbehindert ent­wickeln könnte. ^

Nagold, 6. Dez. Gestern a,»^. Advent abends 5 Uhr wurde eine Abendandacht ge­halten zur Einweihung der neuen Kirchen­beleuchtung der hiesigen Stadlkirche. Voll­zählig hatte sich die ganze Gemeinde einge­funden und herrlich strahlte die Kirche im Glanze der vielen elektrischen Flammen und des prächtigen Kronleuchters.

Schorndorf, 7. Dez. Ein unberechen­bares Unheil wäre vorgestern beinahe durch einen schmählichen Bubenstreich entstanden. Einer oder mehrere lose Burschen hatten, um den Früh-Schnellzug um 8 Uhr zum Ent­gleisen zu bringen, an der Zentralweiche zwischen der sogenanntenZunge" und der Schiene einen eichenen Keil tief in den Bo­de» geschlagen, wodurch die Weiche am rich­tigen Funktionieren verhindert worden wäre. Glückticherw'is.' wurde der Streich noch recht­zeitig entdeckt und konnte der Keil mit großer Mühe entfernt werden. Ein früherer Weichen­wärter wurde als der Thal verdächtig, in Haft genommen.

Mergentheim, 7. Dez. Ein Einwohner hiesiger Stadt hat die Wohlthat des Jn- validitäts- und AllerSversicherungSgejetzes in erfreulicher Weise erfahren dürfen. Dem­selben wurde heute mit Rückwirkung bis zum Jahre 189l insgesamt 833 ^ 87 ^In­validenrente ansbezahlt.

Oberndorf, 8. Dez Die Lotterie des G flügel- und Tierschutzvereins Oberndorf ist vom Ministerium des Innern genehmigt worden. Dieselbe soll am 15. März näch- fien Jahres stallfinden. AuSgegeben werden 5000 Lose ä, 50 D'e Gewinne sollen bestehe» in Zuchttieren, Utensili n n. s. f.

(Eine Griiuelseene in der Kaserne.) Grauenvolle Ausschreitungen haben sich in der Nacht vom Sonntag zum Montag in der Kötner Jnfanleriekaserne am Weidenbach zugetragen, die das 53. Jnf.-Regiment be­herbergt. Man berichtet über den Hergang aus Köln: Zehn auf einer Stube zulammen- liegende Soldaten der 5. Kompagnie erhiel­ten von ihrem Stndiiiältesten, dem Gemeinen Schulz aus Barmen, am Samstag de» Be­fehl, die Stube zu reinigen. Anstatt dem Befehle nackzukommen, fotzten die neun Sol­daten den Entschluß, den ihnen unliebsamen Stubenältesten zu überfallen und zu miß­handeln. Als Schulz in der Sonntag-Nacht vom Urlaub in die Kaserne zurückkehrle, wurde er sofort von dem Gemeinen Putz an­gefallen. Schulz griff zum Seitengewehr und erstach den Putz, der alsbald verschied. Hierauf stürzte die gesamte Mannschaft auf den Stubenälteste» und mißhandelten den­

selben mittelst Seitengewehr sowie einer gro­ßen Scheere in der unmenschlichsten Weise. Der Schädel des Schulz gleicht einer form­losen Masse. Erst als die Wache cinschritt, ließen die Soldaten von ihrem Opfer ab. Der Fußboden war mit großen Blutlachen bedeckt. Schulze wurde in das Mllitärlazarer geschafft, wo er schwerverletzt darniederliegt. Die Aerzte haben jede Hoffnung auf Er- haltuna des Lebens anfgegeben. Der Hiupl- rädelSführer wurde verhaftet. Heute (Diens­tag) Morgen trat das Gericht zusammen.

Köln, 8. Dez. Dem Düsseldorfer Kri­minalkommissar Voigt gelang eS im Verein mit der Kölner Kriminalpolizei die Spur einer Eiubiecberbande aufzusinden, die in mehrere» großen Llädten bedeutende Ein­brüche auSgeführl hat. Bei einem Spitz­bube» wurde» dte gesamten, in der Villa Rosenheim bei KönigSwinter, im Werte von 20,000 ./A gestohlenen Silbersachen vorge­funden.

Hamburg, 9. Dezbr. Der Luftschiffer Klünder gedenkt eine Nordpolfahrt mit einem Ballon von 14 000 obm Gasinhalt und 500 Tagen Tragkraft zu machen.

Ein Tierkamps in Madrid. Am vergangen Montag Hai in Madrid auf der Place de Toros der schon längst angekün- digte und von der dortigen Bevölkerung mit so großer Sehnsucht erwartete Kampf zwischen dem bengalischen Tiger Crsar und dem spanisch.« Stier Regatero stattgefunden, wo­bei letzterer ats Sieger hervorging. Neun­mal hatte sich Cesar auf Regatero gestürzt und evenso oft wurde er von diesem zurück­geworfen. Als Cesar zum zehnten Male den Angriff versuchte, versetzte ihm Regatero mit einem Horne einen so furchtbaren Stoß in die Flanke daß der Tiger nach kurzer Zeit tot zusammenbrach. Regatero wurde dann von den Madridern frenetisch bejubelt und von seine» Wärter» feierlich bekränzt.

Verschiedenes.

Die meisten Dienstboten hat, wie wir derKöln. Volköztg." entnehmen, von allen deutschen Großstädten Frankfurt a. M., näm­lich 73 aus 1000 Einwohner und legt auch dadurch den Beweis dafür ab, daß es die wohlhabendste deutsche Stadt ist. Sodann folgen Stuttgart mit 71 und Cbarlottenburg mit 70 Dienstboten auf je 1000 Einwohner. Hinter diesen drei Städten bleiben alle an­deren 'deutschen Städte in diesem Punkte weit zurück; denn die nächste Stadt, Mün­chen, hat bloß 50 Dienstboten auf je 1000 Einwohner. Dann folgen Breslau (48), Hannover und Nürnberg (je 47), Hamburg (45), Braunschweig (42), Dresden, Königs­berg, Stettin (je 41) und an 13. Stelle Köln (39). Dann erst kommt Berlin (28 auf 1000). Noch weniger Dienstboten als Berlin haben der Reibe nach Dortmund, Barmen, Aachen, Düsseldorf, Elberfeld, Altona, Leipzig, Danzig, Magdeburg, Cre- selb und Halle; an letzter Stelle steht Chem­nitz mit 22 Dienstboten auf je 1000 Ein­wohner.

(Genau nach Vorschrift.) Arzt:Ha­ben Sie Ihrem Mann das Schlafmittel nach Vorschrift gegeben?" Die Frau:Alle zwei Stunden, Herr Doktor I Aber es war eine harte Arbeit, ihn jedeSmal wieder wach zu kriegen."

SicdsMon, Druck nnd Verlag von B-rnh. Hsfmann ln Wlbbad.