«7

o

Rundschau.

Enzklösterle, 23. Okt. Ein- höchst be­trübende und traurige Kunde überraschte uns heute morgen. Die Frau des Schmiedmeisters Stieringer, Mutter von 9 unversorgten Kin­dern, wovon 2 noch im zartesten Alter sich befinden, fiel heute bei Tagesanbruch, als sie im Begriffe war, von der Bühne Futter herabzuwerfen, so unglücklich durch das Gar­benloch auf die mit Platten belegte Tenne herunter, daß sie auf der Stelle tot war. Die Anteilnahme mit der so schwer geprüften Familie ist im ganzen oberen Enzthal eine allgemeine.

Stuttgart. Dem Hauptmann Ferling im Jnf.-Regst Nr. 125, der mit seiner Kom­pagnie die besten Schießergebnisfe auch in diesem Jahre erzielt hat, wurde von dem Könitz ein silb. Ehrenschild mit entsprechender Widmung verliehe». Einen Ehrenschild er­hielt Hauptmann Ferling auch im vorigen Jahre.

Stuttgart, 23. Okt. (Ständisches.) Dem Et. A. zufolge ist als Tag des Wiederzu- sämmentritts der Ständeversammlung Diens­tag der 23. November in Aussicht genom­men.

Stuttgart, 23. Okt. (Rathausneubau.) Dem Vernehmen desS. M." nach hat der Gemeinderat in seiner heutigen nichtöffentlichen Sitzung in Sachen des RathauSneubaueS nach erregter Debatte eine Kommission bestimmt, die mit dem K. Finanzministerium wegen des Ankaufes der Legionskaserne in Unter­handlungen eintreten und als Maximalkaus- preiS den bereits bekannten Schätzungswert von 2 140 000 ,/A anbieten soll'

Stuttgart, 23. Okt. (Volksfest.) Die über das diesjährige Volksfest auf den Bahn­höfen Stuttgart und Cannstatt sowie auf dieser Strecke dienstlich thätig gewesenen Be­amten und Bediensteten haben von der K. Generaldirektion der StaatSeisenbahnen an­läßlich der außerordentlichen Inanspruchnahme Belohnungen in Beträgen von 5 bis 30 erhalten. Auch die an diesen Tagen auf dem Bahnhof Stuttgart und der Strecke nach Cannstatt hauptsächlich in Anspruch genommen gewesenen Hilfswärter und Arbeiter erhalten Belohnungen.

Cannstatt, 24. Okt. In vorletzter Nacht wurde von Bubenhand ein Weinfaß, das im Hofe eines hief. KÜf-rS lagerte, ange­bohrt, so das ca. 1 Eimer neuer Wein aus­gelaufen ist.

Heilbronn, 23. Okt. (Von der Aus­stellungs-Lotterie.) Die Gewinne sind nun­mehr, wie mitgeteilt wird, bis auf einige wenige abgeholt. Das prächtige Pianino, welches bekanntlich einem auswärtigen Bauern zufiel, ging durch Kauf in andere Hände Über, allerdings zu einem Preise, der weit unter dem Wert des Instruments steht. Der Verkäufer hat eben auch den Rat nicht be­folgt, sich bei beabsichtigten Verkäufen zu­nächst an die Ausstellungs-Kommission zu wenden. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß «in Stuttgarter Restaurateur Weisung gegeben hat, den Erlös für einen ihm zugefallenen Gewinn den Hagelbefchädigten zukommen zu lassen, ein Beispiel, das sicher der Nachahm­ung wert ist.

Neckarsulm, 23. Okt. Die Weinlese, wenn man von einer solchen sprechen kann, ist hier vollendet und wird der Ertrag auf 1015 Eimer geschätzt, gegen 4000, welche span erhoffte. Es macht dies hier allein

einen Ausfall von fast st, Millionen Mark.

Tübingen, 24. Okt. Die Wahl des Stadkschultheißen ist auf den 27. Nov. fest- gesetzi. Ausgeworfen für die Stelle sind 6000 dagegen sollen sämtliche Gebühren i» die Stadtkasse fallen. Ein Bewerberauf- ruf soll erfolgen mit Termin auf den 6. Nov. Hauptkandidat ist bisher Polizeiamtmann Hauser. Weitere Kandidaturen sind noch »ich! ausgetaucht.

Ravensburg , 23. Okt. Gestern abend wurde auf der Arbeiterkolonie Dornahof, OA. Saulgau, ein Kolonist von seinem Neben- arbeiter Pfeilmaier tvtgeschlagen.

Ulm, 22. Okt. Am 4. Oktober sandte der Schürzcnfabrikant Herbst seinen Lehrling auf die Stadipflege, um dort 570 ein­zuzahlen. Das saubere Bürschchen aber kaufte sich zunächst einen Revolver und ein Veloziped und brannte mit dem Rest des Geldes nach Augsburg und München durch. Bei seiner Verhaftung in München hatte er nur noch 100 ; falles übrige war ver­

jubelt. Das Früchtchen wurde gestern von der Strafkammer zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt.

Frankfurt, 23. Okt. In Kaisersberg brach in der Baumwollspinnerei des Fabri­kanten Chevalier ein Schadenfeuer aus, welches das Innere des 5stöckigen Fabrikge­bäudes vollständig cinäschertc. Der Schaden wird aus 500 000 geschätzt.

Mannheim, 21. Okt. Von einem Groß­feuer wurde heule abend unsere Stadt heim­gesucht. Es brannte das drei Stockwerk hohe Magazin der Porzellan-, Lampen- und GlaSsandkung von C. Schultz, Nachfolger (Inhaber Friedrich Büch) nieder. Die Feuer­wehr mußte sich auf den Schutz der angren­zenden Häuser beschränken. Das Feuer brach in dem Packraum des Magazins, welche sich inmitten der Stadt in Lit bst 4. 7 befindet, aus. Man vermutet, daß eS durch eine Un­vorsichtigkeit entstanden ist. Der Staden ist sehr bedeutend. Man spricht von 80 bis 100,000 Der Brandherd war einsehr gefährlicher, da an ihn ringsum Wohnhäuser grenzen.

Straßburg, 22. Okt. Der Gemeinderal bewilligte 800 000 zu den Herstellungs­kosten des Kanals, der die Zuführung von Nheinwasser in die JU vermitteln soll.

München, 23. Okt. Die Frachtvergüt- ung auf den bayerischen Staatsbahnen für Dachziegel, Stroh rc, welche für die hagel- beschädigten Distrikte Württembergs bestimmt sind, ist auf Streu und Futtermittel aller Art ausgedehnt worden. Bekanntlich geht diese Verfügung dahin, daß bei Vorlegung des Frachtbriefes die Hälfte des auf die bayerische StaatSbahn entfallenden Frachtan­teils zurückvergütct wird.

Berlin, 18. Okt. Daß man auch bei der Anwendung von Kosenamen immer vor­sichtig sein und sich namentlich die Adr-sse genau ansehen muß, an den sie gerichtet werden, davon kann jetzt der bekannte Schau­spieler Ferdinand Bonn in Berlin erzählen. Derselbe wurde dieser Tage Vom Schöffen­gericht in Charlottenburg wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 5 verurteilt. Herr Bonn halte im letzten Sommer einen Ausflug mit dem Rad in dem Grunewald gemacht; da die Chaussee äußerst schmutzig war, so fuhr er auf einem Fußsteig und wurde deshalb von einem Gendarmen ange­halten. Es gab einen Wortwechsel, wobei

Herr Bonn den Beamten einen Jüngling nannte, was dieser als Beleidigung auffaßte. Das Gericht hielt die Aeußerung ebenfalls für beleidigend und erkannte auf die obenge­nannte Strafe..

Aus Oldenburg, 20. Okt. wird gemeldet: Ein Bindermeister aus Wandorf betrat trotz deS Abratens seiner Freunde einen Wein­keller , in dem heuriger Most gährte und wurde bald darauf tot aufgcfunden.

Hamburg, 21. Okt. Nach einer Mit­teilung derHamburger Nachrichten" hat Fürst Bismarck an die Militär-Invaliden-, Veteranen- und Militäranwärtervereinc von Berlin und Umgegend die Mitteilung ge­langen lassen, daß er die im April d. I. erfolgte Wahl zum Ehrenmitgliede als nicht giltig ansehe, da ihm mitgeteilt worden sei, die von dem Vorsitzenden deS Vereins, Bre- dow, geleitete ZeitschriftReveille" unter ihrem unverfänglichen Titel sozialistische Ten­denzen verfolge und deshalb in der ganzen Armee verboten sei. DaS dem Fürsten an­gebotene Ehrenpräsidium hatte Fürst Bis­marck sogleich abgelehnt.

Hummelshkim, 23. Okt. Die Herzogin Agnes von Altenburg ist heute nachmittag 2 st, Uhr hier gestorben.

Rom, 23. Okt. Aus Ancona wird ge­meldet, daß dort gestern abend wieder Hoch­wasser eintrat, welches sehr schweren Schaden verursachte. Graf Raimondo Ricotti wurde von der Strömung fortgerissen und ertrank. Wiederholt stürzten Felsmassen vom Capo di Monte herab in die Stadt. Bedrohte Häuser wurden geräumt. Die Unterbrech­ung des Bahnverkehrs bauert fort. Auch die Telegrophenverbindvngen sind seit gestern gestört.

Eine Hochzeitsgesellschaft von der Eisenbahn überfahren. Aus Bialystock mei­det man den nachfolgenden schrecklichen Un­glücksfall : Ein Wagen mit zehn Personen, welche von einer Hochzeit heimfuhren, wurde am 20. Oktober nachts unweit der Station KnySczyn bei unqerschlvssencr Barriere von einem Schnellzug erfaßt und zermalmt. Acht Insassen des Wagens wurden auf der Stelle gelötet, zwei schwer verletzt.

Madrid, 21. Okt. Eine schreckliche Ka­tastrophe hat die Philippinen-Jnseln Letzte und Samar, südöstlich von Luzon gelegen, mit einer Gesamtbevölkerung von rund fünf­hunderttausend Seelen, am 12. dS. heimge- sucht. Ein furchtbarer Wirbelsturin, begleitet von einer berghohen Sturzwelle, ist über die genannten Inseln gekommen. Die östlichen Küsten haben besonders schwer gelitten. Viele Ortschaften, deren Wohnungen aus Bambus­rohr und Flechlwerk bestanden, sind wegge- fcgt. Die bedeutenderen Ortschaften Carigora. und Burugo sind fast gänzlich zerstört. Die Stadt Tacloban bildet einen Trümmerhaufen. Ueber 400 Leichen wurden bereits auS dem Schutt und Schlamm gefördert. Zusammen dürften über 3000 Menschen, sämtlich Ein­geborene , umgekommen fein. Der ange­richtete Schaden ist ungeheuer. Weitere Ein» zelheiten fehlen noch.

Paris, 20. Okt. Pariser Blätter be. richten: Einen grauenhaften Selbstmord be­ging der ehemalige Buchhalter Amedsc Marien. Er zündete in seinem Zimmer auf einem Kaminrost ein paar Holzscheite und Kohlen an und streckte sich neben der prasselnden Glut auf dem Boden aus. Der Unglück­liche hatte noch die Kaltblütigkeit, die Ein,