Wechte Liebe.
Novelle von H. Limpurg.
(Nachdruck verboten.)
1 .
Es war Manöverzeit I Ueber die Stoppelfelder galoppierte eine glänzende Reiterschaar dem nächsten Dorfe zu, dessen Kirchturmspitzen zwischen den Baumkronen bereits hervorschimmerten. Die Reiter waren eine Abteilung brauner Husaren, deren Anführer, Major von Sendrach, gar stattlich im Sattel saß. Er mochte im Beginn der vierziger Jahre stehen, seiner ritterlichen Gestalt stand die knappe Uniform gut, dem ernsten, schönen Gesicht verlieh der dunkle Schnurrbart »och einen ganz besonders interessanten Ausdruck, ebenso auch die etwas schwermütig blickenden Augen.
Neben dem Major ritt sein Adjutant, Lieutenant Baron von Bärfcld, ein Salonlöwe vom reinsten Wasser, der durch sein duftendes Haupthaar und den stets musterhaft gepflegten langen Schnurrbart im Regiment eine Rolle spielte, freilich auch nur allein deshalb. Er war mit Leib und Seele beim Manöver, spielte aber auch überall, wohin ihn das Schicksal ins Quartier brachte, den Liebenswürdigen und fing sogleich Feuer heute für blaue, morgen für schwarze Augen, bald für blonde Flechten, bald für krauses, braunes Lockenhaar. Schlug dann aber die Abschiedsstunde, dann entfloh der treulose Amor auch aus seinem Herzen und machte eS bereit, neue Eindrücke in sich aufzunehmcn.
Heute besonders war der Herr Lieutenant sehr vergnügt und spähte, das Monocle im Auge, eifrig an der gelbgrünen Buchenhecke, welche den Garten eines Guts- und Schloß» Hofes umschloß, entlang, ohne jedoch ein lebendes Wesen zu entdecken.
„Suchen Sie Jemanden, Baron Bärfeld?" frug Major von Sendrach, halb belustigt dem auffallenden Gebühren zusehend.
„Hm, wie man eS nimmt, Herr Major. Wir kommen heute zu meinem Onkel gleichen Namens, Bruder meines Vaters, in Quartier und — und —"
„Ah, da sind wohl einige hübsche Cousinen in Sicht?"
„Jawohl, Herr Major. Ein ganz famoses Mädchen, meine kleine Base Ada, die ich nur als Kind gesehen habe.*
„Aber ich denke, Sie finden die junge Dame so famos, bester Baron?"
„Ah, dem Bilde nach ist sie eine Schönheit, ich freue mich sehr, die schöne Cousine zu sehen. Ah, da war Jemandl"
Er richtete sich im Sattel höher auf, gerade als eine alte Gartenfrau, das Kopftuch tief in die Stirn gezogen, sich über die Hecke bog und neugierig die Ankommende» musterte.
Major von Sendrachs ernstes Antlitz erheiterte sich unwillkürlich.
„Ist das die schöne Cousine, Herr Lieutenant?" frug er launig. „Darf ich bitten, mich vorzustellen 2"
Bärfeld machte gute Miene zum bösen Spiel und lachte, doch spähten seine Blicke immer weiter —bis der neckische Zufall denselben daS gewünschte Ziel gab.
„Dort, Herr Major," stieß er aufgeregt hervor und zog die Zügel seines Pferdes so stark an, daß es hoch aufbäumte, „dort am
Wcirspalier steht eine junge Dame, daS muß Cousine Ada sein."
Eine hohe, schlanke Mädchengestalt bog sich anmutig bald hier, bald dorthin, um mit zarten Händen die dunkelblauen Trauben zu pflücken; unter dem breiten Hute ließ sich nichts von dem Gesichte sehen, das Einzige, was bis zu den Ankommenden leuchtete, war ein dicker, glänzender Knoten blondes Haares.
Das Pferdegetrappel und Geräusch der anrückenden Husaren war bis zu den Ohren der jungen Dame gedrungen, sie wandte sich aber nur halb um und rief dann, ruhig ihre Arbeit fortsetzend, in das eine offene Fenster hinein : „Mama, die Einquartierung kommt."
Die Helle, melodische Mädchenstimme drang bis zu den Ohren der Offiziere, und Sendrach wandte sich mit leichter Ironie zu seinem eleganten Adjutanten: „Sie sehen, Herr von Bärseld, wir gehören ohne Ausnahme zu dem einen Sammelnamen: die Einquartierung. Sind Sie darüber nicht ganz empört?"
„Hm, Cousine Ada wird schon bald günstiger über mich urteilen lernen," sagte er mit all der selbstgefälligen Eitelkeit seiner Lieutenantsjahre; „eS fängt sich doch unter Verwandten der Verkehr viel leichter an."
„Nun, vielleicht wird dies Manöver Ihrer Schmetterlingsnatur endlich einmal gefährlich," antwortete der Major, sein Pferd links in den Schloßhof lenkend, „und bringt uns eine junge schöne Frau mehr ins Regiment."
Der Schloßherr, Baron von Bärfeld, ein jovialer, liebenswürdiger Mann in den besten Jahren» begrüßte die Herren sehr freundlich und schüttelte dem neuauftauchen- dcn Neffen kräftig die Hand.
„Sieh da, Egon," rief er heiler, „also als schneidigen Husar sehe ich Dich endlich eimal wieder! Bei unserem letzten Zusammentreffen warst Du noch ein hoffnungsvoller Kadett, dessen Censuren sich in bunter Abwechselung bewegten."
„Wir kommen als ungebetene Gäste, Baron Bärfeld," bemerkte Major Sendrach, welcher indessen aus dem Sattel gesprungen war und sein Pferd dem herbeigeeilten Burschen übergab, „für acht Tage müssen wir mit noch fünfzehn Mann Husaren bet Ihnen um Gastfreundschaft bitten."
„Die Ihnen auch mit großer Freude gewährt werden wird, Herr Major," antwortete verbindlich der Schloßherr. „Nun bitte ich aber, meine Herren, mir zu folgen, damit ich Ihnen Ihre Zimmer anwetsen kann ; Sie werden müde und bestaubt sein."
Drüben am anderen Ende des Gutshofes trat im selben Moment jene schlanke Mäd- chcngestalt von vorhin aus der Gartenpforte und blieb noch einen Moment zögernd stehen, bis die Herren im Innern des Schlosses verschwunden waren, dann schritt auch sie leichtfüßig voran. Es war ein ganz allerliebstes, rosiges und regelmäßiges Gestchtchen, welches unter dem großen Schutzhute sich verbarg; tiefblaue Augen blickten so heiter in Leben, als gäbe es nichts von Sorge und Angst darin, um den frischen, roten Mund lag ein munteres Lächeln und Fräulein Ada murmelte vor sich hin: „Da sind sie nun! Was blasen die Trompeten Husaren heraus I Es wird eine ganz lustige Zeit werden, und ich muß Marie aus ihrem Romanlesen aufstöbern, um ihr die Neuigkeit mitzuteilcn, daß der Schwadronschef mit seinem Adjutan
ten und fünfzehn Mann Husaren unser einsames Schloß überfallen und sich darin festgesetzt haben."
Sie lachte silberhell und schlüpfte ins Schloß, um droben im luftigen Thurmzim- merchen anzupochen.
„Jst's erlaubt, Marie ?" frug sie, neckisch zur Thür hereinblickend, „oder bist Du noch ganz in Deine Romane vertieft?"
Das junge Mädchen, welches drin auf dem Divan saß, hob langsam den Kopf und blickte die Sprecherin aus feuchten dunklen Augen an. „Er hat sich soeben eine Kugel vor den Kopf geschossen, Ada," sagte sie so tragisch, daß ihre schöne Freundin in Helles Gelächter ouSbrach; aber weshalb stimmt Dich das so lustig — ich finde eS sehr traurig."
(Fortsetzung folgt.)
Vermischte».
— Entzündete Augen. Gegen entzündete Augen hilft folgendes einfache Mittel: Einige Tropfen flüssiger Honig werden in einem Kaffeelöffel voll warmeS Wasser ge- than, gut umgerührt bis zur vollständigen Auflösung und dann täglich vier- bis fünfmal drei oder vier Tropfen davon in das entzündete Auge gebracht. Bleibt davon einiges am Augenlide haften, so entferne man dies einige Minuten nach dem Eintröpfeln, ohne indes das Auge zu reiben oder heftig zu wischen. DaS Mittel soll genügen, um Augenentzündungen binnen wenigen Tagen ganz zu heben.
— Gegen rote Flecken im Gesicht. Macht man größere Spaziergänge, besonders in der Sonnenhitze, so bekommt man sehr oft rote Flecken ins Gesicht, und besonders die Nase hat unter solchen Brandflecken zu leiden. Auch kleine Kinder, die sich noch nicht an die Luft gewöhnt haben, sind diesen Sonnenflecken ausgesetzt. Dafür gibt es kein besseres Mittel, als öfter des Tages das Gesicht mit frischer süßer Butter cinzureiben. Es kühlt ungemein, und die Röte ist bald vorbei. Ebenso gut ist für die rauhe Haut an den Händen, die sich leicht durch das öftere Waschen letzterer einstellt, wenn man dieselben mit etwas Eiweiß einreibt und dasselbe auf den Händen trocken werden läßt. Die Haut wird dadurch sehr bald wieder glatt und fein.
.-. (Galgenhumor.) Gefängniswärter (zu einem zum Tode verurteilten Neger): „Sie dürfen sich vor Ihrer Hinrichtung noch etwas wünschen. Sie dürfen essen, trinken, was Sie wollen. Was wünschen Sie denn zum Frühstück?" „Den Henker."
(Eine böse Krankheit.) Bauer: „Ich möcht' für meine Alte a Mittel gegen Schlaflosigkeit " — Arzt: „Wie äußert sich denn das Nebel?" — Bauer: „No, i mag wie spät immer in der Nacht hamkommen, sitzts Ihnen im Belt auf und fangt zu zanken an."
(Wie das Volk spricht.) „Das ist der schönste Abschnitt meines Lebens," sagte Studiosus Klamm, da schnitt er den Coupon einer ihm eben durch den Geldbrirfträger zugestellten auf vierhundert Mark lautenden Postanweisung ab.
.'. (Wirksame Drohung ) Spitzbube (zur alten Jungfer, die ihn beim Wäschediebstahl ertappt): Sie, ich rat' Ihnen, lassen Sie mich lieber laufen! Wenn Sic mich anzeigen, kommen Sie vor Gericht, und da müffen Sie Ihr Alter angeben I
Redaktion, Druck und Verlag von Bernh. Hosmaun in Wildbad.