der wurde von den aufgebrachten Leuten beinahe gelyncht. Der Gelötete war Witwer und hinterläßl drei erwachsene Töchter.
Neuenbürg, 26. Juli. Der 18jShrige Goldarbeiter Herzog von Schwann, Sohn einer Witwe, setzte sich heute abend auf die Deichsel eines angehängten Breiterwagens, verlor aber beim Postgebäude das Gleichgewicht und stürzte ab. Er wurde überfahren und war sofort tot. — Von der im Bau begriffenen Schmalspurbahn Karlsruhe-Herren- alb sollte die Teilstrecke bis Marxzell am 15. August eröffnet werden. Die Arbeiten schreiten aber nicht so rasch voran, doch hofft man bis 1. Oktober die ganze Linie dem Verkehr übergeben zu können. Herrenalb, das bis jetzt drei verschiedene Bahnhospro- jekte hatte, einigte sich in den letzten Tagen auf eine» Platz unmittelbar unter der Hummelsburg. Der Bahndamm lehnt sich ansl linke Thalgehänge an, wodurch das herrliche Wiesen'hal nichts von seinem Reiz verlieren wird. Die Baulust ist ordentlich rege in dem schön gelegenen Kurort, schade nur, daß der Villenstil verlassen wird und die Häuser- spckulation Häuserkasernen errichten will. Derartige Gebäude paffen nicht für Herrenalb.
Teinach, 26. Juli. Das Jakobifcst wurde gestern in gewohnter Weise begangen. Zu demselben hatten sich so zahlreiche Besucher ringefunde» wie schon viele Jahre nicht mehr. Mehr als 1000 Personen haben der Volksbelustigung beigewohnt; in Calw allein sind an der Bahnhofkaffe 500 Karten nach Teinach gelöst worden. Das Fest selbst bestand in Waffertragen, Sackhüpfen, Klettern und dem bekannten Hahnentanz; am letzten beteiligten- sich 3 Paare in Bauerntracht. Das Eselsweltrennen, das sonst die Lachmuskeln der Zuschauern in heiterste Bewegung setzte, mußte leider ausfallen. Die Mittel zu den Preisen stammen aus einer alten Stiftung, sowie auS Beiträgen der Kürgästc und des Badhotels.
Hirsau, 27. Juli. Der Wirt zu „Bleiche" hier wurde am Sonntag Nachmittag von einem seiner Gäste mit in halber Entrüstung ausgestoßenen Vorwürfen überhäuft, weil bei ihm ja eine „nette Gesellschaft" wohne. Der Wirt bat sich erstaunt eine Erklärung aus, aber der aufgeregte Gast zerrte ihn wortlos zu dem Tische, auf welchem das Fremdenbuch aufgeschlagcn lag und deutete stumm auf einen Eintrag desselben. Was las der Wirt: „25. 7. 97. Reindel, Scharfrichter von Magdeburg." Daß der Name des vielgenannten preußischen „Köpfers" auch den Wirt außer Fassung brachte, ist ein Beweis dafür, daß auch in unserer „aufgeklärten Zeit" die „Vorurteile" noch nicht ganz geschwunden sind. Die Geschichte ist buchstäblich wahr und beruht auf den Mitteilungen eines Augenzeugen von Pforzheim.
Altensteig, 24. Juli. Die Heidelbeer- ernie ist in hiesiger Gegend bereits in vollem Gang. Leider ist dieselbe an Ergiebigkeit in Anbetracht der reichlichen Blüte hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Maifröste haben seinerzeit den Fruchtansätzen sehr geschadet, besonders in abgeholzten Schlägen; reichlichere Früchte findet man an den Stauden im Hochwald, wo die Fröste weniger eindringen konnten. Für ein Simri (20 Liter) werden 2 20 ^ bezahlt, ein
Preis, der bis jetzt noch nicht erreicht wurde. Für ärmere Waldorte ist die Heidelbeerernte
eine ergiebige Einnahmequelle, und ein täglicher Verdienst geschickter Sammlerinnen dis zu 3 ^ ist keine Seltenheit.
— Weil ihn sein Nebenlehrling ärgerte, zündete der Schreinerlehrling Steck von Holz- kirch das Haus seines Meisters, des Schreinermeisters Wieland in Geislingen an. Es entstand ein Schaden von 23 000 Der Brandstifter wurde von der Strafkammer Ulm zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängnis verurteilt.
Donaueschingen, 26. Juli. Von einem schweren Brandunglück wurde gestern dir -Gemeinde Riedböhringen heimgesucht. Kurz vor 9 Uhr brach im Hause des Philipp Böhringer Feuer aus, das bei starkem Wind rasend schnell um sich griff und 16 Häuser einäscherte. Von den Fahrnissen konnte fast nichts gerettet werden. Ter Gcbäudever- stcherungSanschlag der 26 abgebrannten Häuser beträgt 92,000 ; 14 Eigentümer sind
versichert. Mit den Fahrnissen sind nur 10 versichert, sodaß der Schaden in anbktracht der Menge zu Grunde gegangenen Frucht ein großer ist. Zur Hilfeleistung erschienen die Feuerwehren von hier, Bchla, Hüsingen, Bräumlingen, Sumpfohren, Pfohren, Fürstenberg, Hausenvorwald und Blumberg. Die nur wenig über 600 Einwohner zählende Gemeinde Riedböhringen wurde ziemlich schnell nacheinander von größeren Bränden heimge- sucht. 1881 und 1884 brannten dort nämlich fünf, 1886 fünfundzwanzig und 1895 elf Häuser ab. Diese große Zahl von so schweren Brandsällen ist in einer so kleinen Gemeinde gewiß auffallend.
Gmünd, 25. Juli. Am 18. Scpt. wird hier ein landwirtschaftliches Fest abgehalten, mit welchem eine Lotterie verbunden ist unter Ausgabe von 10,000 Losen ü 1 Unter den Gewinnen befinden sich u. a. auch 12 Stück Rindvieh.
Ulm, 27. Juli. Gestern wurde der verheiratete 32jährige Bierführcr Held von Rottenacker in dem Bierkcller der Brauerei zur Glocke von dem Triebet des Aufzugs so schwer auf die Stirn getroffen, daß er sofort tot war.
Friedrichshofen, 24. Juli. Der Gasthof z. „Rad" hier wurde um 80 000 ^ an Joh. Georg Breymmeier, Gastwirt in Heidenheim, verkauft. Der bisherige Besitzer, G- Nommelspacher hatte denselben vor etwa 9 Monaten um den Preis von 65 000 gekauft.
Pforzheim, 26. Juli. Ein 6jähr. Knabe, der dieser Tage in einen Kessel mit kochender Wäsche fiel, ist nunmehr unter gräßlichen Schmerzen gestorben.
Pforzheim, 27. Juli. In den Tagen des 7. bis 9. August begeht die hies. Schützengesellschaft die Einweihung ihrer neuen Schützenanlage durch ein größeres Festschießen, zu dem ein stottcS Festprogramm, sowie ein vortrefflicher Schießplan aufgestellt sind. Für den Gabentempel sind bereits prächtige Ehrengaben angemeldet. Da wir seit 35 Jahren kein Schützenfest mehr hier hatte», wird von seiten der Gesellschaft wie der Bürgerschaft alles aufgeboten, das Fest so glänzend als möglich zu gestalten.
— (Ein Denkmal für Stephan.) Die Sammlungen unter den Postbeamten für ein Grabdenkmal des Staatssekretärs v. Stephan haben bis jetzt die Summe von über 42000 v/sü ergeben.
— Die erste That des neuen Staatssekretärs des Reichspostamtes v. PodbielSki ist für dessen Untergebene hocherfreulich. Den Unterbeamten-Witwen soll in Rücksicht darauf, daß deren Männer der Gehaltserhöhung nicht teilhaftig geworden sind, eine einmalige Unterstützung zu Teil werden. Zu diesem Zweck sollen mehrere Hunderttausend Mark bereit- gestellt werden.
— Beim Spielen mit dem Schießgewehr erschoß in Golßen der 13jährige Sohn des Bäckermeisters Köhr, der zur Zeit die Ferien bei seinen Eltern verlebt, mit einem 9 mm- Teschin den 11jährigen einzigen Sohn des Briefträgers Böhmer.
München, 28. Juli. Der Prinzregent überwies dem Münchener Komile 2000 ^ für die Hagelbeschädigten im würltembergischen Unterland.
Graz, 26. Juli. (Eine Betrügerin.) Aufsehen erregt die Verhaftung einer durchtriebenen Betrügerin Namens Mariska Semli, die in prtesterlicher Kleidung umherging und sich als Doktor der Theologie und Redakteur einer Zeitung ausgab.
— Theaterbrand mit großem Menschen» Verlust. Das Sommertheater im Ramona- park zu Padueah, einer Stadt von 12 bis 1500 Einwohnern im Staate Kentucky, ist in der Nacht auf Sonntag ein Raub der Flammen geworden. Die Vorstellung sollte in wenigen Minuten zu Ende gehen- E>n Schlußstück, das mit einem Feuerwerk verbunden war, hatte bereits begonnen; ein Feuerwerkskörper traf mehrere der Darsteller auf der Bühne und setzte deren Kleider sofort in Brand. Die Darsteller wurden insgesamt vom Schrecken ergriffen, ebenso die etwa 600 Personen starke Zuhörerschaft, die sich in der größten Elle und in fürchterlichem Gedränge nach den Ausgängen drückte. Frauen und Kinder wurden dabei niederge- treten. Das ganze Gebäude flammte bald auf, und ehe alle Zuschauer hinausgelangen konnten, fiel dos Dach auf die Bedrängten. Die ersten Nachforschungen auf der Brandstätte ergaben fünf gänzlich verkohlte Leichen. Bis jetzt nimmt man an, daß bei dem Unglück 150 Personen umgekommen sind.
— Abenteuer mit einer Wölfin. Im Walde zu Monok in Ungarn fanden zwei Holzhauer unter dichtem Gestrüpp in einer kleinen Höhle vier ganz kleine junge Wölfe, die sie mit sich nahmen- Kaum hatten sie hundert Schritte zurückgelegt, als sie ein furchtbares Geheul hörten, das immer näher kam. Bald erblickten sie die wütende Wolfs- multer, die, ihre Jungen vermissend, die Männer verfolgte. Diese erschrocken nicht wenig, warfen die Jungen von sich und fingen aus allen Kräften zu laufen an. Die Wölfin aber holte den Einen bald ein, sprang auf ihn zu und biß sich in feine Schulter fest ein. Der arme Mann schrie laut auf vor Schmerz und rief um Hilfe. Sein Begleiter, der die Besinnung wieder erlangt hatte, eilte nun mit aufgehobenem Holzbeile zurück und hieb mit solcher Gewalt auf den Kopf der Bestie los, daß dieser buchstäblich gespalten wurde. Er verwundete aber dabei auch seinen Freund beträchtlich. Die Wölfin fiel tot zur Erde, aber auch der Verwundete war vom großen Blutverluste völlig erschöpft. Die tote Wölfin und die wieder aufgefundenen Jungen wurden als Siegestrophäen in's Dorf getragen.
Redaktion, Druck und «erlag von Bernh. Hofmann in Mldbad. Hjezu eine Beilage. "HA