ZI. Dez. Die interalliierte Rheinlandkommisston hatte den Wunsch ausgesprochen, dag heute Vertreter des Reichs- verkehrsministetiums in Koblenz mir ihr in der. Angelegenheit des Eisenbahnerstreiks verhandeln möchten. Nachdem nun die drei Eisenbahnergewerkschaften und das Relchsvchftehrsministe- rium eine gemeinsame Erklärung abgegeben H^Ä^daß über die Lohnbewegung der Eisenbahner m Berlin verhchnLelt werden soll, hat der Reichsverkehrsminister wohl zwei Kommissare nach Koblenz entsandt, die aber nicht mit der Rheinlandkomis- sion verhandeln, sondern nur als sachverständige Berater dem deutschen Delegierten Fürsten Hatzfeld zur Verfügung stehen sollen.
Berlin, 31. Dez. Im Dirrktionsbezirk Elberfeld ruht der Verkehr auf der Linie Elberfeld—Hagen vollständig. Im Direktionsbezirk Esten sind die Arbeiter aus verschiedenen Gütcrbahn- höfen in den Ausstand getreten. Der Bahnhof Weddau arbeitet wieder, da dort die Franzosen den Belagerungszustand verhängt haben. Im Bezirk Köln ruht der Verkehr.
Köln, 31. Dez. Wie die Eilenbahndirektion mitteilt, ist soeben von der interalliierten Rheinlandkommisston der Befehl eingegangen, dag das gesamte Personal der Eisenbahndirektionen Köln und Elberfeld durch die Besatzungsbehörde requiriert ist. Das Personal wird der interalliierten Feldeisenbahn- kommission, Unterabteilung Köln, unterstellt.
Aachen, 31. Dez. Der Eisenbahnverkehr über Aachen ist unregelmäßig.
Elberfeld, 1. Jan. Die Bezirksleitung des Deutschen Eisenbahnerverbands in Elberfeld fordert zur sofortigen Wiederaufnahme der Arbeit auf.
Köln, 1. Jan. Die Streikleitung im Eisenbahnerstreik erklärt, an ihre. Organe sofort einen Aufruf mit der Aufforderung erlassen zu wollen, die Arbeit am Montag früh in vollem Umfang wieder aufzunehmen.
Berlin, 1. Jan. Im Berliner Zugverkehr ist die Lage wie gestern und der Betrieb wird nur mit großen Unregelmäßigkeiten aufrecht erhalten. Auf dem vom Stettiner Bahnhof ausgehenden Vorortsstrecken ruht der Verkehr seit gestern vollständig. Auf den anderen Vorortsstreckcn wird er leidlich durch- geführt. Der Berliner Personen-Fernverkehr konnte fast durchweg bewältigt werden.
Deutschland.
Ein GeseHenItvnef zur Umwandlung der ErwerbslosenMrforge in Arbeitslosenversicherung.
Berlin, 31. Dez. Im Reichsarbeitsministerium ist ein Gesetzentwurf ausgearbeitet worden, der eine Umwandlung der Erwerbslosenfürsorge in eine Arbeitslosenversicherung vorsieht.
Beschleunigte Personenziige.
Berlin, 31. Dez. Die Reichsbahn, die zum 1. Februar, um der allgemeinen Preissteigerung zu folgen, die Personcntarife um 75 Prozent erhöhen muß, wird zum Ausgleich für diese unvermeidliche Härte beschleunigte Personenzüge mit 4. Klasse führen, die auf weite Entfernungen durchgehen und für die Hauptverkehrsplätze günstige Verkehrszciten aufweisen. Diese Züge werden mit der bei Personenzügen üblichen Geschwindigkeit verkehren, aber erheblich weniger Zeit als die heute fahrenden Personcnzüge brauchen, da sie nur an den wichtigsten Stationen Aufenthalt nehmen sollen. Die Einführung der Züge ist mit dem Inkrafttreten des neuen Planes, d. h. zum 1. 6. 22 geplant. Die Züge werden für die wichtigsten Verkehrsbeziehungen, z. V. Berlin—München, Berlin—Frankfurt a. M., Ber-, lin—Hamburg und andere mehr geschaffen werden. Sie werden die 3. und 4 Klasse führen, die 2. nur in Ausnahmefällen. Die Fahrpläne und die Fahrzeiten der Züge stehen noch nicht fest, doch wird man den Fahrplan im allgemeinen so einzurichten suchen, daß man etwa am frühen Morgen in Berlin abfährt und am späten Abend in München ankommt und umgekehrt. AehnlichcS wird für andere Vcrkchrsbezichungcn gelten.
Amtliche Bekanntmachungen.
Vorsicht mit Ajchearesten.
Verschiedene Brandausbrüche der letzten Zeit sind auf vorschriftswidrige Aufbewahrung von Asche zurückzuführen.
Es wird deshalb darauf hingewiefen, daß Afchenreste stets in feuersicheren Behältern zu sammeln sind, und daß diese Behälter nur in Räumen ausgestellt werden dürfen, in denen eine Feuersgefahr ausgeschlossen ist (also nicht in Bühnen- oder Dachräumen).
Insbesondere ist der Asche von Braunkohle« (Brikettasche) größte Ausmcrkjamkeit zu schenken, d« diese, wie festgestellt, oft noch Tage lang weiterglüht und deshalb gefährlich werden kann.
Zuwiderhandlungen werden streng bestraft werden. Auch wird darauf hingewiesen, daß Schäden, die durch solche Zuwiderhandlungen entstehen, nicht ersetzt zu werden brauchen.
Calw, 30. Dezember 1921. ^ Oberamt:
Vögel, Amtmann.
Verfügung des Ernährungsministeriums über ein Brennverbot siir Zucker und Sirup.
Auf Grund des Art. 2 der Verordnung des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft über die Versorgu-gs- regelung vom 16. April 1921 (Neichs-Eesetzbl. S. 486) wird zur Verhinderung eines Notstands in der Versorgung der Bevölkerung mit Zucker mit Zustimmung des Reicbsministcriums für Ernährung und Landwirtschaft folgendes verfügt:
8 r-
Die Verarbeitung von Zucker und Sirup zu Branntwein wird mit sofortiger Wirkung verboten.
8 2 .
Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu zehntausend Mark best-ast.
Stuttgart, den 26. Dezember 1921. Kerl.
Landesverräter.
Berlin, 31. Dez. Wie der „Berliner Lokalanzeiger" aus Hagen meldet, verhaftete dort die Polizei einen Angestellten der Firma Krupp und mehrere Helfershelfer in dem Augenblick, als sie Zeichnungen von wichtigen Fabrikgeheimni'sen an ihre Mittelsleute zum Verschachern ins Ausland übergeben hatten.
Gemeindewahlen in Lippe-Detmold.
Detmold, 1 . Jan. Die heutigen Gemeindewahlen im Freistaat Lippe vollzogen sich in vollkommener Ruhe und unter großer Wahlbeteiligung. Die bisher vorliegenden Ergebnisse zeigen einen starken Stimmrückgang der sozialistischen Parteien und ebenso der Kommunistischen Partei.
100000 russische Flüchtlinge in Berlin.
Vom Enoe des Jahres 1918 bis ln das Jahr I9M M ein ergoß sich nach Berlin der Hauptstrom aller vor dem Chaos in ihrem Lande flüchtenden Russen. In dem engeren Berlin sind 13 766 russische Emigranten polizeilich gemeldet. Ihre Hauptmaste hat sich aber in den westlichen Vororten Schöncberg, Wilmersdorf und ganz besonders in Charlottenburg angesiedrlt. Von unterrichteter Seite wird die Gesamtzahl der in Gro^- Berlin seßhaft gewordenen russischen Flüchtlinge auf ungefähr 106 060 geschätzt, wobei zu berücksichtigen ist, daß manche Emigranten in der Eile der Flucht ohne Paß herüber gekommen sind und aus Furcht vor Ausweisung ihre polizeiliche Anmeldung zu vermeiden suchen.
Die Grippeepidimie.
Berlin, 31. Dez. Die Grippeerkrankungen unter den Postbeamten in Frankfurt-Main haben einen-berartzgon Umfang angenommen, daß das Postscheckamt nicht mehr in der Lage ist, alle Aufträge noch am Tage des Eingangs zu erledigen. Das neue Opperettentheater mußte seine erste Vorstellung wegen Grippeerkrankungen unter dem Personal auf unbestimmte Zeit verschieben. — Die Grippe hat in ganz Deutschland einen Umfang angenommen, wie er in den letzten Jahren nicht beobachtet worden ist. Seit einiger Zeit verlaufen die Erkrankungsfälle vielfach bösartig.
Berlin, 2. Jan. Wie die Blätter melden, hat die Zahl der den Krankenhäusern in Berlin überwiesenen Grippekranken, die in der
vergangenen Woche ständig gestiegen war. gestern abgenommen. W3H. rsnd die Zahl der Transporte in den letzten Tagen ungefähr 200 betrug, ist sie am gestrigen Sonntag auf etwa 130 zurückgegangen.
Sturmschaden.
Westerland auf Sylt, 31. Dez. Der in unverminderter Stärke tobende Sturm und die einsetzende Springflut vollenden jetzt das Zerstörnngswerk am Strand. Heute mittag gab die Strandmauer auf zirka 30 Meter nach und stürzte ins Meer. Die ungehinderten Einlaß findenden Fluten haben in den Nachmittagsstunden die Uhlsteinsche Lesehalle zum Einsturz gebracht. Da auch bereits die Fundamente der nördlichen Lesehalle frei liegen, so ist auch mit der Zerstörung dieser Baulichkeiten zu rechnen. Die vom Stadtbauamt getroffenen Sicherheitsmaßnahmen haben sich als unwirksam erwiesen. Die mit Steinblöcken und Eisenschienen beschwerten Packungen sind von der See weggespült worden. Stark gefährdet ist auch das Strandkasino, da die Wassermafsen die Böschung unterspülen, die das Gebäude stützt. Auf dem südlichen Teil der Promenade hat die See eine neue Einbruchstelle gebildet. Die Bergungsarbeiten mußten wegen Lebensgefahr eingestellt werden. Tie Wogen schlagen bis auf die Dächer der Gebäude am Strande. Da die Springflut wieder verstärkt eingesetzt hat, ist mit der Zerstörung aller Anlagen am Strande zu rechnen. Der bisher angerichtete Schaden ist sehr groß.
Aus Stadl und Land.
Calw» den 2. Ianuur 1922. Weihnachten und unsere Alten.
Ob Ihr das kennt, ein Stück Weihnachtsglanz in den Augen der Alten und Einsamen, die ein langes Leben durchschritten haben, die müde geworden sind vom Arbeiten, vom Wachen und vom Weinen, die einsam in engen Wänden wohnen, ob Ihr das kennt? ....
Es ist ein eigen Ding, dabei zu stehen und zu sehen, wie sie im Innersten zum Kinde werden bei Weihnachtslicht und Weihnachtslieder, wie sich ein verklärender Schein über all die Falten und Runzeln legt und die abgearbeitetcn Hände sich falten. — Und so war's just beim Evang „Volksbund-WeihnachiS-Kaffee" für die Alten der Stadt (29. Dez.). Sie kamen alle und kamen gern, jedes w auf seine Art und jeder Blick wog Erwartung und Freude. Mehr als 60 Leutchen waren es, die hier als ein Stückchen vom Einst an den weihnachtlichen Tischen saßen und sich nach innen und außen erwärmten. — Es lag so über allen, als hätten sie von dem Druck des Alltags etwas abgelegt und durchschritten nun in diesen kurzen Stunden eine andere, lichtere Welt, als wollten sie Herz und Hände füllen, etwas davon mitzunehmen: Licht in die Einsamkeit, Kraft in den Kampf, Freude ins Leere. Und vielleicht hat auch jedes im Innersten etwas davon fortgetragen, schon allein das Gefühl, man hat uns Alte nicht so ganz vergessen, wie wir gemeint, m an hat noch ein Stück Welt für uns, man was wir anHaft unü^Pflichl einst m's Leben getragen haben, und will noch ein Helles in unsern Lebensabend bringen-
Der Lichterbaum hat vom Kind in der Krippe, das Gotteswcrk von einer helfenden Hand erzählt und die Lieder von einer großen Liebe. Und in den alten Herzen ist wohl der Ton der Erinnerung wach geworden an ein selig Einst, an Kindheit, Glück und Freude; aber auch das Lied des Leids hat mitgeschwungen zu einer wehmütig süßen Melodie.
Aber über allem lag doch das Eine, Große: .Weihnacht" und die alten Lippen sangen voll Dank und Anbetung: .O Jesu, schöne Weihnachtssonne, bestrahle mich mit Deiner Gunst". Und dieses Bitten ist mit den Alten gegangen von der WeihnachtSstnbe in die engen Wände, in die Einsamkeit und wird ihnen dort zur großen Erfüllung werden.
— Wir aber, die wir noch in der Kraft des Lebens stehen, vergessen wir über den Sorgen des Mtags und der Zeit, über eigenem Glück und Leid die Alten und Einsamen nicht, auf daß ein gülden unvergänglich Band sich webe von einem Herzen zum andern, zum Trost und zur Freude und zur KraftI ...
Tariferhöhung im Güterverkehr.
Vom 1. Februar 1922 an werden die Tarifsätze des Güter- und Tieroerkehrs in den Binnen- und Wechseltarifen um rund 60 Prozent erhöht.
^ 3m Hause äe§ Kommerzienrates.
Roman von E. Marlitt.
Der Doktor hatte den finsteren Blick aufgefangen, den sie auf das Bild geworfen, und sah nun, daß sie sich zum Gehen anschickte.
„Ja, gehen Sie," sagte er. „Henriettens Kammerjungfer ist gekommen und hat bereits ihr Pflegeramt angetreten. Der Zustand der Kranken ist derart, daß Sie getrost in die Villa zuriickkchrcn könne», um der Frau Präsidentin beim Tee Gesell- jchaft zu leisten: sie suhle sich so vereinsamt, ließ herübersagen. Ich gebe Ihnen mein Wort, Sic können unbesorgt gehen; ich wache treulich über Ihre teure Kranke," wiederholte er nachdrücklich, als sie lebhaft Einspruch zu erheben versuchte. „Ader geben Sie mir einmal die Hand!" Er hielt ihr die seine hin, und sie legte rasch und willig ihre schlanken Finger hinein. „Und nun. was man Ihnen auch heute noch sagen mag, lasten Sie sich nicht verleiten, mich zu verurteilen! Schon in den nächsten Tagen wird sie" — er nannte den Namen nicht und neigte nur, ohne hinüberzublicken, bitter lächelnd den Kops nach Floras Bild — „ganz anders denken, und das ist's, was mich konsequent bleiben heißt: ich darf nicht den Vorwurf auf mich nehmen, als hätte ich einen günstigen Moment. — auszunutzen verstanden."
Sie sah befremdet zu ihm auf. und er neigte bedeutsam und so sonderbar resigniert den Kopf, als wolle er lagen: „Ja, jo steht es," aber über beider Lippen kam kein Wort.
„Gute Nacht, gute Nacht!" sagte er gleich daraus — er ließ mit leisem Druck ihre Hand fallen und trat an den Schreibtisch. während sie rasch der Tür zuschritt. — — —
Drüben im Krankenzimmer stand Flora zum Fortgehen gerüstet, sie sah aus, als bebe jede Fiber an ihr vor nervöser Ungcvulo. „Wo steckst du denn, Käthe?" schalt sie. „Die Grotz-
mama wartet: du bist schuld daran, baß man uns den Tee mit Borwürsen würzen wird."
Käthe antwortete nicht. Sie trat an das Bett. Henriette schlief sanft, die dunkle Fieberröte auf ihren Wangen hatte bedeutend nachgelassen. Wiederholt hauchte das junge Mädchen einen Kuß aus das bleiche, schmale Händchen, dann solgte sie der hinausraujchenden Schwester.
In dem Flur brannte eine kleine Lampe, und ein Diener aus der Villa ging wartend aus und ab. Fast zugleich mit den Schwestern trat der Doktor in den Flur, und jetzt fühlte Käthe abermals die Glut tiefer Beschämung in ihre Wangen steigen: er reichte dem Bedienten das Brieschen, den vermeintlichen Todesgruh an die treulose Braut, zur Bestellung an einen in der Stadt wohnenden jungen Arzt.
Flora jchritt an ihm vorüber, scheinbar als wolle sie seine Weisung an den Diener nicht unterbrechen, und verschwand rasch draußen im Dunkel. Käthe aber ging noch einmal in die Küche und verabschiedete sich von der Tante. Die alte Frau schüttelte mit ernstem Gesichtsausdruck den Kops, als sie sich überzeugen mußte, daß die „Braut" das Haus bereits verlaßen Hobe, ohne sie auch nur eines flüchtigen Gutenachtgrußes zu würoigen, aber sie schwieg und ging dem Doktor nach in die Krankenstube, um noch einmal nach der Leidenden zu sehen, ehe sie sich in ihr Zimmer zuriickzog.
Draußen vor dem Hause blieb Flora stehen, nachdem die Schritte des vorausgeschickten Bedienten aus der Brücke verhallt waren. Der durch die ofsene Haustür fallende Schimmer der Flurlampe streifte schwach ihr Gesicht — es sah jo ergrimmt, so leidenschaftlich beredt aus, als schwebe eine Verwünschung auf den halbgeöffneten Lippen. Mit unaussprechlichem Hohn glitt ihr Blick über das kleine Haus.
»Ja, ja, das wäre so etwas nach meinem Geschmacks gewesen — eine Hütte und ein Herz!" sagte sie mit einem steifen, draststch ironischen Kopfnicken. „Einen Mann ohne Amt und Einflutz,
über dem Kopfe eine spukhafte Spelunke, mitten im öden Felde, und ein isoliertes Zusammenleben zu dreien, für das die schmalen Einkünfte meines väterlichen Erbteils ausreichen müßten! — Ich möchte mich selbst ins Gesicht schlagen, daß ich jo blind in diese Verhältnisse hineingetappt bin."
Sie stürmte wie wahnwitzig der Brücke zu. Das Mondlicht, das sich wie ein dünner Silberschleier über das glitzernde Flußbett hinbreiiete, floß schwach an ihr nieder, und der Wind, i hon halb und halb zum Sturme gesteigert, siel sie heftig an: er zauste an ihren Kleidern und blfts ihr den atlasglänzenden Umhang -vom Kopse, und die gelösten Locken hoben sich wetzend und schlangenhaft züngelnd über ber weißen Stirn.
„Er gibt mich nicht frei, trotz meines Flehens und meiner Gegenwehr," sagte sie, mitten aus der Brücke stehenbleibend, zu der Schwester, die ihr solgte und nun ohne weiteres an ihr vorüberschreiten wollte. „Du bist dabei gewesen — du hast gehört, was für entscheidende Worte gesallen sind. Er handelt ehrlos, erbärmlich, wie eine kalte Krämerseele. Mag er — mag er sich zeitlebens mit dem Gedanken sättigen, daß chm ein Schatten von Recht verblieben ist — ich bin von diesem Moment an frei."
Sie hatte bei den letzten Worten den Verlobungsrtng vom Finger gestreift und schleuderte ihn weit hinüber in die rauschenden Fluten.
„Flora, was hast du getan!" schrie Käthe auf und bog sich mit ausgestreckten Händen über das Brückengeländer, als könne sie den Ring yoch ersangen.
„Närrchen, rege dich doch nicht auf, als sei ich selbst hinem- gesprungen mit Haut und Haar!" sagte Flora mit kaltem Lächeln. „Manche andere mit weniger Willens- und Widerstandskraft hätte es vielleicht getan — ich werfe einfach den letzien Ring einer verhaßten Kette von mir." Sie hob die Linie und strich wie liebkosend über den befreiten Ringfinger. „Es war nur ein schmaler, dünner Goldreis, .einsach', wie es der da