— Im Jahre 1867 wandelte der ganz unbemili.lte Dreckslcrgcselle Heinrich Tibbe nach Amerika aus. Geraume Zeit war ihm das Glück dort wenig hole, bis er nach elfjährigem Aufenthalt in den Bereinigten Staaten herausklügelte, daß die Maiskolben manche Eigenschaften wie der Meerschaum zeigten, weshatb er sich daran machte, aus solchen Pseifen herzustellen, die er dann durch Patent sich schützen ließ, Diese Pfeifen, Missourier-MeerschanmCornob-Pfeifen genannt, fanden solchen Beisall, baß er bald zur fabrikmäßigen Herstellung derselben übergehen konnte; letztere nahm aber alsbald eine derartige Ausdehnung an, daß seine Fabrik jetzt täglich 25 000 Pfeifen anfertigt, die nach aller Herren Länder versandt werden, wozu ihre Billigkeit am meisten beiträgt. Tibbe, welcher seinem glücklichen Gedanken nicht nur den Namen „Cornob-König", sondern auch ein nach Millionen Dollars zählendes Vermögen verdankte, starb am 25. Okt. d. I. in Washington.
Sarajevo, 24. November. Einsturz der Landesbank in Sarajevo. Heute mittag stürzt? das zweite Stockwerk der Straßenfront rer Landcsbank in Sarajevo ein. Der Direktor
de? Instituts, Berköwitz, befano sich mii seiner Gemahtin knapp vor Eintritt des Ereignisses in seiner Wohnung im zweiten Stockwerke des Gebäudes, als ein geheimnisvolles Knistern n»d Krachen in den Wänden vernehmbar wuide. Von einem unbcstunmten peinigenden Angstgefühle getrieben, flüchtete sich der Bankdireklvr mit seiner Frau durch die offene Thür in einen zweiten Anbau des Gebäudes. Kaum waren die Beiden dort angekommen, ließ sich abermals ein Krachen vernehmen und das zweite Stockwerk der vorderen Front der Landesbank stürzte unter donnerähnlichem Getöse in sich zusammen. Das Stubenmädchen, das nicht mehr Zeit fand, sich zu retten, wurde in einer Ecke zerdrückt aufgefunden.
— Ein Stuhl als RettUiigsleiter bei Feuersgefahr dürfte gewiß eine der besten Erfindungen sein, die wir auf dem Gebiete des Nettungswesens zu verzeichnen haben. Die Seitenwangen der Linie eines solchen patentierten Stuhles nehmen in Schlitzsvhr- ungen die durch dauerhafte Gurte verbundenen, eng zusammengeschobenen Sprossen einer RettungSleiter auf. Soll dieselbe in Ge- fahrfällen gebraucht werden, so wird der
Stuhl einfach mit seinen Fußen über ein Fenstergestms gestellt, feine Rücklehne durch eine einzige Handbewegung nach außen um- geklappt, worauf die die Lehne bildenden Sprosse» aus ihren Seilensührungen Herausgleiten und sich entrollen. Da die Füße des Stuhles nach einer Mitteilung des Patent- und technischen Bureaus von Richard Lüdcrs in Görlitz sür einen sicheren Halt der Rettnngsleiter sorgen, ist dieselbe in einer halben Minute von jedem Stockwerk aus gebrauchsfertig und dürfte sich deshalb beiEin- tritt von Feuersgefahr als ein nicht zu unterschätzender Sicherheitsfakior erweisen.
Bombay, 30. Nov. In Baroda ereignete sich während des Festes zu Ehren deS Nizekönigs ein Unglück. Zwei große Menschenhaufen begegneten sich auf einem schmalen Wege, 29 Personen wurden getötet und mehrere verletzt.
(Empfehlend.) Diener: „Sie können mich nehmen, gnädiger Herr, — ich sehe es jedem Besuch gleich an, ob sie zu Hause sind!"
Eingesandt.
Anfrage : Ist denn der homöopathische Verein eingefchtafen.
Der Fluch des Mammons.
Novelle von Leo Werner.
(Nachdruck verboten.)
21 .
„Du willst Dick also ruhig verhaften lassen?" frug Frau ZacharuS mit bitteren Thräne».
ZacharuS schüttelte leise das Haupt und man merkte, daß ihm die Antwort schwer wurde.
„Es giebl noch einen anderen Ausweg sür mich," flüsterte er dann leise und dock schrecklich. „Ich muß fort aus dieser Welt, Valeska I Fort, fort, bald fort."
Erschreckt fuhr die Dame in die Höhe, dann fiel sie dem Gatten um des Hals und sagte leise:
„Nimm mich mit, Gustav I Mir ist ohne Dich »nd nach der Katastrophe das Leben so schrecklich."
„Ich vermag Dir diesen Wunsch nicht zu erfüllen, denn ich bin nicht im Stande, Hand an Dich zu legen, Valeska," erwiderte ZacharuS mit bebender Stimm?.
„Es ist aber auch nicht nötig, daß Du meinen schrecklichen Weg gehst. Dein Bruder ist noch recht wohlhab.no und wird für Dich sorgen, wenn er von Deinem Unglücke hört, obwohl ich es nicht an ihm verdient habe, denn ich brachte ihn durch einen falschen Wechsel, der nun nicht mehr von mir gedeckt wird, auch um eine große Summe."
„Gustav! Du entsetzlicher Mann I Auch falsche Wechsel hast Du ausgestellt l Wahrst Du so die Ehre eines Kaufmannes, eines Banquiers, die in unserer Familie als das Höchste gilt, als die Frau eines Betrügers und Wechselfälschers kann ich nicht vor die Augen meines Bruders treten. Ich bin elend und unglücklich für immer "
Die arme Frau verfiel jetzt in ein krampfartiges Schluchzen und wankte, ohne auch nur ihren Gatten nock einmal anzusehen, aus dem Salon nach ihrem Zimmer.
ZacharuS blickte ihr mit trauriger, ent setzlicher Geberde nach »nd furchtbarer denn jemals wurde es ihm klar, welch ein Un
heil er durch sein frevelhaftes Treiben angerichtet hatte.
Wie von Furien gejagt eilte er dann plötzlich davon. Ec lief wie rasend über den Corridor, sodaß die Dienstboten ihm erstaunt nachblickten. Dann eilte er diebreite Marmortrepp? hinab in den Garten und Verschwand in dem Gartenhause.
Berlitz halte in seinem Zorne und beleidigtem Rechtsgcfühle thatsächlich inzwischen den äußersten Schritt gethan. Er war direkt nach dem Polizeiamte gefahren uun hatte nm die Verhaftung deS Banquiers Gustav ZacharuS wegen Vernnireung großer Geldsummen und eine Menge Wertpapiere gebeten.
Da die Polizei die tumullarischen Auftritte in und vor dem Geschäftslokale des Banquiers ZacharuS bereits erfahren halte, oaß schwere Anklagen gegen denselben Vortagen, so wurden zwei Criminalpolizisten nach der ZacharuS'schen Villa geschickt, um ?'N Betrüger zu verhaften, und Berlitz, welcher wegen der Rettung seiner Depots noch einmal rasch mit Zacharvs zu sprechen verlangte, erhielt die Erlaubnis, die Polizeibeamten begleiten zu dürfen.
Berlitz wartete, als sie die Villa erreicht halten, im Garte» derselben, während die Beamten in das Haus traten. Es verstrich eine peinl. Viertetst. und dann kamen die Beamten ohne ZacharuS, aber in Begleitung der Diener zurück.
„Herr ZacharuS ist im Hause nicht zu finden, und die Diener sagen, er sei schon vor einer Stunde in den Garte» gelaufen. Wir werden also den Garten durchsuchen," sagte der ältere der Polizisten.
Sorgfältig suchten sie den Garten ab und näherten sich dem Gartenhause. Dasselbe war von innen verriegelt.
Heftig klopfte der ältere Polizist an die Thüre:
„Im Namen des Gesetzes, Herr Zach- arus, öffnen sie sofort die Thüre I„
Da krachte im Gartenhause ein Schuß und ein schwerer Köiper fiel zu Boden.
Berlitz und die Diener eilten rasch herbei,
man stieß ein Fenster des Gartenhauses ein, öffnete von innen die Thüre und gelangte so in das kleine von Pulverqualm erfüllte Gebäude.
Mitten in demselben lag mit zerschmettertem Schädel Gustav ZacharuS in seinem Blute. Kurz vor der drohenden Verhaftung hatte er sich mit einem Revolver, der sich in einem Schränkchen des Gartenhauses befunden hatte, erschossen.
Erschüttert standen Berlitz, die Polizisten und die Diener vor dem leblosen Leichnam des einst so hoch angesehenen Mannes, der aus Ehrgeiz und Goldsuckt ein Betrüger geworden war, und Berlitz flüsterte leise: „Er hat sich selbst gerichtet I"
Dann ging er lief ergriffen und ganz in schwermütige Gedanken versunken davon.
Noch halte er aber den Garten verlassen, als aus der Villa heftiges Geschrei u. Wehklagen von weiblichen Stimmen erscholl.
Berlitz blickte erschrocken empor und die Diener eilten in das HauS. Doch ehe sie es verhindern konnten, stürzte wie rasend Frau ZacharuS nebst ihrem Stubenmädchen, welches die unglückliche Frau zu beruhigen und festzuhalten suchte, auf den Balkon der Villa, welcher nach dem Garten führte.
„Mein Mann hat sich erschossen, er ist tot, und ich kann nicht weiter leben I" schrie wie im Wahnsinn die bemitleidenswerte Frau und stürzte sich, das Stubenmädchen zurück- stoßend, von dem hohen Balkon in den Garten herab.
Ein Schrei des Entsetzens entfuhr den Lippen Derjenigen, welche diese schreckliche Scene sahen, und Berlitz und die Polizisten eilten herbei, um die unglückliche Gattin des Selbstmörders aufzuheben.
Man trug sie wie tot iu das Haus, denn sie hatte das Genick gebrochen, und ein rasch herbeigerufener Arzt konnte nur feststellen, daß sowohl bei Herrn Zacharus als auch bei seiner Frau jede menschliche Hülfe vergeblich war, denn der Tod war bei beiden alsbald eingetreten.
(Fortsetzung folgt.)
Iicdaktwn, Druck und Verlag von Beruh. Hofmann tn Wildhad.