Der Fluch des Mammons.
Novelle von Leo Werner.
(Nachdruck verboten.)
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Baron Blankenfeld hatte natürlich bei der Einladung erfahren, daß Bernhard Berlitz nebst Fräulein Tochter auf dem Feste ebenfalls erscheinen werde, uno diese Gelegenheit war von dem Baron benutzt worden, dem Banquier nahe zu legen, auch des Barons alten lieben Freund, den Rittmeister von Züllchow, zu dem Feste einzuladen.
ZacharuS war dem Winke bereitwilligst gefolgt, um dem Barone gefällig zu sein, auch kannte er ja seit letzten Sommer den Rittmeister von Züllchow, der übrigens in vornehmen Kreisen als schneidiger Sport- rciter bei den Wettrennen bekannt und beliebt war.
Der Tag des großen Festes, welches aus Conzert, Festmahl und Ball bestehen sollte, kam heran, und die meisten der geladenen Gäste freuten sich sehr darauf, darunter auch Bernhard Berlitz, denn er war bereits so eitel geworden, daß er sich gern geehrt und angestaunt sah, was ihm in der letzten Zeit oft passiert war. Dies war aber meistens in kleinen Privatkreisen der Fall gewesen, und ganz besonders schmeichelte es ihm nun, daß er zu einem so großen Feste geladen war und dort wahrscheinlich auch eine bevorzugte Nolle spielen würde. Gehörte Berlitz mit seiner Tochter und Schwester doch auch zu den Gästen, welche ZacharuS in seiner Equipage abholen ließ, denn einen Wagen und Luxuspferde hielt sich Berlitz noch nicht, obwohl er eS viel eher gekonnt hätte als der Banquier ZacharuS. In dieser Hinsicht war Berlitz noch der sparsame, praktische Wirtschafter.
Viel weniger Freude als Berlitz hatte übrigens seine Tochter an dem Feste, und die Tante Susanne wäre demselben am liebsten fern geblieben. Die beiden Damen hatten das richtige Gefühl, daß sie sich in diesem unbekannten, großstädtisch vornehmen Kreise nicht recht wohl fühlen würden, und bei der Tante Susanne steigerte sich dieses Gefühl zum förmlichen Widerwillen. Aber sie mußte sich in dieser Hinsicht dem Wunsche des Bruders fügen, wenn sie nicht seinen Zorn heraufschwören wollte.
Berlitz hatte ja auch keine Kosten gescheut, um seine Damen so elegant als möglich auf dem Feste auftreten zu lassen. Eben hatte ein renommiertes Geschäft der Residenz für Emma eine rosaseidene prachtvolle Ballrobe geschickt und für die Tante Susanne hatte Berlitz ein sehr schönes qrauseidenes Kleid anfertigen lassen. Zwei Modistinnen und zwei Friseusen waren auch eifrig beschäftigt, um den Damen bei der Toilette zu helfen.
Daniel war ganz starr vor Staunen, als er das gnädige Fräulein in der herrlichen Ballrobe sah, und seufzend murmelte er in seiner drolligen, treuherzigen Weise für sich : „Gute Nacht, Du armer Förster Franz. Die Emma wird Dir heule Abend sicher ein Anderer wegschnappen und ich brauche keine Briefe mehr abzuholen und fortzutragen I Das Fräulein ist zu schön, viel zu schön für einen Forstasistenten. Und das viele Geld und der Stolz des Vaters. Puh I"
„Was stehst Du hier und fuchtelst mit
den Armen in der Luft herum, als wenn Du eine Predigt zu halten hättest," fuhr j-tzt Berlitz seinen Diener an- „Bring mir meinen Frack und meinen hohen Hut."
Eilig lief Daniel fort, um den Befehl seines Herrn auszuführen. Als es geschehen war, frug ihn Berlitz:
„Ist Deine Livrse schon da?"
„Nein, Herr Berlitz, ich weiß überhaupt nichts von einer Livräe."
„Nun ich Hab Dir doch eine beim Schneider bestellt, und heute soll er sie bestimmt liefern."
„Ich dachte, es wäre nur ein Anzug für mich," erwiderte Daniel.
„Nein, nein, es ist eine schöne blaue Livrse mit schönen breiten Goldborden. Du mußt die Livree heute unbedingt haben, und hast Dich vorn auf den Bock neben den Kutscher mit verschränkten Armen zu setze», wenn wir in der Equipage des Herrn ZacharuS abgeholt werden. Hast Du mich verstanden, Daniel?"
Dieser zeigte ein verblüfftes Gesicht und machte dann eine bejahende Bewegung.
»Ja, ja, Du staunst, Daniel, und sollst bald noch mehr staunen," bemerkte Berlitz, denn in den nächsten Tagen werde ich eine feine Equipage und zwei prächtige Rappen kaufen, damit wir wie meine Freunde in der Residenz auch einen eigenen Wagen haben. Einen Kutscher nehme ich natürlich auch dazu an, denn Dir will ich es nicht znmutcn, daß Du noch den Pferdcstall besorgen sollst."
Jetzt wurde auch an der Thüre geklingelt und der Schneider brachte Daniels Livröe, die dieser sehr widerwillig anzog.
„Herr Berlitz ist sonst ein guter Herr und ich bin gern sein treuer Diener," murmelte Daniel, als er sich mit der bunten Livrse im Spiegel gemustert hatte, „wenn es mir aber zu bund werden sollte, dann kehre ich doch zurück nach Gundersdorf und
werde wieder Knecht oder hüte die Schafe."
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Als der Wagen vor der Villa desHerrn ZacharuS vorfuhr und Berlitz nebst Tochter und Schwester denselben bestiegen, stand Daniel in seiner glänzenden Lwrse pflichtschuldigst vor dem Kutscherschlag und zwei herbeigeeilte Diener des Barquier trugen die Schleppen der Damen vom Wagen bis in das Haus. Herr und Frau ZacharuS empfingen zuvorkommend ihre Gäste bereits im Hausflur und geleiteten sie in die Salons.
Die Liebenswürdigkeit, mit welcher Emma und die Tante Susanne zumal von der eleganten Frau des Hauses empfangen wurden, v rscheucht« auch viet von ihrem Ünmute und ihrer Aengstlichkeit und fast erstaunlich war es, wie sicher sich Berlitz in den vornehmen Kreisen bewegte und auf diese Weise auch seinen Damen Mut einflößte. Berlitz war vom Größenwahne erfaßt worden, und dieser ließ ihn das Hindernis spielend überschreiten.
Bei dem Conzert erhielten Berlitz und seine Damen bevorzugte Plätze, und man konnte sehen, wie die Blicke der übrigen Gäste mir Neugier und Bewunderung oft auf dem neuen Krösus Berlitz und seiner hübschen, so unendlich bescheiden aussehenden Tochter ruhten.
Wie eS sehr oft in solchen Fällen geschieht, wurde auch der Reichtum Berlitzens bedeutend übertrieben, und weder Berlitz noch ZacharuS hatten irgend welche Veranlassung,
diesen übertriebenen Gerüchten von BerlitzenS Reichtum entgegenzutreten. Der ebenfalls zu dem Feste anwesende Baron von Blankenfeld fand dazu aber auch keinen Grund, den er wußte jo, daß Berlitz sehr reich und mindestens MMionär war. Wenigstens war dies sicher vor einem halben Jahre der Fall gewesen, als Baron von Blankenfeld das Rii« tergut geMlft hatte, und inzwischen konnte sich ja das Vermögen Berlitzens durch glückliche Börsenspekulationen noch bedeutend vermehrt haben. Jedenfalls blieb auch der Baron der Ueberzeugung, daß Emma Berlitz eine glänzende Partie für seinen ebenfalls zu dem Feste anwesenden Freund, den Rittmeister Baron von Züllchow sei. Auch sorgten der Baron Blankenfeld und seine G,mahlin dafür, daß der noch recht stattliche Rittmeister alsbald der Familie Berlitz vorgestellt wurde.
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
— Kalte Füße. Sobald sich im Herbst die kühlen Tage einstellen, findet sich mit ihnen bei vielen Personen die Plage der kalten Füße ein. Es ist dies ein Uebel, welches nicht nur unbehaglich ist, sondern auch Erkältungen und infolge dessen ernste Krankheiten nach sich ziehen kann. Im Interesse unserer Gesundheit, und um allem Unwohl- und Kranksein vorzubeugen, müssen wir deshalb dieses unangenehme Uebel der kalten Füße zu beseitigen suchen. Dies geschieht am besten und einfachsten, wenn man die Füße allabendlich vor dem Schlafengehen mittels eines Schwammes mit kaltem Wasser abwäscht und sodann mit einem recht groben Handtuch, einem sogenannten Frottiertuch, ganz trocken reibt, wodurch sie bald warm werden. Ist mau zu Bett gegangen, so wickelt man die Füße in ein recht warmes wollenes Tuch ein, damit sie warm bleiben. Dieses so einfache Verfahren ist wahre Wohl- lhat besonders für solche Personen, welche oft kalter Füße wegen nicht einzuschlafen vermögen. Beim Ausstehen am Morgen empfiehlt eS sich, frische, reinwollene Strümpfe anzuzichen, welche viel wärmer halten, als schon ein oder mehrere Tage lang getragene Strümpfe. Stellt sich im Laufe des Tages die Plage der kalten Füße wieder ein, so scheue man nicht die Mühe, abermals frischt Strümpfe anzuziehen und sich, wenn irgend möglich, durch Gehen Bewegung zu machen, um das Blut, bas natürliche Erwärmungsmittel des Körpers, in Umlauf zu setzen und auch nach den Füßen hin zu treiben.
— (Mißverstandene Geburtsanzeige.) Einem Kaufmann in Gleiwitz war ein Sohn geboren worden. Hocherfreut schrieb er an seinen Bruder : „Heute ist bei mir ei» Junge angekommen, der sich für Deinen Neffen auS- giebt I" Postwendend kam die Antwort: „Wie Du weißt, habe ich keinen Neffen. Glaube dem Betrüger nicht, sondern wirf ihn hinaus! Das beste aber ist Einsperren!" — Das kommt davon, wenn man zu geistreich sein will.
(Vom Kasernenhof ) Feldwebel (zu Landwehrlkuten): „Wenn in Ihrer jetzigen Uebung vielleicht 'mal der Ausdruck Rindvieh, Ochs, Schafskopf oder Esel fallen sollte, so nehmen Sie die Sache nicht gleich schief auf und beschweren Sie sich nicht darüber, sondern beachten Sic stets, baß wir Kameraden sind I"
Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hofmann in Wildbad.