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Rundschau.

Stuttgart, 27. Dezbr. In immer er­schreckenderer Zahl mehren sich die Soldaten- seldjtmorde. Unmittelbar nach dem Selbst­mordversuch des Dragoners vom Königin Olgaregiment in Ludwigsbnrg hat sich am Samstag ein Sergeant des hiesigen Infanterie­regiments Kaiser Friedrich, im Souterrain der Moltkekaserne mit seinem Dienstgewehr erschossen. Er hatte dasselbe mit einer scharfen Patrone geladen, hielt sich die Mündung an den Hals und drückte mit seinem Seitenge­wehr los. Die Kugel durchborte den Kops deS Unglücklichen, der sofort eine Leiche war. Ueber die Motive der That kursieren ver­schiedene bis jetzt unkontrollierbare Gerüchte.

Calmbach, 23. Dez. Gestern abend kurz nach 8 Uhr wnrve Gottfried Becker, All­bürgermeister von Weiler, wohnhaft in Pforz­heim, auf hiesiger Station vom Zug über­fahren. Der unglückliche Mann halte Stroh nach Wildbad geliefert und wollte sein Fuhr­werk, das er Voransgeschickt hatte, in Höfen, einholen und hatte deshalb eine Fahrkarte für die Strecke Wildbad-Höfen in der Tasche. Während der kurzen Hattepaufe des Zuges hatte der Mann den Wagen verlassen, wahr­scheinlich um seine Notdurft zu verrichten, kam aber beim Anfahren des Zuges so un­glücklich unter den Wagen, daß seine Beine gänzlich zerquetscht und zermalmt wurden. Etwa eine Stunde darauf ist er im Stations­gebäude seinen fürchterlichen Qualen erlegen. Niemand außer dem Bedauernswerten trifft eine Schuld. (Enzth.)

Geislingen, 24. Dez. Ein gräßliches Unglück hat sich gestern abend im benachbar­ten Kuchen ereignet. Der ledige 25jährige Metalldrücker Hans Wiedmann beteiligte sich an der Chrislbaumfeier deS Turnvereins Kuchen und spielte mit Theater. Mit einer Reitpeitsche kam er der Erdöllampe zn nahe, diese fiel herunter und zerplatzte aus seinem Kopf. Sofort stand er in Hellen Flammen. Statt daß ihn nun einer sofort mit einer Decke zugedeckt und die Flammen erstickt hätte, sprang der Bedauernswerte ins Freie und wälzte sich auf der Straße. Wiedmann liegt schwer verletzt darnieder. Aerztiiche Hilfe war alsbald zur Stelle.

München, 19. Dez. Tischlein deck' dich I Herr Max Bernhard, Möbeltischler bei Herrn Hoflieferanten Weller in Ansbach, hat einen UniversatarbeilStisch erfunden, der durch einen sinnreichen Mechanismus sich in einen Näh­tisch oder Schreiblisch oder Toilettentisch ver­wandeln läßt, je nachdem man den Mechanis­mus in Thäligkeit setzt. Die Ausstattung des Tisches mit Toiletten-, Schreib- u. Näh­utensilien ist sedr vornehm und reichhaltig.

Tiergruppea. Aus Rominien wird demBerl. Tagevl." geschrieben, daß der Kaiser gelegentlich seines jüngsten Aufenthaltes daselbst sich von dem Förster Sondermann in Paossen einige von diesem präparierte Tiergruppe» hatte zeigen lassen, unter denen ein Eulenpaar das besondere Wohlgeiallen

des Monarchen erregte. Das Männchen hat den einen Flügel schützend um sein Weibchen gelegt und blickt dasselbe in der zärtlichsten Weise an, während das Weibchen ebenfalls liebevoll zu jenem aufschaul. Die Gruppe ist in Stellung und Form so lebensvoll dar­gestellt, daß der Kaiser sich veranlaßt fand dasverliebte Eulenpaar" käuflich zu er­werben. Noch humorvoller ist eine andere Gruppe, die Herr Sondermann ebenfalls an­gefertigt hat; sie stellt einen Igel und zwei Eichhörnchen beim Sechsnndsechzig-Spiel dar. Während der Igel das Spiel in ehrlicher Weise betreibt,mogeln" die Eichhörnchen, indem das eine dem ehrwürdigen Igel in die Karten guckt und seinem Genossen sodann entsprechende Signale giebt. Auch diese Gruppe ist lebendig und ausdrucksvoll; sie ist dieser Tage nach Berlin gesandt worden und dort in Privatbesttz gelangt.

Breslau, 20. Dez. (Tod durch Eigen­sinn.) In Hartau bei Bad Salzbrunn wurde in einer Gesellschaft ein Mineral herumge- zeigt, das als Arsenik bezeichnet wurde. Der Ortslehrer bestritt das und verschluckte zur Erhärtung seiner Ansicht ein Teilchen davon. In der Nacht wurde er von heftigen Schmerzen befallen, verschmähte aber, da er hartnäckig daran festhielt, das Genossene sei kein Ar­senik gewesen, jede ärztliche Hilfe. Am nach­mittag des folgenden Tages starb er unter entsetzlichen Qualen.

Gallnow (Pommern), 18. Dez. (Eine glückliche Stadt.) Die Stadtverordneten haben beschlossen, jedem berechtigten Bürger, d. h. Hausbesitzer der Stadt, im nächsten Jahre zwei Stoß Holz und 6000 Stück Torf frei zu verabfolgen. Die Ursache liegt darin, daß der Stadt weitausgedehnte Wiesen, sowie große Wälder und Felder gehören, aus denen so reicher Gewinn gezogen wird, daß die Bürger nicht nur von Gemeindeab­gaben frei sind, sondern auch noch diese Ver­günstigung umsonst erhalten.

Aus Hamburg, 23. Dez., wird ge­meldet: Infolge des Nordweststurmes der letzten Nacht entstand hier eine Springflut. Die Elbe trat in mehreren Stadtteilen über die Ufer. Sämtliche Keller sind überschwemmt. Das Wasser hat überall bedeutenden Schade» angerichtet. In den niederen Stadtteilen ist der Betrieb der elektrischen Bahn und der Pferdeeijenbahn eingestellt. Jetzt ist der Wind stiller. Das Wasser fällt. Sämtliche Feuer­wehren sind in Thätigkeit, um die mit Kauf- mannsgütcrn angefüllien Keller leer zu pumpen.

Paris, 23. Dez. Die Verurteilung des HauptmannS DreyfuS zu lebenslänglicher Verschlckuug nach einem befestigten Platze außerhalb Frankreichs und zur militärischen Entehrung wurde gestern abend so spät aus­gesprochen, daß sie erst zwischen 9 und 10 Uhr in der Hauptstadt bekannt ward. Die viertägige Dauer der Verhandlungen und eine lange Beratung des Kricgsgerichtshofcs steigerte die Erregung noch mehr, sodaß man

sich auf den Boulevards um die Zeitungen, die daS Urteil brachten, thalsüchlich riß. Der Eindruck des Ergebnisses war in der Haupt­sache ein Gefühl der Erleichterung, haupt­sächlich, weil bei der Schuldfrage wie bei der Strafbemessung das Gericht vollkommen ein­stimmig entschieden halte. Die Einstimmig­keit beruhigte alle Welt, und nur ein guter Teil deS Publikums war enttäuscht darüber, daß der Hochverräter nicht erschossen werde. DaS Urteil bedeutet Verschickung nach Neu- caledonien, und die Haft in einem befestig­ten Platze soviel Freiheit, als mit der Sicher­ung der Person Verträglich ist.

Am Sonntag stieß bei Chelford in der englischen Grafschaft Cheshire ein ans Manchester kommender Schnellzug mit einem Güterzng zusammen. 16 Personen wurden gelötet und viele verwundet. Nach der Fr. Ztg. beträgt die Zahl der Toten 17, die der Verwundeten 40; von letzteren sind mehrere so schwer verletzt, daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird. Viele Passagiere entkamen wie durch ein Wunder. Sir Charles Halle, der bejahrte Pianist, und die Violini­stin Lady Halle, bekannter unter dem Namen Norman Neruda, befanden sich im Zuge, blieben jedoch unverletzt. Der Grund des Zusammenstoßes ist noch zweifelhaft. Der Güterzug soll gerade infolge von Vergeßlich­keit in ein Nebengeleise rangiert worden sein; nach einer andern Version haben sich die beiden letzten Wagen desselben losgelöst und sind durch den Sturm in daS Geleise des Schnellzugs getrieben worden.

Weinüberfluß aufCyperu. Auf der Insel Cypern ist ein ungewöhnlicher Wein- übeifluß eingetreten. Da sich für das h-urige Wachstum jdes weltberühmten Cypernweines keine Käufer einfanden, ist der edle Stoff fast wertlos geworden. Wie die Korr, de l'Est meldet, kommt cs j-'tzt in Dörfern auf der Insel vor, daß der Wein einfach auf die Straße geschüttet wird. Im Dorfe Tscha- kistra haben 3 Weinhändler ihre Häuser aut- gebcssert, dabei wurde der Mörtel statt mit Wasser mit Wein gemischt. Seit einer Reihe von Jahren schon hat die schöne Insel fort­gesetzt unter schweren Unglücksschlägen zu leiden; einer der härtesten ist aber wohl diese völlige Entwertung ihres edlen Erzeugnisses, eine Entwertung, die nur in der Weinkrisis in Spanien ihresgleichen gefunden hat.

Wer ist der Erbe? An der West­küste Jütlands fand man vor einige» Tagen eine Leiche, welche als diejenige des Kapitäns Evergard erkannt wurde, der im Dezember 1893 mit dem amerikanischen SchiffeDon Juan" untergegangen war. Obgleich die Leiche also ein ganzes Jahr im Meere ge­legen hat, war dieselbe doch gut konserviert. Man nimmt an, daß sie mit Sand bedeckt gewesen ist. In den Taschen des Ertrunk­enen fand man außer den Echiffspapieren eine Summe von 180 000 Dollars in Bank­note».

Druck und Verlag von Bcrnh. Hofmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur Bernh. Hofmann).