Das große Los.

Original-Novelle von Leo Werner.

Nachdruck verboten.

17.

Ludwig Mallen strengte inzwischen alle seine Kräfte an, um die Verbindung mit den beiden Obersteigern und einem rasch engagier­ten tüchtigen BngwerkSingenieuc die Felix- Grube von dem Untergange zu retten. Nach fünf Tagen qualvoller Sorgen und nahezu übermenschlicher Arbeit war es endlich ge­lungen, der einströmenden Wassermassen in dem Bergwerke Herr zu werden. Dann wurden die Aufräumungsarbeiten in den ver­wüsteten Schachten in Angriff genommen und ließen sich in vier dis sechs Wochen wohl kaum bewältigen. Dieselben konnten die Obersteiger und der Bergwcrksingenieur allein leiten und Ludwig behielt sich nur die Ober­aufsicht vor. Dadurch bekam er Zeit, auf Mittel und Wege zu sinnen, wie der Betrieb des Bergwerkes wieder ans die rentabelste Weise eingerichtet werden könne. Die An­schaffung zweier großen Dampfmaschinen er­schien dabei durchaus notwendig, wenn die siühere starke Wasserkraft für immer ver­loren war. Die Dampfmaschinnen hätten aber nicht nur allein eine sehr bedeutende Summe gekostet, sondern deren Betrieb an sich wäre auch viel teurer gewesen als eine entsprechende Wasserkraft. Die Wiederge­winnung einer solchen war also das Wich­tigste für die ganze Zukunft der Felix-Grube und ihres Besitzers. Dieser, Herr Hülse­mann, hatte sich wieder so weil erholt, um mit Rat und Thal der allen das Bergwerk beireffenden Arbeiten behülflich zu sein, und Ludwig unterbreitete ihm gerade heute mehrere Pläne zur Beschaffung einer neuen Wasser­kraft für den Betrieb des Bergwerk. Der eine Plan Ludwigs, das Wasser der benach­barten ungefähr hundert Meier höher als das Bergwerk gelegenen Rehberge zu einem Bach zu sammeln und diesen nach der Fe­lix-Grube zu leiten, erfreut sich im hohen Maße des Beifalles Hülsemanu's, unter der Voraussetzung, baß die Lcituugsarbetten nicht zu teuer kämen.

Ludwig Malten glaubte garantieren zu können, daß diese Arbeiten nicht viel teurer als vielleicht 15 000 Mark kommen würden.

Unglaublich, mein Liederl" erwiderte der alte Herr. Diese Arbeiten können das Doppelte und Dreifache kosten, zumal wir um die Leitung ausführen zu können, Grund und Booen kaufen müssen, und dann ge­wöhnliche sehr hohe Kaussummen gefordert werden, wenn die Besitzer wissen, daß man den Grund und Boden unbedingt braucht."

Aber bas Land hat dort sehr wenig wert, es ist dürftige Weide und schlechter Walddoden," bemerkte Ludwig,und da kön­nen die Besitzer, meistens kleine Gebirgs- bauern, doch gar nicht soviel dafür bean­spruchen. Außerdem habe ich den Gebirgs­bewohnern ein sehr gutes Angebot vorzu­schlagen, welches sie vielleicht veranlaßt, uns den Grund und Boden ohne jede Gcldent- schädignng zu geben.»

Da bin ich aber sehr neugierig, dieses Angebot zu erfahren," ries der alte Herr Hülsemann sehr erstaunt,denn etwas Ver­lockende« muß es sein, denn sonst macht es bei diesen Leuten keinen Eindruck."

Nun die Sache ist sehr einfach," meinte

Ludwig lächelnd.Den drei in Frage kom­menden Gebirgsdörsern fehlt es an einer Mühle, da das Gcbirzswasser nur so wild wegläuft und nur da und dort einen kleinen Teich bildet. Durch unsere Anlage bekom­men die drei Dörfer eine starke Wasserkraft zu einer Mühle, und das dürfte doch sehr verlockend für sie sein, denn sie können dann dort oben bequem ihr Korn mahlen und ihr Holz sägen. Und da können sie uns auch den Boden zu dem Bache unentgeltich ab- treten."

Das ist wirklich eine prächtige Idee von Ihnen, Ludwig," erwiderte der alte Herr mit leuchtenden Augen,ich bewundere täg­lich mehr Ihren erfinderischen Kopf, der immer noch dort neue Auswege findet, wo gewöhnliche Sterbliche ratlos dastehen. Setzen Sie sich sobald als möglich mit den Ge­meindevorständen der drei Dörfer in Ver­bindung, damit mann sieht ob der Vorschlag Beifall findet.»

Ich habe es schon brieflich gestern ge- lhan und werde morgen noch persönlich mit den Ortsvorstehern unterhandeln."

O, das ist sehr gut, daß Sic die Ange­legenheit beschleunigen, Ludwig, und ich werde Sie begleiten, um die Quellen der Rehberge noch genau auf ihre Wassermengen zu schätzen."

,O, da oben gibt es Wasser genug, das habe ich aus meinen Ausflügen nach den Rehbergcn in Frühling, Sommer u. Herbst erforscht. Nur im Winter kann es zuweilen Wassermangel geben, doch da können wir uns anderweitig helfen, nämllch durch eine kleinere Dampfmaschine, die wir neben der Wasserkraft anlegen, um den Betrieb des Bergwerke«, so Gott will, künftig noch um­fangreicher zu gestalten als früher."

Das beabsichtigen Sie auch noch Lud­wig I" rief der alte Herr entzückt.Sie sind wie ein guter Engel, der mich so sehr geschlagenen Mann wieder aufgerichiet hat und mein Unternehmen zu neuem und grö­ßerem Ansehen bringen wird. Gott segne Sie dafür!"

Die beiden Männer umarmten sich und schritten dann aus dem Privalzimmer des Herrn Hülsemann nach dem Wohnzimmer, wo Käthchen saß.

Du mußt entschuldigen, mein liebes Käthchen, daß ich jetzt so wenig Zeit für Dich habe," begann Ludwig und reichte der Geliebten zärtlich die Hand.Aber erst muß in der Felix Grube Alles wieder in Ordnung sein, ehe ich Zeit für Dich habe und ehe wir Hochzeit machen können. Habe noch einige Monate Geduld mit mir I"

Ich will, wie es sich einer treuen Braut geziemt, geduldig und hoffnungsvoll warten, denn ein edeles opfervolles Werk zu unserem Segen hat Dich ja allein dazu veranlaßt, unsere Hochzeit auf ein halbes Jahr zu ver­schieben."

Die Zeit des Wartens wird uns ja auch nicht lang, und fielst doch eine so schöne Zeit der frohen, seligen Hoffnungen," er­widerte Ludwig.

Es war aber auch eine Zeit der ernsten Prüfung, die nun wohl hinter uns liegt," flüsterte Käthchen leise und küßte Ludwig in­brünstig auf dessen gebräunte Wange.

* *

Bereits seit drei Tagen hatte der Com- merzienrat Malten mit wachsender Aufregung

die Niehung-Iisten der stattfindenden Lotterir- ziehung verfolgt, aber die Listen stets ent­täuscht bei Seite geworfen, denn eS waren bisher noch fast gar keine großen Gewinne gezogen worden. Gewöhnlich arbeitete um diese Zeit der Cvmmerzienrat über den Mit­tag hinaus in seinem Privatcontor, denn er machte auch zahlreiche andere Versuche, um seine Finanzen zu verbessern, und ließ sich dann gegen zwei Uhr die Ziehunglisten von seinem Diener in das Contor bringen. Auch heute war dies der Fall, und zu seiner bit­teren Enttäuschung sah er, daß bei der heute Vormittag stattgehabten Losziehung wohl das große Los mit 500,000 ^ gezogen, aber aus kcins seiner drei Lose gefallen war.

Aergerlich warf der alte Herr die Liste bei Seite, doch dann nahm er sie wieder in die Hand, um die Losnummer, auf welche das große Los gefallen war, näher in Augen­schein zu nehmen. Es war die Nummer 77,785. Höhnisch grinsten ihn die dürren Ziffern an, die doch in diesem Augenblick so bedeutsam für den glücklichen Gewinner wa­ren, und dann schob der Cvmmerzienrat die Liste bei Seite, um endlich zu Tische zu gehen.

< Fortsetzung folgt.)

Vermischtes.

.'. (Unüberlegt.) Backfisch (zu den aus­wärtigen Verwandten, zu deren Ehren es heute Gänsebraten geben soll):Ach, das ist nett, daß der Onkel Ludwig mit der Tante Minna da ist; nun kriegen wir doch wieder einmal eine Gans zu sehen!"

.'. (Auch Wohl.) Studiosus Nett, der sehr solide ist, besucht seinen Commilitonen Pichet, der sich durch das Gegenteil ausge­zeichnet, Vormittags und findet die Bude in greulichster Unordnung und Piche! noch im Bett. Man steht es der Bude und Pichet an, daß er gestern Abend stark bezecht heim­gekommen ist.Mensch!" ruft Nett aus, ich möchte nur wissen, wie Du gestern Abend nach Hause gekommen bist!" Da erhebt sich Pichet, sieht sich wehmütig um und erwidert langsam und feierlich:Ja stehst Du, Nett, das möchte ich auch gern wissen!"

(Boshaft!)Nein, wie die Zeit ver­geht ! Jetzt bin ich bereits schon 10 Jahre Verheiratet I Meine Frau und ich represen- lieren ein Alter von 70 Jahren. Rat' ein­mal, lieber Freund, wie wir uns in diese 70 Jahre teilen?"Nun, Deine Frau ist die Sieben und Du bist die Null!""

.'. (Hereingefallen ) Herr (im Cigarren­laden):Führen Sie die Sorte Formoso?" Händler:Gewiß, mein Herr!" Herr:Ist die empfehlenswert?" Händ­ler:Außerordentlich! Namentlich die letzte Sendung ist ausgezeichnet!"Herr:Danke! Sie schrieben mir aber, sie sei ganz schlecht ausgefallen. Ich freue mick, daß Sie jetzt anderer Meinung sind. Ich bin nämlich der Fabrikant. Guten Morgen!"

.-. (Das Unvermeidliche.)Was muß ich hören, Jochen, Ihr seid kaum ein paar Monate verheiratet, und schon habt Ihr Euer Weib geprügelt:"Ja seh'n Sie, Herr Pastor, ich denk? immer, 's ist am Besten, wenn der Mensch früh an's Unvermeidliche gewöhnt wird!"

.. (Aberglaube )Deine Stiefel krachen furchtbar, sind wohl nicht bezahlt?"Unsinn da müßte ja mein ganzer Anzug krachen!",

Druck und Verlag von Bcrnh. Hofmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur Beruh- Hofmann).