Aas große Los.

Original-Novelle von Leo Werner.

Nachdruck verboten.

6 .

Einen Augenblick schien es, als würde der Zorn den Commerzienrat über diese Er­klärung des Sohnes übermannen, denn die Augen des allen Herrn blitzten zornig auf, dann kniff er aber fest die Lippen zusammen, hielt sich die linke Hand vor die Slirn und schwieg. Auch Ludwig sprach kein Wort mehr, aber er fühlte deutlich, daß er mit seinen letzten Erklärungen im hohen Maße den Unwillen des Vaters erweckt hatte, und daß er sich mit demselben über diese ernsten Fragen nie werde verständigen können.

Als nach einigen Minuten der Wagen wieder vor der Mallen'jchen Villa hielt, trennten sich Vaur und Sohn schweigend von einander.

* »

In der Hülsemann'schen Villa saß ganz erschöpft in einem Lehnstuhl ein alter weiß­haariger Mann und rang verzweifelnd die Hände, während ein' junges, schönes, aber totenbleichesMädchen zitternd neben demStuhle stand und den Greis zu trösten suchte.

Papa, das Unglück ist vielleicht doch nicht so groß als Du fürchtest I" sagte sie wieder­holt und wischte verstohlen eine Thränc nach der andern aus ihren bluuen Augen.

O, unser ^Unglück ist leider nur zu riesengroß I" jammerte der Greis , welcher kein anderer als der Bergwerksbesitzer M. Hülscmann war.Auf Verluste und Un­glücksfälle m..ß ja der im Kampfe des Le­bens siedende Mensch stets gefaßt sein, aber in seinen allen Tagen, wo man nichts Be­deutendes wieder schaffen kann, die Früchte einer dreißigjährigen Thätigkeit und das er­erbte Vermögen dazu durch ein schreckliches Unglück zu verlieren, das ist ein Schlag, von w.lchem ich mich nicht wieder erhslen werde. Die Felix-Grube, unser Bergwerk, unser Besitztum ist durch den Schachteinsturz ruiniert und wir sind an den Bettelstab ge­bracht. O, barmherziger, allmächtiger Gott, warum muß ich ein solches Unglück in meinen alten Tagen erleiden I"

Armer, armer Vater I" schluchzte jetzt Käihe >etne Tochter.Ja es ist wirklich entsetzlich für Dich, dieses Unglück noch er­leben zu müssen.*

O, Kind, klage nicht um mich, denn viel schlimmer als mich wird leider Dich das Unglück treffen. *

ErNaunt blickte das junge Mädchen den Sprecher an unv sagte so zuversichtlich als möglich:

O, sorge Dich nicht um mich Vater, ich hoffe auch ohne Reichtum glücklich zu wer»'». Ludwig Mallen ist mein treuer Bräungam und wird mich nicht verlassen."

Ach, Du kennst die Welt und ihre Täuschungen noch nicht» mein Kind," er­widerte Hülsemann.Die Umstände unter denen Ludwig Malten um Dich freite, haben sich seit letzter Zeit sehr verändert, und man kann es ihm kaum verargen, wenn er ande­ren Sinnes wird und die heimliche Verlob­ung aufhebt."

Vater, das befürchtest Du?" schrie in entsetzlicher Angst das junge Mädchen auf.

Kälbchen," seufzte der alte Herr,ich wün'che Dir natürlich alles Gut>, aber daß

der Sohn deS stolzen Commerzienrats Mal­ten ein Mädchen heiraten werde, dessen Vater ein Bettler geworden ist, das kann ich nicht erwarten. Ludwig Malten ist deshalb noch kein schlechter Mensch, er hat um Dich als um die Tochter eines wohlhabenden Mannes gefreit, und jetzt bin ich verarmt. Das ist in vielen Fällen ein zwingender Grund Ver­lobungen rückgängig zu machen. Auch wird der Commerzienrat jetzt seinen Segen zu Eurer Verbindung verweigern."

Das junge Mädchen, die nunmehr in eine entsetzliche Zukunft blickte, verfiel jetzt in ein krampfhaftes Schluchzen, und sank auf einen Stuhl. Nach einigen Minuten erhob sie sich aber wieder, trat mit erhobenem Haupte vor den Vater und sagte mit zuver­sichtlicher Stimme:

Ja, unser Unglück ist groß, sehr groß, Vater, aber daß uns Ludwig Malten ver­lassen sollte, daran glaube ich nie und nim­mer, denn dafür habeich von seinem Charakter eine viel zu hohe und edle Meinung I"

Gebe Gott, daß Dich Dein Herz nicht betrügt," erwiderte Hcrr Hülsemann,und daß meine böse Ahnung nicht in Erfüllung g-hl I"

Du darfst nicht zu schwarz sehen, Väter­chen," tröstete jetzt die Tochter den beklagens­werten alten Herrn,im größten Unglück naht uns auch sehr oft noch Rettung, ein gutes deutsches Sprichwort sagt sogar: Wo die Not am größten ist, da ist Gottes Hilfe am nächsten."

Ja, ja, man sagt das," entgegnete mit einem wehmütigen Lächeln der Greis,aber ein anderes Sprichwort, welches leider nur oft zu wahr ist, sagt auch: Ein Unglück kommt selten allein! Und zu unserm Un­glück ist schon längst ein zweites gekommen, denn ich habe in letzter Nacht nicht nur mein Bergwerk, sondern auch meinen Credit und meine Freunde verloren. Denn wo sind die Männer geblieben, die mir vielleicht noch hätten helfen können. Der Commerzienrat Malten, der Bankquier Leixner, der Banqier Buchhold, die Großkaufleute Künnemannund Andere? Keiner ist gekommen, um mir in dem Unglück zu helfen, wohl werden sich aber meine Gläubiger meld. ». ich werde meine Insolvenz anmelden müsse». Das ist die schreckliche Fortsetzung meines Unglücks I"

O, lieber Vater, Verzage noch nicht vollständig, Ludwig Malten wird uns nicht in unserem Unglück verlassen, das glaube ich fest."

Nun ich will Dir Deinen Glauben nicht nehmen, Käihchen, und will mit Dir an­nehmen, daß Ludwig Malten ein edler, treuer Mann ist, aber mit Treue und Edelmut allein kann er uns nicht aus dem Unglücke befreien, und wenn er nicht seinen Vater und andere einflußreiche Männer dazu bewegen kann, für die Erhaltung meines Credils ein- zustehen, so bin ich dennoch ruiniert."

Ich vertraue auf Ludwig und hoffe viel von seiner Treue und seiner Liebe zu uns," beteuerte das junge Mädchen, und die Hände faltend fügte sie hinzu:O ewiger, all gütiger Gott laß mich nicht an dem Manne meines Herzens irre werden, ich müßte ja sonst den Glauben an Menschenliebe und Treue für immer verlieren I"

In dieser Hinsicht muß mar. sich leider auf die schlimmsten Enttäuschungen gefaßt machen," bemerkte leise der schwer geprüfte,

verzagte Greis,denn seit dem Ausbruche des Unglücks auf der Felix-Grube habe ich noch nicht gemerkt, daß ich noch Freunde habe. Die Katastrophe ist freilich auch eine furchtbare, und wer de» Sckachtsturz und den gähnenden Abgrund, in w lchnn unauf­hörlich die Wassermassen stürzen, sieht, gi> bl natürlich das Bergwerk für verloren, wie ich es auch selbst gethan habe, als ich heute morgen das Unglück sah. Wer möchte auch einem unlergehenden Schifte sein Gold au- vertrauen ? I Hahaha I"

Matthias Hülsemann lachte wie ein Wahnsinniger und schlug seltsam mit den Händen durch die Luft, als wollte er ein auf ihn eindringendes Ungeheuer verscheuchen. Es wäre wirklich kein Wunder gewesen, wenn der beklagenswerte, tief gebeugte Mann in Folge deS grauenhaften Unglücks, welches ihn um sein ganzes Vermögen und die Toch­ter um ihr Pebensglück zu bringen drohte, der Verstand verloren hätte. (Forts, folgt.)

Vermischtes.

(Unsere Kinder.)Aber Karlcheu, Du hast ja die ganze Schlagsahne aufge­gessen, und Du solliest doch warten, bis die Geschwister kämen I"Ach, Mama, mir war 'ne Stahlfeder reingefallen und da mußt' ich sie mir doch herausessen I"

(Vor Gericht.) Präsident (zu einem Anwalt, der sehr viel Unsinn geredet):Haben Sie noch etwas zu Ihrer Verteidigung zu sagen?"

.-. (Studium.)Wie ich höre, besucht Ihr Aeltester bie Universität. Betreibt er da irgend ein Brodstudium?"Ach nein, ich fürchte, bei dem ist es mehr Bierstndium."

.'. (Schade). A. (steht vor einem Kon- fektisnsladeu, der die Inschrift trägt: Um­tausch gestattet.):Schade, schadeI" B. Was ist denn schade!" A.Daß meine Frau nicht aus diesem Laden stammt, ich würde sie sonst gleich gegen das nette Laden­mädchen Umtauschen I"

.-. (Das wesentliche Bindemittel.) Ritt­meister (der zu seiner Generalstabsübung kommandiert ist, v rabschiedet sich von seiner jungen, reichen Frau):Wenn wir auch räumlich getrennt sind, liebes Kind, der Draht verbindet uns doch!"

.-. (Kein großer Schaden.)Weißt Du auch, daß in Folge des chinesischen Krieges die Seidenpreise steigen?"Was thut das? Wenn die Stoffe theurer werden, läßt man sich die Kleider tiefer auSschnciden; dann wird der Verlust wieder eingebracht."

(Witterungs-Wechsel.) A.: Sagen Sie mir nur, wie Sie zu dem Rufe ge­kommen sind, ein eben so guter Wetterprophet zu sein, wie Falb? B.: Ich prophezeie immer das Gegenteil von Falb mal be­hält er Recht, mal ich!

.-. (Berichtigung.) Dem Vizekönig Li- Hung-Chang ist nicht nur die gelbe, sondern übe> Haupt jede Jacke aberkannt worden; aber nur, damit sie ihm von den Japanern nicht mehr vollgehauen werden.

.-. Als Schiller die Harfe lernte, sagte ihm ein Nachbar:Sie spielen wie David, nur nicht so gut." Schiller antwortete:Sie reden wie Salomo, nur nicht so klug."

(Abbitte.)Entschuldigen Sie, daß ich Sie gesternNillpferd" nannte. Ich lese hier eben, daß solch ein Tier 20,000 Mark weri ist. Ich nehme mein Wort zurück I"

Druck und Verlag von Bernh. Hofrncknn in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur Bernh. Hosmann).