zum Glück an der Stimme erkennt; im nächsten Moment hält er den Revolver seitwärts, aus dem auch schon der Schuß kracht. Man macht sofort Licht und beide Helden stehen sich leichenblaß gegenüber. Sie haben sich geschworen, nie wieder solche gefährliche Spässe zu treiben.
— (Warnung an deutsche Mädchen) In einer Anzahl deutscher Zeitungen war vor einiger Zeit folgendes Inserat zu lesen: Im Palais d'Or zu Antwerpen werden für die Dauer der Ausstellung 50 hübsche Damen als Verkäuferinnen gesucht. Monatsgehalt 300 Francs und 10 Prvz. Provision vom Verkaufe. Die schönste Dame jerhält eine Prämie von 5000 Francs. Bewerbungen mit Photographie sind zu richten an den Generalagenten Waller, Static-Straat 21, Antwerpen." Die Antwerpens Polizei, auf diese- Inserat aufmerksam gemacht, stellte fest, daß dort ein „Palais d'Or" ebensowenig existiert, wie eine „Generalagentur Walter". DaS Individuum, welches unter diesem Namen inserierte, ist ein Deutscher aus Köln und wohnt in einem verrufenen Stadtviertel »on Antwerpen. In der Static-Straat Nr. 21 hatte der Halunke nichts weiter als einen
Briefkasten gemietet, aus welchem er täglich Hunderte von einyelaufenen Bewerbungen abholte. Mit den Photographien machte er die Runde in allen schlechten Häusern und verpflichtete sich, gegen Zahlung einer gewissen Gebühr die gewünschten Mädchen „zu liefern". Es läßt sich gar nicht kontrolieren, wie viele deutsche Mädchen auf solche Weise in den Höhlen verschwunden sind. Die Polizei hat den verruchten Mädchenhändler s-fort verhaftet und eine umfangreiche Untersuchung angestellt.
Wien, 27. Juli. Die Blätter melden : In Makedonien und Altserbien haben Erdbeben stattgefunden. Auch in Varna sind durch Erdbeben viele Häuser beschädigt worden. Zahlreiche Menschenleben find verloren gegangen.
Vermischtes-
.-. (Ursache und Wirkung.) Hausfrau (zum Dienstmädchen, das eben wieder zwei Briefe erhält): „Merkwürdig, seit wir das Schwein geschlachtet haben, haben Sie eine riesige Korrespondenz, Anna!"
(Der beglückte Vater.) Der Herr- Kommerzienrat trifft seine Tochter mit dem
Herrn Lieutenant allein im Nebenzimmer. „Aber Elli — was — was machst du denn hier? — „Sie dürfen ihrem Fräulein Tochter gratulieren, Herr Kommerzienrat, — sie hat sich eben mit mir verlobt."
(Immer praktisch.) Ec: „Es wird uns wohl nichts weiter übrig bleiben, als durchzugehen. Wist Du mich denn ohne die Einwilligung Deiner Eltern auch heiraten?"
Sie: „Gewiß würde ich das, aber was wird dann aus den HochzeiiSgeschenken?"
Hiesiges.
Wildbad, 3. Aug. Im hiesigen Schlachthaus wurden im Monat Juli geschlachtet: 34 Stück Ochsen,
3 „ Rinder,
. 200 „ Kälber,
75 „ Schweine,
42 „ Schaafe
354 Stück zusammen.
Von Auswärts eingebrachtcs Fleisch: 7217 Pfund.
Schlachthausverwaltnng:
Vorstand F. Weber.
Are WcMfiaHrt nccch Kzenstochcru.
Roman von Johanna Berger.
(Nachdruck verboten.)
55.
Sie wollte ihr einziges Kind und Roman glücklich machen, denn das gemeinsame Wohl Beider lag ihr am Herzen — es war ihr nicht gelnngen, Gott hatte es anders gewollt. Nun war Spiridia tot, der Kampf war zu Ende, aber sie war in Frieden gestorben. Gott hatte ihre Seele in sein himmlisches Reich ausgenommen. Gräfin Antonia schluchzte laut. Der Vorwurf, ihre Lebensaufgabe nicht genügend erfüllt zu haben, zerriß ihr das Herz. Kummer, Trauer, Schmerz und Reue zogen in wechselndem Ausdruck über ihr thrämnfeuchtes Antlitz.
Was blieb ihr nun noch zu thun übrig, was konnte sie noch gut machen?
Sie kreuzte die Arme über der Brust und senkte den Kopf tief herab. Sie sann und grübelte, allerhand krause Gedanken durchkreuzten ihr Hirn. Doch plötzlich strahlten ihre Auge» auf: — Nun wußte sie cs.
Dann ging sie langsam in den Salon zurück, zu Roman. Er hatte sich in einen Sessel geworfen und starrte träumerisch vor sich hin.
Sie blickte ihm liebreich in die Augen und strich ihm das Haar von der Stirn. „Roman," sagte sie, „lass' uns abreisen, hier in der Fremde ist Alles dunkel und leer für uns Beide. Bis zur polnischen Grenze bleibe» wir bei einander, dann trennen sich unsere Wege. Aber nicht für lange, mein Sohn, nachher erwarten wir Dich aus Schloß Jn- troschin — wenn auch nicht bald, so doch später."
Roman ergriff beglückt die feine weiße Frauenhand und preßt« sie heiß an seine Lippen.
„Mama," sagte er — cs war das erste Mal, daß er die Gräfin so nannte. „Mama, ich werde bestimmt kommen, wenn die schwarzen Wolk-n vorüber sind. Ueber's Jahr, wenn
die Veilchen blühen, werde ich bei Euch sein!"-
«- -»
Abermals war ein Jahr der Vergangenheit anheimgefallen und der Frühling zog wieder einmal in das polnische Land und zwar ein Frühling, so schön, so wonnig und sonnig, wie ihn auckdas begehrlichste Menschenherz nicht besser verlangen konnte.
Um Schloß Jntroschin herum hatte dieser Lenz ohne Gleichen eine wahre Zauberpracht entwickelt. Alles war traumhaft schön und überall pulsierte warmes, köstliches Leben. Der Park prangte im frischesten, saftigsten Grün, herrliche Blumen blüten und streuten süßen Wohlgeruch aus, und in den schattigen Boskets sangen und bauten die Vögel. Ein breiter Streifen von Vergißmeinnicht säumte den Rand des großen See's, ans dessen Heller, klarer Spiegelfläche sich bereits die breiten Blätter der Wasserrosen entfalteten. Weiche linde Lüfte wehten, der Himmel war blau und wolkenlos und die goldene Sonne hüllte die ganze Natur in ein Meer von Licht und märchenhaften Glanz.
An einem dieser schönen Frühlingstage herrschte in Schloß Juirsschin eine rege Geschäftigkeit. Es war der Namenstag des Grafen Stanislaw und man erwartete eine Gesellschaft seiner vielen Freunde, welche dem ältesten und vornehmsten polnischen Abel angehörten.
Für einige Tage mußte das stille einförmige Leben auf dem Schlosse unterbrochen werden, fast eine so große Veränderung für das gräfliche Paar, als ob die alten toten Magnaten und Starosten ihrer Familiengalerie plötzlich wieder lebendig geworden wären. Den» die KwileckiS hatten das verflossene Jahr in stiller Trauer um Spiridia verlebt und fast ganz ohne Verkehr mit der großen Welt. Doch allmälig hatte sich ihr Schmerz und Leid in sanfte Wehmut und Resignation verwandelt.
Graf Stanislaw war schon wieder ganz gefaßt und zufrieden und besonders heute an seinem Namenstage in fröhlichster Stimmung. Er freute sich auf seine Gäste, auf d-m lange
entbehrten Verkehr und die Unterhaltung mit ihnen, aber am meisten auf Roman, welchen man heute gleichfalls auf dem Schlosse erwartete.
Seine Gemahlin hatte heimlich ihre Pläne für die Zukunft gemacht, — sie wollte aus den Trümmern eines zerstörten Ledensglücks ein neucS errichte», sie wollte Roman und Jadwiga, die beiden Menschen, die ihr so teuer waren, glücklich machen. Und in hell- leuchtenden Farben stieg manch' freundliches Bild vor ihre Seele.
Gräfin Antonia schien heute die leiovoll« Vergangenheit vergesse» zu haben. Sie hatte den schwarzen Schleier und daö düstere Trauer- kleid abgelegt und ein sonniges Lächeln flog zuweilen über ihr ernstes Gesicht. Musternd und prüfend und der Dienerschaft Befehle erteilend wandelte sie am Arm des Grafen von einem Prunkzimmcr des Schlosses zu dem andern. DaS Gespräch der beiden Gatten war so eifrig und lebendig, sie hatten lange nicht so viel zu reden und zu besprechen gehabt.
Nur ein einziges Mal im verflossenen Jahre waren diese prachtvolle» Säle geöffnet worden. Darum war es auch heute sehr kühl hier innen, sehr unheimlich, fast gruft- artig, und sie machten mit ihrer Totenstille den Eindruck, als ob darin jede Nacht gespenstige feierliche Versammlungen abgehaltcn wurden, und dieser Eindruck erhöhte sich noch, wenn man die schwarzen Flordraperien betrachtete, die fast die ganze Wand einuahmen, an der Spiridia'S Porträt aufgehängt war, und wcnn der Blick auf das düstere Trauerwappen fiel, welches man darunter angebracht hatte, als die junge Frau gestorben war.
«Fortsetzung folgt)
Merk's.
„Ich hatte" ist ein armes Wort.
„Ich werde haben", giebt auch kein'» Hort; „Ich möchte haben", ist thörlich;
„Ich habe", klingt gehörig!
Drum halte, was du hast, für viel. — Denn Hoffen un Wünschen hat kein Ziel!
Druck und Verlag von Beruh. Hofmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur Beruh. Hofmann).