Salon de« Elyssepalastes aufgebahrt. DaS Publikum wird zum Besuche der Leiche zugelassen. Die Beisetzung im Pantheon findet am nächsten Sonntag statt.
Paris, 26 Juni. Ministerpräsident Dupuy erklärt gegenüber verschiedenen Par- lamentsmitgncdcin, daß er seine Kandidatur für die Präsidentschaft der Republik aufstelle. Gegenwärtig ersoidere es mehr Aufopferung als Ehrgeiz, >ich um diesen mit Verantwortlichkeit schwer b> lasteten Ehrenposten zu bewerben.
Lyon, 26. Juni. Gestern abend wurde der Mörder Cesario bis in die späte Abendstunde hinein verhört. Sein Aufenthalt in Celte und die Zeit seiner Abreise von dorther ist nun fcstgeslellt. In Montpellier und Vienne sahen ihn mehrere, denen er jedoch nichts über seine Absichten sagte. Cesario erklärt sich offen als Anarchisten und Anhänger der Propaganda der That. Er habe aus eigenem Antriebe gehandelt und sei nicht Mitglied einer Band!, die ihm etwas anratenkonnte. Der Untersuchungsrichter scheint zu glauben, daß ein Komplott vorliegt, und richtet seine Nachforschungen nach dieser Seile. In Vienne wird geglaubt, der Mörder Cesa
rio sei zwischen Paris und Cette mit Briefen anarchistischen Inhalts hin- und hergefahren. Er hielt sich öfters an anarchistisch n Mittelpunkten auf, welche an dieser Strecke liegen. Drei »eneVerhaftungen wmden vorgenommen.
Lille, 26. Juni. In vergangener Nacht veranstalteten Studenten eine feindliche Kund gebung gegen die Italiener. Unter den Rufen: „Es lebe die Armee und Frankreich! Nieder mit Crispi! Tod den Italienern!" erstürmten und zerstörten sie eine italienische photographische Anstalt an der Nationalstraße.
Paris, 27. Juni. In einer von der demokratischen Linken Veranlaßen Versammlung aller Republikaner entstand ein Handgemenge. Die Teilnehmer schlugen mit Urnen aufeinander los und bearbeiteten einander mit Faustschlägen. Der Lärm dauerte zehn Minuten. Viele Senatoren entfernten sich empört. Das Ziel der Sozialisten und der äußersten Linken, eine Abstimmung zu verhindern, war damit erreicht.
Marseille, 27. Juni. Der Bürgermeister veröffentlicht eine Proklamation, worin er die Bevölkerung aufsordert, sich ruhig zu verhalten und nicht die Italiener für das Verbrechen eines Einzelnen verantwortlich zu
machen. — Aus Rom wird gemeldet: Minister Blanc beauftragte den ital. Botschafter in Paris, R?ßmann bei der franz. Regierung anf Schutzmaßregeln für die Italienerin Frankreich zu ^dringen. Dupuy sprach sich entgegenkommend and. In Turin sind über 1000 aus Frankreich flüchtige Jtaliencr angekommen.
Lyon, 27. Juni. Die Ausplünderung der italienischen Spezereihandlungen dauerte in den Abendstunden fort. In einer derselben explodierte eine Petroieumkanne, wo- ouich ei» Brand entstand und wobei einer der Plünderer und ein Bewohner des Hauses verbrannte. 30 Plünderer wurden verhaftet-
Paris, 27. Juni. Bei der Versammlung der drei republikanischen Senatsgruppen, wobei 179 Senatoren abstimmten, erhielt Casimir Perier 144, Dupuy 15 Stimmen.
Versailles, 27. Juni. Der Kongreß wählte im ersten Wahlgang Casimir Perier mit 451 von 853 Stimmen zum Präsidenten der Republick.
Lyvll, 27. Juni. Die Stadt ist ruhig; die Slraße in der sich das italienische Konsulat befindet, wird fortdauernd geschützt.
beholfenhnt nichts weiter zu lhu» vermocht--, als jammernd im Zimmer umherzurennen und die Hände zu ringen.
AUmälig erholte sich der Graf, doch noch immer flog ein nervöses Zucken über sein blasses Gesicht. Sein erster, »och matter und unsicherer Blick suchte schon wieder das kleine Schmucküück auf, daS seine Fmger krampfhaft umschlossen hielten. Die Augen starrten so beharrlich darauf, als könne ihm dasselbe ein wunderbares Geheimnis offenbaren.
Und mit einem Male — fast wie durch Zauber — sprangen alle Thore der Vergangenheit vor ihm auf, und vor seines Geistes Augen reihte sich Bild au Bild. Immer greifbarer, immer deutlicher sah er bas letzte vor sich — das lodestranrige, letzte Bild. Seine Lippe» öffnete» sich, er wollte sprechen, aber wn- im Krampf schlossen sie sich wieder. Uniäaüa <r Schmerz zerriß ihm das Herz und eiskalt L. uer durchrieselten ihn. Sein Kopf sank we r dumpf und schwer in die Polster zurück.
Gräfin Antonia sprach kein Wort, nur das heftige Wog-m ihres Busens verriet ihre tiefe Erregung. Sie beugte sich über ihren Gallen herab und kühle ihm sanft die Stirn.
Im jZimmer war cs still, ganz still, selbst Frau Casiunra war endlich zur Ruhe gekommen. Sie wiegle sich schon wieder >m Schaukelstuhl und blinzelte mit den beweglichen Aeuglein halb scheu zu den Kwtleckt's hinüber. Michalina kauerte vor dem Kamin und versuchte die sinkenden Flammen mit f-ischem Material von Neuem anzufacken. Zuweilen fuhr sie mit dem Kopfe zur Seite und streifte mit zornigem Blick das gelbe »erwiderte Soldatengesicht dort an der Thür — und dann wieder die großen nassen Flecken auf dem Teppich, dem neuen Smyrnateppich, der so viel Rubel gekostet hatte.
t Fortsetzung folgt.)
Merk's.
Schick dich i» die Wellt hinein,
Den» dein Kopf ist viel zu klein,
Daß die Welt sich schicke drein I
Die Wallfahrt nach Azenstachau.
Roma» von Johanna Berger.
Nachdruck verboten.
40.
Endlich getränte ich mich, das Herz wieder aufzuheben. Neben demselben lag ein zusammengerolltcs Papicrchen, das unbemerkt herausgeflattert war. Ich wickelte es auf und fand eine braune Haarlocke darin und inwendig auf dem Zettel standen die Worte: „Seiner geliebten Margen ethe, Stanislaw, Graf Kwilecki."
Nun war kein Zweifel mehr und dcr Bruder Zahlmeister hatte richtig geraten; die fremde Fran muß daS Schmuckstück gestohlen haben, denn es gehört bestimmt Ihrer Fa. Milte an. Da machte ich mich gleich auf den Weg nach Lygotla, um Ihnen dasselbe wiederzudringen. Und die Jadwiga? — na, das Mädel war immer für das Recht, sie wird mich nicht auszanke» darum!"
Der Lieutenant halle gebückt, mit fast klangloser Stimme, znweilen ganz stock nd, seinen langen Bericht zu E>-de gebracht. Nun erhob er sich und reichte dem Grafen das kleine Herz. Dieser griff hastig danach und riß es mit fiebernden Fingern an sich.
Er war schon während der Erzählung des Alten in große Aufregung geraten, die immer größer wurde; schließlich nahm sein Gesicht einen Ausdruck an, der alle Anwesenden erschreckte. Sein Blick hing mit wahrem Entsetzen an dem goldenen Kleinod, das seine Hand umkrampfte. Ja, dieses Herz war einst sein Eigentum gewesen, aber wie fern, wie weil lag jene Zeit! Und doch tanchte sie plötzlich in leuchtenden Farben vor ihm auf und ein Erinnern an Jugend, Wonne und Freude, an sonniges Glück und süßen Mädchengesang, an noch süßere Mädchenliebe durchströ,nle seine Brust — aber auch ein Erinnern an Leiden, Scheiden und Sterben.
Es flimmerte vor seinen Augen und doch starrten dieselben mit einem unheimlichen Forschen und Suchen auf das Schmuckstück
hin. Darauf flog sein Blick angstvoll zu dem alten Wytek hinüber, der schon wieder in seinen Sessel zusammengesunken war. Und immer von Neuein irrte er h>» und her, immer angstvoller, unruhiger kragten die dunklen, suchenden Augen und dabei wuchs in dis Grafen Innern ctwaS zu einer- namenlos quälenden Vermutung heran — zu einer furchtbaren Gewißheit.
War sie es, konnte sie eS sein?" — Margarethe — die hier elend gestorben? Mit jagenden Pulsen dachte er diesen Gedanken aus. Und doch — er hielt das Porträt in der Hand, das sein eigenes war, den Vergilbten Papierfctzen, der seine Handschrift trug. — konnte er noch zweifeln? — Nein, gewiß nicht. Und nun ging es wie cin brausender Sturm durch seine Seele, denn sie ließ sich nicht fortleugnen, die schreckliche Wahrheit, alle Umstände trafen zu. Und wenn er doch noch ungläubig war, so war die Aehnlichkeit vorhanden, die wunder- bare Aehnlichkeit Jadwiga's mit Margarethe. So viel verwandte Züge fand man nur bei zwei Menschen, die das Blut miteinander gemein batten. Nun wußte er auch, warum ihn der erste Anblick d>s fremden Mädchens jo heftig erschüttert hatte. Ach Alles an ihr ries ihm ja die Jngendgeliebte in's Gedächtnis zurück.
Seine Brust hob sich krampfhaft, Leichenblasse überzog sein Gesicht und es packte ihn ein Schwindel. Mit verlöschenden Augen suchte er noch nach einer Stütze, dann knickte er kraftlos zusammen.
Die so unerwartet eingetretene Katastrophe Halle alle Anwesenden heftig eischrcckt- Gräfin Antonia stieß einen Angstschrei aus und eilte dem Grafen rasch zu Hülse. Mit Micha- Una's Beistand hob sie den Ohnmächtigen vom Boden auf und brachte ihn auf einem Diwan in bequeme Lage. Sie rieb ihm Stirn und Schläfen mit einer belebenden Essenz, die sie stets in einem Flacon bei sich trug. Mit ihrer gewohnten Umsicht und Energie wendete sie olle verfügbaren Mittel an, um ihn wieder zum Bewußtsein zu bringen, während Frau v. Lielinska in ihrer Un
Druck und Verlag von Bernh. Hofmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Bernh. Hofmann.j