katastrophe umgekommen. Ein in Amster­dam wohnender geistesgestörter Russe, der Schuhmacher Similaneff steckte sein Wohn­haus in der Kerkstraat, in welchem fünfzig Personen wohnen, in Brand. Eine Familie, bestehend aus neun Personen, darunter vier kleine Kinder, fand de» Tod in den Flammen, da die brennende Holztreppe den Ausweg ab- schnitt. Zahlreiche, im oberen Stockwerke wohnende Personen sprangen aus den Fenstern auf die Straße und zogen sich schwere Ver­letzungen zu. Mehrere Häuser wurden ein- geäjchert. Nach anderem Bericht wäre der Brand durch Umwerfen einer Petroleumlampe entstanden, und es herrsche unter der durch­aus jüdischen Bevölkerung dieser Straße gegen die russischen Glaubensgenossen, denen vor­geworfen wird, daß sie mit Feuer und Petro­leum mit frevelhaftem Leichtsinn umgehen, ungeheure Erbitterung. Dieselben können sich auf der Straße nicht mehr blicken lassen, ohne sich Schimpfreden und thätlichen Miß­handlungen auszusetzen.

Die Staatsgebäude und Kasernen in J-ffirson C»Y, Missouri, sind dieser Lage abgebrannt. Der Schaden soll groß sein.

Die WclMcchvL nccch KzenstccchclU.

Roman von Johanna Berger.

Nachdruck verboten.

17 .

Mitten auf dem Festplatze, unter einer weitästigen Platane, war iür die vornehmen L>ute, welche das Marienfest besuchten, ei» sogenanntes Herrschaftzell errichtet worden. Hier saßen unter dem grauen, mit rote» Einfassungen reich verzierten Leinwanddache Gräfin Kwilecka und die Herrin von Lygotta. Die Damen waren eben aus der Kirche ge­kommen , erfrischten sich an einer Schale Fruchteis und erwarteten die Procession, welche den Schluß der Kirchenfeier bildet. Vor dem Zelle stand Pavel mit den Gebet­büchern und Rosenkränzen der Damen und ergötzte sich an dem lebhaften Jahrmarkts­trubel. Frau Castmira lehnte mit halbge- schlossenen Augen in ihrem Sessel und schlürfte langsam ihr Eis. Zuweilen stieß sie einen Seufzer aus, während die Gräfin dem fremd­artigen, buntbewegten Schauspiel ihre ganze Aufmerksamkeit widmete und in warmen Worten ihr Vergnügen darüber anssprach.

DaS nennen sie schön, gute Antoika? " Frau V. Bietinska schüttelte verwundert den Kopf. Da muß ich zum ersten Male Ihrem stets so feinen Geschmacke meine An­erkennung versagen, denn mich macht das entsetzliche Getöse uno der abscheuliche Oel- geruch vollständig nervös. Man kann wirk­lich kaum einen Schrill vorwärts setzen, ohne aus elende oder schmutzige Menschen zu stoßen. Eie sagen das gewiß nur aus Höflichkeit zu uns, Antonntschkal"

»Ich sage die Wahrheit," versetzte die Gräfin, indem sie lebhaft ihren Fächer hin und her bewegte. ,Ich amüsiere mich präch­tig, denn diese« Schauspiel hat einen pikanten, prickelnden Reiz an sich, der ungemein fess­elnd wirkt. Auch gehört es ja zum guten Ton, wenigsten-einmal im L-ben einer Wall­fahrt nach Czenstochau bcigewohnt zu haben. Außerdem haben wir noch eine besondere

Verschiedene-.

(Kaserncnhofblüte.) Wachtmeister: Rekrut Müller, stellen Sie sich nicht so nahe zum Kopf ihres Pferdes, sonst frißt es Ihnen das Siroh bei den O.hren heraus I"

Im Wechsel der Zeiten. Alte Ko­kette:Ach früher, da waren die Männer doch galanter!" Herr:Ja, früher! Da waren die Damen auch jünger!"

(Schrecklich.)Ja, um Gotteswillen, Sie sehen ja ganz verstört aus! Was ist Ihnen denn Schreckliches begegnet?!"Meine Schwiegermutter I"

(Mitgift.) Braut (unmittelbar nach der Trauung):Du wolltest mir gleich nach der Trauung eine große Ueberraschung be­reuen. Was ist es?" Bräutigam (ein Witwer):Ich habe sechs Kinder, liebes Herz lauter Buben." Braut:Wie reizend, mein Lieber! Ich habe vier Töchter. Werden wir nicht sehr glücklich mit einander sein?"

.-. Das praktische Bäuerlein. Zwischen Stargard in Pommern und Pyritz befindet sich an einem Wege, «er die Bahn kreuzt, der Haltepunkt Rischow. Er wird durch

Freude dabei, liebe Cafimira, -wir sahen un­sere besten Freunde wieder."

Ja, es ist wahr, es geht nichts über gute und treue Freunde und das sind wir Beide," erwiderte eifrig Frau v. BielinSka. Und es ist entzückend, daß sie endlich ein­mal nach Lygotta gekommen sind. Ach An­tonia, ich habe seit dem Tode meines Gatten so einsam wie eine Nonne gelebt I Sie wissen, daß ich mich sehr unglücklich an seiner Seite fühlte, denn meine zarte Natur paßte gar nicht zu seinem rauhen Charakter. Ach gute Antoika, was habe ich durchgemacht I Aber Sic kannten ihn ja I Wenn er berauscht war und leider war er es häufig, be­leidigte er mich in schrecklicher Weise. Lntrs Laus" sie hielt die Hand vor den Mund er mißhandelte mich sogar! Ich mußte mich ein paar Mal vor solchen Ausbrüchen seines Rausches mit dem kleinen Roman aus dem Hause flüchten und so lange verstecken, bis er wieder nüchtern war.

Ach es war damals ein furchtbares Da­sein für mich! Auf dem Edelhos herrschte ein wüstes Treiben, Tag und Nacht kamen Gäste an, die sich mit Zechen, Kartenspiel, Streiten und Toben die Zeit vertrieben- Wenn die Herren recht erhitzt waren, dann flogen Teller und Gläser, sogar die gesülllen Weinflaschen durch die Fenster oder an die Köpfe der entsetzten Dienerschaft. Zuweilen brach ihre Zügellosigkeit untr Wildheit in solcher Weise hervor, daß mich wahnsinnige Angst packle und ich erst dann wieder auf- atmcle, wenn alles still wurde und die gleich­falls bezechten Kutscher ihre Herren vom Erd­boden auflasen, in die Wagen schleppten und fluchend mit ihnen davonfuhren."

Frau Casimira zog ihr Taschentuch her­vor und drückte cs wiederholt an die Augen. Dann fuhr sie fort:Die Erinnerung daran macht mich ganz krank, ich kann absolut an jene Zeit nicht ohne Schauder denken. Sie wissen ja auch Alle« ich schrieb Ihnen doch ausführlich I Oder wissen Sie nichts mehr, Antoika?"

Doch, doch, ich erinnere mich noch ganz genau, Ihr trauriges Schicksal erregte meine

eine Tafel gekennzeichnet, auf der die Fahr­preise u. s- w. verzeichnet stehen. Die Züge halten hier nur nach Bedarf. Dieser Tage so erzählt man derBerl. Ztg." stand dort ein Bauer an dem Bahndamm und winkle auS Leibeskräften dem heran­brausenden Zuge entgegen. Der Zug hielt. Einsteigcn I" Das Bäuerlein zauderte. Ne, mitsöhrn will ich nicht ick wull In man bloß seggen, dat Ji morgen um dee« Tid hier anholln sölln; min Fru will morgen na d' Stadt föhrn!" Sprach« und ging seiner Wege, während die Bahnbeamten ihm Schmeicheleien nachriefen.

.-. (Beförderung.) Herr (zu einem Schusterlehrling):Nun, Kleiner, bist du denn bald schon Gehilfe?" Lehrling:Na, so weit bin ich noch nicht! Aber den jüngsten Lehrbuben darf ich schon durchhau'n!"

Merks.

Der Frühling kommt in alle Lande, Der Mai zeigt sich wohl überall,

Doch bringt der Mai nicht allerwegen Die Rosen und die Nachtigall.

innigste Teilnahme," erwiderte die Gräfin.

Nun, so hören sie weiter! Mein Gatte war durch das viele Weintrinken allmälig stumpf und gleichgültig geworden, auch seine Gesundheit hatte gelitten, und ehe noch Ro­man seine Universitätsstudien in Wilna be­enden konnte, wurde sein Vater von jahre­langem Siechtum erlöst. Doch das ist Ihnen ja «uch bekannt Roman mußte nun schleunigst nach Lygotta kommen, um Ordnung zu schaffen, denn unser Gut war verschuldet, die Revenüen verkümmert, alle Verhältnisse verwirrt. Mein Mann hatte sich wenig um die Landwirtschaft gekümmert und sich voll­ständig auf seinen Inspektor und auf unse­ren Hofjuden verlassen. Roman war nun Tag und Nacht thätig, er engagierte eine» anderen Verwalter und fand auch einen ehr­lichen Juden, der uns Geld zu mäßigen Pro­zenten leiht. So gelang eS seiner Energie und Umsicht, den Ruin von uns fern zu halten. Wenn Roman meinen Rat befolgt, sich eine reiche Frau zu suchen, dann wird auf Lygotta bald wieder Alles in's Gleiche kommen! Meinen Sic nicht auch, An- tonina, daß er verpflichtet ist, bald zu hei­raten ? Natürlich reich! Und es giebt hier genug reiche und liebenswürdige Edcl- fräuleins, die meinen Roman mit Freuden nehmen würden, aber denken Sie nur er will nicht, er will partout nicht, so­viel ich auch zurede I ES ist wirklich un­begreiflich, welchen Eisenkspf er in dieser Be­ziehung zeigt I Dabei habe ich ihm vorge­stellt, daß wir, fall« eine reiche Frau in's Haus käme, doch aller Sorgen ledig wären, Gesellschaften geben, Reifen in's Ausland machen konnten. Sie werden begreifen, Antoika, daß ich nach jahrelangem Kummer mein Leven auch ein wenig genießen möchte I Lilon Oisu, ich würde in diesem Falle auch meine Toiletten und Costümen aus Paris b ziehen, wie Sie eS thun I Aber glauben Sie, daß er meine Ideen verwirklicht? Be­wahre ! Er will vorläufig nichts vom Hei­raten wissen, sondern erst versuchen, ob el sich durch eigene Kraft über Wasser halten kann. (Fortsetzung folgt.)

Druck und Verlag von Bernh. Hofmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Bernh. Hofmann.)