W. ein Streit, der in ein paar Ohrfeigen ausklang, die L. dem W. verabfolgte. Die Verhatinjurien nun wurden von dem Schöffengericht als ausgeglichen betrachtet, dagegen Dr. L. für die Ohrfeigen zu 5 Geldstrafe verurteilt. Die Kosten sollen beide Herren gemeinschaftlich tragen. Beide Parteien legten Berufung ein. Da« Landgericht in Erfurt faßte die Sache wesentlich anders auf und erkannte in seiner Sitzung am 27. März gegen Dr. L> statt auf 5 ^ aus 500 ^ Strafe; von den Kosten hat dieser Herr vier Fünftel und Herr W. nur ein Fünftel zu bezahlen.
— Die Soldatenschinderei in Padua in Betreff der »or wenig Tagen gemeldeten, in Padua »orgekommenen Mißhandlung eines Rekruten, in Folge welcher dieser gestorben ist, hat der italienische Kriegsminister den General Sironi beauftragt, eine Untersuchung vorzunehmen. Römische Blätter berichten nun, daß der General seine Untersuchung bereit« beendet und einen bezüglichen Bericht vorgelegt habe. Sie fügen gleichzeitig hinzu, daß der Vorfall durch die radikalen Blätter bedeutend übertrieben worden sti. Demgegenüber Hallen jedoch die Berichte aus
Padua an ihrer ersten Dar stellung fest. Einer der beteiligten und nunmehr in Arrest befindlichen Offiziere ist der Blanc, Sohn des gegenwärtigen italienischen Ministers des Aeußern und Senators Blanc. Wie die „Gazzettino" von Venedig milteilt, sind zwei Offiziere in den an die Reitschule anstoßen» den Häusern erschienen, um zu konstatieren, »b man von ihren Fenstern die Vorgänge im Hofe thatsächlich übersehen könne, und gleichzeitig um den Bewohnern derselben strengstens anzuempfehlen, vor dem Gerichte nicht die Unwahrheit zu berichten. Der Deputierte Zabeo, welcher eine Interpellation an das Ministerium richtete, hat seinerseits eine eingehende Untersuchung vorgenommer, und eine große Anzahl Zeugen verhört, die ihm alle die scheußlichen Einzelheiten, über welche berichtet wurde, ausdrücklich bestätigt habe» sollen.
.'. (Auch.) Vater eine« leichtlebigen Sekundaners ? „Nun, Alfred, bist Du versetzt?" — Alfred: „Gewiß, lieber Vater, meine Uhr auch!"
— Strauch und Baum — der Frühling hält seinen siegreichen Einzug ! Mit den wär
meren Strahlen der Sonne beginnt auch neues Leben in den Jahreszeiten willig folgenden Mode Erscheinungen. Und welche Metamorphose vollzieht sich nach dieser Richtung ! Geradezu Wunder vo» Lcnz-sstoffen undLenzfarbcn,v. frühiingsmäßigem Schwung der FatzvnS hat gerade der diesmalige Quar- talwcchsel im Gefolge gehabt! Man muß die in Fülle und Pracht sich dardietenden Novitäten selbst einsehen, um sich eine Vorstellung zu machen, welche Umwälzungen sich in den Moderefforts vollzogen haben, um diese Modewundcr zu begreifen. Und hierzu bietet das jetzt maßgebende Modeblatt, die so rasch in die Gunst des Publikums gelangte „Große" Modenwelt", die beste Gelegenheit. Ein Abonnement für das bevorstehende, für die Mode bahnbrechende Vierteljahr dürfte daher sehr am Platze sein. Die „Große" Modenwelt" , kostet 1 pro Quartal und ist zu diesem Preise durch alle Buchhandlungen und Postanstalien zu beziehen. Man verlange aber ausdrücklich die „Große" Modenwelt" mit bunter Fächervignette zu 1 Unentgeltliche P>odenummer» der
„Großen" Modenwelt" sind durch sämtliche Buchhandlungen erhältlich.
Die Wallfahrt nach Gzenstochau.
Roman von Johanna Berger.
(Nachdruck verboten.)
7.
„Ei, ei, Fräulein, Jadwiga," sagte sie. „Haben Sie im Eßsaal die Tafel fein gemacht! Das blinkt und glitzert gerade wie ein Kirchenaltarl Na, heute gilt es auch, das alte Herrenhaus nach Kräften herauszuputzen, den» die Kwllecki's sind an das Beste gewöhnt. Deshalb hat sich auch unsere Gnädige baarc 200 Rubel von Jsaac Schmul geborgt, damit es an Nichts fehle. Die können darauf gehen — sagte sie zu mir. Denken Sie nur, solch ein Heidengeld! Na, uns kann's gleich sein! Vielleicht bekommen sie cs auch mit Zinsen wieder zurück, denn"
— Michalina trat jetzt ganz in's Zimmer hinein und trocknete sich mit der blauen Schürze daS vom Kochseuer glühende Gesicht. Dann hielt sie die Hand vor den Mund und fuhr mit gedämpfter Stimme fort: „Denn die Gräfin geht mit dem Gedanken um, ihre Tochter mit unserem Pan Roman zu verheiraten. Ich w-iß es von der Kascha, meiner Brndcrslochter, welche Zofe bei der Comtesse Spiridia ist. Das wäre schreckliche« Glück für unfern jungen H rrn Baron, nicht wahr? Die Comtesse hat so viel Geld, daß man unfern liefen Teich damit ausstopfen kann, und wenn der alte Graf einmal stirbt, bekommt sie noch mehr. Dann kann unsere Herrschaft mit Leichtigkeit alle Schulden bezahlen. Und die Comtesse soll ein wahrer Engel an Schönheit und Herzensgüle sein. Eie wirft mit den blanken Silberrubeln um sich her wie mit Bonbons und hilft allen armen Leuten. Und singen soll sie können,
— singen! Fräulein Jadwiga, ich sage Ihnen, die Dicksten Thränen muß man weinen, wenn man nur von Weitem ihre Stimme hört.
— DaS ist war, wenn Pan Roman eine solche Braut eroberte, wäre er wie ein König!"
Jadwiga hörte mit bleichem Gesicht den Bericht der redseligen Köchin an, die noch
in aller Geschwindigkeit eine Menge vorzüglicher Eigenschaften der Comtesse Spiridia aufzählte. Sie halte den Kopf abgewandt und starrte mit feuchten Augen vor sich hin.
Plötzlich tönte ein gewaltiger Lärm von draußen in das Gemach hinein und bereitete den Herzensergüssen der alten Köchin ein jähes Ende. Die Kutsche mit den Gästen war vor dem Herrenhaufe angclangt. Eine große Schar zerlumpter Kinder hatte derselben mit Geschrei daS Geleit gegeben und überbot sich nun in Freudensprüngen und Purzelbäumen, denn a»S dem Gefährt wurde ein ganzer Sack voll von kleinen Münzen über sie auSgeschüitet. Ein Dutzend Hunde von verschiedener Art fuhren heulend, bellend und kläffend zwischen die Kinder und schnaubenden Pferde, und eine Heerde Gänse, welche eben von der Weide kam, watschelte kreischend und mit weit ausqespannten Flügeln zur Seite. Dazwischen fluchte der Kutscher in allen Tonarten und knallte mit der Peitsche. Es war ein wahrer Höllenspeciakel.
Doch nun trat Pav?l, der Diener dcS HauseS, mit über der Brust gekreuzten Armen aus dem Vestibül, um die fremde Herrschaft nach der Sitte seines Landes zu begrüßen. Er warf sich vor der Kutsche auf die Knie, berührte mit der Stirn den Erdboden und sprach den polnischen Willkommensgruß.
Michalina lugte durch das Fenster. „Sie find da, sie wollen gleich aussteigen, ich muß schnell in die Küche," rief sie anS. „Fräulein Jadwiga werden doch heute bei Tafel serviere» ? Die Gnädige meinte, Pavel wäre nickt geschickt genug — und sic würde Ihnen auch ein neues Kleid dafür . .
Jadwiga ließ sie nicht ausreden. „Die Gäste bei Tische bediene»? — Aufwarte»? — Nein, daS thue ich nicht, daS ist mir unmöglich! Ich will jede andere Arbeit verrichten und Helten, wo eS nötig ist. Aber das darf die Pan Casimira nicht von mir verlangen!"
„Aber warum denn nickt? Das ist dock keine Schande, eine so vornehme Herrschaft zu bedienen. Bedenken Sie nur, was es sür ein gutes Trinkgeld geben wird."
„Sage kein einziges Wort mehr, ich verbiete es Dir!" rief Jadwiga mit sprühenden Augen. „Ein Trinkgeld — mir, mir. So etwas ist gut für Dich, doch nicht sür mich. Ich gehöre nicht zur Dienerschaft, merke das I"
„Ach Du liebes Herrgoltchen, weich' ein Stolz, welch' ein Hochmut!" schalt die Alte und rannte aus dem Zimmer. Die heftig zuschlagende Thür fiel krachend hinter ihr in's Schloß.
Das junge Mädchen achtete nicht darauf. Sie stand regungslos da, mit gefalteten Händen und stürmisch wogender Brust. Ihr war so bang zu Mut, ohne daß sie doch recht wußte warum.
Da wurde die große Flügellhür weit geöffnet und Pavel führte die fremden Herrschaften mit vielen bis zur Erde reichenden Verbeugungen in das Empfangszimmer hinein. Es waren drei Personen. Der Graf Kwiiecki, eine hoheitsvolle edle Erscheinung mit ernstem aber mildem Antlitz und einem langen an den Mundwinkeln heradgedrehten Schnurrbart. Er trug das Nationaicostüm der Polen, den langen, reich mit Schnüren besetzten Tnchrock und die viereckige, pelzbesetzte Czabka. Das feine Batisthemd war mit kleinen Brillanlknöpfen geschloffen und die linke Brust zierle das Wladimirkreuz. Gräfin Antonia, seine Gemahlin, war eine jener geistreich» eleganten Frauen, welche in den Salons der polnischen Aristokratie eine wichtige Nolle spielen. D'e Gräfin, i» ihrer Jugend eine viel bewunderte Schönheit, war auch jetzt noch eine imponierende Erscheinung. Sie besaß einen Hellen, scharfen Verstand rmd eine fast männliche Energie. Ihren Gemahl beherrschte sie vollständig und sie wußte sich auch bei ander» Menschen Autorität zu verschaffen. Die Beamte», Bauern und Taglöhner der verschiedenen Güter standen unter ihrer speciellen Controle und sie führte ein scharfes Regiment. Der Graf überließ ihr gern die Oberherrschaft, bewunderte ihr kluges, entschiedenes Verhalten und fügte sich mit der größten Liebenswürdigkeit in alle ihre Anordnungen und Wünsche. l Fortsetzung folgt.)
Druck und Verlag von Bernh. Hofmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Bernh. Hofmann.)