Rundschau.

Stuttgart, 11. Dej. Gerüchtweise ver­lautet, »er Präsident der Zentralstelle für die Landwirtschaft, Frhr. Hans »on Ow, sei zum Nachfolger des Staatsministers des Jn- nern v. Schmid bestimmt. Weiter werden genannt: Dr. v. Göz, StaatSrat v. Pischeck, StaatSrat v. Moser.

Stuttgart, 12. Dez. Die Frage über den Nachfolger des Herrn v. Schmid als Minister des Innern scheint sich, obschsn eine allerhöchste Entscheidung bis zur Stunde nicht vorliegt' dahir lösen zu wollen, » der StaatSrat I. v. Pischeck an diese Stelle be­rufen wird.

Stuttgart, 11. Dez. Da«N.Tagbl." schreibt: Wie wir vernehmen, finden im Herbst 1894 dreitägige Kaiscrmanövcr des K. würt- temb. Armeekorps statt. Wie wir bereits schon vor einiger Zeit mitteilen konnten, war anfänglich die Verlegung der ncuformierten aus drei Batterien bestehenden Artillerieab­teilung von LudwigSburg nach Ulm bestimmt. Später wurde für diesen Truppenteil Stutt­gart alt GarnissnSort in Aussicht gensmmen, und erst in letzter Zeit hat man sich ent- gültig für Cannstatt entschieden, wo zu diesem Zwecke eine Kaserne erbaut werden soll. Die Vielfach verbreiteten Gerüchte in Betreff eine« Garnisonswechsels de« hiesigen Ulanenregi- ment« scheinen sich zu bestätigen. Dem Ver­nehmen nach soll Ende Juli n. I. da« hiesige Ulanenregiment König Karl nach Ulm und das seither in Ulm garnisonierende Dragoner­regiment König nack Stuttgart verlegt werden.

Ebtt-bach a. F., 10. Dez. Heute ha­ben wir eine 21jährige Jungfrau zu Grabe getragen, die infolge Blutvergiftung nach kaum 24 Leidensstnnden ganz unerwartet starb. Ein Spreißel im Finger soll die Ur­sache de» schnellen Todes geworden sein.

Ehingen, 12. Dez. Heule wurde hier die Magdalene Fuchs von Hausen beerdigt, die auf bedauerliche Weise ihr Leben cinbüßte. Während des Brandes in Griestngen, den man weithin sehen ksnnte, ging sie eben selb­em nach Hanse. Eie sah eine Zeit lang dem Brande zu, that dann einige Schritte rückwärts und stürzte einen hohen Steinbruch hinab. Morgen« fand man sie dort bewußt­los, und bald darauf starb sie im Krauken- hause an inneren Verletzungen. Tie Un­glückliche war verheiratet und hat mehrere erwachsene Kinder.

Pforzheim, 10. Dez. Heute früh kurz vor 2 Uhr wurde die hiesige freiw. Feuer­wehr alarmiert. Es war in dem Magazin der Südfrüchtenhandlung von G. Lanza da­hier Feuer ausgebrochen. Das rasche Ein­greifen der Feuerwehr verhinderte eine größere Ausdehnung. Da« Magazin aber brannte auS, dessen Vorräte, wie Zwiebeln, Feigen Orangen, Z>tronen, Maccaroni, Kastanien rc. zerstört wurden. L. soll nicht versichert sein.

Karlsruhe, 12. Dez. Nach sechsstündiger Verhandlung erklärte sich die zweite Kammer einstimmig gegen die Reichsweinsteuer.

Köln, 12. Dez. In LippramSdorf wurde in der letzten Nacht ein Kirchendiebstahl ver­übt. E» gelang den Dieben mit Küchenge­räten im Werte von mehreren 10 000 Mark zu entkomme,,'

In Freiburg i. Br. wurde die Witwe des HofgerichlSrats Kirn, Mutter des dortigen Professors gleichen Namens, verbrannt in

ihrem Schlafzimmer vorgefunden. Sie scheint in der Nacht von einem Schlag getroffen und beim Lichtanzünden verunglückt zu sein. Der Leichnam war morgens halb verkohlt, als die Magd daS Schlafzimmer ihrer Herrin betrat.

Ein Mord wurde von Bad Nauheim konstatiert. Unter dem Eise des Parkteiches wurde die Leiche eines zweijährigen Mädchens entdeckt, da» offenbar einen Schlag auf den Kopf erhalten hatte und »ann in den Teich geworfen worden war. Die eigene Mutier, eine nicht mehr junge Witwe, hatte das un­eheliche Kind aus Nahrungssorgen umgebracht. Sie stammt »on auswärts, war dort dedienstct und ist verhaftet.

In einer in Berlin abgehaltenen Anarchistenversammlung, die ruhig verlief, erklärte ein Redner, Deutschland sei kein Boden für Attentate; ein anderer meinte, die Attentate in jüngster Zeit seien arrangiert worden, um den Regierungen Grund zur Be­kämpfung des Anarchismus zu bieten.

Der Kaiser aus der Hasenjagd. Der Kaiser jagte am Samstag bei dem früheren konservotiven Abgeordneten, dem Amtsrat Dietze in Barty. Der Kaiser jagte ganz allein bei einer Streife von noch nicht zwei Stunden, bei der Soldaten des 26. Regi­ments als Treiber dienten, und schoß in dieser Zeit 385 Hasen, also 3 bis 4 Hasen in der Minute. Wieviel Büchsenspanner und Paironenträger nötig waren, um ein so ununterbrochenes Schießen zu ermöglichen, sagt der ausführliche Bericht derMagdeb. Ztg." über dieses Hasenjagcn nicht.

Ein polnischer Israelit, der letzter Tage in Biel logierte, vergaß bei der Ab­reise 5000 Fr., die er im Bett versteckt hatte, mitzunehmen. Das Zimmermädchen fand da« Geld und übergab es der Polizei. Bald darauf kehrte der Jude zurück und, hocherfreut, sein Geld wiederzubekommen, schenkte er der Finderin 100 Noten als Be­lohnung. Das Berner Gesetz spricht dem ehrlichen Finder IO"/« seines Fundes zu.

Auf eine gräßliche Art ist dieser Tage ein in der Melbourner Vorstadt Elsternivick lebender angesehener Chemiker Liardet ums Leben gekommen. Derselbe war bis vor drei Jahren bei der Quecnsläudcr Regierung Inspektor von Explosivstoffen. Derselbe be­schäftigte sich in seinem Laboratorium mit Versuchen eines von ihm neu erfundenen Sprengmittels, dem er selbst den Namen Tynamo gegeben hatte, als das Präparat plötzlich explodierte und den Unglücklichen buchstäblich in Stücke riß.

AuS St. Johann (Rbcinprovinz) wird gemeldet: Auf einem Weiher bei Mal- staüburbach brachen sieben Kinder ein. Fünf wurden gerettet, zwei Knaben ertranken.

In einem Bergwerk von Dannemora (Schweden) löste sich am 10. ds. ein grö­ßerer Felsblock ab und begrub die Bergleute in einem darunter gelegenen Schachte. Nach dreistündiger angestrengter Arbeit gelang es, sämtliche Arbeiter unversehrt ans Tageslicht zu befördern.

In BetvNto in der italienischen Pro­vinz Bari versuchte ein Zollwächter unter Beihilfe von Gendarmen eine Mörserbatterie, welche die Bevölkerung anläßlich einer reli­giösen Feier ausgestellt hatte, untauglich zu machen. Der Volkshaufe leistete thätlichen Widerstand, so daß die Gendarmen von ihren

Waffen Gebrauch machen mußten. Ein Bauer wurde hierbei gelötet. Ein erneuter An­griff des Volkshaufens zwang die Gendar« men, sich in ihre Kaserne znrückzuziehen Die Meuterer verfolgten den Zollmächtcr in das Polizeiburkau, begossen die Kleider desselben mit Petroleum und zündete» ihn an. Der Zvllwächter erlitt schwere Verwundungen und liegt im Sterben. Durch das Eintreffen von Verstärkungen der Gendarmerie aus Bari wurde die Meuterei beendet. In dem Handgemenge wurden 4 Personen verwun­det. Einige Verhaftungen sind vorgenommen worden.

Aus Giardinella (Sizilien) wird ein blutiger Aufstand gemeldet. Die Einwohner, erzürnt über die Höhe der Kommunalsteuern und Verschleuderung der Gelder seitens der Sindaco im Privatinteresse, zerstörten das Stadthaus unter dem Rufe:Nieder mit den Steuern." HerbeigeholtcS Militär feuerte auf die Menge, tötete acht und verwundete zwölf Personen. Nachdem die Truppen zu­rückgezogen waren, töteten die Aufständischen den Stadldiener und dessen Ehefrau, beschimpf­ten die Leichnahme und trugen deren abgc- schntttene Köpfe durch die Stadt.

Von Wölfen überfallenes Dorf. Eine Schaar hungriger Wölfe überfiel nach einem Telegramm aus Petersburg, in der Nacht zum Montag während eines Schneefalle« ein auS wenigen Hütten bestehendes elendes Dorf bei JekaterinoSlaw. Vier Frauen und zwei Kinder, die sich auf der Straße befanden, wurden von den Raubtieren verschlungen. Die Wölfe blieben die ganze Nacht im Dorfe und entfernten sich erst bei Tagesanbruch, nachdem sie durch die Flintenkugeln der Dorf­bewohner dezimiert waren.

Gegen den Zaren soll wieder einmal ein AttentatLversuch geplant gewesen sein. Die Petersburger Polizei will Beweise in Händen haben, daß gegen den Zaren wäh­rend einer Schlittenfahrt ein Bombenattentat ins Werk gesetzt werden sollte. Ueber die näheren Einzelheiten dieser neuesten russi­schen AttentatSgeschichte ist aber noch nichts zu erfahren, vielleicht handelt eS sich nur um ein unbegründetes Gericht.

Lokales.

(Wiederholt aus dem gestrigen Extrablatt.)

Wildbad, 15. Dez. Beider heule statt- gefundencn GemeinderatSwahl wurden 355 Stimmen abgegeben. Die meisten Stimmen habe» erhalten und sind somit gewählt.

Jpser Bott

215 Stimmen

Stadtpfleger Rometsch 210

Kaufmann Gutbnb

188

Wilh. Weber sen.

177

fk

Weitere Stimmen haben erhalten:

Georg Rath

150 Stimmen

Güthler Flaschner

96

Fritz Kuch

86

Blumevthol

81

Großmann z. Löwen

76

Carl Toussaint

50

Wildbrett, Buchdrucker

38

Zersplittert sind 45 Stimmen.

2 Stimm-

zettet waren ungiltig weil der eine blos Makulaturpapier war und der andere zwei verschiedene in einander gefaltete Wahlzettel enthielt.

Hiezu eine Beilage.

Druck und Verlag von Bernh. Hofmaun in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Beruh. Hofmann.)