sich zu energischem Vorgehen aufrofften, erklären, daß die Anstalt ein wahres „Schlachthaus jür Babies" gewesen. Die sanitären Vorrichtungen waren erbärmich und die hilflosen kleinen Wesen waren in feuchten d»nk len Räumen im Ergeschoß untergebracht, während die Wärterinnen und das übrige Anstaltspersonal die sonnigen und gut ventilierten Zimmer im oberen Stockwerke bewohnten. Die Leichen der Kinder lagen oft Vier Tage in der Anstalt, bevor sie zur Beerdigung fortgeschaftwurden. Die entmenschten Wärterinnen pflegten die kleinen Leichen in eine Holzkiste zu werfen und unter die Haustreppe zu stellen, wo auch die Küchenabfälle u. s. w. ihren Platz fanden I Der Fuhrmann des LeichenbestalterS leerte dann „gelegentlich" den Kasten aus. Die Bürgerschaft ist über die grauenhafte Zustände in jener Anstalt aufs Höchste empört und dringt auf Bestrafung der pflichtvcrgcssenen Anstaltsbeamten.
— In einem Stalle der Chicagoer Stra- ßenbahngcsellschaft, in dem in den unteren Räumen 500 Pferde untergebracht waren, während i» den oberen 30 Straßenbahnwagen, 200 Tonnen Heu und 500 Büschel
Getreide logen, brach kürzlich Feuer aus. Die Tiere rasten in den Flammen umher, ohne hinauszukomm n. Als die Decke durchgebrannt war, stürzten die Wagen herab und zerschmetterten die noch lebenden armen Tiere. Von 500 Pferden wurden nur 18 gerettet. Der Schaden beträgt für die Pferde allein 56,000 Dollars, wofür wie für das übrige die Versicherung anfkommen muß.
Chicago, 31. Okt. Gestern abend ist die Ausstellung offiziell geschlossen worden.
— Bigamie unter Kindern. In D.-r- hampur (Indien) wurde neulich ein eigentümlicher Fall vor Gericht verhandelt. Die Gefangenen waren ein sechsjähriges Mädchen und ein neunjähriger Knabe. Die Beschuldigung gegen die junge sechsjährige Dame war, daß sie Bigamie begangen hatte, und die Anklage gegen den Knaben lautete, daß er sie geheiratet habe, obwohl er sehr wohl wußte, daß sie schon die Frau eines Anderen sei. Die Ellern des Paares wurden angeklagt, den Kindern Vorschub geleistet zu haben. Drei Tage lang dauerte die Gerichtsverhandlung. Die Jury sprach das Nichtschuldig aus und die Kinder, die von alle dem nichts verstanden, gingen freudig nach Hause.
— Der letzt erschienenen Nummer Vs» „Mode und Haus" liegt der nur den Abonnenten zur Benutzung zugängige, von uns bereits angekündjgte „Vergünstigungs-Anzeiger" bei. Schon eine oberflächliche Prüfung ergibt, daß gurch denstlben Vorteile geboten werden, welche den Vierleljahrpreis des beliebten Blattes von 1 mit Colv- ritS 1 stt c/A als illusorisch erscheinen lassen ; vertieft man sich aber in die Einzelheiten dieser genialen Einrichtung, so ist unschwer festzustellcn, daß durch dieselbe den Abonnenten von „Mode und Haus" fast unbegrenzten Geldwert darstellende Vergünstigungen in Aussicht stehen. Namentlich für das Weihnachtkjcst werden die Abonnenten aus der Erneuerung wesentlichen Nutzen ziehen. ES dürfte deshalb ratsam sein, noch nachträglich auf „Mode und Haus" entweder bei den Buchhandlungen oder Postanstalten zum Vierteljahrpreis von 1 ^ für die gewöhnliche, von l'/i für die Ausgabe mit wertvollen Colorits zu abonnieren oder zur Orientierung bei den Buchhandlungen und der Expedition von „Mode und Haus", Berlin Magdeburger Platz 5, kostenfreie Probcnummern einzufordern.
Im Banne des Bojen.
Novelle von C. Western.
Nachdruck verboten.
11 .
Was hatte Alma gesagt? — Vorerst will er Deggenhof durch einen Verwalter bewirtschaften lassen; er selbst denkt nach längerem Unwohlsein Aegypten zu bereisen? — O Gott l
Leise flüsterte ihr Mund:
„Der Reif hat die Blüten ertötet,
Die gestern im Lenz sich gerötet;
Auch mir erstarb in einer Nacht
Was einst der schönste Lenz gebracht I"
Zwei Jahre waren vergangen, in denen Ruth mit aller Kraft gegen das Weh ihres Herzens angekämpft hatte. Sie wurde, früher ein Bild der Gesundheit, schwächer und schwächer, bis um diese Zeit Frau von Linden sagte:
„Mein Kind, Du darfst Dick dem Schmerze nicht so hinqeben, denke an mich, Deine arme Mutter!"
Ruth hing an ihrem Halse und entgegnete:
„Du weißt, Mama, wie ich Dich liebe, aber der Schlag war zu hart, ich werde ihn nie verwinden I"
„Welches Glück, daß ich Dich nicht Lehrerin werden ließ, Du hättest Dich längst aufgerieben I"
„Mutter, Mutier, was liegt daran?"
„Unglückliches K»>d! Ich habe indes gestern an Professor Siinlcr geschrieben; Er hält eS für durchaus nötig, daß Du in ein Nordseebad gehst und schlägt Borkum, die grüne Insel, vor; ich begleite Dich nämlich I"
„O gute Mutter! Aber die Mitt l? Wir müssen sparsam sein!"
„Gott wird weiter helfen, wenn wir nicht auskommen!
Auch von Deinem Vormund hat er geschrieben. Die Jnprägnier-Masse, welche brennbare Stoffe unverbrennbar machen soll, hat sich nicht bewährt; Pfeil hat über seine Experimente den Rest seines Vermögens ein-
gebüßt und sehr locker gelebt, man weiß nicht, wovon er noch existiert!"
Ruth »erzog ihr Gesicht schmerzlich und sagte:
„Liebe Mama, laß ihn! Weißt Du, schon als Mädchen und später in der Pension lachten sie mich aus, daß ich keine Schlangen, Molche und Kröten leiden konnte, ich rechne den — Herrn Vormund zu den menschlichen Kriechern dieser Art I In einem Jahre bin ich mündig und werde mich möglichst bemühen, den Namen Pfeil zu vergessen I"
„Nun, er bekümmert sich ja so wie so um mich und Dich!"
„Du irrst, Mama, ich wollte Dir nur den Schmerz nicht bereiten, Briefe in Deine Hände z» legen, in denen er abermals um meine Hand anhält I"
Und was thatst Du?"
„Ich habe ihn ein für alle Mal heftig abgewicsen I"
„Gott sei Dank!" —
Vierzehn Tage später befanden sich Frau und Fräulein von Linden schon am Strande von Borkum, dessen Badcgrsellschaft bunt zusammengewürfelt war.
Die beiden Frauen hielten sich still für sich, aber auf ihren einsamen Spaziergängen erregte Ruths stolze Erscheinung die Aufmerksamkeit eines bleichen Badegastes, der fast täglich den Weg der beiden kreuzte und jedesmal ehrerbietig grüßte.
Der bleiche Mann war ein reicher Kaufherr aus Nürnberg, der hier die Gesundheit wiederzuerlangen suchte. Ducch Zufall hatte dieser, ein Herr Breiiinger, seine Privat- wohnung neben den Damen erhallen; dakni hatte er des öftere» Gelegenheit gehabt, Ruths schöne Allstimme zu Horen, wenn sie ihre düstcrgefärbten Lieder sang.
Eines Tages hatte man ein Wohlthätig- keitskonzert arrangiert; an der Spitze des Comitös stand auch Herr Al-xander Brei- tinger, der nun auch bei den Frauen erschien und um Ruihs Mitwirkung in der Concertaufführung bat. Diesem Ansinnen war nicht auszuweichen, Ruth mußte de»
Vortrag von „Erlkönig" und „Am Meer" zusagen, wenn sie es auch nicht gern that.
Vergeblich hatte während dieser langen Zeit Edgar von Bach A'gypten und den Orient bereist, sich das Gleichgewicht seiner Seele wiederzuerwerben. Deggenhof ließ er wie eine Perle herauSputzen, unter den drei Steineichen ward ein Ruheplatz hcrgerichtet, an dem Edgar am liebsten weilte. Man konnte nicht sagen, daß er thatenlos das Leben verträumt hätte; er war ein tüchtiger Landwirt geworden, aber er blieb Junggcsell; das Heiraten wäre ihm verleidet, hatte er seinen Bekannten erklärt. Den Professor halte er nur einmal wiedergesehen, aber zum Austausch von mehr als landläufigen Redensarten war cS zwischen beiden, da fremde Leute dazwischen getreten, nicht gekommen, Diesen Sommer fand der Arzt Edgar „ungewöhnlich bleich" und schlug einen sechs- wöchentlichen Aufenthalt an der Sec vor.
„Meinen Sie?" fragte Edgar. „Aber wohin?"
„Sagen wir Borkum I"
„Gut, also Böckum! Mir ist es ziemlich einerlei — I"
S» kam Edgar von Bach eben auf Borkum an, als abends das WohlthäiigkeiiS- konzert stattfand. Der Kursaal war längst gefüllt, als die Badekapeile mit der Ouv-r- türe von Roisinis „Othello" begann. Auf diese brachte der Concertmeister eines süddeutschen Musikinstituts eine Violin-Phan- tasie mit Orchester vonBöriot zum Vortrag, dann folgte der „Erlkönig". Edgar hatte das alles wie im Traum an seinem Ohr vorbeiziehnr lassen, jetzt folgte das Triolen- stakkato in O-rnot! der Begleitung von „Erlkönig". Dann ertönte es klar und melodisch : „Wer reitet so spät durch Nacht u. Wind?"
>Fortsetzung folgt)
Je nachdem.
Eine Kleinigkeit kann hoch ergötzen, Wenn man gut gestimmt ist,
Eine Kleinigkeit kann tief verletzen, Wenn man schon ergrimmt ist.
Druck und Verlag von B er n h. Hofmaun in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Beruh. Hofmann.)