Rundschau.

Dem Verein zur Hilfe in außeror­dentlichen Notstandsfäüen «uf dem Lande ist aus der Privatkasse Ihrer Mas. der Königin für die Aermsten der vom Futter­mangel Betroffenen die reiche Gabe von 3000 Mark überwiesen worden. Damit hat Ihre Majestät in den Tagen ihres GeburlSfestcS einen neuen Beweis warmer landermütter­licher Teilnahme und inniger Verbundenheit mit dem Würtiemberger Volk gegeben der das Echo wärmsten, ehrfurchtsvollen Dankes und herzlichster Segenswünsche weithin wach­rufen wird.

Zuffenhausen, 9. Oktober. Heute erhielt Fräulein Klara Clauß eine prachtvolle Brosche von der deutschen Kaiserin. Die Brosche ist mit dem Monogramm der Kaiserin und der Kaiserkrone geziert und wird in dem beige- legtcn Schreiben ausdrücklich als Andenken an den 16. September bezeichnet. Fräulein Clauß war die Festdame, welche der Kaiserin am 16. Scpt. ein Bouquet hier überreichte.

Kornwcstheim , 10. Okt. Vom Kaiser und der Kaiserin liefen gestern huldvolle Geschenke sür die Kinder ein, welche dem Kaiierpaar am 16 September bei deren Rück­kehr vom Manöverfelde Blumensträuße über­reichen durften. Drei Mädchen, Töchtcrcben des Pfarrers, des Ortsvorstehers und Bür­gerausschußobmanns, erhielten je eine goldene Brosche mit der Kaiserkrone und dem Na- menSzng der Kaiserin; der Sohn des Oeko- nomcn Pfeil erhielt einen reich in Silber und Gold getriebenen Becher.

Neuenbürg, 7. Okt. Gelegentlich der schon berichteten Ausbesserung der hnsigm Georgskapelle wurden beim Abkratzen der beschädigten Wände Freskogemälde entdeckt. Eines derselben stellt die Geburt Christi, das andere die Weisen aus dem Morgen­lande dar; beide sind noch gut zu erkennen. Lont»sko»servaior Dr. Paulus, in dessen Auftrag seit 8 Tagen durch einen Architekten Ausnahmen in der Herrenalber Klosterkirche gemacht w-rden, ist um sein sachverständiges Urteil angegangen worben und wird in den nächsten Tagen hier eintreffen. In Langen­alb brannien vorgestern nacht bei heiligem Winde zwei Wohnhäuser bis auf den Grund nieder.

Neuenbürg, 9. Okt. Heute früh wurde der 50jährige Arbeiter Bessert von Büchen­bronn in dem Steinbruch bei Birkenfeld tot aufgefundcn. Derselbe ging gestern ab-nd 9 Uhr von einer Wirtschaft in Birkenfeld weg und schlug einen Fußweg nach Pforz­heim ein. In der Dunkelheit scheint er ab­seits und in den Steinbruch geraten zu sein,

Neuenbürg. 11. Okt. Nach einer Be­kanntmachung veSK.Ministeriums drsJnn rn vom 5. d. M. sind nachgenannten Ange­hörigen des K. Landjägerkorps für ausge­zeichnete Dienstleistung und langjährige treue Pflichterfüllung Auszeichnungen zuerkannt worden: (1 Durch Allerhöchste Entschließung Seiner Majestät des Königs wurde dem Landjäger I. Klasse Wohlfahrt in Birken­feld die silberne Verdienstmedaille verlieh:». 2) Geldbklohuungen haben u. A. erhalten: Stationskommandant Schwarz in Vienenburg und Landjäger I. Klasse Schuster in Wildbad.

Biberach, 9. Oki. Ungeheures Aufsehen erregt hier und in der Umgegend die Ent­deckung eines Betrügers von ungewöhnlicher Art. In dem benachbarten Jordanbadc weilte

seit einigen Wochen ein Bischof von Adou- Rinive, Mesopotamien, dessen Erscheinen be­sonders bei unserem Londvolke um so mehr Beachtung fand, als ec auch kirchliche Hand­lungen ausübte. Selbst eine hohe Adelö- familie, wo er als Gast weilte, wurde durch sein Auftreten getäuscht. Ein hiesiger katho­lischer Geistlicher, welcher zum Handkuß zu­gelassen, schöpfte Verdacht, weil der Bischof sich bei diesem Akte einen Verstoß gegen seine kirchlichen Vorschriften zu schulden kommen ließ. Es scheint nun, daß der Pseudo- Bifchof dem Wetter nicht traute, denn plötz­lich war derselbe verschwunden.

Man schreibt aus Pforzheim unterem 7. Oktober: Zn einer wahren Metzelei kam es gestern Abend in einer hiesigen Wirtschaft. Drei Taglöhner, Weiß, Ochs und Seiler mit Namen, gerieten in einen Streit, der alsbald in Thätlichkeiten auSartete, wobei sie sich mit Messern gegenseitig so bearbeite­ten, daß zwei derselben, Seiler und Weiß, aus den Tod verletzt in das Krankenhaus verbracht werden mußten. Dem Weiß wurde der Bauch ausgeschlitzt. Auch der Wirt, welcher den Streit schlichten wollte, erhielt Messerstiche. Schon lange ist eine solche Rohheit hier nicht mehr verübt worden.

Pforzheim. Der Umbau des Bahnhofs ist jetzt energisch in die Hand genommen worden. Es werden nach Vollendung der baulichen Arbeiten, die man in ungefähr 2 bis 3 Jahren erhofft, 2 Hallen zur Beför­derung der Reisenden aufgerichtet sein. Die­selben werden durch Viadukte verbunden. Der neue Bahnübergang wird voraussichtlich in einigen Wochen dem Verkehr übergeben werden. Das Mürriesche Branereianwesen mit allem liegenschafiiichen Zubehör und Branerciinvenlar ging um den Preis von 100 000 von Herrn M. Straßburger und Söhne in Mannheim durch Kauf auf Hrn. B. Rettenmeyer, Bierbraucreibesitzer in Stultgart-Heßlach über.

Daß die Sozialdemokraten Wirtschaf­te» in Verruf erklären, ist nichts seltenes, neu dürste aber der über ein Theater ver­hängte Boykott sein. DaS sozialdemokratische Osienbacher Abendblatt" bringt folgende Mitteilung:Wir machen nochmals darauf aufmerksam, daß am Samstag abend in der Volks-Versammlung beschlossen wurde, nicht allein de» Boykott über Schloss rs Liegen­schaft aufrecht zu erhalte», sondern, um den­selben zu verschärfen, von jetzt ab die Arbeiter und Gisinnungsgenoffen gehallen sind, auch den Besuch des Stadttheaters zu vermeiden und dadurch die Aktionäre zu zwing n, uns die Räumlichkeiten wied-w zur Verfügung zu stellen; deshalb ist es Pflicht eines jeden Ar­beiters, sollte er auch ein Freund dcS Tha- terS sein, sich diesem Beschlüsse zu fügen, um tadurch zur Er eichnng eines für öffentliche Versammlungen ge.ignetenSaales bcizutragen. Thue ein Jeder seine Pflicht, und der Erfolg dürfte nicht auSbleib'n."

Aus Augsburg, 9. Okt., wird ge­meldet: I» Fürrh erstach heute nacht der Metzger Güthlcin seine Geliebte, die Gast- wirlswitwe Heckei, verletzte zwtt Polizisten, die ihn verhaften wollten, schwer und schnitt sich schließlich selbst den Hals ab; die Witwe Hecke! hinterläßt sechs Kinder.

Am 22. ds. MtS. begeht König Albert ». Sachsen sein 50jährigcS Militär­jubiläum und man hofft, daß dazu auch der

Kaiser mit noch einigen anderen Fürstlich­keiten in Dresden cintreffen werde.

- Eine Schafherde vom Bahuzug über­fahren- Man schreibt aus BenShcim, ll. Okt.:Gestern Abend gegen 10 Uhr wurde» einem Schäfer aus d-m Bay rischen, der mit seiner etwa 230 Stück zählenden Schafherde nächst dem Bahnübergang oberhalb BcnSheim verweilte, von dem Heidelberger Schnellzug 56 Schafe überfahren und gelötet. Die Tiere waren, während vermutlich der Schäfer schlief und die Hunde schlecht wachlen, aus dem Pferch ausgebrochen und trieben sich auf dem Bahndamm herum. Der Bahnwärter war dem nahenden Zuge enlgegcngelaufen und hatte das Haltesignal gegeben, der Zug konnte aber auf die kurze Entfernung nicht mehr zum Stillstand gebracht werden und fuhr mit voller Fahrgeschwindigkeit in die Tiere hinein. Ein entsetzliches Bluibad wurde an- gerichtct, in der ganzen Länge des Zuges lagen die zerstückelten Schafe aus dem Bahn­damm umher. Jedenfalls sind die blöden Tiere dem Licht der Lokomotive entgegen und so direkt in den Tod gelaufen. Der Schnellzug, dessen Passagiere durch den grau­sigen Anblick nicht wenig erschreckt wurden, fuhr mit fünf Minuten Verspätung von der Unfallstätte weiter."

Würzburg, 11. Okt. Das Militärge­richt sprach den Lieutenant Hoffmeister betr. der Anklage sozialistischer Umtriebe frei. Die Verhandlung schloß erst gegen Mitternacht.

London, 11. Okt. Daily News meldet die Zahlungseinstellung der Rhederstrma Strumore u. Cie. Die Passiva betragen 100 000 Pfd. Sterling. Die Blätter führe» den Zusammenbruch auf Börsenspekulationen eines Mitgliedes der Firma zurück.

Vom Frauenmörder de Jong Aus Amsterdam wird berichtet: Die Zeugenaus­sagen in der Mordaffaire de Jong ergaben, daß de Jong seine letzte Frau Maria Schmitz zwischen den Ortschalten Larenberg u. Boffum in der Nähe eines Dickichts ermordete. Der Mörder entkleidete sein Opfer vollständig, zog demselben sogar die Strümpfe ab, machte ein Packet aus den Kleidern, begab sich nach Larenberg und versetzte die Kleider im dor­tigen Versatzamt. Den Leichnam versenkte er im nahen Flusse. Heute (am 9. d. M-) fand im Arnhemer Gefängnisse die Konfron­tierung des Frauenmörders mit seinem Vater und Bruder statt. De Jong stellte sich ver­rückt und erklärte, weder den alten noch den Jungen zu krnncn. Im Gefängnis ist de Jong überaus heiter; er versicherte gegenüber den Wächtern, das Gericht sei ihm nicht ge­wachsen. Eine spätere Nachricht besagt: Die Justiz glaubt nicht, daß der gefundene Leichnam derjenige der Marie Schmitz ist.

Wie aus New-Uork gemeldet wird, sind nach den letzten Nachrichten aus Bayon Cosk, Grand Island und Chüniöre bei der letzten großen Flutwelle fast 2500 Menschen umgrkommen. Viele Leichen sollen von den Fischern an der Küste ausgeplündert worden sein. Bei einigen der Gelöteten hat man Summen im Betrage von 5000 10,000 Dollars gesunden.

(Keine Hungersnot.) Pfarrer:Wa­rum hat sich Dein Vater das Leben genom­men?" Bube:Wegen der ArbeitSnot." Pfarrer:Du willst wohl sagen wegen der Hungersnot." Bube:O nein, Hunger haben wir genug!"

Verantwortlich:- Red.-.tt-u-' A - r n b a rH o ? » ,i n n.) Druck und Brrlaa, von Bernhard ^ rom-dbad.

pW" Hiezu eine Beilage.