Rundschau.
-- Seine Königliche Majestät hat aus Anlaß der Eröffnung der neuen Neckarbrücke zwischen Stuttgart und Cannstatt nachstehende Auszeichnungen verliehen : den Titel u. Rang eines Präsidenten dem Vorstand der Mini- sterialabt. für Straßen- und Wasserbau Reg.- Dir. von Leibbrand, den Titel eines Oberbürgermeisters dem Stadtschultheißen Rümelin in Stuttgart, das Ritterkreuz des Ordens der Württ. Krone dem Oberbürgermeister Rast in Cannstatt, das Ritterkreuz I. Kl. des Friedrichsordens dem Baurat Schall bei der Ministerialabt. für den Straßen- und Wasserbau und dem Bürgerausschußobmann R.-Anw. Karl Schott in Stuttgart, das Ritterkreuz II. Kl. dieses Ordens dem Abteilungsingenieur Rohling in Cannstatt und dem Gemeinderat, immatrikulierten Notar Kümmerten daselbst, die Verdienstmedaille dcS FriedrichSordens dem Banassist. Rieckert in Cannstatt.
Stuttgart, 27. September. (Verbot von Spcrrklappen an Zimmeröfen.) Das K. Ministerium des Innern hat zur Verhütung der mil den Sperrklappen in den Rauchab- zugSröhren der Ocfen für Leben und Gesundheit von Menschen verbundenen Gefahren verfügt, daß 1) bei den innen heizbaren Zimmerssen, welche für Steinkohlenoder Coaksfeuerung eingerichtet sind oder in welchen Steinkohlen, Anthrazit-, Braunkohlen, Tors, Briquets oder Coaks gebrannt werden, Cperrklappen in den Rauchabzugsröhren verboten sind; 2) vorhandene Sperrklappen innerhalb der Frist von drei Monaten (vom 23. September an) zu beseitigen sind. Hausbesitzer werden gut daran thun, noch vor dem Beginn der Heizsaison die in Äffer 2 verlangten Abänderungen zu treffen. Die Verfügung gründet sich auf Art. 32 Ziffer 5 und Art. 51 deS LandeSpolizeistrafgesetzeS vom 27. Dezember 1871.
Stuttgart, 27. Sept. Die Einweihung der neuen Neckarbrücke fand in Anwesenheit deS Königspaares, der Minister, der Hofstaaten und der Stadtbehörden von Stuttgart und Cannstatt unter großem Menschenan- drange statt.
Cannstatt, 26. Sept. Aus Anlaß der Einweihung der Neckarbrücke hier haben die bürgerlichen Kollegien zu Ehrenbürgern der Stadt Cannstatt ernannt: Staatsminister von Schmid, Reg.-Dir. v. Leibbrand und Geh. Hosrat Vellnagel in Stuttgart. Die Ehren- bürgerrechlSurkunden sind im Laufe des gestrigen Tages vom Oberbürgermeister Nast und dem Bürgerausschußobmann Werkmeister Krauß oben genannten Herren überreicht worden.
— Mit Wirkung vom 1. Okt. ds. Js. an wird im direkten Verkehr zwffchen württ. Stationen einerseits und Stationen der großh. badischen und der pfälzischen Eisenbahnen andererseits die Giltigkeitsdauer der Rückfahrkarten durchaus auf 10 Tage festgesetzt; das gleiche gilt für die Rundreisekarten des württ.-bad. Verkehrs mit Ausnahme der Tour XlV, deren Giltigkeitsdauer vom 1. k. Mts, ab 20 Tage beträgt. Die für den inneren württemb. Verkehr bestehende Bestimmung, wonach die Giltigkeit um Mitternacht des letzten GeltungStages erlischt, auch eine Verlängerung der Giltigkeitsdauer durch Sonn- und Festtage ausgeschlossen ist, greift künftig auch für die vorbezeichneten direkten Rückfahr- und Rundreisekarlen Platz.
Calw, 25. Sept. Der Anstifter des kürzlich von hier gemeldeten, tm Entstehen gedämpften Brandes in der Metzgergassc wurde in der Person eines 14jährigen, aber wegen Unzurechnungsfähigkeit straflos ausgehenden Knaben entdeckt.
Rehmühle, OA. Calw, 25. Sept. In der Scheuer des Forstwächters Seybold brach heute vormittag Feuer aus, welches dieselbe mit sämtlichen Vorräten vollständig zerstörte. Das Wohnhaus war sehr gefährdet und brannte schon an verschiedenen Stellen; der schnell herbeigecilten Feuerwehr gelang eS aber, dasselbe zu retten, nachdem die meisten Mobilien in aller Eile daraus geflüchtet worden waren. Der angerichtete Schaden ist jedoch nicht bedeutend.
Nagold, 25. Sept. Anläßlich des großen Brandunglücks lief aus dem K. Kabinett folgendes Telegramm bei dem K. Oberamt ein: „Seim Königliche Majestät haben die telegraphische Anzeige von dem in Nagold ausgebrochcnen großen Brande mit lebhaftem Bedauern vernommen, lassen AllerhöchstJhre aufrichtige Teilnahme aussprechen und sehen weiterem Bericht, insbesondere auch wegen etwaiger Unterstützung der bedürftigsten Beschädigten, entgegen." — An der Abräumung des Brandplatzes wird so eifrig gearbeitet, daß bis 1. Okt. bereits die neuen Bauplätze abgesteckt werden können. Um die „Hintere Gasse" zu erweitern, hat die Stadl 2 Wohnhäuser (Mechaniker Brezing und Fuhrmann Benz) und 2 Scheuern zum Abbruch angc- kauft. Die Buchdruckerei de- Gesellschafters ist im Hause des Gerbers Kappler untergebracht.
Ulm, 27. Sept. In der heutigen Hauptversammlung des evang.Kirchengesangvercins- tagS begrüßte Staatsminister vr. v. Sarwey den Verein im Namen Sr. Maj. des Königs, Prälat Or. v. Müller im Namen des Konsistoriums, ferner sprach Prälat Or v. Lechler im Namen des Kirchensprengcls und der Diözese. Den Hauptvortrag hielt Stadtpfarrer Pezold über Gemeindegesang beim Gottesdienst.
— Einen Akt großer Roheit meldet man dem F.G A. aus dem fränkischen Orte Rothen- lmch. Dort waren zwei junge Leute auf einer Wiese beschäftigt, der eine mit Mähen, der andere mit Fulterheimfahren. Der Mäher schärfte dem letzteren ein, ihm ja nicht über sein schönes Futter zu fahren, was indes der andere mit den Worten „Gerade weil Du es nicht haben willst" doch that. Da hob der Mäher seine Sense und hieb damit auf den Kopf des Fuhrmanns ein, daß dieser sofort tot zusammenbrach.
— Das Berl. Tagebl. wiederholt laut S. M. die früher gebrachte Nachricht, daß der Kaiser anfangs November als Gast des Königs von Württemberg im Schloß Bebenhausen 5 Tage zu Jagden anwesend sein werde.
— Fürst Bismarck war, wie verlautet, sehr erfreut über die kaiserliche Dipesche. Profissor Schwminger berichtete auch schriftlich an den Kaiser über die Krankheit des Fürsten, Graf Herbert BiSmarck und Graf Rantzau, der Schwiegersohn des Fürsten, sind inzwischen in Kisstngen eingetroffen. Die Ankunft derselben erfolgte auf besonderen Wunsch des Professors Schweninger, weil der Leibarzt eine kurze Reise nach Nord- deulschland antrat und in der Zwischenzeit den Fürsten in der Mitte seiner FWulie sehe wollte. Die Abreise nach Friedrichsruhe
dürfte, wenn die Besserung im Befinden des Fürsten in der bisherigen Weise anhält, binnen Kurzem erfolgen.
— DaS Kammergericht in Berlin hat entschieden, daß das Schießen unv Jage» an Fest- und Feiertagen allgemein durch die SonntagSordnung verboten sei; es müsse deshalb eine Störung des Sonntag« auch darin gefunden werden, wenn der Anstand außer der Zeit des Gottesdienstes bezw. nach Beendigung desselben auSgeführt würde. (In Württemberg ist die Jagd an Sonntagen schon lange verboten.)
Metz, 25 Sept. Der kommandierende General des 16. Armeekorps, Graf Haeseler, hat in sämtlichen Kantinen im Bereiche seines Korps den Branntweinverkauf verboten. Die Maßregel soll sich auf Erfahrungen in dem letzten Manöver stützen.
— Tragödie eines Arztes. Der gesuchteste Kinderarzt der Stadt Preßburg, Dr. Böla Bökh, ist vor einigen Tagen von dem Besuch bei einem an DiphtheritiS erkrankten Kinde heimgekehrt. Ehe er noch Zeit gefunden hatte, sich nmzukleiden und zu desinfizieren, lief ihm sein Söhnchen entgegen und küßte den Vater trotz aller Abwehr des letzteren. Zwei Tage später erkrankte das Kind an der mörderischen Seuche, die cs auch hinwegraffte. Der unglückliche Vater verlor darüber den Verstand, verfiel in Tobsucht und starb unter den fortwährenden Rufen: „Ich habe mein Kind getötet I" — Miquel aus Reisen Aus Bentheim wird der Berliner Volkszeitung erzählt; Der Finanzmister Miquel passierte d,r einigen Tagen auf seiner von Scheveningen nach Osnabrück unseren Bahnhof und war der Zollprüfung wegen genötigt, seinen Wagen zu verlassen. Unter den Neugierigen, die den großen Steuerkünstler zu sehen wünschten, befand sich ein dortiger Kaufmann, der nach längerer scharfer Beobachtung der zu den Umstehenden gewendet in die denkwürdigen Worte auSbrach : „Trägt einen Schlipps für vierzig Pfennig I"
— Der Wein des JahreS 1893 ist in Frankreich außerordentlich gut ausgefallen. Er wird den berühmten Weinen von 1846, 1865 und 1870 an die Seite gestellt. Sowohl bezüglich der Quantität als der Qualität hat die Ernte die Erwartungen der Wein- bergSbesttzer übertroffen. Wie aus Dijon geschrieben wird, ist die Weinlese in den berühmten Weingegenden der La Este beendet. Sie ging bei ausgezeichnetem Wetter vor sich.
— Mit dem Schiffe Palcnlino sind drei Matrosen des untergegaugenen englischen Schoners Windermere in Boston eingelroffen. Dieselben erzählen, daß sie sich neun Tage auf dem Kiem des umgeschlagenen Schoners festgehalten und dabei furchtbare Leiden aus- zustehen gehabt hätten. Der Kapitän und dessen Frau seien am Wrack von Haifischen aufgefressen worden.
London, 27. Sept, Die Times meldet aus Jokohama: Am 15. September wurden durch starke Ueberschwemmungen in Gifu mehrere Tausend Häuser zerstört, zahlreiche Familien sind obdachlos, 50 Personen wurden beim Einstürzen der Häuser getötet. — In Hong Wanji wurde ein Tempel durch Feuer zerstört.
Wien, 27. Sept. Der deutsche Kaiser ernannte den Erzherzog Albrecht von Oesterreich zum Generalfeldmarschall der preußischen Armee.
Druck und Verlag von Bernh. Hofmannin Mdbad. (Verantwortlicher Redakteur; Bernh. Hosmann.)