später zur Strafe kommen, werden solche N'kruten behufs Verbüßung ihrer Strafe wieder entlassen, ganz abgesehen davon, wie lange sie schon dienen. Im nächsten Jahr gelangen sie dann neuerdings zur Vorstellung vor die Oberersatzkommissio» und werden erneut ausgehoben und eingestellt, wobei die Ihnen im vorhergegangenen Jahre durch eigenes Verschulden zu früh gediente Zeit nicht im Geringste» zu Gute kommt oder angerechnet wird. ES liegt somit im Interesse eines jeden Rekruten, welcher sich in gerichtlicher Untersuchung befindet oder noch eine Strafe zu verbüßen hat, daß er in jedem Falle sofort seiner Kontrollstelle entsprechende Anzeige erstattet.
— Aus Strahlung: Dem Hauptman» Lothmar vom 31. Feldartillerie-Regiment wurden bei dem Kaisermanöver beide Augen ausgeschossen. Lothmar war vor die Feuerlinie geritten, als ihn ein Schuß auö einer nebenstehenden Batterie traf.
— Von Hunden zerfleischt. Aus Brunn am Gebirge schreibt man Wiener Blättern vom 15 Sept.: Donnerstag früh 5 Uhr ereignete sich in dem Hofraume des Hausbesitzers Leopold Herbsthofer ein schrecklicher
Unglücksfall. Die im selben Hause wohnhafte 70 Jahre alte Frau Marie Bodeck ging um diese Zeit zum Hausbrunne», um Wasser zu^schöpse». Die dem Haush-rrrn Herbsthofer gehörigen zwei großen Hunde, die Nachts frei umherlaufen, stürzten sich auf die alle Frau, warfen sie zur Erde und rissen ihr die Kleider vom Leibe. Ihr Sohn, der die Hilferufe hörte und seine Mutter in der bedrängten Lage sah, eilte rasch zu Hilfe. Leider kam dieser schon zu spät, denn die Bestien halten bereits der armen Frau mehrere gefährliche Bisse beigcbrachl und bas Fleisch vom Oberkörper gerissen. Als die Hunde den Burschen erblickten, stürzten sie sich auch auf diesen und brachten ihm ebenfalls mehrere Bisse bei. Mit Hilfe des Hausherrn gelang es endlich, die wütenden Tiere in Ketten zu legen. Gemeindearzt Dr. Hofsmann leistete den Verwundeten die erste Hilfe, Frau Bodek wurde in sterbendem Zustande in das Mödlinger Spital gebracht. Die Hunde wurden dem Wasenmeister zur Vertilgung übergeben.
Wien, 18. Sept. Kaiser Wilhelm traf gestern vormittag II Uhr 28 Minuten hier ein und setzte um 11 Uhr 40 Minuten die
Reise nach Güns fort. Der Botschafter Prinz Reuß war mit dem Personal der Botschaft am Bahnhof anwesend. Der König von Sachsen und der Herzog vou Connaught reisten um I I Uhr 25 Minuten uachGünS ab.
Chicago, 18. Sept. In Ar Abteilung Fischeceiausttellung erhielt G-oßbritannien 16 Preise. Deutschland 9, die Niederlande 3, Rußland 28, Schweden 3, Frankreich 7; in der Abteilung Landwirtschaft (Spirituosen) erhielt Rußland 25, Deutschland 7, Spanien 6, Schweden 3, Oesterreich, Dänemark und die Türkei je 1. Preis.
(Zeitgemäße Annonce.) Ein Jungeielle wünscht ein Volociped zu kaufen. Ehe nicht ausgeschlossen.
Marktberichte
Stuttgart, 16. Ceplbr. Kartoffelmarkt: Zufuhr 600 Zentner. Preis per Zentner 3 -/A 20 ^ bis 3 ^ 50 — Kraut
markt: Zufuhr 5000 Stück. Preis 18 bis 22 -/E. per 100 Stück. — Mostobstmarkt: Wilhelmsplatz. Zufuhr 5000 Ztr. Mostobst. Preis per Zentner: 2 c/A 80 bis 3 ^
WertHevs Schatten.
Novelle von Karl Cassan.
Nachdruck verboten.
9.
Am Tage nach Empfang des Briefes von Weither Helbig schritt Herr Woland unruhig im Zimmer auf und ab. Sophie übte auf dem Clavizimbet eine Sonatine, und Laura strickte hausmütterlich an warmen Wollsocken. Da schritt Paul Busch, der Amtmann von Hennigstedt auf das Wolandsche Haus zu; Lauras Herz klopfte lauter, als ihr Vater die Begrüßung Pauls mit einem freundlichen „Guten Tag, Herr Amtmann I" erwiderte. Der junge Amtmann bat um eine geheime Unterredung und die Mädchen blieben eine halbe Stunde in qualvoller, aufregender Erwartung allein. Bald darauf ertönte der feste Schritt beider Männer wieder auf dem Corridor und Woland trat mit Paul ein.
„Laura", sagte er daun mit bewegter Stimme, „der Herr Amtmann hat mich soeben um Deine Hand gebeten. Ich habe nichts gegen die Bitte und deshalb habe ich ihn an Dich selbst verwiesen I Was sagst Du?"
Laura war glühend rot und log im nächsten Augenblicke in Pauls Armen.
Woland freute sich erst des Glückes seines Kindes, insgeheim aber schüttelte er den Kopf und murmelte:
„So ein Mädchenherz begreife der Kuckuck! Dachte ich doch, der junge Helbig sollte da einziehen, jetzt ist'« doch der junge Amtmann aus Hennigstedt I Nun schließlich kann's mir auch so recht sein!"
Paul war nun fast täglicher Gast der Familie Woland, obwohl die Verlobung erst am Weihnachtsfeste mit dem gleichzeitig stattfindenden Aufgebot vollzogen werden sollte; bis dahin wollten die Verlobten ihr Glück — — geheim halten. Laura dachte dabei an Weither, dem man das Ereignis so schonend als möglich beibringen wollte.
V.
ES war ein kalter Winterabend, als zwei Tage vor Weihnachten Werther Helbig im Pelz gehüllt mit der Fahrpost Schwalbheim zueilte, wohin schon sein Herz voraus geflogen wäre, wenn es Flügel gehabt hätte. Er saß mutterseelenallein in dem kalten Kutschkasten, seitdem ihm im letzten Städtchen sein Reisebegleiter, ein Kaufherr aus Apolda, untreu geworden. In der nächsten Station bekam er wieder Gesellschaft; wohl vermummt stieg beim Schein der Lichter der Zvllerheber Zipfler ein. Werther hielt sich vornehm kühl zurück, bis der Zollerheber plötzlich in ihm den Doktor beider Rechte erkannte und sein Compliment anbrachte.
„Hat nichts zu bedeuten, Herr Einnehmer!" meinte Werther.
„O nicht doch I Ich weiß das zu würdigen, bin ich doch selbst ein studierter Mann I Dachte mir aber immer, Die sollten einmal Amtmann in Hennigstedt werden, da Ihr Herr Vater doch die Hypotheken —"
„Jetzt unmöglich, Zchfler!" unterbrach ihn Werther.
Herr Zipfler erzählte mancherlei, insbe- souder klagte er über einen Vetter Schaufuß, der viele Leute betrogen und auch ihn um eine Masse Geld gebracht hätte; in der Nachbarstaat sei er gewesen, die Summe zu begleichen.
Endlich tauchten die Lichter von Schwalbheim auf. Der Wagen hielt, Werther lag in de» Armen der Eltern, während Gröhl- mann die Reisekoffer ins Haus schleppte. Dieser Abend gehörte den teuren Eltern.
Am andern Morz-m kleidete sich aber Werther Helbig mit großer Sorgfalt an; prüfend stand die stattliche Erscheinung mehrere Male vor dem Spiegel. Ehe er ging, nickte er der Mutter lächelnd zu und verschwand im Nachbarhause.
Herr Wolaud war ausgegangen, Sophie und Laura befanden sich mit der Magd allein im Hause. Bedrückt grüßten Sie de,, Gast.
An den verstörten Gesichtern der beiden jungen Damen merkte Werther sogleich, daß irgend etwas nicht in gehöriger Ordnung sei.
Verautwrrtlicher Redakteur - Bernhard Hof « ann.) Druck und Verlag von Bernhard Ho fmaon/r' WOdbad.
Er benutzte daher den ersten Augenblick, als Sophie auf Sekunden entschwand, dazu, vor der bestürzten Laura auf den Kniecn ein glühendes Liebesdekenntnis abzulegen.
Die junge Dame stand erschreckt. und verwirrt da, mit der einen Hand hielt sie sich, um nicht niederzufinkeu, am Clavtzim- bel fest; mit der andern bedeckte sie die thränendur Augen.
Da sprang Werther auf und frug bestürzt :
„Sie weinen, teuerste Laura?,,
„Ach ja," gab sie zurück, „ich weine, daß ich des Freundes Herz verwunden muß, denn glauben Sie, Werther, Sie sind uns allen als ein Bruder teuer und lieb!"
„Wie deute ich Ihre Worte 2" fragte er bebend und trat einen Schritt zurück.
Sie rang fassungslos die Hände und rief:
„Mein Gott, wie nnglücklich bin ich!"
„Aber, so reden Sie doch, Laura, ich beschwöre Sie!" fiel er ein.
Da faßte sich Laura und entgegnete fest:
„Zürnen Sie mir nicht, Werther, daß ich Ihne» nicht angehvren, nicht die Ihrige werden kann I"
„Nicht werden kann?" fragte er entsetzt. Dabei hielt er sich am Lehnstuhle gegenüber fest und wankte bei dem Gedanken, sich nicht erhört zu wissen.
„Habe ich recht gehört?" schrie er dann auf. „ES kann, eS darf nicht sein!"
„Und doch ist's so!" erklärte Laura fest. „Seit vier Tagen bin ich mit Zustimmung des Vaters mit dem Amtmann Paul Busch Verlobt I"
„Paul Busch?" schrie er nun in ungeheurem Weh laut auf und stürzte in die Knie.
„Dann, Fräulein," stöhnte er — „vergebe es Ihnen — Gott, — daß Sie — mit meinem Herzen — ein so schändliches Spiel — getrieben haben I — Sie mußten — wissen, daß ich — Sie über alles liebte!"
Jetzt aber fiel Sophie, die wieder einge- tretcn war, Werther in die Rede. iForlsetzuim folgt)