Rundschau.

Beim VIII. (württembergischen'l Ar­meekorps treten infolge der Heeresverstärkung folgende Verändernngen ein: Neu errichtet werden am 2. Okt. d. I. die IV. Bataillone (Halbbataillone) bei den acht Infanterie-Re­gimentern mit Standort im Stabsquartier ber betr. Regimenter (nur das IV. Bataillon des Regiments Nr. 122 wird vorläufig in Gmünd garnisonieren) ; bei der Feldartillcrie ein Abteilungsstab und drei fahrende Bat­terien als IV. Abteilung des Regiments Nr. 13. Das würlt. Fußartillerie-Bataillon Nr. 13 wird preußisch; das Pionier-Baiaillon Nr. 13. wird der 2. Pionier-Inspektion Mainz zugeteilt; die 16. (württcmbergische) Eisenbahnkompagnic wird vom 2. Oktober d. I. abII. (württembergische) Kompagnie des königl. preußischen Eisenbahn-Regiments Nr. 2".

Marbach, 11. Sept. Schuster bleib bei deinem Leisten, ss möchte man einem Schuh­macher zurufen, der in dem Dorfe M., statt sein Schusterhandwerk zu betreiben, das Amt eines Arztes betreibt. Er wird auch im in­neren und äußeren Bezirk des Oberamts in manchen Fällen konsultiert. Doch einem an­dern ins Handwerk zu pfuschen, rächt sich bisweilen schwer, so auch bei unserem guten Schuhmacher, der sich wegen einer vor kurzem gemachten Kur bei einer Frau, die infolge dieser Kur gestorben ist, bei der Staatsan­waltschaft z» verantworten hat.

Aus Mundelsheim werden Wein­käufe für Käsberger Gewächs zu 180200 ^ gemeldet. Die Nachtriebstrauben, welche zum Teil infolge Stielwelkens seither etwas ungleich in der Entwicklung gewesen sind, reifen dank den öfteren Strichregen zusehends gleichmäßiger nach, doch dürfte bei der Ernte eine Auslese sehr empfehlenswert erscheinen, um etwas wirklich Gutes zu erreichen.

Neuenbürg, 13. Sept. In Schömberg brannten in der vergangenen Nacht 2 Häuser und 3 Holzschuppen ab.

Am Sonntag abend brannte die Scheuer und die Werkstätte des Schmid Decker in Liebenzell, OA. Calw, vollständig nieder. Ein Schmiedlehrling soll den Brand angelegt haben; derselbe litt an Heimweh und glaubte hiedurch am leichtesten aus der Lehre fortzuksmmen.

Lauchheim, 13. Sept. Ein höchst be­dauernswerter Unfall ereignete sich hier ge­stern. Der 11jährige Sohn eines Oekonomen glitt beim Besteigen eines Hslderbäumchens aus und fiel in einen hervorstehende» Wur­zelstock, der ein schreckliches Loch in die Seile des Kindes riß, so daß die Lunge bloßlag. Trotzdem sofort ein Arzt zur Hilfeleistung zur Stelle war, ist das Kind nicht mehr zu retten.

Heidenheim, 13. Septbr. Die Beleucht­ungsanlagen bei der Charlottcnhöhle gehen ihrer Vollendung entgegen, und wird die feierliche Eröffnung der Höhle am kommen­den Sonntag statlfinden. Dr. Fraas hat nun eine genaue Messung der Höhle vorge­nommen, und ergab dieselbe eine Länge von 505 Meter. In der ersten Hälfte nimmt die Höhle eine im Zickzack laufende westliche und in der zweiten Hälfte eine nordwestliche Richtung. Die oberirdische Verfolgung des Höhlenzugs legt die Vermutung nahe, daß das Höhlenende mit einem sog. Erdtrichter zusommenfällt.

Ulm, 14. Sept. Von der Strafkammer

wurde wegen Betruges im Rückfalle die Müllerswitwe Vögele von Nürtingen zu 1 Jahr und 6 Monaten Zuchthaus und zu 1050 ^ Geldstrafe verurteilt. Der Wirt Seifried von Erbach, sowie zwei Maurer und ein Dienstmädchen, welche am 31. Juli d. I den Landjäger Sauter, der eine Dienst­magd verhaften wollte, thätlich ' mißhandelten und ihm Gewehr und Säbel entrissen, wur­den zu 5 bis 9 Monaten Gefängnis ver­urteilt.

Vom Bodensee, 13. Sept. Wie nieder der Wasserstand des Bodensees zur Zeit ist, weisen nachstehende Vergleiche den drei letzt­vergangenen Jahren gegenüber aus. Gegen 1890 ist der Wasserstand um 2,43 Meter, gegen 1891 um 0,86 Meter und gegen 1892 um 1 Meter niederer.

Dem 82jährigen Lehrer a. D. und Musterzeichner Paulus in Potsdam, der für seine in Berlin verheiratete Tochter ein in guten Papieren angelegtes Kapital von 30,000 Mark verwaltete, ist vor einigen Tagen nicht nur dieses Kapital, sondern auch seine eigenen Ersparnisse in der Höhe von 6400 in Gold gestohlen worden. Die leere Kassette fand sich im Keller vor. Der That ver­dächtig ist eine in Berlin lebende Witwe, die mit Paulus einst in Beziehungen gestanden und bei Besuchen, die sie ihm machte, sich die Lokalkenntnis erworben hat. Verwertet können die Papiere übrigens nicht gut wer­den, da sämtliche Nummern derselben bekannt sind.

DerMalin" hat anläßlich der Kai­sermanöver einen Berichterstatter nach Loth­ringen geschickt, der zuletzt 1882 in Metz war und nun findet, daß seitdem die Stimm­ung auch der Alten eine ruhigere und ver­söhnter- geworden sei.Wir haben lange gehofft," sagten seine alten Bekannten,aber es sind fast 23 Jahre verflossen, daß mir vergebens harren. Heute sind wir in unser Schicksal ergeben, und unsere Kinder werden Ralliierte" (Versöhnte.) Sie werden viel­leicht noch die Forderung erheben, die Sprache ihrer Väter gebrauchen zu dürsen; aber da sie so gut deutsch wie französisch verstehen, so wird die Verschmerzung eine Sache von höchstens 20 Jahren sein. Nur der Bezirk Metz behält noch dank den mutigen Bemüh­ungen der Geistlichen den Gebrauch der fran­zösischen Sprache I aber Priester, die aus deutschen Seminaren hervorgegangen sind, schlüpfen überall ein, und bald wird die Geistlichkeit ebenfalls germanisiert sein."

Kissingen, 8. Sept. Die Erkrankung des Fürsten Bismarck erregte am 31. August bis 5. Sept. schwere Besorgnisse. Der Fürst steht jetzt täglich einige Stunden auf. Der Tag seiner Abreise ist noch nicht bestimmt.

Aus Rheinhessen. DemRhein. Kur." wird geschrieben: Die Freude der Winzer wird immer größer, da sie, je näher der Herbst rückt, sicherer sind, nach einer Reihe von Jahren wieder einmal für die gehabte Mühe den Lohn einheimsen zu können. Es ist auch wirklich eine Freude, die Wein­berge in kraftstrotzendem Aussehen von dunkel­grüner Farbe zu sehen; die großen, dick-* peikeligcn Früchte sind trotz ihrer Masse von Laub noch vollständig bedeckt, ss daß sie nur bei dem Wegbiegen der Blätter zu sehen sind. Bemerkenswert ist, daß gerade diejenigen Weinbergslagen ersten Ranges, welche seit langer Zeit immer nur minimale Ernten lie­ferten, in diesem Herbst am besten aussehen.

Wem gehört das Obst, das auf fremden Boden fällt ? Da nun die Zeit der Obsternte herangekommen ist, unterzieht in demPf. Merkur" Jemand diesen Punkt einer kleinen Besprechung wie folgt:Ge­stern hörte ich in meiner Nachbarschaft zu, wie ein Baumeigentümer es nicht zugcbcn wollte, daß sein Nachbar das übergefallene Obst auflas, und dieser wollte sich' nicht wehren lassen. Wer hat Recht? Der Nach­bar. Er darf nicht bloß auflesen, sondern sogar abbrechen oder abschütteln, was über­hängt. Steht der Baum auf der Grenze, dann ist sogar das Holz gemeinschaftliches Eigentum. Wollte der Eigentümer eines solch' streitigen Baumes die ganze Ernte für sich behalten, dann ist er sogar strafbar. I«, der Nachbar darf sogar noch mehr, er kann ohne Weiteres am Hellen Tage die über­ragenden Beste absägen. Das Alles versteht sich eigentlich von selber. Die Wurzeln ver­breiten sich ja im Eigentum« deS Nachbarn und saugen Nahrung aus. Die überhäng­enden Beste machen Schatten und behindern andere Pflanzen am WachStume. Darum, Ihr Obstbaumzüchler, setzt Eure jungen Bäume so weit von der Grenze, daß sie in späteren Jahren dem Nachbar nicht lästig werden I"

Der Schreck. Wie nachteilig ein Er­schrecken auf die Gesundheit eines Menschen emwirken kann, zeigte sich in Altona dieser Tage an einem etwa 12jährigen Schulmäd­chen. Dasselbe saß abends, nichts ahnend, vor der Thüre der elterlichen Wohnung, als ein vorübergehender Knabe plötzlich vor dem Gesichte des Kindes einen Feuerwerkskörper entzündete. Der Schreck des Mädchens war, wie die Kieler Zeitung berichtet, ein so nach­haltiger, daß die Kleine von dem Augenblicke an die Sehkraft beider Augen fast gänzlich verlor. Trotz ärztlicher Hilfe ist die letztere noch nicht zu normaler Stärke zurückgejehrt.

(Zahlen! Zahlen!) Vor einigen Tagen, so berichtet man dem ,B. H.", kam in das Dsrfwirtshaus in Oker ein Bauer Namens Georg Kadwicz, trank dort eine Flasche Wein und teilte schließlich dem Wirte Popovics mit, daß er heute kein Geld zum Zahlen habe. Der Wirt quittierte diese Er­klärung mit einer Ohrfeige, worauf Kadwicz schweigend das Lokal verließ. Drei Tage später kam er wieder, trank seinen Wein und rief sodann:Zahlen!" Als der Wirt an den Tisch trat, zog Kadwicz ein langes Messer und stieß es Popovics in die Brust. Der Wirt starb noch am selben Tage, sein Mörder wurde den Gerichten überliefert.

Im Dorfe Hirschfcld bei Straubing sind 20 Gehöfte durch Brand zerstört wor­den.

(Eine Prophezeiung.) Folgende wahre Geschichte" erzählt derN. U. A." : Vor einigen Tagen saßen mehrere Gäste in der Wirtschaft eines Ortes in der Nähe von Weißenhorn (Bayern) und sprachen über Futternot und schlechte Zeiten. Eine zufällig in der Wirtsstube anwesende Zigeunerin mischte sich in die Unterhaltung und sagte: Liebe Leute, das ist noch nicht arg, aber das Jahr 1894 'wird Euch eine Not und rin Elend und das Jahr 1895 einen Krieg und ein Blutvergießen bringen, wie eS die Welt, so lange sie stehe, noch nicht gesehen hat." Ein Gendarm, der hinzu kam, verwies der zottigen, zerlumpten Schwätzerin ihre unge- räumte« Redensarten. Diese aber erwiderte