Aum 2. Hepltzivllrvr 1893

Du deutsches Volk o deute zurück Mit dankendem Herzen auch heute,

Nach Sedan und aufwärts lenk du deinen Blick Laß heute das Schwert in der Scheide.

Den gefallnen Helden sei heute geweiht Der festliche Tag dieser höhere Rühm Du nicht selber als Sieger im Streit, Gott war mit uns, Ihm sei die Ehre.

Von Vater und Mutter, Geschwister und Braut Von Weib, Kiud, sind sie zum Throne Geeilt und haben in Weltschland erbaut Das deutsche Reich mit Kaiserkrone.

Sie haben zum Ganzen in ruhmreicher Schlacht Die Stämme Alldeutschlands verbunden Ans Tentos Altar das Teuerste gebracht,

Als Opfer, das Blut aus den Wunden.

Unsere Brüder die dort mit dem Feuer getauft Die die deutsche Einheit erworben Sie die mit dem Herzblut ihr Deutschland erkauft Sie sind nicht umsonst dort gestorben.

Germanias Söhne o denket an dies Das Opfer der gefallenen Brüder Die von der Wallhalla dort dem Paradies Auf euch heut schauen hernieder.

Sie senden herab von den himmlischen Höh'n Den Segen dem jung deutschen Heere Und du o mein Deutschland ich bitt dich drum schön

Geb Gott auch noch heute die Ehre. Holzhauer.

WerLHevs Schatten.

Novelle von Karl Cassau-

(Nachdruck verboten.)

1 .

Neugierig steckten vor hundert Jahren an einem heiteren Sommertage die Schwalb- heimer die Köpfe zu den offenen Fenstern hinaus und der klatschsüchtige Zollerheber an der Brücke über die Schwalb, vor welcher der Schtagbaum in den frisch prunkenden Landesfarben sich gleich einem drohenden Zeigefinger erhob, als wollte er jeden Rei­fenden zurufen:Thue den Beutel auf, Mann I" trat sogar ob des ungewohnten Anblicks auf der Gasse zur offenen Thür hinaus, denn es war ein heißer Sommertag, und die Sonne brannte glühend auf die roten Ziegeldächer von Schwalbheim. Die Stadt besaß nur zwei Straßen, die Südgasse und Nordgasfe, auf deren holprigem Pflaster das reichlich wachsende Gras kein besonders gün­stiges Zeugnis über den Verkehr des Ortes ablegte. In die Südgasse lenkte eben ein Reisewagen ein, in welchem zwei Studenten in schwarzen Sammetröcken, weißen Reit­hosen und hohen Kanoncnstiefeln, auf dem Kopfe buntfarbige Cereviskappen, nachlässig saßen. Zwei große schöne Doggen begleite­ten das Gefährt uud leiteten die Bekannt­schaft mit den zahlreichen Schwalbheimer Kötern durch ein ohrzerreißendeS Gekläff ein. Da« war die Ursache der Erregung aller Schwalbheimer Köpfe, die jetzt hinter den Blumentöpfen und schneeweißen Gardinen zum Vorschein kamen. Der dicke Zollerheber schüttelte denn einer großen Kohlrübe ähn­lichen Kopf und brummte:

Beim Roland von Schwalbheim, wenn das nicht HelbigS Werther, der prahlerische Student aus Jena ist, so will ich mein Le­belang Nachtwächter im Ort sein!"

ZipflerS, des Zollerheber- Gedankenkom- binatwn pflegte sich nicht in den weitesten Kreisen zu bewegen, doch die Assoliation seiner Ideen fand diesmal einen natürlichen Stütz­punkt in dem Erscheinen de« alten Baring, Polizeidieners, Feldhüters und wohlbekannten Wächter« der Nacht von Schwalbheim, der soeben die Straße heranfhumpelte und bei

Zipfler stehen blieb. Mit dem Daumen deutele er hinter sich und meinte dann:

,,S' ist Helbigs einziger Sohn I Wird auch wohl noch lange dauern, ehe der ge­putzte Affe als Gerichtshalter im Hennig- stedter AmtShausc sitzt I"

Hat noch lang zu sitzen, Baring, der Herr Graf von Schwalb haben ja längst einen neuen Amtmann gewählt I"

Was Sie sagen I"

Weiß Er's denn nicht I Zimmermeister Busch's Sohn Paul hat die Sielle erhalten I"

Ei, der Paul ist Amtmann?"

Hat aber etwas gelernt, Baring I"

Sv? Na, Helbigs Sohn bringt ja auch noch einen Komilton, wie sie'S nennen, mit; da wird's wohl bald wieder eingeschlagene Fenster, und auch sonstige Tollheiten in Schwalbheim geben I"

Möglich I"

Na, denken Sie denn nicht mehr an die letzte» Ferien, Herr Zipfler? An die in die große Hängelaterne auf der Nordgasse ge­sperrte Katze und die vertauschten Schilder ehrsamer Geschäftsleute? Hab' Not genug damit gehabt!"

Herr Zipfler lachte höhnisch auf:

Und Er ist um Seine gewohnte Nacht­ruhe gekommen?"

Hier wurde aber der Invalide böse und entgegnete entrüstet:

Lassen Sie doch die Witze, Herr Ein­nehmer! Ich bin ein pflichtgetreuer Be­amter!"

Nun ja, war auch nicht böse gemeint! Hat Er auch schon etwas davon gehört, daß Woland seinen Garten verkauft hat?"

Allerdings", brummte Baring,Gaffelin von der goldenen Sonne hat ihn gekauft, will seinen Kaffeegalten vergrößern!"

Zipfler erwiderte:

Mit Woland soll es nicht gut stehen!"

Er drehte die Hand hin und her und zeigte auf Wolands Haus.

So, so?" meinte der Alte.Er geht allerdings ein bischen viel in die Kaffeewirt­schaften "

Spielt und trinkt!"

Der Alte schüttelte den Kopf:

Ist nicht so schlimm I Er soll erst

durch Treubruch so weit gekommen sein."

Herr Zipfler lachte höhnisch auf und rief:

Glaubt er das Märchen such?"

Ich sehe den Bürgermeister kommen," entgegnete der Invalid,ich bin ein pflicht­getreuer Beamter, er braucht mich nicht zu sehen I Adieu I"

Zipfler sah die beiden Musensöhne noch auösteigen und in'S Helbig'sche HauS treten, dann eilte er in'S eigene Heim zurück, seiner Frau die neuesten Neuigkeiten zu überbringen.

Adrian Helbig, des Studenten Vater, hielt einen Kramladen, wie das Firmenschild über der Hauslhür deutlich besagte. DaS HauS war nur klein, aber solide erhalten und mit grauer Oelfarbe gestrichen, die Fen­ster weiß, die schweren Läden aber dunkel­grün. Alles verriet in dem Hause Wohl­stand und Sauberkeit. Im Erdgeschoß be­fand sich rechts der Laden, in welchem Hel­big mit Unterstützung eines Commis hantierte; links war die Wohnung eingerichtet, auS wel­cher bei Ankunft des Wagens sich eine kleine rundliche Dame, Frau Cornelie Helbig, eil­fertig auf die Straße begab, wo sie den er­sten der Studenten, der eben aus dem Wagen sprang, mit den Worten umarmte:

Werther, mein Junge, mein lieber Sohn! Bist Du endlich da?"

Dabei küßte sie den großen Sohn herz­lich ab.

»Ich habe auch einen Freund mitgebracht, Mütterchen I" warf nun Werther Helbig hin, und stellte den Freund mit den Worten vor:

Herr Armin Reißner, mein Kommili­tone, Mütterchen I"

Willkommen, Herrr Reißner! knixte nun die Dame.Die Freunde unsere» SohneS sind uns stet- angenehm I"

Nicht wahr, Adrian?" wandte sie sich dabei an ihren Mann, der, mit einer grünen Ladenschürze angethau, die Augen mit einer mächtigen Hornbrille bewaffnet, aus dem La­den in den Corridor trat.

Er umarmte de» Sohn und entgegnete:

Allerdings I Seien Sie unS willkommen I Mültercher, richte da- blaue Zimmer für den Herrn ein I"

(Fortsetzung folgt.)

Verantwortlicher Redakteur -Bernhard Hosmann.) Druck und Verlag vonBeruhardHofmauni« Wilhhad.