Nachmittag die Huldigung von 1000 Thür­ingern in Kissingen entgegen, die er im Hofe der oberen Saline empfing. Auf die Be­grüßungsansprache des Herrn Fritze-Mein- ingen dankte der All-Reichskanzler bewegt und hielt er dann eine längere Rede, in welcher er an historische Erinnerungen vom August 1870 anknüpfte und sich weiter über die Reichsvcrfassung, sowie über alten und neuen Kurs eingehend verbreitete. Zum Schluffe brachte Fürst Bismarck ein Hoch auf die deutschen Dynastien und spcciell aus die Thüringer Fürsten aus. Die Abreise des Fürsten und seiner Gemahlin von Kis- singen nach Varzin ist aus den 28. August festgesetzt; von dem projektierten Besuche BiSmarckS in Leipzig von Kissingen aus hört ms» nichts mehr.

Beim Baden im Rhein bei Köln ertranken 3 Schüler im Alter von 9 , 14 und 15 Jahren.

Am Sonntag abend ertranken bei Krünau ein Mann und zwei Frauen, deren Boot durch einen Dampfer mitten durch­schnitten wurde.

Gotha, 23. August. Der Herzog von Edinburg zeigt dem Bürgermeister in Gotha

den Tod seines' Onkels an alsAlfred, Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha". Damit sind alle Kombinationen über die Regentschaft hinfällig geworden. Eine Prok­lamation ist noch nicht erschienen.

Gotha, 23. Aug. Herzog Alfred tele­graphierte an den Bürgermeister Likbetrau hier:Tiesbetrübt zeige ich Ihnen und der Bürgerschaft an, daß mein vielgeliebter O»kel nach mehrwöchigem Krankenlager verschieden ist." Eine dreiwöchige Landestrauer ist an- gesrdnet. Zur Eidesleistung tritt am Sams­tag der Landtag zusammen.

Waltershansen, 23. August. Das Pro­gramm der Beisetzung des Herzogs enthält Folgendes : Mittwoch : Aufbahrung der Leiche im Erdsaale von Reinhardsbrunn; Don- uerstag: Familienandacht und Schließung des Sarges; Freitag: Ausstellung auf dem Paradebett; Montag: Ueberführung nach Coburg, dort am Mittag in der Stadtkirche Beisetzungsfeier und Galatafel im Ricsen- saal der Ehrenburg. (Fr. Kl. Pr.)

Reinhardsbrunn, 24. August. Ein Kor­respondent des Lokalanzeigers will wissen, der Kaiser, der König von Sachsen, der Gioß- herzog von Baden, Prinz Ludwig von Bayern,

der Prinz von Wales und der Herzog von Connaught wohnen der Beisetzung des Her­zogs von Koburg bei.

Trotz der außerordentlichen Hitze ist der Fremdenverkehr in der Schweiz zur Zeit ein großartiger. Alle Hotels und Pensionen des Berner Oberlandes und am Vierwalt - ställcrsce sind überfüllt. Leider hat der Berg­sport in den letzten 14 Tagen zahlreiche Opfer gefordert und täglich liest man noch von neuen Unglücksfällen in den Alpen.

Der am Montag vormittag um 10 Uhr von Zürich abgegangene Schnellzug Zürich-Stuttgart ist zwischen Herblingen und Schaffhausen entgleist. Zwei Wagen sind vollständig zertrümmert und der Schaden an Material ist bedeutend.

Wien, 21. August. Die Kufsnersche Zuckerfabriken Lundenburg brannte gestern ab. Der Schaden ist bedeutend.

In Algier haben die Waldbrände bedeutend zugenommen. 12 000 Hektar stehen in Flammen; Truppen, Eingeborene und Waldbesttzcr wetteifern vergeblich, dem Feuer Einhalt zu thun. Aus den Provinze» Oran und Constantine werden ebenfalls Brände ge­meldet.

Liebe um Liebe.

Novelle von Karl Cassau.

(Nachdruck verboten.)

18.

Er klingelte und befahl dem eintretenden Diener:

Laß anrichten und setze Champagner auf I ES ist Festtag; auch für Euch!"

Am andern Morgen sandte Lothar zahl­reiche Einladungen zur Mittagstasel an Kollegen in der Stadt, seine Equipage Holle Frau von Eppinger, Victor und die Familie Löwe her­bei und beim glänzenden Diner ward es allen Anwesenden klar, daß in Alexandrine von Eppinger der Dichter Lothar seine andere, ergänzende Hälfte gefunden, baß er unaus­sprechlich glücklich war.

Als Guido von Gilzingcn bei einer Grüm- mung der Landstraße den Wagen erblicke hatte, welcher Atexandrinen davonsührte, hob er drohend die Faust empor und murmelte:

Das sollst Du mir büßen, stolze Brun- hild! Ich will Dich verfolgen, Dein böses Prinzip sein, und über Deinen Siegfried sollst Du noch weinen lernen!"

Guido jagte eine zeittang wie toll dahin, dann wieder ritt er langsam und murmelte:

Ich Hube Ihr allerdings auch böse mil- gespiell I Aber konnte ich anders? Saß mir das Messer nicht am Halse? Sic ist reich und ich bin tief verschuldet. Was sind ihr die paar Gulden? Ich blöder Thor, die reiche Erbin nicht sistzuhallen I"

Wie kam es, daß sich i» diese Gedanken Gilzingens plötzlich das Bild eines schönen Mädchens mischte, welchem er einst auf einer Uriaudsreisi im sonnigen Apeninenland Treue geschworen? Ihm schauderte trotz der Hitze. Und da stieg auch am Himmel ein Gewitter auf: rasch also heim.

Aber hier Harne seiner eine sehr unlieb­same Ueberraschung: Fioreita mit ihrem Carlo.

Sie kauerten, dank der Mittel Lothars übrigens anständig gekleidet, in der Einfahrt der Cascrnc und als Gilzingcn hereinsprengte,

fiel ihm Fioreita in die Zügel und ries:

Guido, varo uonw,!"* **) )

- Und der kleine Carlo rief:

,?u,är6, wio pnäro!^^)

Guido stutzte. Rasch iah er sich um. Noch hatte sie niemand bemerkt. Entschlos­sen stieg er ab und übergab sein Pferd einem Burschen, der eben über den Casernenhof schritt, mit der Weisung, für das edle Tier ja alle mögliche Sorge zu tragen, dann erst wandte er sich schmeicheld zu Fioreita und dem Knaben zu und brachte sie in ein ent­legenes Wirtshaus, wo er für ihr Unterkom­men Sorge trug.

Wer kennt nicht die unergründliche Tiefe eines liebenden Frauenherzens?

Angesichts der zur Schau getragenen Liebe vergab Fiorctla dem Treulosen alles Vorge- fallene und Carlo spielte jauchzend mit dem Papa in der schönen, roten Uniform.

G'lzingen heuchelte Liebe, er bauie mit Fiorelta Lustschlösser, er schien sich von Carlo nicht trennen zu können ; inwendig aber ver- fluchie er den Zufall, der ihm dieses Weib in den Weg geführt. Nach ein paar Tagen hatte er Fioreita ihr Geheimnis abgefchmeichelt und er wußte, daß er dieses alles Lothar zu danken hatte. Fürchterliche, entsetzliche Rache schwur er dafür dem Dichter.

Die Entscheidung aber sollte früher kom­men, als er selbst gedacht.

Ein herrlicher Augustmorgen lagerte über der Erde; eS war, als wollen sich Himmel und Erde vermählen. Da fuhr Lothor mit Atexandrinen in die Stadt. Letztere wollte Einkäufe machen, ihr Gatte aber sich ein wenig zerstreuen.

Bei Cass Sterzinger stieg Lothar ab, nachdem er mit Atexandrinen verabredet, daß man sich in einem Modemagazin nahe bei dem Dom um zwölf Uhr treffen wolle. Der Wagen fuhr ab, Lothar winkte der Gat­tin nochmals zu, stieg die paar Stufen hin­auf und suchte sich eine schattige Stelle der

*) Guido, teuerer Mann.

**) Vater, mein Vater.

Veranda, wo er halb verborgen saß. Er bestellte sich ein Glas Bier und las die neuesten Zeitungen.

Nach und nach füllte sich das Lokal. Säbel klirrten, und nicht weit von Lothar setzte sich Guido von Gilzingcn mit mehreren Kameraden nieder, ohne Hilter zu gewahren.

Man plauderte von Pferden, von Hunden, vsn schönen Mädchen, vom Ballet und einigen neuen Fällen der Skandalchronik.

In diesem Augenblicke fuhr Alexandrine, die ihre Absicht geändert, wieder vor dem Cafo vorbei, indem sie sich, um Lothar zu sehen, weit vorbeugte.

Sieh, Deine alte Flamme, Gilzingen l" rief da einer der Offiziere.

Gilzingcn lachte cynisch und cntgegnete dann prahlend:

Beim Mars, wahrhaftig I Wenn ihr Gatte doch wüßte, daß ich den ersten Necklar von ihren Lippen schlürfte, er würde rasend werden, wie Roland und Ajax; aber der Narr schreibt jetzt gewiß lauter Ale­xandriner !"

Die übrigen lachten den Kalauer. Da stand Lothar mit flammendem Antlitz vor dem erschrockenen Gilzingcn.

Eiender," donnerte er,Bube, der die Geheimnisse eines liebenden Frauenherzens zu Markte trägt! Nimm das !" Hitler warf Gilzingcn die Handschuhe in'ö Gesicht und wandte sich um.

Ein wirres Durcheinander entstand. Gil- zingen wollte sich auf Lothar stürzen, der ihn mit unterschlagenen Armen erwartete, aber die Kameraden stellten sich dazwischen, hinderten aber nicht, daß Gilzingen schrie:

Das sollen Sie mit Ihrem Leben büßen l"

Lothar lächelte fein und sagte ruhig: Seien Sie versichert, daß ich Sie auch nicht schonen werde I Schicken Sie Ihren Zeugen gefälligst zu Doktor Löwe I"

Er grüßte und entfernte sich mit stolzem Schritt.

l Fortsetzung folgt.)

Vkrantwartlicher Redakteur Bernhard Hyf « ann.) Druck und Verlag von Bernhard Hosmann in Wildbad.