Verschiedenes.
" (Der eingeschlossene Gemeinderat.) In einem kleinen One nahe bei Amsterdam ist seil kurzer Zeit ein neuer Amtsdicner angestellt. Anfangs voriger Wecke hielt nun der Gemeinderat eine Abendsitzung ab, in deren Verlauf der Vorsitzende die Oeffeni- lichkeit ausschloß und erklärte, daß die weitere Beratung sekrete Angelegenheiten betreffe und deshalb „bei geschlossenen Thüren" stalt- finden werde. Da« Publikum wie der neue Amtsdiener verließen den Sitzungssaal und Letzterer holte diensteifrig aus seiner Wacht- stude die Schlüssel, verschloß sowohl jenen, wie auch die sonstigen Buresuräume und — ging seiner Wege inS Wirtshaus, während die Gemeindevertreter in ihren Beratungen ahnungslos fortfuhren. Als aber diese eine Stunde später bendet waren, und die Herren sich entfernen wollten, machten sie die fatale Emdeckung, »atz man sie eingesperrt hatte. Alles Rufen, Klopfen und Lärmen war vergebens; und auch auf der Straße ließ sich bei der späten Stunde Niemand mehr blicken, den man hätte anrufen können. Endlich kam Einer auf den Einfall, zum Fenster binanS mit voller Lunge „Feuer I"
Im Mime des Blutes.
Roman von H. von Ziegler.
(Nachdruck verboten.)
4 .
„Laß das, Mutter, es ist ja bald alles vorbei mit mir. Sage nur, daß Du mir vcrgiebst I" —
»Von Herzen, mein Sehn, es war eine Verirrung, die Du schwer gebüßt hast I"
„Nein, meine Mutter," entgegncte der Kranke u. in seine müden Aug. kam ein Heller Lichtstrahl, eS war keine Verirrung! Ich bin glücklich gewesen mit meiner Frau, wenn e« auch oftmals karg genug ging. Nimmermehr möchte ich die drei Jahre meiner Ehe mit Anna ungeschehen machen, sie sind die schönsten in meinem Leben gewelen und nur der Gedanke an Deinen Zorn trübte sie mir zuweilen. — Anna, meine Frau, war keine gewöhnliche Circusreiterin, sic besaß Geist und Herz, sie war ein edles W-ib und ich beklage noch heule ihren frühen Tod."
Rege Dich nicht auf, Albrecht l" bat die Gräfin, deren Stirn sich zu röten begann, als sie von der Person hörte, die in ihren Augen ihr den Sohn gestohlen hatte. „Wecke die Vergangenheit nicht aus; sie ist zu vunkel und traurig. Ich bitte Dich dringend, berühre Deine unglückselige Heirat nicht weiter, durch die wir beide elend geworden sind."
,O, Mutter," seufzte der Unglückliche, „wenn Du Anna gekannt hättest, Du würdest sie such geliebt haben, und es wäre vielleicht rechtzeitig eine Versöhnung möglich gewesen I"
Die Gräfin schüttelte mit bebenden Lippen das Haupt, aber der kranke Circusreiter fuhr fort: „Ruch, mein Kind, komm einmal hierher— zur Großmama I"
Die letzten Worte deS toikranken Mannes waren so leise gesprochen, daß das Kind sie nicht recht verstehen konnte, aber es kam gehorsam heran und streckte der Gräfin die Hand entgegen.
Eine seltsame Bewegung machte sich bei
zu schreien. Das half! In wenigen Minuten war die halbe Bevölkerung auf den Beinen und versammelte sich vor dem Gemeirdehause, wo denn auch bald der neue Amtsdiener erschien, so daß die eingesperrlen Würdenträger jetzt endlich befreit werden konnten.
Der Hund Civilist. In Glogau hat es ein unliebsames Aufsehen erregt, als bekannt wurde, daß ein Lieutenant der dortigen Garnison seinem Hund den Namen , Civilist" gegeben hatte. Dies wird von dem bekannten Humoristen Stettenheim in den „Deutschen Wespen" wie folgt glossiert: Wir begreifen nicht, wie dadurch ein unliebsames Aussehen erregt werden kann. Seit der Existens der Hundesteuer haben wir im Gegenteil keine Thalfache zu verzeichnen, welche einen so angenehmen Eindruck wie die mitgkteilte hervorzudringen geeignet erscheint. Denn der Lieutenant der Glogauer Garnison zahlt für den „Civilist" Steuer, während bisher doch immer allein der Civilist Steuer für daS Militär bezahlte.
(Auch ein Trost.) Fräulein R. hat ihren Onkel verloren, eine Freundin macht einen Kondolenzbesuch und tröstet sie mit den Worten: — Es thut mir aufrichtig leid,
dem Anblicke des KindcS in deren kaltem Anltitz aus. Erst schien es, als wolle sie die Kleine herb zurückweisen, aber ein den Sohn streifender scheuer Seitenblick ließ die Gräfin zögernd daS Händchen des Kindes ergreifen, das sie unbefangen darbst.
„Wie heißt Du, Kleine?" frug die Gräfin dann mit sichtlicher Ueberwindung und ohne einen wärmeren Ausdruck in dem feinen Gesicht, welches wieder kalt wie Marmor zu fein schien.
„Ruth heiße ich," antwortete daS Kind, „aber eigentlich nennen sie mich alle Prinzeß Schneewittchen, weil ich im Circus öfters als Prinzeß Schneewittchen ausgetreten bin, und Papa nennt mich deshalb auch gern „Schneewittchen"." —
„Ein Name aus dem — Circus," verwies die Gräfin streng, der paßt nicht für Dich, mein Kind."
„O doch," antwortete das Kind. „Auch Arnold sagte mir, daß Großpapa mich immer so nennen würde."
„Ruth," fiel der Papa bittend ein, nenne die Dame einmal Großmama. Willst Du?"
„Aber warum denn?" frug das Kind erstaunt.
„Sie ist uns tsch ganz fremd und ich habe gar keine Großmama
„Du hast recht, Kind," erwiderte hastig und schroff die Gräfin, „Du hast k-ine Großmama und wirst zum Großvater reisen."
„Mutter?" ries da eitts-tzt der sterbende Circusreiter und fuhr ss jäh empor, daß der Eisbeutel, der seine glühende Brust kühlen sollte, herab glitt und zur Erde fiel, „nein, es ist nicht Dein Ernst, — Du wirst Dich nicht von meinem armen Kinde wenden, wenn ich tot bin!"
Wieder ergriff ein heftiger Kampf das Herz der stolzen Dame, nervös zog sie den Shawl fester um sich und aus den kalten grauen Augen sprühte ein feindseliger Strahl über das reizende Kind hin.
„Mein teurer Albrecht," sagte sie dann hastig, „es freut mich ja ganz von Herzen, Dich wiedcrgesehen zu haben, indes — Du
— aber er ist nun einmal tot; — eS ist nur gut, daß Schwarz fitzt so modern ist und D» so frische Farben hast; — Dich wird's gut kleiden.
(Naive Frage.) Vater (zu seiner Frau): „Sei versichert, Adele, ich beurteile den Menschen stets noch dem ersten Eindruck und ich habe mich noch nie geiäufchi." Söhuchc» (einfallend): „Paps, was für einen Eindruck hast Du den» von mir gehabt, als Du mich zum erstcnmale sahst?"
.'. ^Doppelsinnig). „Sieh' mal, das ist der Ochsenwirt, der Herr dort!" „So, so, der Wirt, bei dem Du mit Deinen Freunden verkehrst I"
(Rückkehr zur Solidität.) Arzt: Ja, sehen Sie Verehrter, Sie müssen snfangen, solider zu leben. In ihren Jahren geht da« nicht mehr so mit „Wein, Weib und Gesang!" Patient: Meinen Sic? Dann werde ich zuerst auf den Gesang verzichte» I
(Das beste Zeugnis.) Student Bummel, der durch alle Examina mehrmals gefallen ist, erzählt immer mit Stolz, daß daS beste Zeugnis, welches er je erhalten, sein Jmpizeugnis war; dort hieß es nämlich „mit Ertolgl"
begreifst — seit Deiner Heirst liegen unsre Verhältnisse doch so weil auseinander, -- daß eS mir unmöglich sein dürfte — dieses Kind —"
„Mein Kind ist es, Mutter!" unterbrach sie der Sterbende, in dessen Augen genau dasselbe Feuer aufzuleuchten begann, welches in den Augen der stolzen Mutter sprühte.
„Ja, gewiß, mein Sohn, und wenn es mir persönlich auch sehr traurig ist, Dich einst so sehr an — jenem leichtfertigen Geschöpfe hängen zu wissen, so kann . .
„Sie war meine rechtmäßige Frau und trug genau den Titel einer Gräfin Nellsch, wie Du, Mutter," schrie der totkrankc C>r- cusreiler auf.
„Ja, — Du sagst es, Albrecht," erwiderte die Gräfin mit Eifiskäite, „aber Du kannst unmöglich verlangen, daß ich plötzlich mit diesem Kinde an der Hand in der Gesellschaft auftauchc und sie als meine Enkelin vorstelle. Ich will ihr aber eine mäßige Pension auösetzen."
Da richtete sich der unglückliche Sohn der hochmütigen Gräfin hoch im Bette auf, ein zorniger Blick stammte in seinen Augen und er hob stolz das totblasse Haupt.
„Jetzt begrene ich Ihre Ablehnung, Fra» Gräfin, antwortete er voll bitterem Hohn, „und cs sei fern von mir, Sie zu solch' einem — fatalen Schrille zu veranlassen, Ihre leibhaftige Enkelin in Ihre Obhut zu nehmen. Mein Töchlerchen tritt nunmehr unter dem schlichten Namen Ruth Berger in die Welt hinaus und wird bei ihrem Großvater eine Heimat finden, wenn ich die Augen geschlossen habe."
Die Gräfin fühlte dunkle Röte über ihr Antlitz fliegen und wollte begütigend die magere Hand des toikranken Sohnes ergreifen, doch der Circusreiter zog dieselbe ungestüm zurück. (Forts, folgt.)
MeHH
Kein Glück ist auf dem Erdenrund
Heilkräft'ger, süßer, reiner,
Als Kindermund an Deinem Mund
Und Kinderhand in deiner I
Vkraulworttiozer Redakteur: Bernhard Hosmann.) Druck und Vertag von Bernhard Hosmauu m Wrtdbad.