Einst kommt dev Tccg.

Gedicht von Francis v. Silber.

Einst kommt der Tag, daß Einer von uns Beiden Vergebens nach dem Andern lauschen soll,

Und Tag um Tag, und bange Nächte leiden,

Das Herz erschlafft, die Augen thränenvoll.

Einer von uns, muß einst dem Ernst des Leben« Allein entgegensetzen mit ernstem Blick,

Wünscht dann oft sehnsuchtsvoll, doch ach vergeben«, Ein Stündchen aus der alten Zeit zurück.

Einer vo» uns, mit hall-gebrochenem Herzen,

Mi! nassem A»g liest dann manch alten Brief, Und denkt zurück mit unnennbaren Schmerzen Der holden Zeit, da alles Sehnen schlief.

^Einer von uns, wird's bitter dann empfinden, Daß Lieb' und Glück aus seinem Dasein wich; Daß nur noch Pflichten ihn an's Leben binden; O Gott, erbarm Dich, erbarm des Einen Dich.

Doch will ich mutlos darum nicht mehr klagen Noch Gott Verzweifelnd um Erbarmen flehn; Durch ihn kann ich der Trennung Leid ertragen Im festen Glauben auf ein Wiedersehn.

Irrwege.

'Novelle von F. V. PÜckler.

Nachdruck verboten.

19 .

Jsa," sagte sie ganz leise,bist Du tot «der lebst Du »och? Ach ja, nun weiß ich, das Herz schlägt noch, aber eigentlich ist? gestorben in Stücke zerrissen I O, die be­rühmte, gefeierte Kunstreiterin fliegt h«ch zu Roß in die Manege aber sie möchte lieber sterben Mutter, Mutter, weshalb hast Du Dein Kind damals nickt mitgenommen ins Grad es muß sich so wunderschön schlafen"

Langsam strich sie das blonde Haar zu­rück, glättete eine Schleife ihres Kleides und stand aut; um sie her war noch alles genau so, wie gestern, nur die Sonne schien nicht mehr. Es sah alles so grau, so farblos, auS, beinahe gespenstisch.

Horch, da kommt er" murmelte das arme Mädchen jetzt und blieb lauschend fl he», er fragt nach mir und der Vater antwortete ihm er wird ihn in den Salon nötigen. Wie ich aussehe I O, Kurt, mein Lieb, nun kommt das letzte schwerste! Gott helfe, daß eS bald vorüber sei ich bin zu Ende mit meiner Kraft."

Und in der Thai näherte» sich nun sparen- klirrende Schritt«, die Tvür ging auf; im Rahmen derselben stand Prinz Arloff, strahl­end vor Glück, männlich schön stattlich. Sein leuchtender Blick fiel auf die reglose Gestalt der Geliebten, befremde! trat er näher.

Jsa," sagte er in so innigem Tone, daß es ihr beinahe das Herz abdrückte,wes­halb so fremd? Bekomme ich denn keinen wärmeren Empfang?"

Sie schwieg noch immer, es war ibr un­möglich zu reden, denn die Thronen quollen ihr näher und näher.

Jsa?" srug er nochmals und neigte sich über ihr totblasscS Gesicht,mein Gott, Sie sind krank! Ihre Hände zittern vor Frost was ist geschehen, reden Sic - "

Nichts besonderes, Durchlaucht, und dennoch alles. Ich bin hier um von Ihnen Abschied zu nehmen."

Abschiedwiederholte er ungläubig, dann jedoch strahlte sein Amtttz wnder Heller; nein dock, teuere Jsa, ich komme im Gegen­teil, um Ihnen zu sagen, daß wir uns von nun an nie mehr trennen werden. Daß wir uns lieben, bedarf keiner Worte, meine liebe Jsa?"

Trotz allem Herzeleid blickten ihre blauen Augen ihn glückselig an. Die Seligkeit konnte ihr niemand rauben, er sollte wenig­

stens wissen, daß ihr Herz ihm allein gehörte.

Mein einziger Liebling," murmelte er bewegt und zum erstenmale neigte er sich über sie, um die blauen Wundersterne zu küssen.Und nun fasse Dich, Jsa, mein Ein und mein Alles. Bald werde ich der Welt stolz verkünden, daß Du meine Braut g worden."

Niemals," hauchte sie entsetzt,Gräfin Rhonau war bei mir"

Bei Dir, arme« Kind?" frug er finster, hat sie Dich beleidigt? Um meinetwillen >»ußt>st Du es lewen, aber lei ruhig! Ick stehe frei und ehrenhaft vor Dir, um De>ne Hand zu werben, denn Gerta ist nicht mehr meine Braut. Ich gab ihr Ring und Wort zurück."

Allmächtiger! Nein, Durchlaucht, Sie dürfen es nicht wenn Sie mich lieb haben, dürfen Sie nicht. Ich kann eS nicht ertragen, daß Sie um meinetwillen Schmach und Schände auf sich nehmen"

Wer sagt es Dir, mein Liebling," frug er lächelnd und legte leise den Arm um ihre Schultern,ich verlange nach Deiner Liebe allein. Wir werden ans nieinen Gütern in Steiermark leben, ich bin reich und unab­hängig."

Nein," murmelte sie ächzend,es ist unmöglich; ich bin eines anderen Braur!"

Da wankte der stattliche Mann wie vom Blitz getroffen und ein dumpfer Aufschrei entrang sich seiner Brust.

Jia, um der Barmherzigkeit Gottes willen," stieß er endlich außer sich hervor, sprichst Du die Wahrheit ich kann es nicht glauben."

So wahr er mir helfe in meiner Todes­stunde," nickte sie traurig, die Arme über der Brust kreuzend,mein Vater hat mich dem Jongleur seiner Truppe verlob! und ich mußte Ja sagen es war meine Kindespflicht."

Hand in Hand, Ang' in Aug' standen die beiden, dann mit einem Male öffnete Prinz Arloff die Arme und schweigend sank Donna Bella an seine Brust.

So müssen wir denn scheiden," murmelte er, das blonde Haupt leidenschaftlich an sich pressend,sprich, Jsa, weshalb fordert Dein Vater das Lebensglück seines Kindes?"

Und sie flüsterte ihm das entsetzliche Ge­heimnis zu, sie legte ihm die kleine Hand auf die Lippen, als er zornig emporfabren wollte: mit unendlich süßer Beredsamkeit redete sie dem Geliebten zu das erste- und letztem«!.

Es muß sein, es geht nicht anders aber dennoch habe ich nicht umsonst gelebt!

Diese Stunde in Deinen Armen wird mir hindurchhelfe» durch das öde Leben bis der­einst zum Tode. Kurt, wie soll ich Dir danken, daß Du die arme, verachtete Kunst­reiterin lieb gehabt!"

Mein Liebling, meine Jsa, ich kann es nicht fasfln, daß ich Dich verlieren soll! Giebt es kein Mittel?"

Nein," lächelte sie herzzereißend,wir müssen scheiden. Gieb mir ein Andenken, Kurt, einen Talisman, den ich einst mit ins Grab nehmen darf."

Hier ist ein Medaillon von meiner Mutier, Jsa. Deine Rose auf meiner Brust wird mich nach Afrika begleiten, denn dort­hin werde ich gehen."

So leb' denn wohl, lausendmal wohl!"

Die Strahlen der heißen Mittagssonne fielen ins Zimmer, als der Prinz die Ge­liebte aus seinen Armen ließ in ihren Herzen war sie untergegang'n für ewig!

Halb bewußtlos taumelte er aus dem Zimmer und prallte draußen beinahe an den Direktor an, der in gebückter Hal­tung vor der Thür stand. Da schwoll dem Kürassier die Zornesader, er stieß den Er­schrockenen mit der geballten Faust vor die Brust, daß er zurücktaumelte und donnerte ihm zu:Elender Fälscher und Horcher. Fluch über Dich, der sein eigen Fleisch und Blut opfert, um sein Verbrechen zu verbergen I Fort mit Dir, aus meinem Wege sonst vergesse ich, daß meine Hand sich an Dir besudeln würde."

Erst draußen auf der Straße kehrte ihm die Besinnung zurück, er wandte sich nach seiner Wohnung, aber wozu? Sein Leben und Dasein hatte keinen Zweck mehr, nun ihm die Geliebte verloren war.

Noch beute reiche ick meinen Abschied ein und lasse m«ch b im Auswärtigen Amte anunlden. Aber leben muß ich Jsa noch einmal heute Abend im Zirkus!"

Heftig erschrocken hatte sich Konstantin Volker! vom Boden ertöten, als der furcht­bare Gegner schmetternd die Glasthür deS Korridors hinter sich zugeworfen; scheu um sich blickend säuberte er seine Kleider und schlick dann in de» Salon. Jsa lag i» tiefer Ohnmacht in einem Fauteuil.

Sic hat ihn abgewielen," murmelte er, und doch ist es umsonst I Heute habe ich abermals einen W-chsek gefälscht undreise mit dem hübschen Sümmchen »ach der Vor­stellung ab. I» zwei Tagen soll ich Gagen zahlen und habe k> m G-ld I Hole der Teufel den ganzen Znkus!"

(Fortsetzung folgt.)

Verantwortlicher Redakteur Bernhard Hosmann- Druck und Verlag von Bernhard Hosmann.