Hiesiges.
V. Wildbad, 9. März. Letzten Mittwoch wurde dahier zum ersten Mal die Prüfung der katholischen Konfessionsschule durch den hochwürd'gen Herrn Schulinspekior Fr ick, don Weil der Stadt, <Jnspektorat Stuttgart) vorgenomm'en. Um 7Uhrceleb- rierte der hochwürdige Herr Visitator ein Amt, bri dem die Schulkinder die missa soptirira von Haller frisch und präcis sangen. Hierauf begann die Prüfung. Am Schluß derselben sprach sich der Herr Schulinspektor über den Stand der Schule im allgemeinen sehr anerkennend aus und betonte, eS erfülle ihn daS günstige Resultat mit um so größerer Freude, als die Schule eine Neugründung sei, die ja, wie alle Neugründungen, mit manigfachen Schwierigkeiten zu kämpfen hätte. Auch die Arbeitsschule hatte die recht netten Arbeiten der Mädchen zur Ansicht ausgestellt.
Rundschau.
— Se. Maj. der König hat den Oberamtmann Hofmann von Neuenbürg, derzeit Hilfsarbeiter im Ministerium de- Innern den Titel und Rang eines RegierungSrats verliehen.
— Se. Maj. der König hat die auf Ableben des Präsidenten L. Bätzner erledigte Stelle des Ministerialdirektors im Ministerium des Innern und Vorstands der Oberregicr- ung d.m Vorstand des Medizinalkollegiums Präsidenten von Rüdinger übertragen.
— Das diesjährige Musterungsgeschäft, dem sich die Aushebung snschließt, findet in der Weise statt, daß im Fall der Annahme der Miluarvorlage die Nekrnteneinstrllung am 1. Oktober d. I. nach den neuen Grundsätzen erfolgen kann. Die Ergebnisse der RekrutenauShebung werden sich genau erst in einigen Monaten übersehen lassen.
Stuttgart, 8. März. Wilhelm Kohl- hailltner st. Nach längere», äußerst schmerzlichen Leiden ist heute früh Kommerzienrat W. Koh Hammer gestorben. Der Verewigte, ein LandSmann und Schulkamerad von Oberbürgermeister a. D. Dr. v. Hack, war geboren am 26. August 1839 zu Meimsheim, OA. Brackenheim, und hat somit nicht ganz 54 Lebensjahre vollendet. Nach beendeter Schulzeit widmete er sich dem NolariatSfache; Anfangs der 60er Jahre bekleidete er hier in, Stuttgart die Stelle eines Notariatsasst- stente» bei einem der GerichtSnoiariale- Indessen blieb er nur kurze Zeit in diesem Berufe ; er hatte das Bedürfnis, sich selbständig zu mach- n, und erwarb sich eine Buchdrnckerei, mit welcher er später eine Verlagsbuchhandlung verband. Gleichzeitig kaufte er such das sogenannte Neckarbad, daS längere Zeit stark florierte. In seiner Eigenschaft als langjähriges Ausschuß- und Vorstandsmitglied deS Württemdergischen Obstbauvereins hat er sich bleibende Verdienste »m die Hebung des Obstbaues in unserem Vaterland? erworben. Kehlhammer gehörte auch dem engeren und weiteren Landerkomite der deutschen Partei an, deren neugegründetes Organ zuerst in seiner Buchdruckerei hergestellt wurde. In den Jahren 1883 85 bekleidete er die Stelle eines BürgerausschußmitgliedeS und nahm als solches lebhaftesten Anteil an alle» städtischen Fragen. Die in seinem Verlage erscheinende Knegerzeilung brachte ihn auch in nähere Beziehungen zu dem Württemberg. Kriegerbunde, der sich mancher Förderung
von seiten Kehlhammers erfreuen durfte. Der Hingang des unermüdlich ihätig- n Mannes wird in weiten Kreisen lebhafte Teilnahme Hervorrufen-
Stuttgart. Z» der vakant gewordenen Dienerstelle des Liederkranzes hatten sich nicht weniger als 83 Bewerber gemeldet. Sieben davon ksmen schließlich in die engste Wahl und von diesen trug ein bisheriger Oberfeldwebel den Sieg davon.
Backnang, 6. März. Einen derben Spaß, der leicht hätte verhängnisvoll werden können, erlaubte sich duser Tage eine hiesige, im Hause eines MöbelichreinerS wohnende Frau. Diese trat in die Werkstatt des tetzteren ein und wandte sich wohl im Scherze an einen Arbeiter mit der Bitte um einen Trunk. Als sie eine- mit Spiritus gefüllten Glase« ansichtig wurde, nahm sie dasselbe und übergeß den nichts BöseS ahnenden Arbeiter mit dem Inhalt desselben. Ein anderer Arbeiter war so unvorsichtig, mit einem brennenden Zündhölzchen sich seinem Genossen zu nähern, so daß der Spiritus sich entzündete. Dadurch erhielt der Unglückliche so bedeutende Verletzungen, daß er alsbald ins Bezirkskranken- hau« verbracht werden mußte. Die Verletzungen scheinen indessen nicht lebensgefährlich zu sein.
— Vor fünf Jahren wurde einem Oeko- nomen in Oehringen sein reichtragender Nußbaum von zwei Bürschchen aus dem benachbarten Untermaßholderbach geplündert. Der Baumbesttzer erwischte sie bei diesem Geschäft, brachte sie zur Anzeige und sic erhielten ihre gerichtliche Strafe. Ihr 19jähriger Bruder beschloß, sie an dem O'konomen wegen seiner Anzeige zu rächen, und als er diesen nachts in einer Wirtschaft getrosten hatte, lauerte ei ihm beim Heimgehen auf, sprang hinterrücks auf ihn los und brachte ihn zu Fall, wobei der Oekonom die Kniescheibe verletzte. Obgleich der Thäter sofort entfloh, wurde er doch von dem UeberfaUene» erkannt und bei Gericht verklagt. Vor der Verhandlung war er entflohen und wurde steckbrieflich verfolgt, ohne daß man jedoch seiner habhaft werden konnte. Er war nach Amerika entkommen und hatte sich dort im Lauf der Jahre einige Tausend Mark erspart. Im Glauben, sein Vergehen sei schon nach drei Jahren verjährt gewesen, war er vor kurzem nach Hause zu- rückgekchrt. Ein Landjäger jedoch, der ihn erkannte und sich »eS Steckbriefs erinnerte, lieferte ihn dem Amtsgericht ein. Er steht jetzt seiner Bestrafung entgegen; zur wirklichen Verjährung hätten nur noch einige Woche» gefehlt.
Kirchheim u. T-, 7. März. Auf dem gestrigen Jahrmarkt wurde ein Mann, der an der «uf dem Roßmarki aufgestellten Schieß bube zu thun hatte, so unglücklich ins Auge geschossen, daß dasselbe sofort auSlief, so daß der Verunglückte nach Tübingen verbracht werden mußte. — Hauptsächlich wegen des Roßmarkte« ziehen zur Zeit unserer Jahrmärkte Zigeuner in beträchtlicher Zahl hierher. Nachdem aus der Mitte derselben ein Schuß abgefcuert worden war, sollte der Thäter ermittelt und fcstgenommen werden, was erst nach tumultuarischen Scenen gelang.
Mergentheim, 7. März. In Archshofen wurde letzten Sonntag ein frecher Diebstahl verübt. Um die Mittagszeit wurde eine teilweise gefüllte Opferbüchse an der Kirchthüre entwendet, ihres Inhaltes entleert und in die Tauber geworfen, woselbst sie Kinder auf
fanden. Der Thäter, ein Stromer, sitzt bereits hier hinter Schloß und Riegel und ist geständig.
Von der Eyach, 5. März. In Dettingen, OA. Haigerloch, siet gestern ein 10—12jähr. Knabe in den Neckar. Der dortige Adlerwirt, der sich in der Nähe befand, versuchte den Knaben zu retten, wurde aber, wie ver- mulet wird, in dem kalten Wasser vom Schlage gerührt und mußte leider seine mutige und opferwillige Handlungsweise mit dem Tode büßen, während der Knabe durch anderweitige Hilfe gerettet werden konnte. Der Verunglückte hinterläßt Weib und Kinder und wird allgemein bedauert.
Nagold, 7. März In der letzten Sitzung der bürgerlichen Kollegien wurde für unsere Stadt einstimmig die elektrische Straßenbeleuchtung jbeschlossen. Dieselbe wird von der hiesigen Firma Klinglcr u. Bartel hergestellt. Die von genannter Firma eingerichtete elektrische Kraftübertragung bewährt sich biS jetzt vorzüglich.
Heidenhrim, 7. März In der Deckcn- fabrik von Gedr. Zöppritz in Mergelstetten verunglückte gestern ein 16 Jahre alter Arbeiter dadurch, daß er von einem Aufzug ab- stürzte, wobei eines seiner Wadenbeine total abgeschlagen wurde, so daß ihm der Fuß ober dem Kniegelenk abgenommen werden mußte.
— In einer Fabrik in Heidenheim wurde ein älterer Arbeiter, der aus einer Maschine, während sie im Gange war, in ungeschickter Weise mit einem Stück Holz etwas entfernen wollte, zurückgeschleubert und hiebei so auf den Brustkasten gestoßen, daß er sterben wußte.
— Zu billigem Holz kam dieser Tage in Oberndorf a. N. ein Taglöhner. Derselbe war auf dem Wochenmarkte Zuschauer bei einem Holzhandel zwischen einem Bauern der Umgegend und einem dortigen Mann. Da Letzterer sich mit dem Verkäufer über den Preis nicht zu einigen vermochte, so geriet dieser in Aerger über das unzureichende Angebot uffd forderte obengenannten Zuschauer aus, den ganzen Wagen voll Holz nack Hause zu nehmen, was sich derselbe selbstredend nicht zweimal sagen ließ.
Wörishofen, 6. März. Nach der Eintragliste konsultierten 1892 Pfarrer Kneipp 1200 Personen und berechnet sich die Zahl all' jener, welche seit 1887 bei Pfarrer Kneipp waren auf 60—80 000. Au- diesen Zahlen geht allein schon hervor, welch' großen wirtschaftlichen Umsatz die „Knctpperei" in und um Wörishofen zur Folge hatte.
Pforzheim, 5. März In einer massenhaft besuchten Versammlung in den Sälen zum „Schwarzen Adler" sprach heule Nachmittag der direkt von Berlin hierher gekommene ReichStagsabgeordnete Dr. Osann über die politische Lage und dir Mililärvorlage. Er führte au-, daß eine Verstärkung unserer HeereSmacht angesichts der politischen Lage und der Eventualität eines gleichzeitigen Krieg« mii Frankreich und Rußland dringend geboten erscheine, daß aber nur da« absolut Notwendige zu bewilligen sei. Von besonderem Interesse war eine Mitteilung des Redners, die sich auf eine gestern gcthane Aeußerung de« Reichskanzler« bezog, welche er glaubte, der Versammlung nicht »orenihalten zu sollen, ohne damit eine Indiskretion zu begehen. Graf Caprivi habe nämlich in der Militär- Kvmmisstvn geäußert, haß zwar rin formelle«