AmtsHlktt für Wlldbad. Chronik und Anzeigenblatt
für das obere Enztal.
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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung: Th. Gack i« Mlldbad.
Kummer 242
Fernruf 179.
Miläbgä, Montsg, cien 18. Oktober 1920.
Fe«rruf 17S.
54. °fk>brgsng
Kommt der Staatsbankrott?
Der bekannte Abgeordnete Dr. Heim schreibt im „Regensburger Inzeiger":
Unter meiner persönlichen Post finde ich täglich Briefe mit der Frage: „Wo soll ich meine Sparkreuzer anle- gen? Bekommen wir einen Staatsbankrott?" Diese Frage richten an mich gerade die kleinen Leute, Kleinbauern, Häusler, Dienstboten, nachgeüorene Geschwister, denen ihr Vermögensanteil ausbezahlt ist, die aber irgendwo in Stellung sind. Vielfach lautet die Frage:
„Kommt ein Staatsbankrott und was ist dann?"
Die Antwort darauf ist sehr einfach. Was ist ein Staatsbankrott? Bankrott heißt Zahlungsunfähigkeit. Wenn ein Privatmann seinen Bankrott ansagt, dann hört man oft: „Der war schon lange bankrott! Aber er hats verstanden, immer noch Loch auf Loch zuznma- chen, immer noch Leute zu finden, die er anpnmpen konnte, und so hat er seinen Bankrott noch jahrelang hinausgezogen, bis es nicht mehr ging."
So ähnlich ist es auch beim Staatsbankrott. Nur hat's der Staaten bequemer, er kann Schuloen und Geld machen. Er vruckt einfach Papierzettel. Auch er ist schon lange bankrott, aber er kann sich noch länger hinausfretten.
Bloß wenige Zahlen: Das Deutsche Reich hatte am 20. September 1920 285,7 Milliarden Staatsschulden, ungefähr vierzigmal so vielw ie v o r d e m Krieg. Das sind aber noch nicht alle Schulden des Staats.
Dazu kommen noch 131 Milliarden sogenannte Ent- schädignngsschulden. Das sind zusammen 416,7 Milliarden, sechzigmal so viel wie vor dem Krieg.
Dazu kommt noch weiter die Kriegsentschädigung an die feindlichen Staaten.
Nun greifen wir wieder zu einein Bild aus dem bürgerlichen Leben! Jeder von uns hat schon Geschäftsleute gekannt, die mit viel Schulden anfingen und doch Kredit hatten, weil man von ihnen wußte, daß sie fleißig arbeiteten, ihre Zinsen zahlten und noch etwas übrig behielten zur Schuldentilgung.
Wie siehts im Deutschen Reich aus? Früher hat der Staat Einnahmen erzielt aus den Eisenbahnen, ans der Post. Heute ist es umgekehrt. Tie Eisenbahnen und die Post bringen dem Staat keine Einnahmen, sondern ein Defizit. Was Defizit, auf deutsch der Fehlbetrag, bei Post und Eisenbahn wird sich auf das laufende Jahr »ach bisherigem Stand auf 24 Milliarden belaufen. In der Spanne von nur 3 Monaten, seit Juli, hat das Deutsche Reich wieder einen Mehrbedarf für feine kaufenden Ausgaben von 40,2 Milliarden. Da kann's nicht wundernehmen, wenn das Reich immer mehr Papiergeld druckt. Ter Papiergeldumlauf beziffert sich nach, dem Stand von heute auf rund 75 Milliarden, gegenüber einem Umlauf von 2,2 bis 2,7 Milliarden im Frieden.
Früher war aber der Papiergeldumlauf zum großen Teil durch Gold und Silber, das in der Reichsbank lag, gedeckt. Tie Deckung in Edelmetall ist heute gleich Null. Immer wertloser und gehaltloser wird der Papiergeld- strom. Wenn man Wasser und Wein zu gleichen Hälften mischt und gießt nur immer Wasser nach, so wird eben das Getränk immer dünner und schließlich Wasser. Das. Geld ist ein Zwischenglied im Warentausch. Früher hat man Korn gegen Kleiderstoff getauscht. Heute bekommt man für Korn Geld und'mit dem Geld kauft wan sich die Kleiderstoffe. Je wertloser das Geld wird, um so mehr braucht man zum Tausch. Es wird jedermann einleuchtcn, daß man für einen Sack Weizen drei 6ack Kartoffeln eintauschen kann, weil Kartoffeln nicht Io wertvoll find wie Weizen, da es mehr Kartoffeln gibt als Weizen, und daß man für einen Sack Kartoffel 20 Sack Sand eintauschen kann, weil Sand noch wertloser ist als Kartoffeln.
Und je wertloser das Geld wird, um so mehr Geld braucht, man beim Tausch. Da im Deutschen Reich das Geld immer wertloser wird, braucht man immer mehr Geld zum Tausch, oder mit anderen Worten: Die Preise steigen immer mehr in die Höhe. Darum ist es ein Unsinn, vom Preisabbau zu sprechen. Wir brauchen einen Geldabbau, einen Schuldenabbau, wir brauchen Ordnung im Land, wir brauchen wie- e^o rdn pte Finfl nzen. Wir brauchen statt Ker
fupen neverflyttsse bei den Eisenbahnen und der Post und brauchen Ordnung in diesen betrieben und Sparsamkeit. Wir brauchen Verringerung des Be amten ap parats, der sich in den Ländern und im Reich seit der Revolution um Hunderttausende vermehrt hat. Wir brauchen Einsparung von Milliarden. Wir müssen Halt machen mit den Schulden, dann stergt unser Geld im Wert und dann kommt der Preisabbau. Wer dem Volk eine andere Möglichkeit vorerzählt, der ist entweder ein Verbrecher oder ein Tumm- kopf.
Jede Leiter hat eine letzte Sprosse. Es wird auch die Stunde kommen, wo der letzte Papierfetzen aus der Notenpresse herausfältt. Dieser Augenblick tann vielleicht noch jahrelang hinausgeschoben werden, aber die Wirkungen werden dadurch nicht hinausgeschoben. Und welches sind die Wirkungen? Je wertloser unser Geü» wird, desto weniger bekommt man dafür und um so mchr steigen die Preise. Wer heute 50 000 Mark Pa- Pirrgeld in seinem Kassenschrank hat, der täuscht sich, wenn er glaubt, daß er an den 50000 Mark nichts verlieren könnte, weil er sie in Bargeld aufbewahrt. Mit den 50000 Mark kann er sich in einem Jahr >mr die Hälfte von dem kaufen, was er sich heute kaufen könnte. Darum ist
die Einsperrung des Geldes eine Dummheit sondergleichen. Wer Geld einsperrt, erleidet Verluste, ohne daß. er es merkt. Tatsächlich ist heute eine Unsumme Papierzettel eingcsperrt. Für den Geldverkehr würde ein Umlauf von 10 Milliarden Noten vollständig genügen. 65 Milliarden sind überflüssig. Da nun durch den hohen Notenumlauf unser Geld besonders im Ausland und in der weiteren Folge im Inland entwertet wird, sind die Gelder nsperrer sich selbst der größte Schaden. Warum das Geld in Stadt und Land vielfach eingesperrt wird, äst ja gar kein Geheimnis. Man will dadurch den Stenern entgehen. Was sie an Steuern einspa- ren, verlieren sie am Geldwert.
Uebrigens ist hier noch mit einer weiteren Gefahr Izu rechnen. In letzter Zeit war wiederholt zu lesen, «es sei eine Abstempelung unseres Papiergelds in Aussicht genommen. Wohl hat eine Abstempelung unseres Papiergelds große Schwierigkeiten, aber schließlich können sie doch überwunden werden, und uni. der '-Abstempelung kommen die Steuersünder auf. Eine andere Gefahr ist die, daß eines Tages dasiP apier g eld zusammen gelegt wird. Das ist nämlich das unausbleibliche Ende des verschleierten Staatsbankrotts. In anderen Staaten hat man bereits abgestempelt und das Papiergeld um die Hälfte entwertet- Etwas ähnliches, in vielleicht schärferer Form, wird bei uns kommen und muß kommen. Es ist die unausbleibliche Folge der Entwertung und an dieser Entw ertung tragen die Geldeinsperrer die Hauptschuld.
Nun gibt es Leute, die nicht wegen der Steuer das Geld einsperren, sondern weil sie nicht wissen, wie sie es anlegen sollen. Es sind gerade
kleine Kapi tali sten,
die am ängstlichen sind. Die sicherste Geldanlage ist Grund und Boden und jeglicher Sachbesitz. Wer in dieser Zeit Grund und Boden aufgibt ünd dafür Papiergeld in die Tasche steckt, begeht eine Torheit.
Daraus ergeben sich folgende Schlüsse:
1. Wer Grund und Boden besitzt, soll ihn sich erhalten.
2. Wenn er überschüssiges Geld hat, soll er Zunächst seine Schulden heim zahlen. Wenn er auf seinen: Unwesen 10 OOP Mark Hypotheken hat und 10 000 Mark Papierzettel in der Truhe, die er die nächsten Jahre nicht braucht, begeht er eine Ungeschicklichkeit, wenn er die Schuld nicht heimzahlt. Denn die Papierzettel werden täglich weniger 'wert, aber die Schulden bleiben die gleichen. Im Gegenteil: sie werden wieder einmal drückend werden und schwer heimzahlbar sein, wenn der Geldwert wieder steigt.
Die Nutzanwendung: Wenn du überflüssiges, frei verfügbares Geld hast, so benütze es in erster «Linie Zur Heimzahlung von Schulden. Nun gibt es manche Schlauberger, die sagen sich, daß sie für 'ein schuldenfreies Anwesen mehr Steuer zahlen müssen. Und doch ist.ihre Rechnung fatsch-. Was sie an Steuern-sparst,
müssen sie später 6- und lOfach büßen, wenn mnma: wieder unsere Verhältnisse gesunden, was doch, wenn auch nach- Jahren, kommen'wird und kommen muß- Dann werden die Schulden schwer heimzuzahlen sein, weil dann das Geld wertvoller ünd infolgedessen knapper wird. Läßt er aber die 10000 Mark in seiner Truhe liegen, so schmilzt ihr Wert zusammen, wie der Schnee in der Märzensonne.
3. Wenn er sein überflüssiges Geld nicht zur Heim- zahlnng von Schulden verwenden kann, was ist dann zu tun? Tann gibt es keine bessere Anlage, als das Geld zur Verbesserung der Wirtschaft zu verwenden, in erster Linie zur Verbesserung von Grund und Boden. Wer eine Wiese oder einen Acker kultivieren kann, der tue es jetzt. Wer noch kein elektisches Licht im Hause hat, der lasse es jetzt einrichten. Wer an seinem Haus etwas zu verbessern oder sein Dach zu decken hat, der tue es jetzt. Wer heute einen Pflug braucht, muß ihn anschaffen, selbst wenn er zehnmal so teuer ist wie im Frieden, und wenn er 300 Mark statt 30 Mark hinlegen muß. Und warum? Weil die 300 Mark Papierzettel, die er in seiner Truhe hat, jeden Tag weniger wert werden und nur ist ein Pflug um 300 Mark heute noch lieber als 300 Mark Papierzettel.
Wird denn das Bauen und Einrichten überhaupt billiger werden können? Nein! Solange das Geld wertloser wird, muß alles teuer bleiben und noch teure r werden. In dieser Hinsicht bestehen vollständig falsche Ansichten gerade aus dem Land, aber auch in den Städten. Und hier liegt wiederum eine Quelle unseres wirtschaftlichen Niedergangs. Ter Sünde folgt die Strafe auf dem Fuß, Die so zurückhalten, schädigen nur sich selbst. Sie entwerten ihr eigenes Geld. Heraus mit den Papier zetteln! Besonders für den Bauern, aber auch für den Gewerbetreibenden gilt das Wort: Heraus mit den überflüssigen Papierzetteln, verwendet sie zur Verbesserung eurer Betriebe trotz aller Teurung!
Anders liegen die Dinge bei jene::, die keinen eigenen Betrieb haben, keinen Grund und Boden besitzen. Hier ist der Rat schwieriger. Doch auch hier ist in vielen Fällen die Verwertung von überflüssigem Geld für Anschaffung von Betriebsmitteln die beste An-, läge. Ein Geselle kann sich Werkzeug kaufen und sich so zur Selbständigmachung vorberciten. Wo diese Möglichkeit besteht, ist diese Form der Anlage die beste. ^ Auch hier s age ich ausdrücklich trotz der hohen Anschafftingsp Preise. '
Die besten Wertpapiere sind jene, für die ein« Deckung in realem Besitz besteht. Das sind in erster! Linie unsere Pfandbriefe. Ein Pfandbrief ist nichtI anderes als eine Hypothek. Jeder Pfandbrief ist durch eine Hypothek gedeckt. - Darum werden mit Recht unser« Pfandbriefe so gesucht.
Tann kommen die Aktien von JnduMeunternehmen, die ihren Gegenwert in Fabrikgebäuden, Häusern und Grund und Boden haben. Dann kommen als beste Anlageform unsere Tarlehenskassen-»- ver eine und die landwirtschaftlichen Sparkassen, fü». deren Sicherheit die Mitglieder die unbeschränkte Haftung haben, deren Kredit somit wiederum aufgebaut ijk auf festen: Besitz und Grund-und Boden.
Am wenigsten Kredit haben heute das Reich und die, Länder. Das kommt durch den außerordentlich niedch-. gen Kursstand aller Staats Papiere zum Ausdruck. Tie schlechteste Anlage aber ist der Papier? zettel, der zinslos im eigenen Kassenschrank liegt. Wohl wird bei einem Staatsbankrott bei weiterer Entwertung des Gelds auch das Geld, dgs man nicht zuhause liegen hat, sondern auf einer Sparkasse, wertloser. Wcw es trägt immerhin Zins. Wer aber Geld einsperrt, der trägt dazu bei, daß das Geld immer wertloser wird. Das Geld frißt sich selbst ans!
Vor allem aber wäre eines notwendig, aber das wagt man nicht mehr zu sagen, denn es lvird nicht gern gehört und es wird auch zunächst gar nicht geglaubt. Das deutsche Volk treibt der Verarmung entgegen. In einer amerikanischen Zeitung las ich vor 'wenigen Tagen eine Schilderung der Verhältnisse in Deutschland aiis der Feder eines amerikanischen Journalisten, der mehrere Monate in Deutschland sich umgesehen hatte. Er schreibt:
„Wir brauchen den Deutschen nicht zu helfen.' denn entweder M My.dort leichtsinnig und den Leichtsinnige:,