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(Enztalbote)

Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt

für das obere Enztal.

Erscheint täglich, ausgenommen äonn- u. feiertags, üerugspeeis monatlich Mk. 4.50, vierteljälirlicti 13.50 krei ins Haus geliekert? durcti die Post bezogen im inneräeutlchen Verkelir Mk. 13.50 und 90 pfg. post- bestellgelch

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung: Th. Gack in Wildbad.

Kummer 230

Fernruf 179.

Miläbsä, Montsg, äen 4. Oktober 1920.

Fernruf 179.

54. Isbrgking

rerr rrnr für den Auswanderer.

DerDeutschen Tageszeitung" wird geschrieben:

Der deutsche Einwanderer, speziell der Kaufmann, denkt:Wo für so viele Menschcp, Brot ist, werde ich mich das Meiuige finden". Wer ober ohne größeres Kapital, sagen wir mit nur 200 Pesos bar, in Bnenos- Aires ankonrmt, ist als Kaufmann ohne festen Kontrakt in Gefahr unterzugeheu. oder muß als Portier, Schuhputzer oder aber als schwer fronender.Peon (Landarbeiter) Stel­lung annehmen. Wer nicht fliehend Spanisch schreibt und spricht, um eine kaufmännische .Korrespondenz zu er­ledigen, ist hilflos als Kaufmann. Unr, Stellung als Buchhalter, Lagerist, Kommis zu finden, must er unbe­dingt drei Dinge verstehen, die ich in fast jedem Ge­such als Bedingung fand: Spanisch gründlich ver­stehen, Maschinenschreiben können und als dritte Bedingung Stenographie spanische und vielfach eng­lische (nicht allein deutsche) verstehen. So ist es viel­leicht nach einigen Wochen möglich, eine Stellung zu fin­den zu 150200 Pesos (Papier) monatlich. Ta aber durch den Krieg viele deutsche Oieschäfte gelitten haben, und vor allem Deutschland viel zu arm geworden ist, um grosse Kapitalien im Ausland anzulegen, so wird der ganze Kapitalmarkt hier in erster Linie von England, Nordamerika und durch das im Krieg sehr reich gewor­dene Spanien beherrscht. Fast das ganze argentinisch«? Eisenbahnwesen ist in englischer Hand. Rie­sige Lünderstrecken, wie kleine Königreiche groß, sind im englischen Aktienbesitz, nur als Vieh- oder Getrcidefarmen ausgebentet zu werden. Gewiß, gibt es auch eine große Anzahl größerer ldteutscher Firmen, aber der Krieg hat unseren Feinden hier das Emporkommen gewaltig erleich­tert. Tie Gehässigkeit ist auf englischer Seite hier noch so groß, daß kaum ein junger Deutscher Aussicht hat, bei einer englischen Gesellschaft anznkow.men, geschweige weiter zu kommen.

Tie Kosten des täglichen Lebens steigen auch hier, besonders für alle Artikel, die eingesührt werden müssen, und das ist außer Lebensmitteln so ziemlich alles,, da Argentinien keine Kohlenminen hat. Ein Anzug kostet nach Maß 130150 Pesos, Stiesel 1823 Pesos;, beste Ware 3542 Pesos, Strümpfe (dünne) das Paar 1 21/2 Pesos usw. Ein möbliertes Zimmer außerhalb der Stadt ist für 3050 Pesos zu haben; mit Kost beträgt der Preis im Geschäftsviertel 130130 Pesos; in den Vor­orten 90 bis 110 Pesos. Dafür, daß es außerhalb bil­liger ist, Muß man die hohen Kosten der Bahn hinzu­rechnen. Da der Peso etwa 23 Mk. augenblicklich wert ist, muß mau jeden Peso mit 23 multiplizieren, um einen Begriff von den Verhältnissen zu bekommen, wenn man sein deutsches Geld einwechselu will. Hat einer also 23000 Mk. !zur Verfügung upd har er die Ueber- fahrt 2. Klasse von Amsterdam mit rund 600 Pesos (ein­gerechnet Nebenausgaben) bezahlt, so bleiben ihm 400 Pesos. Allerdings geht es denen, die vor dem Krieg hier tätig gewesen sind, wie fast allen Deutschen rechit gut. Mit jedem Reisedampfer strömen aber Haufen von italienischen, spanischen jungen Kanfleuten ins Land, die unter gleicher Teuerung wie wir seufzen und ihrem Vaterland entfliehen wollen. Das sind die Mitkon-, kurrenten, die meist alle Verwandte usw. hier haben. Es leben fast 400 000 Italiener und 500000 Spanier neben nur 40 000 Deutschen im Land.

Tie Dienstmädchen und Köchinnen scheinen auch hier vom Arveitsmarkt verschwunden zu sein. Sie werden in jeder Zeitung in Scharen gesucht zu 5060 Pesos bei freier Station. Im Campo d. h. auf dem Lande, bieten viele Bauern und Gutsbesitzer dem Hauslehrer der Kinder Bi Pesos monatlich, dem Holzknecht müssen sie aber 50 bis 60 Pesos bezahlen bei freier Station und 120 bis 150 Pesos ohne Kost. Die Hauslehrer werden am schlechtesten bezahlt.

Aussicht auf Arbeit haben nur Feinmechaniker, vor allem Elektrotechniker und Automobiltechniker bei der Riesenentwicklung, die das Auto hier genommen hat, ferner Schlosser, Tischler, Wagenbauer und ver­wandte Fächer. Ihr Lohn schwankt zwischen 715 Pesos täglich. Also ein guter Lohn.

Was störend für den Erwerbsuchenden ist, das ist die Zunahme der Streiks auch hier. Die amtlichen Statistiken

geben an, daß die Streiks im Jahr 1919 gegenüber denen 1918 um 87 Prozent zugcnommen haben. Es waren 367 Streiks im Jahr 1919, woran 308 967 Per­sonen beteiligt waren. Dazu kommt der blutige Auf­stand vom 9. bis 16. Januar 1919 iw Buenos-Aires, bei dein zwischen 700 und 1000 Arbeiter von der; Polizei erschossen wurden, - sei cs in Straßenkämpfen, sei es ans den Barrikaden.

Das Entgegenkommen gegenüber den deutschen Hand­werkern ist freundlich hon seiten der einheimischen Bevölkerung. Ter Deutsche ist hier durchaus willkom­men. Argentinien nimmt den deutschen Auswanderer lieber als jeden.anderen ans. Ich fragte verschiedene Poli­zisten in bezug auf ihre Erfahrungen/Es ist eigent­lich sehr selten, daß wir mit deutschen Arrestanten zu tön haben. Tie Deutschen sind ruhige, disziplinierte Leute, aber die Andern..."

Der deutsche Arzt hat die größten Schwierigkeiten Er ist sozusagen existenzlos, wenn er ankommt. Die Gesetze verlangen von einem deutschen einwanderiwen Arzt, daß er hier seine Prüfungen macht in spanischer Sprache. Dafür muß er eine Gebühr von 1000 Pews d. h 23 00«) Mark nach deutschem Geld bezahlen/Läßt man ihn durchfallen, so ist das Geld weg. Nur an ganz abgelegenen Plätzen des Innern, wo kein argen?Wi­scher Arzt ist, oder keiner Lust hat hinzngehen, kann ep waltizicren. Ein deutscher älterer Arzt, der vor einigen Woche,! in Unkenntnis der Vorschriften hier aiikam, mußte mir seinem Sohn gleich heimlehren, weil er keine Existenz- möglichkeit. Er war um 50 000 Mk. ärmer, als er in Deutschland wieder ankam.

Advokaten gibt es hier so viele, daß man die Straße damit pflastern kann; auch sie sind schweren Bedingungen unterworfen. Etwas besser sind die Aus­sichten für Techniker und Chemiker. Sie werden hin und wieder in den Zeitungen gesucht, aber viel­fach verlangt man von ihnen eine gewisse kaufmännische Schulung. Maurer haben gar keine Atzssicht. Das ganze Gewerbe liegt in Händen der Italiener, die so ar­beiten, daß kein deutscher Maurer dabei existieren kann. Friseuren geht es ebenso. Das Gewerbe ist Monopol der Spanier und Italiener. Schuhmacher sind hier in besten Qualitäten vertreten. Und bei der Vorliebe für gutes Schnhwerk ist es kein Wunder, daß die Schuh­macher hier durchweg ans allererster Stufe stehen müs­sen. Dieses Handwerk ist Monopol der Spanier, Argen­tinier und Italiener. Etwas bessere Aussichten haben gut arbeitende Schneider und gute tüchtige Schmie­de, besonders Landschmiede.

Ich will dies Kapitel der .Arbeitsuchenden schließen mit der Mahnung, wenn eben möglich, nie ohne festen Vertrag hinauszugehen. Vor allem sollte sich keine Frau, kein Mädchen allein hierherwagen, ohne von zuver­lässigen Bekannten oder Verwandten in Empfang genom­men zu werden. Man wende sich, falls ein junges Mädchen hierher will, an den Verein zum Schutze der deutschen Einwanderer: Calle San-Martin 450, Buenos- Aires.

meinen, 34 Milliarden in kurzfristigen Anleihen, 21 Milliarden in schwebender Schuld und 26 Milliarden an Vorschüssen an die Zentralbank. Nur von Zeit zu Zeit dann die Konsolidierung dieser Schuld stattfinden. Es and Verhandlungen niit der Bank von Frankreich in der Schwebe, um die Vorschüsse des Staates abzulösen. Man hofft niit der jetzt zu erwartenden neuen Anleihe damit beginnen zu können. Die ausländische «Schuld ist we° iemlich verringert worden. Der englische und der ame­rikanische Staat haben jedoch noch immer große For­derungen. Hierüber schweben jetzt mit ihnen Verhand­lungen. Ter Bericht schließt mit einer Aufforderung an die Konferenz, Frankreich in der Durchführung des Frie- densvertrags zu unterstützen.

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Die Schuld der Regierungen."

Ter Konferenz ist eine Denkschrift des italienischen Volkswirtschaftslehrers Prof. Pantaloni vvrgelegt worden, die durch ihre freimütige Anssprache Aussehen erregte. Tie Wurzel des ganzen Weltübels* sieht er in der Teurung, und daran seien einzig die Regie­rungen schuld. Sie haben alle Bürger unter ihre allgemeine Bevormundung gestellt, sie haben den privaten Unternehmungsgeist zerstört. Um ein Sinken der Preise herbeiziiführen, genügt es, wenn man jedem wieder freie Hand läßt. Vor dem Krieg konnte der Fortschritt in der Industrie und in dem Ackerbau die Preise niedrig halten. Darum weg mit allen Verordnungen, weg mit der Zwangswirtschaft. In dem Hinausschrr-nben der Löhne sichre der Professor eine durch die Aibeiterschast verübte Erpressung. Die jetzige Tätigkeit der Notenmrsse nennt er einen am Volk begangenen Veriranensb-wch der Regierung; ein Privatmann, der falsches Geld her- stelle, werde ins Gefängnis gesteckt. Der erste beim Dnmmkopf könne neue Stenern erfinden, die wirklühe Intelligenz Aber suche die Einnahmen mit c-en Ausgaben in Einklang zu bringen und so wenig wie möattch dem Handel und der Produktion zu schade». JcgRche Go- zialisierung durch den Staat sei verwerflich. De: Völ­kerbund solle eine Liste aller Zölle, Monopole rchs. ver­öffentlichen, mit denen die reichen Länder dir ar-ncu Staaten zu erwürgen suchen, denn, für solche Länder gelte es, den Krieg in einer andere?! Form wrtzsoetz-kN,

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Brüssel. 3. Ott. Tie Konferenz hat sich bis Mitt­woch vertagt, damit der Ausschuß die bis jetzt aes-Hb.-rr Beschlüsse anfsetzen kann.

Die Finanzkonferenz M Brüssel.

Ter französische Bericht.

Brüssel, 3. Okt.

Der Bericht über die wirtschaftliche und finanzielle Lage Frankreichs betont, daß die Staatsausgaben vom 1. August 1914 bis zum 1l. November l918 200 Milliarden Franken betragen haben. Davon wurden 32 Milliarden durch Steuern gedeckt, 54 Milliarden durch konsolidierte innere Anleihen, 32 Milliarden durch ans- ländische Anleihen und 50 Milliarden durch Anleihen ans kurzfristige Vorschüsse der Bank von Frankreich und 'von Algier. Ten Staatshaushalt auszugleichen glückte erst im'Juli 1920. Da betrugen die normalen Aus­gaben 22 Milliarden Franken, wovon 12 Milliarden für ' Zinienzahlnngen auf die Schulden anzusehen waren. Das Gleichgewicht wurde durch neue Steuern erzielt, die acht Milliarden aufbringen sollten. Das sind 754 Franken für den Kopf der Bevölkerung gegenüber 129 Franken l9l3. Die Steuern auf die großen Vermögen stiegen aus 370 Proz. Für die verwüsteten Gebiete sind 20 Milliarden ausgegeben, davon 19 Milliarden sert dem 1. Januar dieses Kalenderjahrs- 77 Prozent der ver­nichteten Industrie sind wiederhergestellt. Die Staats­schuld beträat 236 Milliarden, dsvon 124 in lionsoli­

Neues vorn Tags.

Der bolschewistische Spaltnngspilz.

Mailand, 3. Ott. Tie Blätter berichten, der Streit aber den Beitritt zur 3. Internationale werde wahr­scheinlich eine Spaltung der italienischen Sozialisten hcr- beiführen. Tie Radikalen haben in der Parteileitung die Oberhand gewonnen und sie fordern, daß alle aus der Partei ausgeschlossen werden, die gegen die Anwen­dung von Gewalt sind. -

Der Bolschewismus in Nöten.

London, 3. Okt. Ter Wochenbericht des britischen Kliegsministeriums weidet ans Sibirien: Alle bol­schewistischen Divisionen scheinen die Ostfront' verlassen zu.haben. Der Bolschewismus verliert in Sibirien an Boden. Tie bolschcwikifeindliche Bewegung breitet sich nach Irkutsk aus. Ein Teil des Heeres der Regierung von Werchne Minsk habe sich gegen die Bolschewisten erklärt und sei ausgcrisscn.

Ter Teheraner Berichterstatter derDaily Mail" mel­det, daß die Bolschewisten beschlossen hätten, ihren Feld- zngsplan gegen Persien anfzugeben und Baku an die Republik Aserbeidschan abzutreten.

Streik in Rußland.

Kopenhagen, 3. «Okt. TerNational Tidende" wird ans Helsingfors telegraphiert, daß sich in Rußland eine Streikbewegung ansbreite. An vielen Sti­len sei es zu Unruhen gekommen.^ > In Petersburg sollen mehrere bolschewistische Kommissare erschossen wor­den sein.

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Berlin, 3. Ott. Tie Konferenz der Ernährungsmi­nister ist auf anfangs November vertagt worden. Bis jetzt steht fest, daß die Brotration nicht erhöht wird.

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