Juni 1821
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Nr. 145.
Amis- und Anzeigeblalt für den OberamLsöezirk Calw.
93. Jahrgang.
-7«»-, nunqswclse: «malwöchentlich. Anz-ig-npreiS: Diekl-i»spaltIg«Z-U-MPfg. «iklamen Ak?2.— Auf Eammelanzeigeu kommt ein Zuschlag von 100°/o — Hernspc.v.
Samstag, 25. Juni 1921.
LiezugKpreis: In der Stadt mit Träge,lohn Mk. 12.90 vierleliShrllch. PoftbczugL- ^-re-s !9<k. 12.E) mit BesteUgeld. — Schluß der Anzeigenannahme S Uhr vormittags.
Zur Lage in Oberschlesien.
Um das Schicksal Oberschlefiens.
Paris, 25. Juni. „Jnttansigeant" glaubt, daß in den ersten zehn Tage» des M-mits Juli das Schicksal Oberschlefiens von der interalliierten AbstimmungSkommisfion geregelt werde. Mit dem Beschluß der Kommission werde sich dann der Oberste Rat zu befassen haben, der. nach dem Blatt, wahrscheinlich am 7. Juli zusammen- treien werde.
Die Pliine zur WiederhersteSung der Ordnung.
Berlin, 24. Juni. Die von Obcrschleflen zurückgckehrte deutsche Kommission ist nach Mitteilung der Blätter der Anficht, daß die interalliierte Kommission fest entschlossen ist, den Ausstand in Oberschlesien zu liquidiern. Bezüglich der Ausstellung einer zuverlässigen Polizei und der Aufhebung der von Korfanty eingesetzten Behörden seien von der Kommission beruhigende Erklärungen abgegeben mor- den. — Der oberschlesischs Berichterstatter des „Tageblattes" erfährt aus Oppeln, daß der von den Generalen Höfer und Hemüker aus- zearbeitete Plan der Räumung Oberschlesiens durch die Insurgenten und den deutschen Selbstschutz von der interalliierten Kommission angenommen worden sc!. Der Abschluß der Verhandlungen werde augenblicklich nur verzögert, weil die interalliierte Kommission noch mit Korsanty verhandele.
Berlin, 2S. Juni. Ueber die zu bildende Polizsigruppe in dem von den Insurgenten und vom deutschen Selbstschutz geräumten oberschlesischen Gebiet meldet die „Vossischc Zeitung", daß die Truppe aus angesehenen Bürgern gebildet werden solle. Auf je IVO Einwohner soll ein Mann kommen, der mit Polizcigewcüt ausgestaitct wird. Der Plan für die Bildung der Polizei ist von dem englischen Major Kcaiing ausgearbeitet worden.
Berlin, 25. Juni. Vlättcrmeldungen aus Oppeln zufolge scheinen die Verhandlungen der Interalliierten Kommission mit Korfanty über die Räumung Oberschlefiens beendet zu sein. Der Unterhändler der Kommission, Oberst Caput, ist aus Sem polnischen Hauptquartier nach Oppeln zurückgckehrt. — Man verhandelt also mit den Aufrührern wie mit einer Kriegspartei. -
Erneuter deutscher Protest gegen die Unterstützung des Aufstandes durch das polnische Heer.
Berlin, 24. Juni. Die deutsche Regierung übermittelte der Botschafterkonferenz eine Note, die auch den Regierungen in London, Paris und Rom übergeben wurde. Der Note ist eine Zusammenstellung von Nachrichten beigegeben, durch die erwiesen wird, daß die polnische Armee den Ansstand in Obcrschlesicn mit allen Mitteln unterstützt. Aussagen von polnischen Gefangenen und Ueberläufern, Min Teil ausgenommen von Major Creasy, „Liason Officcr with the German Figthing Organisations" in Kreuzburg, sowie amtliche, Gefallenen abgenommene Papiere haben das sorgfältig nachgcprüste Material der Anlage geliefert. Daraus ergibt sich das zielbewußle Sireben der polnischen militärischen Dienststellen, in jeder Weise die Polnische Aufftandsbewegung zu fördern. Auf Grund dieser Tatsachen erhebt die deutsche Regierung erneut nachdrücklich Einspruch Mn die Unterstützung des polnischen Aufstands in Oberschlesien »wich Dienststellen und Angehörige der polnischen Armes. Sie ersucht dringend, daß die alliierten Regierungen die endgültige Sperrung der oberschlcsisch-polnischen Grenze stchcrsiellcn und dem Uebcr- bitt polnischer Soldaten und Truppenteile, sowie dem Nachschub über . Grenze ein Ende bereiten. Sie, erwartet, daß seitens der alli- nckn Regierungen nachdrücklich und wirksam jede fernere, wenn auch unr verschleierte Unterstützung des Aufstandes in Obcrschlesicn unterlagt wird.
Die polnischen TruppenansammLuugen an der deutschen Grenze.
Katwwitz, 24. Juni. Es ist seit längerer Zeit bekannt, daß die Polen an der deutschen Grenze starke Truppenmassen angesammelt u en, ,!m sie im gegebenen Augenblick in Oberschlesicn zu vermen- e». Bisher sind die bei dem Aufruhr in Oberschlesien verwendeten ongreßpolm und Posencr Polen an der Grenze in Zivil umge- n et und auf diese Weise zu Oberschlesiern gemacht worden, wo- u"h man die „spontane Erhebung" herbeigeführt hat. Auf alle a e akn sind auch die nötigen militärischen Vorkehrungen für den v! worden, daß Polen offiziell mit Waffengewalt in
aen H Eingreifen will. Von durchaus zuverlässiger Seite lie-
genaue Angaben über die polnischen Truppenansammlungen an
Grenze vor.
«.JEdauer der polnischen Gewalttaten.
y 25- Juni. Nach einer Meldung des „Berliner Lokal- Ivea^ ^ Rhbnik Hai die dortige polnische Ausstandsbehörde e!n/o ^Plvsion auf dem Güierbahnhof den deutschen Kaufleuten bis L ^ution von 17 Millionen Mark aufcrlegi. Das Geld soll der m "nm ^ bezahlt sein. Die Ausständischen haben fünf lalls ^ ^ . ^>r Kaufleuie verhaftet und drohen, sie zu erschießen/ Lesorderten 17 - Millionen nicht bezahlt würden. — O.ner
anderen Blättcrmeldung aus Tarnowitz zufolge, hat dort der neu eingesetzte p-lnischc Magistrat die Auslegung einer Kontribution in Höhe von 2 Millionen Mark zu Gunsten der Jusurgcnlcn verfügt.
Beuchen, 21. Juni. Nachdem seit drei Tagen der Postver- kehr mit dem Ententezuge wieder behelfsweise ausgenommen worden ist, waren bereits am 3. Tage dieser probewcisen Postwiederaufnahme die deutschen Postbeamten schweren tätlichen Beleidigungen der Polen ausgesctzt. Die Insurgenten, die auf dem Beuthener Dahnhof das Regiment führen, versuchten, den deutschen Beamten dis deutschen Kokarden von den Mützen zu rechen. Die Beamten leisteten Widerstand. Der Vermittelung des Postdirektors gelang cs, den Borfall beizulegen.
Oppeln, 24. Juni. Nach hier vorliegenden Meldungen Hai. sich südlich Kosel in der Nähe von Plcin-Nensa ein heftiger Zusammenstoß zwischen italienischen Truppen und polnischen Insurgenten ereignet. Einzelheiten fehlen noch. In Rhbnik ist eine Kompagnie polnischer Pioniere zu Aufräumungsarbeitcn eingctroffcn. Die von den Polen aus Anlaß der Munitionserplosion verhafteten Deutschen mußten wieder freigelassen werden, da selbst die Insurgenten sich -wn der völligen Schuldlosigkeit der Verhafteten überzeugt haben.
Laurahütte, 24. Juni. Dis Aufständischen sind in den Besitz der Mitgliederlisten der deutschen Gewerkschaften gekommen und haben in diesen Tagen etwa 20 Angehörige dieser Gewerkschaften verhaftet und verschleppt. Auch Mißhandlungen sind dabei vorgekommen.
Protest der obsrschlesischen Beamten gegen die Gewallherrschajt der Aufrührer.
Kattowrtz, 24. Juni. Eine Eingabe des Bundes der ober- schlesischen Beamtenschaft an die interalliierte Kommission weist darauf hin, daß die Beamtenschaft sich von Anfang an loyal in den Dienst der interalliierten Kommission ' gestellt habe. Dafür sei feierlich die Gewährung des Gesetzes der Freiheit und Gerechtigkeit versprochen worden. Seit dem 3. Mai aber befinde sich die Beamtenschaft des Aufslandsgebiets in einer unbeschreiblichen Lage. Die Beamten oer Landjägerei seien ans ihren Dienstorten vertrieben, viele bedroht, verschleppt, gemaß- regslt oder ermordet worden. Die Beamten der SpezialpoUzei seien in einzelnen Gemeinden gezwungen worden, unter der Gewalt des polnischen Platzlommandanten und der sogenannten Feldgendarmen«: den Insurgenten Dienst zu tun. Ebenso wurden die Eisenlnhnbeamten durch Waffengewalt gezwungen, den Aufrührern zu dienen. Weiter heißt es: Den Beamten des Gerichts, der Post, der Finanzen und der unmittelbaren Staatsverwaltung ist die Ausübung ihrer Amtsbesugnisss fast gänzlich unmöglich gemacht. Die Beamten sind zwangsweise einer von den Insurgenten geschaffenen „obersten Zivilvcrwaltung" unterstellt, die sie zu landesverräterischen Handlungen nötigt. Sämtliche Bergbeamten sind durch Androhung schärfster Maßnahmen gezwungen, sich einer von den Insurgenten eingerichteten Zwangsverwaltung zu unterstellen. Mehr als 6 Wochen warten wir vergeblich auf Hilfe und Erlösung, aus bcispicl-. losem Unrecht. Die Beamtenschaft Oberschlefiens steht am Ende ihrer Kraft und hat wohl das Recht, mit der gesamten friedlichen Bevölkerung dieses unglücklichen Landes von der interalliierten Kommission zu fordern, daß endlich Recht und Gesetz wieder hcrgestellt und die Schuldigen rücksichtslos und gnadenlos bestraft werden.
Freilassung von verschleppten Deutschen.
Oppeln, 24. Juni. Am 22. Juni fand in Schofsschütz (Kreis Rosenberg) die Freilassung weiterer Persönlichkeiten, die durch die gegenwärtigen Zustände in Oberschlesien ihrer Freiheit beraubt waren, durch Vermittelung des internationalen Komitees vom Roten Kreuz statt. 450 bisher von den Insurgenten internierte Deutsche wurden ihren Angehörigen znrückgegeben. Das deutsche Note Kreuz hat die Fürsorge übernommen.
Zur auSWürtigKn Lage.
Fortsetzung der deutsch-französischer,
LNederaufbanverharrdlungen.
Paris, 24. Juni. Wie „Petit Paristen" mitieilt, werden in der iommcnden Woche zwischen Staatssekretär Bergmann, Eug- genheimer und Loucheur Verhandlungen über den Wiederaufbau geführt werden. Die Frage der Beteiligung deutscher Arbeiter am Wiederaufbau, die Minister Rathenau in Wies- baden angeschnitten hatte, werde auch besprochen werden. Die erste Unterredung sei für Dienstag festgesetzt.
Zahlungserleichterungen bezüglich
der Ententeforderungen.
Paris, 24. Juni. Die Reparationskommission hat sich mit einer Aenderung des Zahlungsverfahrens für die deutsche Reparationsschuld befaßt, die daraus hinzielt, der deutschen Regierung die Verpflichtung zu erlassen, auch ihr- suP^-en K-'bungon b:. mm iknüschci» Dollars zu liquidieren.
Eine englische Stimme gegen die rechtswidrige Ausrechterhaltung der „Sanktionen".
London, 25. Juni. Der „Manchester Guardian" tritt in seinem Leitartikel scharf für die Aufhebung der Zwangsmaßnahmen ein. Das Blatt fragt, welches Recht die alliierten Truppen haben, in Düsseldorf zu bleiben und mit welchem Recht man weiterhin die Zollschranken der Alliierten zwischen dem besetzten und unbesetzten Deutschland aufrecht erhalte.
Danzig unter der militärischen Macht Polens.
Genf, 23. Juni. Nach einem von der Schweizerischen Depeschenagentur veröffentlichten Communiisuä hat der Völkerbundsrat die von seinem Präsidenten Vicomte Jshii Angebrachten Anträge über die Verteidigung der Freien Stadt Danzig einstimmig angenommen. Sie besagen:
1 . Die polnische Regierung wird beauftragt, eventuell die Verteidigung der Stadt Danzig zu Land, wie die Aufrechterhaliung der Ordnung im Gebiete der Freien Stadt Danzig zu übernehmen, falls die örtlichen Polizeikräfte dazu nicht ausreichen. Der Obcrkom- missar wird, wenn dieser Fall eintritt, den Vöikerbundsrat um Weisungen ersuchen, und, wenn er es für angezeigt hält, Vorschläge über die zu ergreifenden Maßnahmen unterbreiten.
2. Es steht jedoch dem Obcrkommissar frei, die Erlaubnis des Völksrbnndsrats als bereits eingcholt zu betrachten und die polnische Regierung von sich aus aufzufordern, die Verteidigung der Freien Stadt Danzig zu übernehmen, oder zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Gebiete der Freien Stadt Danzig die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen, und zwar in folgenden Fällen: s) wenn das Gebiet der Stadt Danzig das Ziel eines Angriffs, einer Drohung oder gar eines Angriffs von seiten der angrenzenden Länder mit Ausnahme von Polen ist, und nachdem der Oberkommiffar selbst die dringende Gefahr sestgeslcllt haben wird, b) Wenn Polen aus irgend einen! Grund; plötzlich und effektiv nicht mehr in der Lage wäre, die ihm gemäß Artikel 28 der Konvention vom 9. November 1920 zusiehenden Rechte auszuübcn. In beiden Fällen hat der Ober- kommissar dem Völkerbundsrat einen Bericht zu erstatten, in dem die Gründe für die von ihm getroffenen Maßnahmen dargelegt sind. ,
3. Sobald der Zweck der Maßnahmen nach Ansicht des Ober- koii.miffars erreicht ist, haben sich die polnischen Truppen zurück- znziehcn,
4. Es steht dem Völkerbund frei, in allen Fällen, wo Polen mit der Verteidigung der Stadt Danzig beauftragt ist, eines oder mehrere Mitglieder des. Völkerbundes zur Mitwirkung heranznzichcn.
5. Der. Oberkommiffar wird nach Beratungen mit der polnischen Negierung dem Völkerbundsrat einen allgemeinen Bericht über die Maßnahmen erstatten, die für die oben erwähnten Fälle in Betracht kommen könnten.
6 . Der Völkerbund hält es nicht für notwendig, schon jetzt zu bestimmen, auf welche Weise die Verteidigung Danzigs zur See geregelt werden soll.
7. Immerhin wird der Obcrkommissar beauftragt, die Frage zu prüfen, ob nicht im Hafen von Danzig ein Seehafen für die polnischen Kriegsschiffe errichtet werden könnte, ohne jedoch eine Seebasis zu schaffen. — So sieht der objektive Charakter des „Völkerbundes" aus: Das deutsche Danzig wird an Polen ausgelicfert.
Genf, 24. Juni. Der Vöikerbundsrat hat beschlossen, daß jede Fabrikation von Waffen, Jagdgewehren eingeschlossen, in Danzig unverzüglich eingestellt werden soll. — In der Frage der freien Durchfahrt für Polen durch Danziger Gebiet wurde zwischen den polnischen Vertretern und Vertretern von Danzig eine völlige Einigung erzielt. Der Hafcnrat wird der polnischen Regierung außerhalb der Stadt an der Weichsel ein Gelände zuweisen, das als Umschlaghafen für polnisches Kriegsmaterial dienen soll und auf dem Polen gestattet ist, zur Aüso Übung der notwendigen Sicherungsmaßnahmen bewaffnete untt formierte Mannschaften zu halten.
Sin türkisches Friedensangebot an Griechenland.
London, 24. Juni. Nach dem Korrespondenten der „Morning Dost" in Konstaniinopel hatte der kemalistische Minister für auswärtige Angelegenheiten auf indirektem Wege der griechischen Regierung ein neues Friedensangebot gemacht. Das Parlament habe erklärt. wenn Griechenland zu einer friedlichen Lösung bereit sei, würde die Regierung von Angora auch ihrerseits die Lage von dem gleichen Gesichtspunkte ansehen. Indessen könste kein Vorschlag angenommen werden, der nicht die.Rückkehr von Smyrna und Thrazien zur Türkei cinschließc. — Daraus geht Griechenland wahrscheinlich nicht ein. denn um diese Gebiete hat es doch Krieg geführt.
Nur bedingungsweise Verständigungsbereitschaft Griechenlands.
Paris, 24. Juni. Nach dem Athener Regierungsblatt „Nea Himers" wird di« Antwort der hellenischen Regierung auf den gemeinsamen Schritt der Verbandsmächte diese Vermittelung nicht vo» vornherein ablchnen, aber deutlich erklären, daß die hellenische Ne-