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Amis- m»d Anzeigeblatt fiir den Oberamtsbezirk Calw.

SS. Jahrgang.

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N»l,i»ir>l M. 2. Auf Sam>n«I»uz«!gen koinmt «Irl Zuschlag »»n IM'/, ffernspr. 9.

Lamstag, 21. Mai 1921.

Bezu-<prei-: I« der Stadt «tl TräAerlad» Mk.4K.SV PtertrljLtzrUch. Pastd«LSg4» Preis Mk. L3.SO mit BesteKgetd. Schluß ver Auzeigensanahwe S Ühr vormittags

M MWWe MZe.

Iie «eitle Md die «»Mlestsche Mge.

Die Auseinandersetzungen Englands und Frantreichs über die Vorgänge in Oberschlesien haben wohl hier und dort den Eindruck gemacht, als sei Lloyd George geneigt, jetzt endlich einmal denRechtsstandpunkt" im Hinblick auf de;, Versailler Vertrag zur Geltung zu bringen, und also Deutschland Gerechtig­keit wiüersahren zu lagen. Wer die englische Politik kennt, «ciS, daß sie mit dem Gerechtigkeitssinn ebensowenig Berüh­rungspunkte hat wie die Erde mit dem Mond, und dag Eng­land eine Rechissrage als solche nur behandelt, wenn man sich am dieserausserordentlichen" moralischen Krafiansttengung Vorteile für die eigenen Ziele verspricht. Wir haben bekannt­lich immer den Standpunkt vertreten, daß die Haltung der Eincnic gegenüber Deutschland nicht davon abhängt, ob wir di« uns allsgezwungenen Verpflichtungen erfüllen, sondern von rer politischen Gesamtlage, daß also die Maßnahmen der Alliier­te, sei es in bezug auf den Versailler Vertrag, sei es in bezug aus Oberschlesien nie von einer rechtlichen Grundlage ansgehen, sondern immer nur von politische» Gesichtspunkten. Wenn zwei Schelmen sich streiten, so erfährt man am ehesten etwas von ihrem Charakter und ihren Absichten. So ist es auch diesmal Lei den Auseinandersetzungen zwischen Lloyd George und der öffentlichen Meinung Frankreichs gegangen. Nachdem der Plan Frankreichs, Bayern und das Rheinland als südwest- deutschen katholischen Staat mit Oesterreich zusammen unter französische Vorherrschaft zu bringen, vorläufig gescheitert ist. hat man jetzt das andere Problem, Deutschland als Industrie­staat zu vernichten, und ihm so seine Hauptlebensader abzu- schneiden, wieder ausgenommen. Durch die dauernde Bedroh­ung des Ruhrgebiets und die Zuschanzung Oberschlesicns an Polen sollen wir der großen Kohlengebiete beraubt, und da­durch nicht nur volkswirtschaftlich, sondern auch kriegswirtschaft­lich lahmgelegt werden. Deshalb hat man den polnischen Putsch unterstützt. Wenn nun England die Bestrebungen Frankreichs einen Augenblick durchkreuzt hat. so geschah das nicht aus recht­lichen Ueberlegungen, wie uns der schlaue Fuchs Lloyd George glaubt, weis machen zu können, sondern aus hochpolitischen Be­weggründen. In Loirdon weiß man wohl, daß die ganze Welt - »nt Ausnahme der Ententevölker empört ist über die polnischen Gewalttaten. Weiterhin aber befürchtet man in England, daß endlich doch dem deutschen Volke die Lammes- günild einmal brechen könne, und daß man dann mit Rußland Anknüpfungspunkte suchen könnte, was im Hinblick auf die ohne­hin gefährliche Lage im Orient und in Asien zu den schwersten uoinplakationen führen müßte. Lloyd George sagte deshalb Innen politischen Gegenspielern in Parisdurch die Blume", was sie anstelle» können, wenn sie sich selbst über das Schein- "cht des Versailler Vertrags hinwegsetzen:Diejenigen, die die Bestimmungen des Vertrags behandeln, als ob sie ein Hort lur Leidenschaft und Vorurteil wären, brauchen nicht lange (!) M leben, um zu bedauern". Daß Lloyd George gar nicht daran gedacht hat, Deutschland in der oberschlesischen Frage gerecht A werden, geht aus seiner Bemerkung hervor, daß die englische ^Mrung bestrebt gewesen sei, die Frage einer Teilung (!) ^erschlesiens aus der Londoner Konferenz zu regeln, die Fran­ken seien aber dazu nicht bereit gewesen. Nach dem Ab- mmungsergebnis wäre die -Zuteilung an Oberschlcsien rechtlich (^^verständlich. Es wird jetzt aber wahrscheinlich ein Schein­et gesucht werden, um auch diese Abstimmung zugunsten der N^ revidieren. Aber Lloyd George sagt, mir auf dem Abwege", und zwar auf dem englischen. Da man den Lab^r" London aus so ins Handwerk gepfutscht hat, so enokk/^ Lloyd-George auch eins ausgewischt, indem man die ^S üche Politik ein wenig gekennzeichnet hat. DerTemps",

. ^ Sprachrohr der Regierung benützt wird, weist

ti»e der Politik Englands hin, ei« Volk des Kon-

k " ^ gegen das andere auszuspielen, und auf das englische Ve- en, durch die Stellungnahme gegen Polen Rußland für sich Aber Frankreich könne ja auch versuchen, die Lie " Volker zu einen. Zn diesem Problem aber war dak vs Englands getroffen und man kann begreifen,

Senall ^ George dasgrausame Spiel" mit seinem Dundes- lil^ « """ oufgibt. Ls wird nämlich gemeldet, daß die eng- Lie iL. 18. Mai Mitteilungen erhalten habe,

w»n ändern (!) könnten. Welcher Art die sind, wird

»ich! in« erfahren. Aber da auch Amerika sich als

erefsiert gezeigt hat, ist damit zu rechnen, daß die ober- - - >m sranMich-'-sl-iH..---. S' ine geregelt wird.

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Fortbestehen der polnischen Bedrohung.

Berlin, 20. Mai. Die Lage in einzelnen Kreisen Oüer- schlejiens ist unverändert. Es liegen Berichte vor, in denen gesagt wird, daß sich aus der Stadt Posen etwa WO Studenten und Schüler zur Znsurgentenarmee begeben haben. Die Ver­luste an Toten und Verwundeten aus ihren Reihen werden durch Anschlag am schwarzen Brett der Universität bekannt gegeben. In Posen find zahlreiche Werbebureaus weiter in Tätigkeit. Nach weiteren Berichten sind.zldliüsche Truppenkonzentrationen in der Gegend von Krakau, Bjedleo und Oswiecim sestgestellt worden, desgleichen Panzer- und Militärzüge.

Kattowitz, 20. Mai. Aus Kattowitzer deutschen Kreisen wird berichtet: Das Telegramm Korfantys an die interalliierte KorM Mission, in dein er sich erbietet,die siegreichen Streitlriiste" zurückzuführen, aber keine Linie angibt, bis zu der der Rückzug erfolgen soll, wird hier nur als ein neuer Versuch zur Schaffung einer Demarkationslinie angesehen. Jede auch nur im gering­sten günstigere Beurteilung der Lage ist durchaus unangebracht. Die Lage hat sich in den letzte« Tagen eher verschlechtert als verbessert, und je länger diese Lage andauert, desto unerträg­licher wird sie und desto schwieriger ist eine Wiederherstellung geordneter Zustände. Wir sind nm so cher geneigt, die Lage schlechter denn je anzusehen, als die Grenzzeitung, das Hetz­blatt Korfantys, in einer unverschämten Tonart hetzt und schwindelhafte Ereuelberichte über angebliche Untaten der Deut­schen im Kamp^ebiet verbreitet, von Kämpfen gegen deutsche Reichswehrhunde berichtet und auch die klarsten Tatbestände auf den Kopf stellt. Diese schmutzige Handlungsart wird ohne Behinderung durch die Zensur begangen, während di« gleiche Zensurbehörde den deutschen Blätter« die Veröffentlichung der Rede Lloyd Georges verbietet und jeden Versuch einer wahr­heitsgetreue« Darstellung der Lage unmöglich macht. Ein neuer Beweis fiir die trostlose Lage der Deutschen ist damit ge­schaffen, daß an vielen Orten des Aufruhrgebiets die deutschen Frauen und Mädchen von den Aufriihrerbanden zur Reinigung der Wachlokale und zu anderen erniedrigenden Arbeiten ge­zwungen werden. Auch dagegen ist Auflehnung erfolglos. Un­sere sogenannten Beschützer sehen zu, und lassen die Ausrührer­banden schalten und walten wie es ihnen beliebt.

Berlin, 20. Mai. Nach einer Meldung desLokalanzeigers" hat sich die Angriffsiätigkeit der Polen im Kreise Kreuzbrirg verstärkt. Von jenseits der polnischen Grenze wurden ein Vor­stoß der polnischen Insurgenten gegen Costau unternommen, der aber abgeschlagen wurde. Die Polen ließen 25 Tote auf dem Platz zurück, die fast ausnahmslos als aktive Soldaten der pol­nischen Armee festgestellt wurden. Eines der eroberten polnischen Maschinengewehre ist französischen Ursprungs.

Oppeln, 20. Mai. Aus den Kreisen Beuthen, Groß-Sttehlitz, Gleiwitz und Kofel werden erneut schwere Ausschreitungen der Insurgenten gemeldet. In Friedenshütte wurden zwei deutsche Beamte von den polnischen Ausrührern so schwer mißhandelt, daß sie lebensgefährliche innere Verletzungen erlitten und ins Krankenhaus gebracht werden mutzten. Alle Versuche der Be­völkerung, die zuständigen Instanzen der Interalliierten Kom­mission zum Einschreiten gegen derartige Rohheiten z» be­wegen, find erfolglos geblieben. Zur Kreise Eroß-Strehlitz wurden zahlreiche deutschgefilmte Oberschlesier verschleppt. Stubcndorf wurde von den Aufständischen geplündert. Fm Kreise Gleiwitz wurden deutsche Flüchtlinge, denen die Legiti- mationspapiera von den polnischen Insurgenten abgenommen worden waren, von französischen Truppen verhaftet. Besonders schwer hat noch immer das deutsche Dorf Schönwal- zu leiden. Die Aufrührer verüben Plünderungen «nd Mißhandlungen in schamlosester Weise. Ein großer Teil der Bevölkerung ist ge­flüchtet, bei den Zurückgebliebenen herrscht eine verzweifelte Stimmung. Die Besitzung des Fürsten Hohenlohe-Oehringen in Slawentzitz, Kreis Kosel, wurde von den Polen geplündert. Alle Werte wurden geraubt. In Hindenburg wurde die An­nahme von Geldsendungen an eine Berliner Bank auf An­ordnung der Ausrührer verweigert, trotzdem das Postern^ französischen Truppen besetzt gehalten wird.

Französische Mithilfe an de« polnischen Schandtaten.

lin, 21. Mai. DasBerliner Tageblatt" berichtet über eine Reihe von empörenden Mißhandlungen Deutscher durch die polnische», Aufrührer, die sich unter den Augen der französischen Besatzungstrup- pen, ja sogar zum Teil unter Mithilfe französischer Soldaten zug«. tragen haben. Auf dem Wege von Bogntschütz nach Kattowitz wurde der Gewerkschaftssekretiir Bomba von den Insurgenten verhaftet, auf den Tisch geschnallt und auf fürchterliche Werse geschlagen. Er gelang ihm später zu entfliehen. Er wurde aber von französischen Soldaten festgehalten und d«i Polen wieder ansgellcfett. I» Katto­

witz haben französische Soldaten untätig zugcsehen, wie aus einem von ihnen besetzten Haus zwei Personen von polnischen Aufrührern verschleppt wurden. Auf Vorstellung zweier deutsche: Gewcrkschajts- sekretärc über die ernste Lage in Kattowitz hin hat General Lerond den Höchsikommandierenden der französischen Truppen in Oberschlc- flen, General Gratier, nach Kattowitz zur Untersuchung der Lage entsan-t.

Englischer Hohn.

London, 20. Mai. Reuter erfährt, daß die Mskduug deutscher Zeitungen, zwei britische Regimenter der rheinischen DesatzungSarw-e hätten den Befehl erhalten, nach Oberschlestn zu gehen, jeder Begrün­dung entbehrt. Die in London eingetroffenen Telegramme bewiesen, daß eine Notwendigkeit für die Anwesenheit dieser Truppen nicht vorliege, da die Gefahr von Zusammenstößen zwischen den Insur­genten und deutschen Irregulären anscheinend beseitigt sei. Eine derartige Meldung angesichts der offensichtlichen Fortdauer der pol­nischen Bedrohung!

Lügenhafte Beschuldigung der Eisenbahner durch die interalliierte Kommission.

Berlin, 20. Mai. Von der interalliiert ommisston wird eine Meldung verbreitet, daß die Schuld aner ungenügenden Lebensmittelzuteilung im Ausstandsgebiet nicht die Insurgen­ten treffe, sondern daß diese dadurch veranlaßt wurde, imß sich die Eisenbahner geweigert hätten, die Transporte auszusühren. Dieser Bericht entspricht in keiner Weise den Tatsache». Wenn sich die Eisenbahner teilweise geweigert haben, die Transporte zu übernehmen, so liegt das daran, daß die Eisenbahner von der interalliierten Kommission nicht genügend geschützt rvor- den sind.

Hilferufe der deutsche» Sozialdemokraten

an die Internationale.

Berlin, 20. Mai. Der Vorstand der sozialdemokratischen Par­tei Deutschlands hat an das Bureau der Internationale fol­genden Hilferuf geschickt: Erschütternde Hilferufe deutscher Volksgenossen, Nachrichten über zahlreiche Morde und Plünde­rungen, begangen durch die Banden Korfantys, wurden uns he:tte durch Parteigenossen, die unter Lebensgefahr aus dem von den Insurgenten besetzten Gebiet geflüchtet find, Lber- bracht. Offen tritt die französische Duldung des von der pol­nischen Regierung durch Korfanty inszenierten lleberfalls zu­tage, der das für Deutschland günstige Plebiszit im oberschle- stschen Volk annullieren und den Obersten Rat vor eine voll­zogene Tatsache stellen soll. Nur übermenschliche Anstrengungen und strengste Selbstzucht vermochten bisher Notwehraktionen hintanzuhalten. Nur die Hoffnung ans eine schnelle Ent­scheidung gibt der deutschen Bevölkerung die seelische Kraft zur Ertragung der unsäglichen Qualen. Wir erwarten von dem internationalen Bureau ebenso wie von allen ihm angeschlosse- nen Sektionen der Internationale das Einsetzen aller Kräfte, um für das deutsche Volk in Oberschlesien das Recht der Selbst­bestimmung gegen den polnischen Imperialismus M pchern, dessen Expansionsdrang Europa in neu« unabsehbare Verwick­lungen zu stürzen droht.

Die englisch-französischen

Meinungsverschiedenheiten.

Paris, 20. Mai. LautPetit Zournal" soll eine vorläufige Besprechung in Boulogne -wischen Lloyd George wrü> Priand so­fort nach Schluß der Kanmrerdebatte, voraussichtlich am kom­menden Sonntag, stattfinden. In Poulogne wird Briand aus­drückliche Vorbehalte machen für den Standpunkt Lloyd Georges» daß die Entscheidung über Oberschlesien mit Stimmenmehrheit getroffen werden soll. Die französische Regierung wird di« Auffassung vertreten, daß diese Entscheidung nur mit Siimmen- einheit getroffen werden könne.

England ändert nochmals seine Haltung?!

Paris, 21. Mai. Havas meldet aus London, daß Lord Cur- zon gestern mittag dem französischen Botschafter eine lange eng­lische Denkschrift über Oberschlesien überreicht habe. Die eng- i lische Regierung bringt darin ihre Ansicht zum Ausdruck. Sir erkennt an, daß ihr seit dem 13. Mai Mitteilungen zu gegangen seien, die die Ansichten der britische» Regierung ändern könn­te«. Sie bedauert jedoch, daß die französischen Truppen sich nicht energischer zeigen.

Die Haltung Amerikas.

London, 21. Mai. Reuter erfährt aus Washing.on, daß die an den neuen amerikanischen Botschafter in London, Harvey, gerichteten Instruktionen dahingingrn, er soll«, soweit es sich um die oberschlefische Frage handele, nur als Beobachter tätig sein. Beamte des Staatsdepartements hätten wiederholt er­klärt, daß die Stellung der amerikanischen Regierung dieselbe sei, wie sie in der Antwort an Polen gekennzeichnet sei und daß