überraschende Tinge zu Tage bringen. Der Fnnd ser sehr mäck'tig, die Lage außerordentlich ernst. Dean dürfe sich nicht in falsche' Hoffnungen wiegen und auch dem Volke keine unwahren Siegesmeldungen Mitteilen. Die Journalisten sollen alles tun, um die Bevölkerung sur eventuell eintretende schwere Niederlagen vorzubererte.
Gras Witte kennt sehr gut sein Rußland und weiß, wie schlimm es mit ihm steht. Er ist der einzige kühle Kopf in dieser verblendeten Müsse, die siegestrunken von gewonnenen Schlachten spricht, während die deutschen Herme immer tiefer in das russische Gebiet emdrmgen.
Der Weltkrieg.
Der Kampfplatz um Reims.
Rings um Reims donnern die Geschütze; im Norden die der vordringenden deutschen Armee, im Süden die der heldenhaft sich wehrenden Franzosen. Tie Hauptstadt der Champagne wird im weiten Bogen von Osten nach Norden von der Suippe umflossen, die zwischen Rübenseldern zur Aisue strömt. Eine nicht unbedeutende Zucker-Industrie hat sich infolge dieses, in der sogenannten „Lause-Champagne" betriebenen Rübenbaues entwickelt, die jedoch, je weiter man sich Reims nähert, dem Weinbau Platz macht. Allmählich steigt der Boden zu sanften Hügeln an, und zwischen den beiden, auf Bergen gelegenen Forts St. Thierry und Brimont, die den nördlichen Zugang zur Stadt sperren, drängen sich der Aisne und Marne verbindende Kanal von Loivre und die Bahn von Laon hindurch. Tas zu ihren Füßen gelegene Städtchen Loivre ist durch seine Flaschenfabrikation bekannt; es liefert jährlich Millionen jener starken Weinflaschen, die zur Champagnerkelterung^ in Reims und Eperney gebraucht werden. Zu beiden Seiten des Kanals strecken sich hohe, mit Fichten bepflanzte Erdwälle, gleichsam natürliche Schützengräben für eine sich verteidigende Armee. Bon dem 130 Meter hohen Brimont sieht man Reims und die Berge der Champagne wie auf einem Teller vor sich gebreitet. Zu Füßen, im Tale des Vesle, liegt die von ihrer gewaltigen Kathedrale überragte, alte
" »«
UM
WM
ML
Krönungsstadt der französischen Könige, umzogen von einem Gürtel grüner Parkanlagen, außerhalb derer sich breite Arbeiterstädte mit rauchenden Schloten dehnen. Zur Linken das weite Gelände von Bsthöny, Frankreichs größtem Flugfeld, von dem aus die „französischen Vögel" vor Jahren ihren Siegeslauf antraten, bis ihnen die deutschen „Dauben" den Vorrang erfolgreich streitig machten. Auf diesem Felde hat Zar Nikolaus bei seinem erüen Besuch in Frankreich die westlichen Korps in großer
Parade gesehen, und die „Armee von Bstheny" galt für das glanzvollste Schauspiel, das die französische Armee jemals in Friedenszeiten geboten hat. Daneben, gleichsam als Hüter des großen Flug- und Uebungsplatzes, ver vom Fort Nogent l'Abbesse gekrönte, kegelförmig- Berru. Nach rechts verschwindet der glitzernde Lauf der Vesle allmählich zwischen den Weinbergen, tvährend sich im Süden, jenseits der Stadt, die eigentlichen „Reimser Berge" erheben. Wie ein Wall legt sich der bis 300 Mieter hohe von Westen nach Osten ziehende Rücken vor das Tal der Marne. Langsam kriecht die Bahn am Fort Miontbre vorüber zu den Weinhängen empor, bis sie bei dem Weindorf Rilly-la-M!ontagne in einem Tunnel verschwindet, um jenseits in schluchtigem Tale schnell über Ah nach Epernay hinabzufahren. Tiefe „Champagnerbahn", die die beiden großen Champagnerstädte verbindet, zieht unter den von Getreidefeldern bedeckten Höhen der Reimser Berge 100 Meter tief hindurch und bleibt so zwischen den Weinbergen der nördlichen und der südlichen Hänge. Bon diesem, jetzt verschanzten Höhenrücken hat die französische Artillerie hinweg über Reims und seine Kathedrale die deutschen Stellungen im Norden der der Stadt vorgelagerten Hügel beschossen. Rings um Reims dehnen sich Weinberge und Felder, und ab und zu finden sich kleine Gehölze. Auf den Ausläufern der südlichen Bergkette wie auf den im Norden und Osten vereinzelt vorgelagerten Hügeln thronen Forts - Sie passen wenig in die fröhliche Landschaft der Cham pagne, wo in Friedenszeiten das Leben der Bewohner nur Wein und Heiterkeit atmet- Ein jeder ist ja mit dem Bau des Weines oder seiner Kelterung zum Champagner eng verknüpft, die saubere weiße Hauben tragender Frauen und die mit dem schwarzen Kittel bekleideter Männer. Nur an Hängen, auf denen die Sonne nich -pnge verweilt, findet man Getreide, und selten drehe'- sich die Flügel einer Windmühle. An Vercy vorlu führt in südöstlicher Richtung die Hauptbahn über Mour- melon nach den Feldern von Chalons, den alten kata> launischen Gefilden, auf denen Attila seine große Niederlage erlitt. Uebrigens liegt ihnen Reims ebenso nahe wie Chalons. Seit Napoleon III. auf ihnm ein großes Militärlager errichtete, haben sie bei allen französischen Truppenbewegungm eine große Rolle gespielt. 1870 wurden hier mehrmals neue Armeen gebildet, und auch bei Ausbruch des jetzigen Krieges sind sie einer der Konzentrationsplätze der französischen Westarmeen gewesen, um den jetzt ein heißer Kampf tobt.
Zeppelinschiffe wieder über Amsterdam.
WTB. Amsterdam, 25. Sept. (Nicht amtlich.) Tas ReUtersche Bureau meldet aus Antwerpen: Ein Zeppelinluftschiff wurde in der Nacht von Dienstag zum Mittwoch längs der ersten Verteidigungslinie dm: befestigten Stellung von Antwerpen in der Richtung Moll-Liewe signalisiert. Wegen der starken Scheinwerfer kehrte das Luftschiff um.
„Emden" -ei der Arbeit.
WTB. Madras, 25. Sept. Ter deutsche Kreuzer „Emden" gab, wie weiter gemeldet wird, bei seinem Bombardement 9 Schüsse ab und traf die Tanks der Firma Oil Company, von denen 2 brennen, la/r Millionen Gallonen Oel sind verloren. Auch das Telegraphenamt und das Seemannsklubhaus wurden getroffen. Ein englisches Forts erwiderte das Feuer. Tie „Emden" löschte die Lichter und verschwand nach 15 Minuten.
Die Franzosen bemühen sich nm Cattaro.
WTB. Bordeaux, 25. Sept. (Nicht amtlich.) Amag- neUr teilte im Ministerium mit, daß die Flotte in An- tivari mehrere Batterien schwere Artillerie, sowie ein Artilleriekorps ausgeschifft habe, die vom Lovcen ans die Forts, die Stadt und den Hafen von Cattaro beschießen sollen.
Deutsche Kriegsgefangene in Frankreich.
GKG. Ein deutscher Oberleutnant, der in französische Kriegsgefangenschaft geraten und mit anderen deutschen Kriegsgefangenen nach iAnrillge übergeführt worden ist, hat seinen Maebüriaen rn^Teutickland aemeldet. «
werde mit allen feinen Kriegskameraden in dkä Gefanö«st schaft sehr human behandelt. Ten kriegsgefangenen Haschen Offizieren sei erlaubt, in einem Hotel 'zu wohn«, und sich dort selbst zu verpflegen. Tie Korrespondenz mit der Heimat sei sofort gestattet worden, natürlich unter strenger militärischer Kontrolle. Pakete dürfen dorläus» nicht gesandt werden. Am Tage nach der Ankunft in Aurillge habe der französische General den deutschen Offizieren ihre Degen zurückgegeben in Anerkennung ihrer Tapferkeit in der Schlacht.
Die wirtschaftliche Not in Frankreich. WTB. Paris, 25. Sept. (Nicht amtlich.) Dem „Pech Parisien" zufolge hat in Havre am 20. September eine Konferenz des Handelsministers Thomson mit dem Präfekten, Vertretern der Behörden und Handelskammern stattgefunden. Ter Abgeordnete Siegfried erklärte, um die Geschäfte möglichst schnell wieder in Gang zu bringen
sei es unerläßlich, den Post- und Telegraphenverkehr M
erleichtern. Zweitens müsse der Kaufmann Wechsel Umsetzer: können. Dazu sei es wichtig, daß die Banque de France gegenüber dem gesunden Handel sich weitherziger zeige. Thomson wies auf die Notwendigkeit hin, jede Entwertung der Banknoten zu verhindern und versprach Besserung des Postverkehrs.
Ein Streich der Franzosen?
GKG. Berlin, 25. Sept. Ter Bossifchen Zeitung wird aus Amsterdam gemeldet: Am Dienstag warf ein Flugzeug über der holländischen Stadt Maastricht eine Bombe. Sie richtete Verwüstungen in einem Garten aber sonst keinen Schaden an. Tie Nationalität des Flugzeuges -war nicht erkennbar. Bekanntlich haben die deutschen Truppen durch Aufstellung von Wachen an den Grenzen sorgsamst die Neutralität Hollands beachtet, so daß die Tat 'des Fliegers augenscheinlich ein Streich des Feindes ist, unr die Holländer herauszufordern.
Ein neuer Neutralitätsbruch Englands.
Daß England die Neutralität anderer Staaten nur wahrt, wenn es ihm paßt, zeigt aufs neue wieder nachstehender Bericht:
WTB. Stettin, 25. Sept. lieber einen Neutra- litütsbruch Englands gegenüber Holland erfahren die „Stettiner Neuesten Nachrichten" von durchaus zuverlässiger Seite: Der Dampfer „Battavier" und da Dampfer „Katvijk", der erste der Firma Müller, der zweite der Firma Erhardt u. Dekhers, beide in Rotterdam, gehörend, die mit schwedischen Eisenerzen von Narvik in Norwegen nach Rotterdam unterwegs waren, sind von englischen Kreuzern in der Nordsee gekapert und beide nach Middlesborough geschleppt worden. In Middles- borciigh befinden sich die größten Hochöfen Englands.
Churchills Prahlereien.
GKG. London, 25. Sept. Aus seiner Propagandareise sprach Churchill in Liverpool vor 15 000 Zuhörern. Er forderte dazu auf, das Heer schleunigst auf eine Million zu bringen. Tie Erfolge der Entente-Heere seien über alle Erwartung gut. Tie englische Flotte, so sagte er, kann die feindliche nicht schlagen, solange diese im Hafen bleibt. „Wir alle hoffen mit unseren Matrosen, dass wir bald der deutschen Flotte ein Ende machen können. Wenn sie uns weiter den Kampf verweigert, so werden wir sie anfsuchen, wie ein Bulldogg die Mäuse in ihren Löchern sucht. Ich habe sagen hören, daß der deutsche Botschafter in Washington unbestimmt vom Frieden gesprochen habe. Davon kann nicht die Rede sein, solange der Rauch von Trümmern anfsteigt, welchechiese Vandalen aufgeschichtet und solange sich die Schreie über ihre abscheulichen Grausamkeiten zum Himmel erheben, -er Frieden mit dem deutschen Volke wird zu gegeben« Stunde kommen, aber wir werden keinen Frieden mi! dem preußischen Militarismus schließen, sondern werden dieser gemeinen Tyrannei ein Ende machen." ...
MAL
Teuerdanlr'5 Brautsahrt.
Von Gustav von Meyern.
!2) Nachdruck verboten.
„Was ist es? Woher kommt Ihr? Gebt!"
„Die Botschaft ist geheim, Herr," raunte ihm der Graue zu. „Tretet mit mir hinter den Erlenbusch!" Als sie vor den neugierigen Blicken der anderen geborgen waren, faltete er aus einem Tuch sorgsam ein kleines briefförmiges Papier und überreichte es dem Prinzen.
„Was sehe ich?" rief Maximilian mit einem Blicke auf die Außenseite, welche zur Aufschrift nichts als die Worte trug: „An M." „Ihr kommt aus Gent!"
„Still!" fiel ihm der Graue in's Wort. „Keiner 'darf es ahnen. Herr, Herr, Ihr seid in Gefahr. Ter Rotbärtige ist der Leibjäger des Herzogs von Kleve."
Es durchzuckte den Prinzen, indem er hastig den -Umschlag öffnete. „Und wer seid Ihr?"
„Ein Bote der Herzogin von Burgund."
„Welche. Fügung! In diesem Augenblick!" rief Max mit frommem Blicke nach oben. Tann löste er aus dem geöffneten Umschlag ein Blättchen Pergamentpapier, drückte es an die Lippen und las, von Maria's Hand geschrieben :
„Eile, Herzlieber, eile! Jede Stunde kann mich T-ir auf ewig entreißen. Noch hoffe ich auf Dich. Verlaß mich nicht! Maria."
„Um Gott, was geht in Gent vor?" fragte er, bleich vor Erregung. „Erwartet man nicht eine französische Gesandtschaft?"
„Tas eben ist es, Herr. Der Klever mit seinem Pöbel hat keine Zeit mehr zu verlieren. Tie Herzogin hat das Schlimmste von ihm zu fürchten."
„Wahr, wahr!... Aber ich... wie kann ich helfen ohne Heer?"
„Vernehmt, Herr! Tie Herzogin sendet Euch insgeheim fünfhundert Mann Geldrifcher Reiter. Sie sind
eben neu ausgehoben, um das Staatenheer gegen die Franzosen zu verstärken, und haben sich unter zwei Hauptleuten bis zum Limburgischen oberhalb Aachen heruntergezogen. Dort harren sie im Geheimen unweit Heerlen an der Grenze, und in ihrer Mitte getraue ich mich Euch auf Waldwegen durch Nordbrabant unbemerkt nach Gent zu geleiten. Es sind treue Leute, Herr, die blind gehorchen, und nur ihre Hauptleute sind im Geheimnis. Ter Plan ist gut Herr. Das Staatenheer steht unter dem Präsidenten gegen den Feind; der Klever hat in der Stadt nur wenig Mannschaft; auf drei Heerstraßen schickt er seine Abteilungen gegen Euch aus. Tie Herzogin setzt all ihr Heil auf Euch. Wagt es, Herr! Ihr dürft sie nicht im Stich lassen — bei Gott, Ihr dürft nicht." - l
„Ja, bei Gott nicht, denn Er hat mein Gebet wunderbar erhört und zeigt mir sichtbar seinen Willen... Fünfhundert Reiter, sagt Ihr, erwarten mich?" ; - - - „Echtes Geldernsches Blut, Herr!" '
„Tas ist, was ich eben erflehte, und so schwere Pflichten ich auch verletzen mag, ich komme."
Tie Züge des Grauen verklärten sich bei dieser Antwort; seine Gestalt hob sich, und es wäre unmöglich gewesen, zu glauben, daß dieser ernste Mann, dessen Auge jetzt mit einem so innigen, fast edlen Ausdruck auf dem kaiserlichen Jüngling ruhte, jemals sich zum Possenreißer erniedrigen konnte.
„Aber Vorsicht, Herr, Vorsicht!" mahnte er. „Niemand darf auch nur vermuten, was Ihr vorhabt. Kündet den anderen an, daß Ihr nach Wien zurückgerufen seiet, nehmt nur wenige Getreue mit, und spornstreichs, wie Ihr geht und steht, stoßet noch heute Nacht zu uns!"
„Gut ersonnen, Mann! Wer erdachte den Plan? Tas kommt nicht von Euch."
„Alles von der Herzogin!" erwiderte mit einen: verschmitzten Mick der' Graue, indem sich seine Nasenflügel schwellten, wie wenn jemand Mühe hat, einen Ausbruch von Laune LurüLärbalten. -Aber nock ein
mal, Herr, Vorsicht! Und habet wohl Acht, den Rotbärtigen zu täuschen. Mein Leben verwette ich, er Euch nichts Gutes sinnt; was hatte er mit Euch vor?" „Sauen dort in der Schlucht zu suchen."
„Ich dacht' es, dacht' es. Gerade zur rechten Zeit! Glaubt mir, Herr, dahinter lauerte Tücke, und lasst! uns eilen, denn wäre hier eine Gefahr, so würde Euch nicht einmal die Reichsgrenze schützen." ,
„Nicht einmal die Reichsgrenze!" wiederholte Maximilian bitter für sich. „Dahin ist es gekommen. Armes Römisches Reich! Aber es soll anders werden. Wohlan denn, die Sanduhr träger Ruhe ist abgelaujen.. - - Komm', Freund! Mein Entschluß ist gefaßt."
Und festen Schrittes kehrte er zu den übrigen zuruL „Eine Botschaft des Kaisers ist mir von Köln nachgesendet worden," sagte er. „Unsere Pläne sind verändert. Ich muß Drück nach... nach Wien."
„Nach Wien.?, Gegen die Türken?" jubelte der Junker.
„Was Türken! Gegen die Ungarn. Nicht also, Prinz?" fiel der Ritter e:n. „Wien ist wohl von Mal- rhias Corvinus bedroht? Seit Euer Vater ihm M gegen den Halbmond geholfen, ist er ihm ein schlimmere Feind geworden, als Muhamed selbst."
„So ist es," bejahte Max. „Und höchste Eile ! mir anbefohlen worden." .
Ter Rotbärtige hörte es knirschend vor rnnerum Wut. Mer hochaufatmend, als wäre ihm ein Alp der Brust genommen, blickte der graubärtige Wrldnm! zum Himmel. , >,
„Sollte nicht mon Lsigasur wenigstens noch Ständlein für uns erübrigen können?" rang W I hentlich der erstere hervor. „Tort vor uns mg schöne Wild, das Ihr für unser gnädiges Franst: beuten wolltet." ' , „, - «
„Des Kaisers Befehl duldet keinen Aufschub, n
tiste ihn barsch der Ritter ab. .-
(Fortsetzung ftlpt)