liegen viele Existenzen. Tie Regierung steht auf demselben Standpunkt wie ein großer Teil der öffentl. Meinung, daß hier Wandel geschafft werden muß. Außerdem bedeutet die private unerlaubte Wettvermittelung einen Schaden für das Reich, da die dort angelegten Beträge der Besteue­rung entzogen werden. Ta kann man nur durch die Ge­setzgebung mit Strafbestimmungen erfolgreich eingrcifen. Das Gesetz ist das Ergebnis umfangreicher Besprechun­gen mit zahlreichen Sachverständigen. Ter Buchmacher hat von jeder bei ihm abgeschlossenen Wette eine Abgabe von 6o/o des Wetteinsatzes an das Reich zu zahlen, außer­dem der Wettnehmer 8«/o, des ihm zufallendeu Gewinnes. Tas Gesamtergebnis der Steuer wird auf 25 Millionen geschätzt. Tavon entfallen auf die Bundesstaaten 67 Millionen für Zwecke der Pferdezucht. Wenn die Wett­leidenschaft durch das Gesetz eingeschränkt wird, so wäre das als eine angenehme Nebenerscheinung zu begrüßen.

Abg. Tr. F r a n k-Mannheim (Soz.): Tie Zahl der Buchmacher ist viel zu niedrig bemessen. Tie Ge­samteinnahmen dieser Leute werden auf das 'Doppelte des Wehrbeitrags geschätzt. Tic Strafbestimmungen sind unzulänglich. Ich beantrage lkeberweisung an eine Kom­mission von 21 Mitgliedern.

Abg. Erzberger (Z.): Tie Wege der Gesetzge­bung sind wunderbar. 1905 wollte man die Buchmacher ausrotten, jetzt konzessioniert man sie. Tie Polizeiorgane haben vielfach versagt.

Abg. Tr. Neumann-Hofer (Vp.): Tas Totali­satorgesetz hat reinen Erfolg gehabt; es bleibt nichts übrig, als den entgegengesetzten Weg zu beschreiten. Wir be­halten uns vor, in der Kommission Abänderungsanträge zu stellen.

Abg. v. Flemming (Kons.:) Tiefes Gesetz scheint die Sach: einigermaßen in die rechten Wege zu leiten, wenn auch die Konzessionierung der Buchmacher erheb­liche Bedenken hat.

Abg. 'Dr. Ahrend (Rp.): Wir müssen unsere Stel­lungnahme von der Kommissionsberatung abhängig machen. Namentlich bedenklich ist die Verquickung des Gesetzes mit der Aufbesserung der Altpensionäre. Tonnt schließt die Diskussion. Das Gesetz wird an eine Kommission von 21 Mitgliedern verwiesen.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Nächste Sitz­ung Mlontag 2 Uhr: Konkurrenzklausel. Schluß 12p» Uhr.

Politische Rundschau.

Deutsches Reich.

* Ein Ueberschutz beim Wehrbeitrag? Wie

eine Berliner Korrespondenz anscheinend halbosfiziös mitteilt, können aus verschiedenen Gründen die end­gültigen Ergebnisse des einmaligen außerordentlichen Wehrbeitrags frühestens im Spätsommer vorliegen. Immerhin ließen die aus einer Reihe von Großstädten und Landkreisen bisher bekannt gewordenen Ziffern der voraussichtlichen Wehrbeitragseinnahme einen einiger­maßen zuverlässigen Schluß wenigstens insoweit zu, als mit einem Ueberschuß in Höhe von mindestens 200 Mill. Mark über die ursprüngliche Ertragsschätzung von 1000 Millionen hinaus gerechnet werden dürfe, wobei auch ein Abzug von 5 o/o für die nicht eingehenden oder zu- rückzuzahlenden Beträge in Ansatz gebracht sei. Aus Grund dieser Annahme, zu der sich die Reichsfinanzver­waltung bekennt, würden sich für die Gestaltung der Fi­nanzlage des Reichs günstigere Aussichten eröffnen.

* Eine Verlängerung der Militärzeit i« Deutschland? Ter Berliner Berichterstatter des Pari­serMatin" meldet, daß im preußischen Kriegsministe­rium ein Programm ausgearbeitet werde, das eine Ver­längerung der Dienstzeit bei der Infanterie von zwei aus zweieinhalb Jahren zum Ziel habe. Damit dürfte der Bestand der deutschen Infanterie um etwa 250000 Mann vermehrt werden. Tiefe Meldung entbehrt, wie an maßgebender Stelle versichert wird, jeder Begrün­dung. Es handelt sich offenbar um eine Erfindung, dis Stimmung machen soll für die bevorstehenden franzö­sischen Stichwahlen und für die dreijährige Dienstzett iu Frankreich.

* Die bayrischen Städte und König Ludwig.

Zwischen den Verwaltungen der größeren bayrischen Städte schweben Verhandlungen wegen eines Ehrenge­schenkes, das König Ludwig III. von Bayern anläßlich seines 70. Geburtstages am 7. Januar nächsten Jahres gewidmet werden soll.

* Einladung des Reichstags zur Besichti­gung des DampfersVaterland". Der Präsident des Reichstags, Tr. Kämpf, hat der Hamburg-Amerika- Linie seinen Tank für die Einladung zur Besichtigung des DampfersVaterland" übermittelt und dabei zum Ausdruck gebracht, daß es ihm zur besonderen Genug­tuung gereiche, mitteilen zu können, daß eine große Zahl von Abgeordneten gern bereit sei, dieses neueste hervor­ragende Erzeugnis deutscher Schiffsbaukunst und In­strument weitblickenden kaufmännischen Unternehmungs­geistes kennen zu lernen.

Ausland.

Gegen die Wahl Caillaux.

Der im 2. Wahlbezirk wicdergewählte französische nationalistische Deputierte Admiral Bienaimö kündigt an, daß er in der Kammer die Gültigkeit der Wahl Cail­laux bekämpfen werde, da dieser nur infolge des von den Behörden auf die Wählerschaft ausgeübten Druckes durch­gedrungen sei. >

Albanien.

Ter Regierung zngegangene Telegramme besagen, daß Kolonia von tum aufständischen Epiroten, welche über zahlreiche Kanonen und Mitrailleusen verfügten, ein­genommen worden ist. Kolonia hatte, da von dort Gen­darmerie zur Verstärkung nach Koritza abgegangen war, nur eine kleine Garnison, welche dem Ansturm nicht standzuhalten vermochte. Beim Gendarmeriekommando illngegangene Nachrichten berichten, daß die Aufständischen wach,der Einnahme Kvlonras Frauen , und Kinder hiw-

gemordet Und die Stadt in Brand gesteckt hätten. Die Auf­ständischen sollen weiter vorrücken. Diese Nachrichten riefen große Erregung hervor. In der Stadt fanden Umzüge statt, wobei patriotische Reden gehalten wurden, in denen gegen diese Vorkommnisse heftig protestiert und Rufe gegen Griechenland ausgestoßen wurden. Für Sonntag ist eine große Protestversammlung gegen die an den Albanesen verübten Greueltaten angekündigt worden.

Das chinesische Kabinett.

Präsident Puanschikai ernannte den Generalsekretär Liangschihyi, den Führer der Candanpartei, zum Ge­neraldirektor der Zölle. Ties wird als ein Zeichen dafür angesehen, daß Liangschihyis Einfluß abuimmt. Tie Zusammensetzung des neue« Kabinetts wurde am Sams­tag bekanntgegeben: Schnschihchaug ist Staatssekretär, Sunyuochi übernimmt das Aeußere, Tuanchikuji das Kriegs- und Liuhuanchsiuug das Marineministerium.

Neues aus aller Welt.

* Grotzfeuer. In der Nacht zum Samstag gegen Pli 2 Uhr brach in Svnneberg in dem Geschäftshaus der bekannten Spielwarenexportsirma Luis Lindner & Söhne Feuer aus, das bei dem herrschenden Wind in kurzer Zeit das große Gebäude bis auf die Grundmauern ein­äscherte. Bei dem Brande sind ganze Warenlager ver­nichtet worden.

* Raubanfall. Am Freitag wurden in Genua Kas­senboten, die von einer Bankfiliale 150 000 Lire nach dem Zentralsitz trugen, von zwei Unbekannten angefallen, niedergeworfen und des Geldbeutels beraubt. Einer der Boten gab drei Revolverschüsse auf die Fliehenden ab, ohne zu treffen. Ter eine Räuber wurde dann eingeholt und verhaftet, der andere, der das Geld an sich genommen halte, ist entkommen.

* Waldbrand. Freitag nachmittag brach an der Grenze der Provinzen Rheinland und Westfalen zwischen Osterfeld, Hiesfeld, Kirchhellen und Sterkrade in den Waldungen des Großindustriellen Crillo ein großer Wald- brand aus, der ans die dem Herzog Arenberg gehörenden Waldungen übersprang. Gegen 10 Uhr abends war der Waldbrand vollständig gelöscht. Es wurden 1200 Morgen vernichtet. Am Samstag wurde ein Mann unter dem Verdacht der Brandstiftung verhaftet.

* Dampferunfall. In der Stoermündnng bei Glückstadt ist der Dampfer Tollart der Vereinigten Bugsier- und Frachtschiffahrtgesellschaft in Hamburg mit einer Oelladung für London auf das Wrack des am vorigen Sonntag in der Störmündung gestrandeten Dampfers Warner ausgelaufen. Tas Vorderschiff des Dollart wurde vollständig anfgerissen, der Dampfer ken­tert« und sank innerhalb einiger Minuten. Ter Maschinist Holla und der Heizer Heil aus Hamburg sind ertrunken, die übrige Besatzung wurde gerettet. Ein Mann hat schwere Verletzungen davongetragen.

Der mexikanische Konflikt.

Nach einem Telegramm aus der Stadt Mexiko hat die Regierung die Einstellung der Feindseligkeiten wäh­rend der Mediation beschlossen. Tas dreifache Abkommen für den Waffenstillstand ist seitens der Vertreter der Vereinigten Staaten, der Bundestruppen und der Re­bellen unterzeichnet worden.

* El Paso, 2. Mpi. Am 27. dlpril haben die Bun­destruppen Saltillo geräumt und sich auf Sanluis Potosi zurückgezogen.

* Washington, 2. MIai. Der Konsul ver Vereinig­ten Staaten in Veracruz meldet, daß die Fremden rn Guanajuatio, darunter einige englische und dänische Fa­milien, wohlbehalten sind.

Bevorstehende Friedensverhandlungen.

Wie der Washingtoner Korrespondent derKöln. Zeitung erfährt, dürften die Friedensverhandlungen in etwa 14 Tagen beginnen, sobald die Vertreter Huertas und Carranzas einireffen können. Tie Konferenz- dürfte wegen des heißen Sommers an einem Seeplatz stattfin­den. Sicher ist, daß Präsident Wilson auf Beseitigung Huertas besteht. Tie Vermittlung wird daher mehr als ein Spiel für die Galerie gewertet. Tie Haupthoffnnng ist, die Aufständischen möchten Huerta vertreiben, woraus Carranza anerkannt wird, was gleichbedeutend niit der Errichtung eines amerikanischen Protektorats wäre.

Württembergischer Landtag.

Stuttgart, 2. Mai.

Präsident v. Kraut eröffnet die Sitzung um -/IO Uhr. Am Regiernngstisch sind Minister des Innern

V. Fleischhauer und' Finanzminister v. Pistoriüs er­schienen. Im Einlauf befindet sich einekleine "An­frage des Abg. Schaible (B. K.) über die einseitige Belastung des Fuhrwerkverkehrs. Auf der Tagesordnung steht zunächst die Wahl des besonderen Ausschusses von 15 Mitgliedern für das Weggesetz. Man tritt sodann ein in die weitere Beratung über die Besteuerungsrechte der Gemeinden und Amtskörperschasten. Berichterstatter Ströbel (B. K.): Tie Erste Kammer ist den Beschlüs­sen der Zweiten Kammer durchweg beig-etreten, und hat nur in Art. 3 einen Zusatz ausgenommen: Mit dem 1. April 1919 tritt Art. 1 außer Wirksamkeit und Art. 23 der Verfassung von 1913 wieder in Kraft; hiernach sollen die übrigen Bestimmungen des ltzesetzes über die Hundesteuer in Kraft bleiben über das Jahr 1913 hinaus. Ter Ausschuß beantragt Zustimmung. Abg. Keil (S.): Tie Haltung meiner Fraktion zu dem vorliegenden Ge­setz ist bekannt. Wenn in der Ersten Kammer gesagt wurde, die Gemeinden gingen in der Verwilligung ihrer Ausgaben leichtsinnig um, so legen wir dagegen Ver­wahrung ein. Tonn wird dem Ausschußantrag zngestimmt und das Gesetz in der Endabstimmung mit 66 gegen 15 Stimmen (Sozialdemokraten) angenommen. Hierauf be­faßt sich das Haus mit verschiedenen Eingaben, lieber die Eingabe des Kriegervereins Afrikaner-Kameradschaft Stuttgart und Umgebung betr. Anstellungsverhältnisse der Teilnehmer an der Südwestafrikaexpedition ans Unter­beamtenstellen bei Staats- und Kommunalbehörden be­richtet Abg. Hill er (B. K.). Tor Ausschuß beantragt Berücksichtigung". Nach Zustimmung des Hauses er­stattet Abg. Mattutat (Soz.) über die Eingabe der Stadt Zuffenhausen um Erteilung einer Apothekenkonzes­sion. Das Haus stimmt dem Ausschußantrag, die Ein­gabe durch die inzwischen erfolgte Konzessionierung einer weiteren Apotheke für erledigt zu erklären, zu. Nach einer halbstündigen Pause wird die Sitzung wieder aus­genommen. Nach dem K. Reskript wird die Ständever­sammlung von heute an bis auf weiteres vertagt. Prä­sident v. Kraut gab darauf den üblichen Rücwlick aus die seit Eröffnung des Landtags am 9. Januar 1913 erledigten Arbeiten, und führte weiter aus: Wir sehen hieraus, daß der Landtag fleißig gearbeitet und tüchtig mit den Vorlagen aufgeräumt hat. Ich schließe die Sitzung mit dem Wunsche, daß die Kollegen in den Ferien sich gut erholen und im Herbst neu­gestärkt sich hier zusammenfinden mögen. (Bravo!) Abg. Rembold-Gmünd (Ztr.): In Abwesenheit des erkrankten Abg. Täuscher, des ältesten unserer Mitglie­der, halte ich mich für berufen und verpflichtet, in un­serem Namen noch einige Worte des Tankes zu erwidern. Ich glaube, nach dem verlesenen Geschäftsbericht, daß die­sem Hanse die Anerkennung nicht versagt wird, daß es von dem sehr reichlichen Arbeitsstoff einen recht schönen Teil aufgearbeitet hat, daß es alles, was billigerlveise in der ihn: zugemessenen Zeit erwartet werden konnte, ge­leistet hat. Einen reichlichen Anteil an diesen Erfolgen haben wir dem Präsidenten znznschrciben, der es ver­standen hat, unsere Arbeit so zu leiten, daß wir diese Er­folge erzielen konnten. Ich spreche ihm unseren Dank und unsere Anerkennung ans und wünsche, daß er sich in den bevorstehenden Ferien von den Anstrengungen erholt und im Herbst mit neuer Arbeitskraft ausgerüstet ist, um die Leitung unserer Beratungen wieder in die Hand zu nehmen. (Bravo.) Präsident v. Kraut: Ich danke herzlich für die freundlichen Worte der Anerken­nung, die mir ein Ansporn sein werden, in der gleichen Weise wie seither mein verantwortungsvolles Amt wei- terzusühren. Ich darf bitten, den Tank auch ans die Herren Vizepräsidenten und auch auf das Bureau, das trotz starker Inanspruchnahme vortrefflich funktioniert und unsere Arbeit kräftig unterstützt hat, auszudehnen, Ich wünsche den Herren glückliche Heimreise.

Württemberg.

Die württ. Stände beim Königspaar.

(-) Stuttgart, 2. Mai. Anläßlich der nunmehr beendeten Frühjahrstätigkeit der Stände hatte der König die Mitglieder beider Kammern auf heute nachm, nach der Wilhelm« zu einem Empfang mit Frühstück eingeladen. Am Eingang von dem Präsidenten und den Vizepräsi­denten beider Kammern empfangen, erschien kurz vor 1 Uhr das Königspaar bei dem entzückenden Festsaalge­bäude und begab sich sofort in den Saal, in dem an Ein­zeltischen gedockt war, an Tischen, die im Schmucke fest­lichen Flieders prangten. Als die Tafel aufgehoben war, begab man sich in die Anlagen an dem großen Spring­brunnen, wo sich die Königin eine Reihe von Abgsord-

Vor 1«v Jahren.

Am 4. Mai vor 100 Jahren kam der Befreiungskampf Deutschlands zu seinem vorläufigen Abschluß:

Napoleon, am 1. April 1814 vom Senat des Thrones enthoben, hatte am 11. April auf die Krone Frankreichs ver­zichtet und war mit dem Titel eines Kaisers als Fürst der Insel Elba von den Ver­bündeten eingesetzt worden. Mit 200 Mann seiner Garden, die man ihm als Leibwache gelassen hatte, langte er am 4. Mai 1814 in Elba an. Anfangs wid­mete sich Napoleon eifrig der Verwaltung der Insel; als er stadesten Anfang 181» von den kläglichen Kämpfen des Wien« Kongresses und der Unzufriedenheit Fram- reichs mit der Bourbonenherrschaft verließ er Elba; am 1. März 1815 landet er im Golf Juan, am 20- März zog ° in Paris ein. Jedoch hatte ihn fem Sie verlassen. Am 18. Juni bei Waterw geschlagen, entsagte er abermals dem Tyr und wurde nach ^Tt. Helena verbannt, er am 5. Mai 1821 starb. .

Unser heutiges Bild zeigt Napoleon- PalaiS auf Elba.