Nr. 281. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calro. 95. Jahrgang.

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Reklamen 2. Mt. Anf Hammekanze'gen kommt ein Zuschlag von 1 VO/. Fernspr.9. vrn A)rr. sLSO mit «etteLgetd Lchlu, der Vnzeipenaunaume V Uür vormittag«.

Die Bölkerburrdsverfarrrmlurrg.

Die MaZuahmen gegen einen künftigen Feind des Völkerbunds.

Genf, 30. Nov. Die Unrerwmnttgwn sur Blockadefragen, die unter dem Vorsitz von Lord Robert Cecil eine Sitzung abhirlt, prüfte die Bedingungen, die dem Rat gemäß dem Völkerbunds­vertrag die Verpflichtung auferlegen, den einzelnen Staaten von einer Verletzung des Vertrags Kenntnis zu geben, und nahm folgende wichtige Resolution über die sofortige Durch­führung einer eventuellen Blockade an: Wenn der Völkerbunds­rat die dem Völkerbund angehörenden Staaten von einer Ver­letzung des Vertrags in Kenntnis setzt, so liegen diesen folgende Pflichten ob: 1. die diplomatischen Beziehungen mit dem schul­digen Staat abzubrechen; 2. so rasch wie möglich Maßnahmen zu treffen, die erforderlich und mit der Verfassung vereinbar sind, um den Landbewohnern alle Beziehungen mit den Be­wohnern ^»es Staates zu verbieten, gegen den sich die Blockade richtet. Nach einer kurzen Darlegung des Standpunktes der skandinavischen Länder durch Adelsvar-Schweden beschloß die Kommission, dem Völkerbundsrat ihren Wunsch zu übermit­teln. es möchten die Lebensinteressen der die Blockade durch­führenden Länder gewahrt werden. Die amtliche Mitteilung betont, daß diese Beschlüsse von großer Bedeutung find, denn sie sollten die Möglichkeit einer tatsächlichen Anwendung und Durchführung des Wirtschaftskrieges zu Gunsten des Welt­friedens oorbereiten. D. h. zu Gunsten der wirtschaftlichen und politischen Weltherrschaft der Entente.

Oestreichs Ausnahme gesichert.

Genf, 30. Noti. Nachdem, wie bereit» früher gemeldet, Jugo­slawien seine ursprüngliche Opposition gegen die Aufnahme Oester­reichs fallen gelassen hatte, ist in der Kommissionssitzung auch die Zustimmung der Tschechoslowakei ausgesprochen worden. Da außer den Oesterreich benachbarten Staaten auch sämtliche ehemaligen Feinde Oesterreichs ihre Zustimmung zur Aufnahme Oesterreichs be­kundet haben, erscheint die Zulassung dieses Staats als unbedingt gekichert.

Belgien gegen die Zulassung Deutschlands zum Völkerbund.

Brüssel, 1. Dez. (Revier.j -enai erklärte der Minister des Aeußern in Beantwortung einer Anfrage, daß die belgi­schen Delegierten angewiesen worden seien, gegen die Frage der Zulassung der mit Belgien im Krieg gewesenen Länder zum Völkerbund Stellung zu nehmen. Diese. Länder sollten erst zugclassen werden, wenn sie die Verträge und die ihnen auf­erlegten Verpflichtungen erfüllt hätten.

Der Krieg im Osten.

Neue Reibungen zwischen Palen und RuZland.

London, 30. Nov. Wie das Reuterjche Bureau erfuhrt, be­sagen die letzten Telegramme aus Riga, daß die Verhandlungen zwischen Polen und der russischen Näteregierung keineswegs einen guten Fortgang nehmen. Die Sowjetregierung hat eine neue Note an die polnische Regierung gerichtet, in der sie Polen einen Bruch des Waffenstillstands vorwirft. Dies wird als Dcr- schleppungsmanöver angesehen.

Liiauisch-polnischer Waffenstillstand.

Kowuo, i. Dez. Der Waiiensiiittiüu^oevlrag ist am 27. No­vember in Kowno unterzeichnet worden. Hiermit werden die Feindseligkeiten zwischen der litauischen Armee und der Armee des Generals Zcligowski am 30. Nov. eingestellt. Die beider seitigen Kriegsgefangenen werden sofort nach Inkrafttreten des Waffenstillstands der Kontrollkommission übergeben. Zwi­schen den beiden Armeen wird eine neutrale Zone festgelegt. Die polnische Regierung übernimmt die offizielle Garantie, daß General Zeligowski den Waffenstillstand einhalten wird. Die litauische Negierung hat der Kontrollkommission die schriftliche Erklärung überreicht, daß sie den Waffenstillstand zur Beschleu­nigung der Befreiung des von der Zeligowski-Armee besetzten Gebiets unterzeichnet habe. Sie ersucht die Kontrollkommission, in diesem Sinne beim Völkerbund vorstellig zu werden. Die Armee Zeligowslis hat natürlich im geheimen Auftrag Polens gehandelt.

Ein weiHrutheriischer Staat.

Kowno, 1. Dez. Wie dieLit. Tel.-Ag." meldet, hat die Zer­trümmerung der Macht des Generals Balachowitsch dem weiß- ruthenischen Staat die Möglichkeit gegeben, seine Selbständigkeit wieder aufzubauen. Die Macht in den Kreisen BobruiSk und Sluzk befindet sich in den Händen der Bevollmächtigten der weiß- ruthenischen Volksrepublik, die mit Litauen verbündet ist. Es finden

Wahlen der Organe der dortigen Selbstverwaltung statt, auch wird die Mobilisation aller Waffenfähigen von 16 bis 50 Jahren durch- geführt.

Der Abtransport der Armee Wrangel.

Par>», 1. Dez. WiePetit Pärchen' aus Marjeille mel­det, werden von dort aus zwei große Passagierdampfer nach Konstantinopel abgehen, um zwei Detachements der Armee Wrangel und Einwohner der Krim abzuholen, die vorläufig in Algier und Tunis untergebracht werden sollen.

Die armenisch-türkische« Kämpfe.

Konstantinopel, 1. Dez. (Reuter.) Die armemia-en Blätter melden die Wiedereinnahme von Kars durch die Armenier. Die Kemalisten wurden unter schweren Verlusten zurückgeschlagen. Einer Blättcrmeldung zufolge soll am 18. Nov. ein neuer Waffenstillstand unterzeichnet worden sein. Berichte aus Tif­lis melden ernste Gegensätze zwischen Kemalisten und Bolsche­wisten.

Zur Wem Lage.

Kürzung der Vesetzungszeit und -Kosten? ?

Frantfukt a. M.» 30. Nov. In einem Artikel über die Kosten der Besatzungsarmee schreibt die »Frankfurter Zeitung" u. a., daß zwischen den Regierungen der Wer. Staaten, Großbritanniens und Frankreichs hinsichtlich der Besetzung der Rheinprovinz ein Abkom­men abgeschlossen worden sei, nach dem die alliierten Regierungen nicht darauf bestehen, daß die Zeit der Besetzung bis zur völligen Erfüllung der Entschädigungsklausel dauern soll und sich bereit er­klären, wenn Deutschland zu einem früheren Zeitpunkt Beweise von seinem guten Willen gebe, die Rheinprovinz "schon vor 15 Jahren zu räume». Ferner kamen die Alliierten in dem Abkommen überein, daß der jährliche Betrag der von Deutschland zur Deckung der Be- satzungskostcn zu entrichtenden Summe 21s Millionen Goldmark nicht übersteigen soll. 214 Millionen Goldmark find 2,14 Milliarden Papiermark.

Um die Abstimmung in Oberschlesten.

Berlin, 1. Dez. Der »Petit Parisien" veröffentlicht eine Unter­redung mit dem Geschäftsträger Polens, RakowSki, in deren Verlauf sich dieser in den wüstesten Verleumdungen über die Be­schlüsse ausdrückt, die in London über die Volksabstimmung in Obcr- schlesien getroffen wurden. DieDeutsche Allgemeine Zeitung" kenn­zeichnet die Behauptungen RakowSkis als Unwahrheiten. Wenn er von den Abstimmungsberechtigten aus dem Reich als von organi­sierten Banden spreche, so könne das nicht scharf genug zurückgewiescn werden. Wenn der Abstimmung Gefahr drohe, so drohe sie nur von der offenen polnischen Grenze. Auch die Behauptungen über die gefälschten Auswcisscheine zur Abstimmung, von denen RakoSwki gesprochen habe, seien ebenso unbewiesen wie seine übrigen Erklä­rungen. Seine Freude über die angebliche Londoner Einigung werde voraussichtlich von kurzer Dauer sein, denn derTemps" habe selbst erklären müssen, daß zu dieser Einigung die Einholung dcS Ein­verständnisses der beteiligten Regierungen nötig sei, da es sich um eine Abänderung des Friedensvertrags handle. Bekanntlich wollen die Polen von der Entente verlangen, daß die in Oberschlesicn Ab­stimmungsberechtigten - aus dem Reich zur Abstimmung nicht zuge­lassen werden, was jedoch gegen die Bestimmungen des Friedens­vertrags verstoßen würde. In Frankreich würde man cs gerne tun; aber England scheint doch Bedenken zu haben wegen der Wirkung nach außen.

Eine deutsche Note

über die bayrischen Eimvohnerrvehren.

Berlin, 1. Nov. Die von derBayerischen Staatszeitung" gebrachte Meldung, daß die Neichsregierung die Note des Ge­nerals Rollet über die Einwohnerwehr vom 12. Oktober dem­nächst mit einer Note beantworten werde, wird derDeutschen Allgem.'Zeitung" von zuständiger Seite bestätigt. Dih Reichs­regierung wird in ihrer Antwortnote insbesondere aus die baye­rischen Verhältnisse eingehen und die Bedenken, die von der bayerischen Regierung gegen eine im jetzigen Zeitpunkt vorzu­nehmende Entwaffnung der Einwohnerwehr vorgebracht wer­den, zur Geltung' bringen.

Politische Annäherung zwischen Polen und der Tschechoslowakei.

Prag, 1. Dez. Am 29. November ist in Prag zwischen den Ver­tretern Polens und der tschechoslowakischen Regierung der Vertrag über die Staatsbürgerschaft, den Mindcrheitsschutz, Schul- und Spra­chenfragen, die Amnestie anläßlich der Teilung Teschens, der Zipe und Arwa unterzeichnet worden. Gleichzeitig wurde ei» gruno- sätzliches Uebcreinkommen über die Einsetzung einer gemischten Exe­kutivkommission im Teschcner Gebiet, für Zipa und Arwa zum Zweck« der normalen Lösung der strittigen Fragen getroffen.

Die Londoner Kon,erenz und die griechische Frage.

Paris, 1. Dez. Der Sonderverichterstattrr der Legence Havas -n London meldet, daß man erst heute in »inen Meinungsaustausch über die griechische Frage eintreten werde. Dir Engländer schienen nur eine Garantie dafür verlangen zu wollen, daß die deutsch freund­lichen Offiziere und Beamten entfernt würden und daß Griechenland sich verpflichte, nicht ohne Einwilligung der Schutzmächte irgend­welche Verträge zu schließen und Abmachungen zu treffen. Außer­dem vertrete nian in England den Standpunkt, daß der Vertrag von Sevres nur im Einvernehmen mit allen Unterzeichnern geändert wer­den könne. Erst wenn der Friedensvertrag von SevreS zusammen­breche, weil Griechenland das ihm anvertraute Mandat nicht erfüllen könne, zeige man sich von englischer Seit« geneigt, den Vertrag je nach den Ereignissen abzuändern.

MIM.

Der Derzweiflurigskampf der Iren um »hre Fre«ye»t.

London, 29. Nov. Reuters Bureau berichtet: Seit Sonnabend Morgen haben in Cork Wiedervergeltungen durch Brandstiftungen eingesetzt. Acht Geschäftshäuser wurden in Brand gesteckt. Der Schaden wird auf 200 000 Pfund Sterling geschätzt. Die Brand­stiftungen in Liverpool bilden ganz unzweifelhast einen Teil des in der UnterhauLsitzung vom 24. November enthüllten Zcrstörungsfeld- zugS. Der Schaden geht in die Millionen Pfund Sterling. Große Mengen von Brandstoffen wurden entdeckt, darunter Büchsen und Flaschen mit Petroleum. Die Polizei hatte die Stadt teilweise um­zingelt und die Verbindung mit der Außenwelt unterbrochen. Die Versuche, die Brandstifter zu verhaften, waren jedoch nur teilweise erfolgreich. Das irksche Volk kämpft einen furchtbaren Verzweif- lungskampf um seine Freiheit. Wo ist der Völkerbund, der seiner Entrüstung über die englische Mord- und Brandstiftungspolitik Aus­druck verleiht?!

London, 29. Nov. Die Absperrung der Downing Street ist, nach einer Reutermeldung, darauf zurückzuführen, daß während der letzten Razzia in Irland eine ausgedehnte Sinn-Feiner- oerschwörung ausgedeckt worden ist, die die Beschädigung von Regierungsgebäuden in London und andere terroristische Ab­sichten zum Ziele habe. Mitglieder der Regierung und andere hohe Beamte haben Drohbriefe und anonyme Warnungen er­halten. Die amtlichen Kreise bewahren größtes Stillschweigen.

London 29. Nov. lleber den großen Brand bei Liverpool meldet Reuter: In der Nacht zum Sonntag wurden in Liver- pool-Bootle 18 Lagerhäuser, hauptsächlich für Baumwolle, in- Brand gesteckt. Es wurden PetroleumkannSn und mit Paraffin getränkte Baumwolle an der Brandstätte gefunden. 5 Männer wurden verhaftet. Zahlreiche Anzeichen deuten darauf hin, daß Sinn-Feiner (?) die Brandstifter sind. 2 Baumwollager in Liverpool sind vollständig abgebrannt.. In London ist am Samstag ein großangelegter Brandstiftungsversuch der Sinn- Feiner entdeckt worden. Die Brandstifter flohen, ebenfalls un­ter Zurücklassung von Petroleumkannen und mit Paraffin ge­tränkter Baumwolle.

Ein echt französisches Urteil.

Paris, 30. Nov. (Havas.) Das Schwurgericht des Eeine- departements hat Aveni Rustem, den Mörder Essad Paschas, freigesprochen. Essad Pascha war bekanntlich einer der mäch­tigsten Führer Albaniens, der aus politischen Gründen ermor­det wurde.

Ein deutsches Schiff im Hafen von Algier.

Parks, 30. Nov. Nach einer Mete-ung aus Algier ist heute Vormittag das erste deutsche Schiff, das seit dem Kriegsaus­bruch im Jahre 1914 den Hafen anlief, angekommen. Es han­delt sich nm den DampferSmyrna",, der nach Hamburg geht

Generalstreik der Eisenbahner in Norwegen.

Kopenhagen, 1. Rov.Lerunsre Sidende" meldet aus Chri­stians von gestern: Die Eisenbahnbediensteten und die Führer der Gewerkschaften hielten in der letzten Nacht eine Sitzung ab, die einen sehr lebhaften Verlauf nahm. Elnige Teilnehmer waren für die Vertagung des Streiks. Schließlich wurde je­doch beschlossen, den Streik sofort zu erklären. Die Eisenbahn­bediensteten legen heute Abend die Arbeit nieder und von mor­gen früh ab wird der Eisenbahnverkehr in ganz Norwegen eingestellt.

Die Kriegskosten Amerikas.

Paris, 1. Dez. Nach einer Meldung aus Washington be­rechnet der Staatssekretär des Kriegs, Baker, die Kriegsaus­gaben Amerikas auf 15 784 000000 Dollars. Das wären nach Berechnung der deutschen Friedensvaluta 60 Milliarden Mark.