Karlsruhe, 3. Febr. In der gestrigen Sitzung der Zweiten Kammer führte der Minister des Innern, v. Bod- mann, aus, er verkenne nicht die Gefahr, die in einem weiteren Anwachsen des Zentrums liegen könne. Er halte aber den Weg, den der Großblock gehe, nicht für den richtigen und allein möglichen. Auf das Ersuchen eines Zentrumsabgeordneten, inwiefern das starke Anfchwellen des Zentrums eine Gefahr bedeuten könnte, erklärte der Minister, darin eine Gefahr zu erblicken, daß das Zentrum es seinen Wählern zu einer Gewisfenspflicht mache, daß die Katholiken Zentrumsabge- ordnete wählen. Eine Zurückhaltung der Geistlichen fei not­wendig.

Ausland.

Ein Flug um die Welt

Rcivyort, 2. Febr. Der Verivaltungsrar der Welt­ausstellung zu Francisco setzte die Summe von IM MO Dollars als ersten Preis für einen Aeroplanflug um die Welt aus. Der Flug, der im Mai 1015 in Francisco beginnen und dort endigen soll, muß innerhalb neunzig Tagen absolvierr werden. Der Wettbewerb steht allen Aeroplantypen offen. Es ist folgender Weg beabsichtigt: San Francisco, Newyork, Belleisle, Grönland, Island, .Hebriden, Edrnburg, London, Paris, Berlin, Petersburg, Moskau, Mandschurei, Korea, Japan, Kamtschatka, Behr'ngstraße, Ven- couver, San Francisco.

Die Neberschiveurulung in Brasilien

Rio de Janeiro, 2. Febr. Die Ueberschwemmnng in der Provinz Bahia dauert fort. Die Städte Jlheos, Jtu und Navalage sind völlig zerstört. Es ist un­möglich, die Verluste an Menschenleben feftz »stellen. Der Handel von Jlheos erlitt einen schweren Verlust, da die ganze Kakaocrnte vernichtet ist.

Paris, 2. Febr. Nach einer Meldung ans Bourges stürzte heute nachmittag aus dem Flugfelds von Avord der Leutnant Delvert, der den Häuptmann Niquet als Fluggast an Bord seines Zweideckers hatte, aus beträcht­licher Höhe ab. Beide Offiziere waren auf der Stelle tot.

Paris, 2. Febr. Dem hier zu Besuch weilenden Geh. Rat Prof. Ehrlich wurde heute in der Klinik des Cyna- kologen Pozzi von etwa- IM Professoren, Aerzten und Stu­denten eine sehr lebhafte Sympathiekundgebung bereitet. Mehrere Aerzte hoben in längeren Ansprachen die Bedeut­ung der Salvarsanbehandlung hervor, worauf Geh. Rat Ehrlich in seiner Dankrede betonte, daß seine Methode und seine Ideen in Paris in trefflicher Weise verstanden und angewendet worden seien.

London, 2. Febr. Bereits um Mitternacht harten heute Wagnerenthusiasten begonnen, vor dem Convent Gardcn- Opernhaus, in dem heute abend die erste Parzivalvor- stellung in England stattfindet, eine lange Reihe zu bil- bilden. Tie Theaterleitung hatte lömal soviel Bestellungen für Eintrittskarten erhalten, als das Theater Personen fas­sen kann.

Rom, 2. Febr. Kardinal Merry del Val hat heute unter feierlicher Zeremonie den Titel eines Erzpriesters der Basilika von St. Peter angenommen.

Mailand, 2. Febr. Der römische Vertreter desCor- riere della Sera" hat erfahren, daß die Mächte den 15. Februar als Termin für die Räumung Albaniens festgesetzt hätten. Demgemäß sei auch der italienische Bot­schafter in Konstantinopel und der Gesandte in Athen in­struiert worden. In Brindisi wird unterdessen der ita­lienische Bestandteil der internationalen Eskorte für den Fürsten Wied zusammengezogen. Es heißt, daß der KreuzerGarribaldi" mit drei Abteilungen Torpedobooten für Italien den Fürsten geleiten werde. Ein Teil der Landtruppen soll bereits vorher in Durazzo eintreffen, um den Einzug feierlicher zu gestalten.

Württemberg.

Die, stnachrichten.

Die Gc.neraldirektion der Staatseisenbahnen hat eine Eisenbahnassistentenstelle in Horb' dem Eisenbahngehilfen Sau ter übertragen, den Eisenbahnassistenten Steidle bei der Gsneraldirektion nach Friesenhofen aus Ansuchen versetzt.

Tic Regierung und die wiirttembergische Sandsteiuindustrie.

Stuttgart, 2. Febr. Im Finanzausschuß der Zwei­ten Kammer wurden heute nachmittag die Referenten für 25 unüberwiesene Eingaben bestellt, aus denen die der Firma Burrer in Maulbronn und anderer Interessenten des Sandsteingewerbes hervorzuheben ist.' Es wird darin an­gesichts der Notlage des Gewerbes um staatlichen Schutz durch Aufträge und speziell um Verwendung von Sand­stein bei dem neuen Stuttgarter Bahnhof gebeten. Nach der Erklärung des Regierungsvertreters, Direktor Neusfer, ist die Außenmauerung des neuen Bahnhofs ganz in Muschelkalk geplant. Dagegen soll im Innern Sandstein vorgesehen sein. Muschelkalkstein sei seiner Farbe und Wetterbeständigkeit wegen für das Bahnhofsgebäude der ge­eignetste Stein. Sandstein sei wegen der Verwitterung und Verrußung bei derartigen einzelstehenden Gebäuden nicht sehr nützlich. Die Entwicklung der Zementindustrie, der Kunststeinfabrikation und die Wandlung im Geschmack seien die maßgebenden Faktoren geworden, gegen die mit Mitteln des Staats nicht aufzukommen sei. Berichterstatter Dr. v. Kiene beantragte, die Eingabe der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen in dem Sinne, daß bei Staats­bauten, deren Ausführung unter Verwendung von Sand­stein erfolgt, das einheimische Sandsteingewerbe bevorzugt wird, im übrigen aber den Antrag zur Kenntnisnahme mit- zuteiten. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

Zur Notlage der Weingartner.

Es wird der Heilbronner Zeitung aus Weinsberg ge­schrieben:

Es wird viel gesprochen und geschrieben über die Not­lage der Weingärtner, aber leider im ganzen wenig getan; hier z. B. ist bis jetzt noch keine Notstandsarbeit ausge­führt worden. Mit diesen Arbeiten hat es überhaupt seine großen Schattenseiten, denn durch sie entstehen gewöhnlich große Gcldausgaben der Stadtkasse und diese müssen von den Steuerzahlern, zu denen auch die Weingärtner gehören, bestritten werden. An Arbeit fehlt es bei den meisten Wein­gärtnern nicht, sondern nur am Geld. Wenn dem Wein­

gärtnerstand geholfen werden soll, gehört der Hebel auf einer anderen Seite angesetzt: unsere Rebsorten sind degeneriert nach Jahrhunderte langem Verjüngen durch Inzucht und wiederum Inzucht. Unsere Weinberge sind nicht rebmüde, aber unsere Rebsorlen sind altersmüdc und nicht mehr wi­derstandsfähig gegen die Witterung und gegen die Krank­heiten, ähnlich wie beim Kartoffel-, Obst- und Fruchtbau, bezüglich deren bei jeder Gelegenheit und in Versammlungen große Vorträge über Samenwechsel und Anpflanzungen von neuen Sorten mit Recht gehalten werden. Ich will hier nur einige Beispiele anführen. Hätten wir unsere alten Kartoffelsorten noch, so hätten wir in den letzten nassen Jahren so wenig Kartoffel wie Wein bekommen, ivie dies der Fall in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhun­derts war. Im Obstbau ist es der ganz gleiche Fall. Wo sind unsere alten sehr bewährten und geschätzten Sor­ten, wie roter Stetiner (Bietigheimer), Borsdorfer, Meiner, Weinsäuerling, Goldzeugapfel (Berlinger) usw.? Sie sind eingegangen und altersmüde sowie durch neue widerstands­fähige, ertragsreiche Sorten verdrängt. Das gleiche sehen wir im Fruchtbau. Darum sollten auch in unserem Weinbau von welchem die Existenz so Vieler abhängt, neue Sorten aus anderen Ländern (sogenannte Direktträger und Hy­briden), welche widerstandsfähig gegen Peronospora und Oidium sind, angepflanzt werden. Mit diesen wurden in den letzten Jahren große Erträge erzielt. Spricht man davon an maßgebender Stelle, so erhält man die Auskunft, das Reblausgesetz verbiete das Anpflanzen und Einführen solcher Sorten und der Qualitütsbau leide darunter Not. Was die Qualität anbetrifft, so könnte im Kartoffel- und Obstbau doch auch behauptet werden, diese Massenträger tau­gen nichts, sie sollten nicht angebaut werden, wir wissen aber, daß unter diesen Sorten von Waffenträgern eine ganze Anzahl guter und ebenbürtiger Sorten sich befinden, wie unsere alten gewesen sind, warum sollte dies nicht auch der. Fall im Weinbau sein? Was hilft uns aber Qua­litätsbau und Reblausgesetz, wenn zugesehen werden muß, wie für die gleiche Qualität von Wein solcher Sorten das Geld ins Ausland geht, wie dies der Fall in den letzten Jahren war. Das ist Verlust am Volksvermögen und Ruin eines ganzen Standes. Würde von Seiten dxs Staates einiges von den großen Auslagen für Bekämpfung der Reb­lausarbeiten zur Anzucht neuer Sorten verwendet und diese in den ersten Jahren unter Kontrolle an praktische Wein­gärtner im Lande verteilt werden, so wäre für eine rasche Vermehrung, sowie Erprobung der richtigen Sorten der Bo­den gelegt und der Notstand könnte auf diese Weise am ehesten gehoben werden. Es kann ja eingewendet wer­den, dazu sei die Rebveredlungsanstalt Offenau da; ich mache dieser durchaus keinen Vorwurf, aber ich betrachte diese nur als Uebergangsstation zu den Direktträgern und wenn zugewartet werden will, bis die Rebveredlungsanstalt selbst soweit ist, widerstandsfähige Hybriden gezüchtet zu ha­ben, kann vorher eine ganze Generation von Wecugärtnern zu Grunde gehen. Es gehören deshalb jetzt in allen wein­bautreibenden Gemeinden Versammlungen abgehalten und Resolutionen an den Land- und Reichstag eingereicht, denn Freiheit ist in der Industrie, im Gewerbe und in der Land­wirtschaft, warum sollte das im Weinbau nicht auch mög­lich fein. A. P.

Ein Erdbeben.

Hohenheim, 2. Febr. Heute nachmittag wurde von den Instrumenten der Erdbebenwarte ein Nahbeben ausge­zeichnet, dessen Herd wieder auf der Schwäbischen Alb liegt. Tie Ausschläge setzten allmählich ein um 4 Uhr 35 Minuten 28 Sekunden. Der stärkste Stoß folgte 0 Sekunden später. Es ist dies die stärkste Erschütterung, die seit dem letzten starken Beben vom 20. 7. 13. aus unserem Schwäbischen Erdbeben gebiet hier ausgezeichnet wurde. An zahlreichen Or­ten des Albtraufs ist der Stoß lebhaft gespürt worden, so besonders in Ebingen, Balingen und Hechingen. Nach den bis ;etzt vorliegenden Berichten ist aber nirgends Schaden ent­standen.

Stuttgart, 2. Febr. In Ebingen, Balingen und Hechingen wurde heute Nachmittag 4.35 Uhr ein ziem­lich starker Erdstoß verspürt, der auch von der Erd­bebenwarte in Hohenheim verzeichnet wurde.

Ebingen, 3. Febr. Gestern nachmittag 4 Uhr 35 Mi­nuten ist hier em recht namhafter Erdstoß, verbunden mit unterirdischem Donner verspürt worden. In den oberen Stockwerken machte sich das Schwanken sehr un­angenehm fühlbar, aber auch auf der Straße ist der Stoß deutlich bemerkbar gewesen. Schaden ist keiner entstanden. Auch in Tailfingen, wo dieselben Wahrnehmungen ge­mache wurden, entstand keinerlei Schaden.

Zum Bahnba»r Bretten-Äürubach Leonbronn.

Die Vorarbeiten zum Bahnbau Bretten-Kürnbach sind erledigt, und mit dem Bau wird in absehbarer Zeit begonnen werden. Es wäre deshalb für uns im oberen Zabergäu an der Zeit, soll die Gelegenheit hiezu nicht verpaßt werden, daß daß man auch im Bezirk Brackenheim energisch für die Wet­terführung der Bahn nach Leonbronn eintritt. Es wäre doch jammerschade, wenn wieder kein Durchgangsverkehr ge­schaffen werden könnte, trotzdem die Gelegenheit hiezu sehr günstig ist. Die Regierung steht der Sache wohlwollend ge­genüber. Es wäre also Sache der einzelnen Gemeinden, sich energisch für die Fortführung der Bahn nach Loonbronn zu verwenden und durch Bereitstellung von Geldmitteln, Terrain etc. ihr Interesse und ihre Bereitwilligkeit zu bezeugen. Ganz besonderes Interesse wird Wohl die Gemeinde Sternenfels an der Fortführung der Eisenbahn haben, denn an die Ver­wirklichung ihres Lieblingsplans (Bahnverbindung nach Mühlacker- wird wohl vorderhand nicht mehr gedacht werden können. Aber auch die Gerneindecn Leonbronn und Ochsen­burg und die badische Nachbargemeinde Mühlbach sind an der Fortführung der Eisenbahn stark interessiert. Die Steinindu- strre von Mühlbach und Ochsenburg der O. Steinbruch ge­hört den Gebrüdern Treutle-Kürnbach würde dadurch eine wesentliche Förderung erfahren. Durch den geplanten Stra­ßenbau Mühlbach-Ochfenburg wäre für den Mühlbacher Stein­bruch crne überaus günstige Abfuhr der Steine nach Leon- bronn geboten. Die Zaberbahn selbst würde bei einem Durch-- gangsoerkehr nur gewinnen. So viel wir wissen, soll in der nächsten Zeit eine Versammlung im Gasthaus zum Ochsen in Leonbronn abgehalten werden, wo zu der Angelegenheit Stell­ung genommen werden soll. Bei der überaus großen Wichtig­keit dieser Sache wäre ein zahlreicher Besuch aus den in Betracht kommenden Gemeinden wünschenswert.

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Stuttgart, 2. Febr. Der Stuttgarter Wirtsverein hielt ferne Generalversammlung, die von IM Mitgliedern besucht war. Die Versammlung nahm einstimmig eine Resolution in der der Beschluß der hiesigen bürgerlichen Kollegien be­treffend weiter« Erhöhung der städtischen Biersteuer für eine schwere Schädigung des Stuttgarter Braugewerbes und des

Wirtestandes bezeichnet wird, da die Produzenten ihre Lasten in Form von Mietensteigerungen oder Bierpreiserhöhung auf die Konsumenten abwälzen werden. Auch werde die wei­tere Steuerbelastung nicht ohne Einfluß auf die Qualität der Stuttgarter Biere bleiben. Die bürgerlichen Kollegien wer­den deshalb ersucht, den Beschluß wieder aufzuheben. Dem von Gastwirt Bötzel gegebenen Geschäftsbericht ist zu ent­nehmen, daß das Stuttgarter Wirtsgewerbe unter der allge­meinen wirtschaftlichen Depression des letzten Jahres schwer zu leiden hatte. Bei den Neuwahlen wurde zum 1. Vor­sitzenden Heinrich Müller zumBottwartal" gewählt.

Stuttgart, 2. Febr. Eineöffentliche Danksagung" findet sich nn Anzeigeteil hiesiger Blätter: Sie lautet: Der verehrlichen Stadtverwaltung Stuttgart sprechen die Markt- Händler und Produzenten für die nicht erfolgte Einladung zur Einweihung der neuen Markthalle ihren besten Dank aus. Es scheint, daß wir zum Bezahlen der teuren Ver­kaufsplätze gerade gut genug sind, sonst aber ganz unbeachtet bleiben. Im Auftrag vieler Interessenten: Mehrere Händler.

Bietigheim, 1. Febr. Von den Gemeindekollegien ist em Gesuch bei Regierung und Landständen eingereicht wor- dcm, mit dem die Bitte zum Ausdruck gebracht wird, dre Großstchlffahrt bis Bietigheim einzuführen. Die Ab­zweigung vom Neckar in Besigheim würde durch ein Tunnel vermittelt. Bei den Wasserwerken am Neckar in den letzten- Jahren ist hieraus schon Rücksicht genommen.

Nah und Fern.

Die Vorgeschichte einer Bluttat.

Wie bereits gemeldet, ist dieser Tage in Mentone em Kaufmann Moritz Ziegel (auch Sigall genannt) auf einer Automobiltour mit einem jugendlichen Paar aus Stuttgart erschossen worden. Ob der Schuß von dem Ehemann Lang- seld-Wolf oder seiner Frau, geborene Keller, einer erst 10- jährigen Stuttgarterin, abgegeben wurde, muß die gerichtliche Untersuchung noch klarstellen. Aus seine Erkundigmlgen an zuständiger Stelle erfährt das Neue Tagblatt über die Vor­geschichte der Tragödie folgendes: Die in Begleitung des Täters Langfeld-Wols befindliche Dame stammt aus einer Stuttgarter, angesehenen Familie. Sie hat in Stuttgart das Konservatorium besucht. Im Juli vorigen Jahres machte sie die Bekanntschaft des Hochstaplers. Er gab sich als Langfeld- Wolf aus Santarosa in Kalifornien aus und erklärte, er studiere an der Technischen Hochschule und sei schon feit drei Jahren in Stuttgart anwesend. Der Gauner trat ständig als vollendeter Kavalier auf, verkehrte in den feinsten Restau­rants und war häufiger Gast in den Bars. Er wußte die Mutter der jungen Dame zu überreden, daß sie ihm bald mit Geld unter die Arme griff und schließlich darin ein- willigte, daß er sich mit ihrer Tochter in London trauen lreß. Anfangs Januar ds. Js. fing Langfeld-Wolf an, davon zu erzählen, daß sein Vater demnächst von Kalifornien nach Berlin käme. Am 10. Januar rollte dieser in Deutsch­land eintreffen. Die Mutter und die Tochter fuhren in Be­gleitung des Hochstaplers nach Berlin, um den angeblich eintreffenden Vater zu erwarten. Als sie bereits drei Tage in Berlin waren und der Vater immer noch nicht emtraf, niachtc die Mutter aus ihren Vermutungen, daß das alles Schwindel sei, keinen Hehl mehr. Langfeld-Wols wußte sie aber sofort zu beschwichtigen, indem er angab, daß für den Fall, daß fein Vater nicht käme, er nach San Rerno fahren sollte, um dort eine Erbschaft anzutreten. Unter allerhand Vorspiegel­ungen wußte er es zu ermöglichen, daß er mit der Tochter zu­nächst von Berlin wegsuhr. In Stuttgart wollte man sich wieder treffen. Obwohl die Mutter, nichts Gutes ahnend, mit dein nächsten Zuge von Berlin nach Stuttgart zurückfuhr, traf slk niemand mehr zu Hause an. Seit der Zeit hat sie von ihrer Tochter kein Lebenszeichen mehr erhalten. Die Be­kannten im Hause sowie mehrere Verwandte hatten indessen van dem Paar Ansichtskarten aus San Remo zugeschickt bekommen. Da die Mutter, die mit größter Liebe an ihrer Tochter hängt, was auch seitens der Tochter der Fall ist, sich das Verhallen der Tochter nicht erklären konnte, schrieb sie an diese einen eingeschriebenen Brief. Aber auch hierauf kam kerne Antwort. Die geängstigte Mutter, die ivohl mit Recht vermutete, daß der Gauner ihre Briefe der Tochter un­terschlug, sandte deshalb den Brief an ihre Tochter an den Hotelier mit der ausdrücklichen Bitte, nur dieser denselben auszuhändlgen. Aber auch hierauf kam kein Bescheid. Die Frau teilte ihre Wahrnehmung vor etwa 10 Tagen dem Bürgermeisteramt von San Remo mit. Die erste Kunde, die die von Gram gebeugte Frau von ihrer Tochter erhielt, war die Mitteilung in der Samstagnummer des Neuen Tagblatts. Der herbe Schicksalsschlag hat die Frau schwer mitgenommen. Ihre größte Befürchtung besteht darin, daß sie werde und diese dadurch in noch größeres Unglück komme, graubt, daß der Gauner die Schuld aus ihre Tochter wälzek

Lougfield-Wolfs ein Deutscher.

Aus San Remo wird dem Lokalanzeiger berichtet: Der Amerikaner Longfield-Wolff ist jetzt als der 20 Jahre alte Albert Wolfs aus Tann (Bayern) festgestellt wor­den. Er hat noch einen Diebstahl von 16 000 M auf dem Gewissen und war deshalb schon vorher von der deutschen Polizei gesucht worden. Wolfs scheint noch mehrere Verbrechen in Frankreich verübt zu haben.

Die Rappsche Erbschaft.

Im Bahnhof in Ludwigsburg tagte am Sonntag eine Versammlung der Erben des im Jahre 1803 nach Amerika ausgewanderten und längst verstorbenen Johann Georg Rapp aus Nußdorf, OA. Baihingen a. d. Enz und seiner Anhänger, welche anfänglich bea Pittsburg im Staate Pennsylvanien die Gesellschaft der Harmonisten gründeten und große Ländereien erwarben. D,e Versammlung war von über 1000 Personen aus der Gegend von Ludwigsburg, Aldingen, Poppenweilec, Vaihingen, Nußdors, Gövpmgen, Schorndorf" usw. besucht. Tie Bemühungen, die Erbschaft zu retten datieren schon über 30 Jahre zurück, damals hatte Hofrat Mattes aus Stutt­gart im Interesse der Einwohner von Poppenweiler in der fraglichen Erbschaftssache gearbeitet und er war es wiederum, auf dessen Veranlassung Werkmeister Grözinger in Göppingen, der an der Sache selbst beteiligt ist, die Versammlung m Ludwigsdnrg einberief^ Bezirksnotar Schloz in Göppingen wurde für die Angelegenheit gewonnen, damit er mit seinem Rat die Sache unterstützen sollte. Nachdem Werkmeister Gröz- rnger die Bedeutung der Einladung erläutert hatte, wurde Be­zirksnotar Schloz zum Vorsitzenden der Versammlung ge­wählt. Hosrat Mattes gab ein Referat über seine schon vor 30 Jahren unternommenen Schritte und über das was feit 1011 wiederum geschehen sei. Eine erneut an das Kgl. württ. Justizministerium gerichtete Eingabe wurde dahin be­antwortet, daß das Auswärtige Amt in Berlin Erhebungen über den Stand der Angelegenheit habe anstellen lassen, nach welchem die Verwandten ehemaliger Mitglieder der Gesellschaft keinerlei Aussicht haben, etwas aus dem Ver-