Paaschc bittet den Redner, nicht auf Einzelheiten einzngehen. Die polnische Sprache ist in Preußen verfemt. Wir ver­langen eine gesetzliche Regelung des Schutzes der ausländi­schen Arbeiter.

Darauf wird die Weiterberatung auf morgen nachmittag 1 Uhr vertagt. Schluß halb 8 Uhr.

Berlin. 28. Jan. Der Reichstagsabgevrdnete Sittart (Ztr.) hat an den Reichskanzler folgende Anfrage gerichtet: Infolge der Vorgänge m Zabern ist das 99. Infanterieregi­ment aus seiner Garnison in die Baracken von Hagenau- Bitsch verlegt worden. Diese Verlegung des ganzen Regiments und insbesondere die Fortdauer der Verleg­ung wird, zumal sie in einen so harten Winter fällt, als eine schwere Strafe empfunden und zwar nicht nur von den Beteiligten, sondern von dem Volk und in erster Linie von den Angehörigen derjenigen Offiziere und Mannschaften des 99. Infanterieregiments, tvelche keinen Anlaß zu der Verlegung des Regiments gegeben haben. Ich richte an den Herrn Reichskanzler die Anfrage, ob und wie lange die bitter empfundene Bestrafung des ganzen Regiments ausge­dehnt werden soll bezw. wann das Regiment wieder feiner früheren oder einer anderen Garnison überwiesen werden wird.

Aus dem Elsaft

iv. Stratzburg' 28 Jan

Die Regierung geht. Ablehnung der Re- präsentationsgclder.

In der heutigen Kommissionssitzung des Landtags gab auf eine Anfrage des Abg. Hauß Staatssekretär Frhr. Zorn v Bulach die Erklärung ab, die Gesamt- regierung von Elsaß-Lothringen habe die Konsequenzen aus den Zaberner Vorfällen gezogen. Eine Entscheidung sei noch nicht ge­troffen worden.

In derselben Sitzung, in der der Staatssekretär diese bedeutsame Erklärung abgab, sind die Repräsentations­gelder des Statthalters, die im Etat mit 200 000 Mark angegeben find, aus die Hälfte, wie im vorigen Jahr, zu- sammcngestrichen worden. Ein sozialdemokratischer Antrag auf Streichung der ganzen Position, fand keine Mehrheit. Die Sozialdemokratie beantragte auch die Streichung des kaiserlichen Gnadenfonds, für die außer den Sozialdemokraten nur noch zwei Zentrumsleute stimmten, so daß die Streichung auch hier abgelehnt ist.

Eine grausame Statistik

Eine eigenartige Statistik hat der Schriftsteller Max Jungenickel ausgestellt. Er notierte sich alte Fälle von Kin- dermrßhandlungen, die ihm aus den Zeitungen be­kannt geworden und kam zu folgendem Resultat: Im Jahre 1913 wurden im ganzen Deutschland 10 546 Kinder gemar­tert. Das ist die Summe von Verbrechen, die ans Licht ge­zerrt wurden. Gegenstände, die uns wie treue Mägde lieb mad unentbehrlich im Haufe sind, spielen in diesen 10546 kleinen Leben eine schauderhafte Verbrecherrolle: brennende Lampen, Schürhaken, Hämmer, Stiefel mit Eisenabsätzen, Kochtöpfe, Stricknadeln, Scheren, Lederriemen, Beile. Mit Striemen, mit Brandblasen und Mit Wunden waren die armen Opfer bedeckt.

Berlin, 28. Jan. Aus vielen Gegenden des Stettiner Haffs treffen Gesuche um Hilfe ein. So z. B. sind arme Fischerfamilien in dem Dorfe Altwarp von der Flut schwer betroffen. Die Kartoffeln sind fortgespült worden. Zum Frühjahr müssen Saatkartoffeln gekauft werden. Tie Wie­sen und Aecker sind von der Brandung ausgespült, die Obst­bäume entwurzelt und fortgerisfen worden. Es bedarf, vieler Arbeit, vor allen Dingen großer Summen, um die Not der armen Fischer zu lindern. Weitere Gaben sind dringend er­wünscht, und nehmen entgegen die Zahlstellen der Bureaus des Komitees Berlin NW. Alsenstraße 10.

Ausland.

Ter Hofverkehr

der dänischen Sozialdemokratie-

Aus Kopenha gen, im Januar, wird derFranks. Ztg." geschrieben: Die Frage, ob der Verkehr von Sozialde­mokraten am Königshofe sich mit den Grundsätzen dieser Partei verträgt oder nicht, hat dieser Tage wieder Aktuali­tät bekommen, nachdem König Christian X. an sämtliche Mitglieder beider Kammern des Reichstages, auch an die sozialdemokratischen Abgeordneten, Einladungen zum Hof­konzert und zur königlichen Tafel im Amalicnborger Schloß hat ergehen lassen. In Dänemark ist man in bürgerlichen Kreisen gewohnt, die Sozialdemokraten als eine den übrigen Parteien in jeder Beziehung ebenbürtige Partei zu betrachten. Der König teilt diese Auffassung; gesellschaftlich, bei sport­lichen und anderen Anlässen, ist er nicht selten mit sozial­demokratischen Führern zusammengetroffen, mit dxnen er seinem durchaus demokratischen Wesen folgend sich häu­fig über allerlei Tagesfragen unterhalten hat. Als die po­litischen Verhältnisse in der Verfassungsfrage sich im letzt­vergangenen Sommer zuspitzten, trug König Christian. X., als die parlamentarische Konstellation ihm dies anriet, kei­nen Augenblick Bedenken, sich an den Führer der Sozial­demokratie, den Abgeordneten Stauning, wegen der Bild­ung eines sozialdemokratisch-radikalen Kabinetts zu wenden. Andererseits muß freilich betont werden, daß die dänischen Sozialdemokraten durchweg revisionistische Anschauungen und gegenüber dem König stets Rücksicht und Höflichkeit an den Tag gelegt haben. Bisher scheuten sich gewisseSpitzen" der Partei, die offizielle und repräsentative Stellungen innc- hatten, z. B. die sozialdemokratischen Bürgermeister von Ko­penhagen, durchaus nicht, Hofeinladungen Folge zu leisten. Der Verkehr dieserGenossen" bei Hofe wurde indessen von einem großen Teil der Partei als bedenklich betrach­tet; die Frage wurde auf einem sozialdemokratischen Partei­tag erörtert und hier in der Weise entschieden, daß grund­sätzlich jeder Verkehr am Hofe allen Sozialdemokraten unter­sagt sein sollte. Vielen sozialdemokratischen Reichstagsab­geordneten mag es aber in dem jetzt vorliegenden Falls unangenehm gewesen sein, dem König abzusagen, zumal es hier um eine offizielle Repräsentation der ganzen sozial­demokratischen Partei neben den übrigen politischen Par­teien des Reichstags handelte. Die sozialdemokratischen Ab­geordneten gelangten aber zu dem Ergebnisse, daß man auch - in diesem Falle keinen annehmbaren Grund habe, von dem Parteibeschlüsse abzuweichen. Demgemäß wurde der Chef des Reichstagsbureaus, der die- Einladung überbrachte, er­sucht, dem König im Namen der sozialdemokratischen Ab­geordneten für dieselbe zu danken, gleichzeitig aber dem Kö­nig mitzuteilen, daß man aus Rücksicht auf den Partei­beschluß, der jeden Verkehr der Sozialdemokratie am Hofe verbiete, verhindert sei, der Einladung Folge zu leiste».

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Die Prinzessin Luise von Belgien,

welche über 17 Millionen Schulden verfügt, ist vom belgi­schen Staate abgefunden worden, aber nicht so wie sie es wünschte, auch nicht auf Grund einer rechtlichen Verpflicht­ung, sondern rein gutwillig, klm weitere Schädigungen des Ansehens des belgischen Königshauses zu verhüten, hat die belgische Regierung den beiden Töchtern König Leopolds, der 56jährigen Prinzessin Luise von Koburg und der Grä­fin Stephanie Lonyay aus dem im Credit Lyonais hinter­legten Nachlaß ihres Vaters je 5^ Millionen Francs zu­gebilligt. Die beiden Prinzessinneil hatten bisher in Er­wartung von Prozeßsiegen alle Vergleichsvorschläge des bel­gischen "Staates abgelehnt und erklärt, daß sie an Stelle der beanspruchten 60 Millionen hinterlassener Kongowerte, Grundstücke und der Niederfüllbacher Stiftung keine geringere Entschädigungssumme annehmen wollen. Aber auch die letzte Instanz hat zu Recht erkannt, daß Leopolds II. Koburger Stiftung in Belgien keine juristische Gültigkeit besitzt, und daß der König über das in den Kongowertcn festgelegte Vermögen nicht als sein Privatvermögen ver­fügen durfte. Sieger blieb der Staat. Die Rechtsmittel der Prinzessinnen sind erschöpft: Prinzessin Luise muß nun alles über sich ergehen lassen, was dem belgischen Staate und was ihren Gläubigern gutdünkt. 4C, Millionen der ihr jetzt zugesprochenen Summe werden sofort an die Gläu­biger verteilt. Die 105 Gläubiger aber, denen sie zirka 17 Millionen schuldet, begnügen sich keineswegs mit der Ab­schlagszahlung. Das peinliche Finanzdrama ist also noch keineswegs zu Ende.

Port a« Priuee, 28. Jan. Bewaffnete Abteilungen amerikanischer Matrosen bewachen die amerikanische Gesandt­schaft, das Telegraphenamt und das städtische Krankenhaus. Deutsche Matrosen sind vor den übrigen Gesandt­schaften und vor den deutschen Geschäften aus Posten ge­zogen. Gestern hörte man in allen Stadtteilen fortgesetzt Ge- wehrseucr. In der Nacht wurden verschiedentlich Raubver­suche unternommen, die jedoch sämtlich unterdrückt werden konnten. Heute herrscht Ruhe.

Belgrad, 28. Jan. Infolge epidemischen Auftretens der schwarzen Blattern in Belgrad hat der Minister des Innern die Impfung der gesamten Stadtbevölkerung angeordnet. Bisher sind 90 Personen erkrankt, von denen 30 grstorben sind.

Württemberg.

Dienstnachrichteu.

Im Voltmachtsnamen des Königs hat das K. Staats- ministerium am 26. Januar ds. Js. den Regierungsrat Baur, Oberamtsvorstand von Riedlingen, auf das erledigte Oberamt Biberach und den Amtmann Dr. Schwainm- berger bei dem Oberamt Urach, in gleicher Eigenschaft zu der Stadldirektion Stuttgart, je ihrem Ansuchen ent­sprechend versetzt, ferner dem Bauwerkmeister und Wasser­bautechniker Götz bei der Straßenbauinspektion Künzelsau die erledigte Stelle eines Bauamtswerkmeisters im Be­zirksdienst der Straßen- und Wasserbauverwaltung und dem zurzeit im Gewerbeaufsichtsdienst verwendeten Paul Ell­wang er die Stelle eines Gewerbeinspektionsgehilfen mit dem Titel eines Gewerbe-Assistenten übertragen, den tit. Eisenbahnbauinspektor Kauffmann bei der Eisenbahnbau­sektion Eßlingen zum Eisenbahnbauinspektor des inneren Dienstes bei der Generaldirektion der Staatseisenbahnen und den Eisenbahnsekretär Ekert in Crailsheim zum Gü­terverwalter daselbst befördert, den Bauwerkmeister Kurz zum Bahnmeister in Beuron ernannt, den Lithograph Heb­rank bei der Generaldirektion der Staatseisenbahnen zum technischen Eisenbahnsekretär bei dieser Behörde befördert und den Postrat Veil in Tübingen auf Ansuchen unter An­erkennung seiner langjährigen und ersprießlichen Dienste in den Ruhestand versetzt, die dritte evangelische Stadtpfarr- stelle an der Stadtkirche in Cannstatt dem zweiten Stadt­pfarrer Engel in Herrenberg, die zweite evangelische Pfarr­stelle in Plieningen, Amtsdekanats Stuttgart, dem Pfarrer Widmann in Böhringen, Dekanats Urach, und die evan­gelische Pfarrei Rechenberg, Dekanats Crailsheim, dem Stadt- Vikar Adolf Rittmann in Crailsheim, die Stelle eines etatsmäßigen Assessors bei dem Steuerkollegium Abteilung für direkte Steuern dem Finanzamtmann Bollach er da­selbst mit dem Titel Oberfinanzamtmann und die Finanz­amtmannstelle bei dem Kameralamt Heidenheim dem Fi­nanzassessor Bäuerle bei dem Steuerkollegium Abteilung für Zölle und indirekte Steuern übertragen.

Württembergischer Landtag.

cd. Stuttgart, 28. Januar.

Präsident v. Kraut eröffnet dre Sitzung 33/4 Uhr. Im Ernlauf befindet sich eine Anfrage der Abg. Haag (BK.) und Gen. betreffend gesetzliche Maßnahmen gegen den Malzwern. Vizepräsident v. Krene (Z./ und der Abg. Haußma nn (Vp.) erstatten den Rechenschaftsbericht des Ständischen Aus­schusses. Ein Widerspruch wird nicht erhoben.

Man kommt sodann zu den Anträgen des Volkswirt­schaftlichen Ausschusses zu verschiedenen Eisenbahnern- gaben und der Denkschrift der Regierung über die Er­schließung der Heidenheimer Alb. Kenngott (Soz.) berichtet über den Antrag des Ausschusses: Die Bitte der Gemeinde Abtsgmünd um Erbauung einer normal- spurrgen Stichbahn Aalen-Abtsgmünd zur Berücksichtigung zu übergeben. Rem bold - Aalen (Ztr.) spricht seine Genug­tuung über den Ausschußantrag aus. Die Bahn werde mit 0,47 Proz. zwar nicht rentabel werden, aber die Regierung habe selbst früher ausgesprochen, daß bei dem Bau von Neben­bahnen nicht das volkswirtschaftliche Moment ausschlag­gebend sein müsse. Für die Bahn sprechen sich Abgeordnete aller Parteien aus, Ministerpräsident v. Weizsäcker erklärt, er sehe keinen Grund, von der Erwägung zur Berücksichtigung überzugehen, doch stehe er der Sache neutral gegenüber. Er halt edie Bahn nicht für eine solche, die absolut zu bauen unwürdig sei, für absehbare Zeit werde sie aber noch hinter anderen Projekten zurückstehen müssen. Tie Anträge des Aus­schusses werden angenommen.

Betz (Vp.) berichtet über folgende Anträge des Aus­schusses -

1. u/ Die Bitte der Stadtgemeinde Heidenheim etc. um Fortsetzung der Albbahn Amstetten-Gerstetten nach Her- brechtingen und Heidenheim der Regierung zur Be­rücksichtigung zu übergeben,

b) Die Eingabe der Gemeindekollegien von Giengen a. Br. betreffend Erbauung einer Albbahn Gerstetten-Her- brcchtingeu der Regierung zur Kenntnisnahme zu über­geben.

c) Dre Bitte der Gemeinden Steinheim a. Malbuch, Sont­heim a. Br. etc. um Wetterführung der Bahn von Weißenstein nach Heidenheim der Regierung wiederholt zur Erwägung zu übergeben.

2. Die Denkschrift über die Erschließung der Heidenheimer Alb hiemit für erledigt zu erklären.

Vizepräsident v. Kiene spricht für den Bau der Bahn Vöhmenkirch-Heidenhenn, die der Bahn Gerstetten-Herbcecht- ingen vorzuziehen sei. Er und die Abgeordneten Hor­nung und Dieterich (Soz.) stellen einen Antrag, den Bau der Linie Böhmenkirch-Heidenheim zur Berücksichtigung zu übergeben. Nübling (B.K - unterstützt den Antrag, em­pfiehlt aber- vor allem die Strecke Gerstetten-Herbrechtingcn im Interesse der Münsinger Alb zur Berücksichtigung. Minister­präsident v. Weizsäcker empfiehlt vor allem die Strecke Gerstetten-Hcrbrechtlngen, da diese an eine bestehende Stich­bahn anschlikßt. Das Resultat der Untersuchungen über dis Erschließung der Heidenheimer Alb sei unerwartet nieder- drückend gewesen. Man dürfe nicht unbedingt auf eine spätere Besserung hoffen, denn die Erfahrung habe gezeigt, daß manch« der bestehenden Stichbahnen sich verschlechtern. Die Anträge 1 a und 1 b werden angenommen, der elftere gegen die Stimmen des Zentrums und eines Teils der Sozialdemo­kratie. Der soz. Antrag wird gegen die Stimmen der Volks- parter und Deutschen Partei angenommen. Damit ist der Antrag 1 o erledigt. Der Antrag 2 wird angenommen.

Nüblliig (BK.) berichtet über die Eingabe von Göpp­ingen zur Erbauung einer normalspurigen Nebenbahn von Göppingen nach Voll. Der Ausschuß beantragt Berücksichtig­ung. Es sprechen die Abg. Keck (Vp.) und Körner (BK.), Nägele (Vp./ für den Antrag, während Ministerpräsiden!: von Weizsäcker erklärt, daß er mit Rücksicht auf die noch nicht erfolgte nähere Prüfung des Wallersteinschen Projekts vorläufig keine endgültige Stellung nehmen könne. Der Aus- schußantrag wird angenommen. Schluß der Sitzung 7i/Z Uhr. Nächste Sitzung Freitag vormittag 9 Uhr. Fortsetzung doc heutigen Beratung.

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Tie Erste Kammer

begann Mittwoch Vormittag mit ihren Sitzungen. Der Prä­sident Fürst Hohcnlohe-Bartenstern sprach die Er­wartung aus, daß trotz der Fülle der Arbeiten die Berat­ungen bis zum Beginn des Sommers zu Ende kommen werden. Hieraus wird das neue Mitglied Oekonomierat Ad­lung vereidigt. Das Haus tritt dann in die Beratung des Gebändebrand-Versicherungsgesetzes ein. Der Minister des Innern v. Fleischhauer leitete sie mit einer Rede über die Entstehung des Entwurfes und seines Ver­hältnisses zur Reichsgesetzgebung ein. Die Einzelberatung wurde bis Artikel 6 gefördert. Nächste Sitzung morgen Vor­mittag: Fortsetzung.

Das Einschreiten der Militärgewalt.

Ans die Anfragen von Gauß (Fortschr. Vpt.) und Kiene (Z.) wegen des Einschreitens des Militärs bei inneren Unruhen haben der Minister des Innern und der Kriegsminister folgende Antwort gegeben:

Die gesetzlichen Grundlagen für ein Einschreiten des Mi­litärs bei inneren Unruhen bilden in Württemberg dje Be­stimmungen des Art. 1 und Art. 3 Abs. 1, 3 bis 5 des Gesetzes vom 28. August 1849 betreffend das Verfahren bei dem Aufgebot der bewaffneten Macht bei Zusammenrott­ungen und Aufruhr. Danach darf ein solches Ein­greifen nur nach vorangegangener Auffor­derung der Zivül behörden erfolgen. Die preußische Kabinettsorder vom Jahre 1820 ist in Württemberg nicht zur Einführung gelangt. Anläßlich der aus 'Grund des Ar­tikels 10 der Militärkonvention vom 21. bezw. 25. Novem­ber 1870 erfolgtem Einführung des preußischen Gesetzes über den Waffengebrauch den Militärs vom 20. März 1837 und der königlich preußischen Verordnung betr. Aufrechtrr- haltung der öffentlichen Ordnung und der dem Gesetz schul­digen Achtung vom 17. August 1835 haben seinerzeit die be­teiligten württembergischen Ministerien'die Frage einer Prüf­ung unterzogen, welche Aenderung das württembergische Ge­setz vom 28. August 1849 durch die erwähnten preußischen Bestimmungen erfahren hat. Diese Prüfung ergab, abge­sehen von Peränderungen des Artikels 3 Absatz 1, die jenes Gesetz durch die Aushebung der Bürgerwehr erfahren hatte, daß die dort angeführten Vorschriften des Gesetzes vom 28. August 1849 unberührt geblieben sind. Schon im Jahre 1893 ist eine der gesetzlichen Bestimmungen zusammenfassende An­weisung an die Kreisregierungen und die Oberämter, ebenso eine solche Instruktion für das königlich württem- bergische Armeekorps ergangen. Hierdurch sind die Or­gane beider Departements fortlaufend über die Rechtslage unterrichtet.

Submisfionswesen und Städte.

Dre Oberbürgermeister von Stuttgart, Heilbronn, Reut­lingen Haben im Namen der Stadtvorstände der großen und mittleren Städte Württembergs beim Landtag eine Eingabe zum Submissionswesen eingereicht, wonach es eigentümlich berühre, daß zwar alle anderen Interessenten, nicht aber auch die Gemeinden vor der Einbringung des Gesetzentwurfs ge­hört werden soll:-,, deren Interesse an den einschlägigen Fragen doch auf der Hand liege. Es sei unrichtig, daß gerade bei ihnen jede Regelung des Submissionswesens fehle. Die Zahl der begründeten Beschwerden auf dem Gebiete des Verdingungswesens sei außerordentlich gering und werde sich nach 'Einführung der Verdingungsordnungen noch weiter ver­ringern. Ein "Bedürfnis nach gesetzlicher Regelung dieser Materie gegenüber den Gemeinden bestehe in keiner Weise, viel weniger jedenfalls als gegenüber den staatlichen Behörden. Noch mehr verbiete sich eine zwar den Gemeinden, nicht aber den Staat bindende Regelung durch eine bloße Abänderung der Gemeindeordnung und Verweisung auf die jeweils für die staatlichen Behörden geltenden Bestimmungen, deren Ab­änderung dem Belieben der Ministerien überlassen wäre, ohne daß den gesetzgebenden Körperschaften ein unmittelbarer Ein­fluß zukäme. Von einer die Gemeinden bindenden Regelung des Verdingungswesens möge daher Abstand genommen werden.

(Hrost-Stuttgart als Arbeitsort.

Als weitaus stärkster Arbeitsort bildet Groß-Stuttgart auch in dieser Hinsicht den Landesmittelpunkt. Aus sämtlichen 16 "übrigen Bezirken des Neckarkreises, aus 14 des Schwarz- waldkreifes, 9 des Jagst- und 7 des Donaukreises, also aus 46 der übrigen 63 Oberämter pendeln, und zwar im ganzen aus 341 Gemeinden, Menschen nach Stuttgart hin und zurück. Ter wirtschaftliche Bannkreis greift, wie Oberfinanzrat Dr. Losch in seiner Arbeit über die Volkszählung von 1810 sagt, mächtig aus. Tie Entfernungen vom Mittelpunkte bemessen sich bei der vorliegenden Erscheinung weder nach Luftlinien noch nach Wegstrecken, sondern nach Kosten- und Zeitoptinums- linien. Eine nähere Prüfung der Stuttgarter Zahlen scheint in der Tat zu ergeben, daß nicht etwa nur das strahlenförmig nach den verschiedenen Seiten hin sich auszweigende Eisen­bahn-, Straßenbahn-, Automobilnetz, sondern auch die Ge­staltung der Fahrpläne, der Fahrzeiten und der Beförderungs­kosten für den Arbcitsortftand von entschiedenem Einfluß sind. Von den 314 Gemeinden, welche Stuttgart mit menschlichen Arbeitskräften versorgen, sind 85, welche 20 und mehr in