Die Volkspartei

zum Ausgang des Volksgehrens

Eine Entschließung der Neichstagssraktion der Deutschen Volkspartei zum Volksbegehren.

Die Neichstagssraktion der Deutschen Volkspartet faßte einstimmig folgende Entschließung:Die Fraktion der Deut­schen Volkspartei stellt mit Befriedigung fest, daß das deut­sche Volk das Hugenbergsche Volksbegehren richtig verstan­den und durch Stimmenthaltung von rund SO Prozent der Stimmberechtigten dem nunmehr zu sicherer Aussichtslosig­keit verurteilten Unterfangen eine unzweideutige Absage erteilt hat. Die Fraktion ist der Anschauung, baß bi« Ab­lehnung noch stärker zum Ausdruck gekommen wäre, wenn das Verbot des Stahlhelms für die Rheinprovinz und West­falen, des wetteren auch jede Maßregel unterblieben wäre, welche als Eingriff in das freie Abstimmungsrecht der Be­amten gedeutet iverben kann. Eine Nachprüfung der recht­liche» Zulässigkeit der Maßnahmen ist geboten, um die (Gleichberechtigung aller Staatsbürger und die Rechte und Pflichten der Beamtenschaft klar und sicherzustelleu «nd je­den Zweifel an dem freien Abstimmungsrecht der Beamten auszuschlicße».

Die Fraktion ersucht die Reichsregierung und die in der Regierung vertretenen Parteien, eine grundlegende Reform -ex Steuer-, Finanz» und Wirtschaftspolitik her­beizuführen, damit das Reformprogramm dem Reichstag vorgelegt und seine Verabschiedung im Interesse der aufs äußerste gespannten wirtschaftlichen und finanziellen Lage Deutschlands sobald als möglich erfolgen kann. Di« Frak­tion wird jeder Maßnahme zustimmen, wenn sie geeignet ist, der Landwirtschaft in ihrer verzweifelten Lage Hilf« und Erleichterung zu bringen."

Nach der Pariser Kabinettsbildung

Tardieus nächstes Ziel.

Ministerpräsident Tardieu gab nach der Bildung deS neuen Kabinetts den Pressevertretern u. a. folgende Erklä­rungen ab:

Mit der Wiederaufnahme der parlamentarischen Arbei­ten werden wir alsbald di« bedeutungsvollen internatio­nalen Abkommen von den Kammern prüfen lasten. Auch dürfen die Beratungen des Haushalts und der Finanzre­form, die damit zufammenhängen, nicht mehr verzögert werden. Das sind unsere unmittelbaren Ziele. Um sie zu erreichen, habe ich Republikanerguten Willens" vereinigt, die von dem Geist der Zusammenarbeit erfüllt sind, der in unserer Zeit nötig ist. Wir hoffen, baß di« Kammern uns ihr« Mithilfe gewähren.

Die französische Presse zur Kabinettsbildung.

Das neue Kabinett Tardieu wird von dem größten Teil der französischen Presse warm begrüßt. Aus den Vlätter- stimmen klingt vor allem die große Befriedigung hervor, daß di« Krise durch das energische Eingreifen Tardieus so schnell beendet wurde. In der Beurteilung der Aussichten des Kabinetts ist man allerdings zurückhaltender. Nach dem Temps" ist die Beibehaltung Briands im Außenministe­rium ein Pfand für die Beständigkeit der französischen Außenpolitik, die Rückkehr Maginots auf den Posten des Kriegsministcrs ein Unterpfand der Wachsamkeit in der Lan­desverteidigung und die Betrauung Pernots von der repu- olikanisch-demokratischen Union mit einem wichtigen Mini- sterportescuille ein besonderes Merkmal. Man könne den Ausgang des bevorstehenden Kampfes mit Ruhe erwarten, wenn man sich einerseits die Persönlichkeit des neuen Mini­sterpräsidenten, sowie andererseits die Notwendigkeit vor Augen halte, unter den gegenwärtigen Umständen eine neue Krise zu vermeiden. Eine neue Kabinettskrise würde die unvermeidliche Kammerauflösung bedeuten und dem Nus des parlamentarischen Regimes einen schweren Schlag zu­fügen. In seiner Beurteilung des Kabinetts Tardieu schreibt LasJournal des Debats", es werde die persönliche Aufgabe Tardieus sein, zu zeigen, ob das neue Ministerium die gerechtfertigten Befürchtungen beschwichtigen könne.

Deutschland habe ihm Gelegenheit gegeben, vte Haager Ab- machungen noch einmal zu überprüfen. Das Volksbegehren in Deutschland beweise, daß der Uoungplan, in dessen Namen von Frankreich alle Opfer gefordert würden, in Deutschland nicht gefalle. Dies seien neue Umstände, die sich die Negie­rung zunutze machen müsse und die eine vollständige Um­stellung der französischen Außenpolitik erleichtern könnten. Unmöglich könne die im Oktober verurteilte Verzichtpolitik beibehalten werden.

Befriedigung in London über Briands Rückkehr.

Das neue französische Kabinett unter Führung Tardieus wird in der Londoner Sonntagspresse noch nicht besprochen, da die Kabinettsliste zu spät einlief. In politischen Krei­sen ist aber von Beginn der Krise an das Hauptgewicht auf die Rückkehr Briands ins Ministerium des Auswärtigen gelegt worden. Seine Rückkehr und die Tatsache, daß wie­der ein verhandlungsfäfsges französisches Ministerium vor­handen ist, werden auch im Hinblick auf die bereits eingetre­tene Verzögerung in den schivebcnden internationalen Ver­handlungen begrüßt. Nicht ganz so sicher ist die Aufnahme des neuen Marineministers Lcygnes, während Maginots Rückkehr ins Kriegsmiuisterium für England weniger ins Gewicht fällt.

Die Indien-Politik Englands

London, 4. Nov. Der Vizekönig von Indien hat dieser Tag« «ine Proklamation an das indische Volk gerichtet, wo­rin das Versprechen enthalten war, Indien zu einem freien Dominion innerhalb des britischen Reiches zu machen. Diese Ankündigung hat weite Kreise des Londoner Parlaments in Aufregung versetzt, da man daraus schloß, die Labourpartet bereite eine fundamentale Schivenkung in der Jndienpolitik vor. Macdonalü hat diese Vermutung in einer Erklärung abgrwiesen nnb mitgeteilt, daß der Plan der Proklamation nicht von der Londoner Regierung, son. dein vom Vizekönig selber stamme. Auch wenn, die Negie­rung wirklich eine politisch« Schwenkung vorhätte, würde ihr die Durchsetzung anßerordcntlich schwer fallen, da das Indien-Ministerium eine höchst komplizierte Organisation besitzt, die den jeweiligen parlamentarischen Ministern nur beschränkte Einwirkungsmöglichkcitcn gestattet. Die Indien- Politik dürfte in den nächsten Tagen Anlaß zu lebhaften De­batten in beiden Häusern des Parlaments geben. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der Negierung daraus beträchtliche Schwierigkeiten erwachsen.

Indiens Antwort auf die Erklärung des Vizekönigs

80 Führer des indischen öffentlichen Lebens, unter ihnen Ghandi und der größte Teil der maßgebenden Persönlich­keiten des indischen Nationalkongrcsses, veröffentlichen eine Antwort auf die Erklärung des Vizekönigs. Sie erklären sich zur Zusammenarbeit mit dem Vizckönig und der englischen Regierung bereit, fordern aber, daß zunächst ein allgemeiner Ausgleich zur Herstellung einer günstigeren Atmosphäre end­gültig festgelegt werde. Ferner solle den politischen Gefan­genen eine allgemeine Amnestie gewährt werden. Die englisch, indische Konferenz solle znfammentretcn, nicht um darüber zu beraten, wann der Dominienstatns für Indien eingeführt werde, sondern um eine Verfassung für ein Dominion Indien zu entwerfen. Vis dahin müsse die Negierung sich von einem liberalen Geist leiten lassen und die Beziehungen zwischen der Exekutive und der gesetzgebenden Versammlung io einen besseren Einklang bringen.

Kleine politische Nachrichten

Wieder ein polnisches Mil^ä-flugzeng ans dänischem Gebiet gelandet. Nach einer Meldung aus Meseritz lan­dete am Samstag nachmittag bei der Stadt Vomst an der deutsch-polnischen Grenze auf deutschem Gebiet ein polnisches Militärflugzeug. Der Pilot, ein Flugschüler der Poscner Militärflugschule, gab an, er habe wegen VenzinmangelS notlanden müssen. Er behauptete ferner, auf dem Rückflug von Posen nach Bromberg gewesen zu fein.

Fra« (traute.

LO Roman von Stdoute Jubetch-Mierswa.

Traute, aber trotzdem, deine Schivägerin kann dir wirklich dankbar sein. Ich verstehe dich nicht, ich hätte nicht so viel Geduld und Nachsicht mit dieser taktlosen Frau. Sie quält dich doch manchmal direkt.Tantchen wurde ganz ausgeregt. Sie warf den Strickstrumpf in den Schoß und strich »ich mit den Händen über den weißen Scyeitcl.Na. und sag mal. ist diese Badereise jetzt nicht eigentlich ein Skandal? Kein Mensch glaubt es, daß Herr Müller auf einmal herzkrank sein soll. Zu viel Geld ver> dient er mit seinen Kriegslieferungen', er lebt zu gut. ißt und trinkt zu viel und wird dick uno fett bei dem üppigen Lcben. Uno das jetzt, jetzt Traute, wo so und so viele tausende Menschen darben müssen.

Tantchen, errege dich doch nicht so. Adolph trägt we­niger voran Schulo als Ida. Sie mästet ihn direkt, und dann redet sie ihm förmlich ein. daß er krank ist. Icd habe cs doch neulich nachmittags wieder erlebt. Ihm war es zuletzt ganz peinlich. Sie sprach nichts als von dem beäiigstigenden Zustand ihres Mannes. Er sei kurzatmig, habe zu schnellen Puls, könne des nachts nicht schlafen, habe Blutandrang nach dein Kopfe usiv. Sie wird ihn durch ihre Ueberängstlichkeit noch wirklich krank machen. Und das svstematisch! Es wird ihm aber wohl nicht viel nützen, denn so dumm sind die Aerzte nicht, daß sie nicht einen gesunden von einem kranken Menschen unterscheiden kön- nen l Wirst sehe», das ganze Getue Hilst Ida nichts. Adolk wird trotzdem enigezogm!"

Tante, du glaubst doch nicht, daß Ida beabsichtigt"

Na. aber selbstverständlich! Ich bin wirklich nickit schadenfroh. Traute, aber ich wünsche es dem guten Adolf recht herzlich, daß er zum mindesten eingezogea wird und.

einen Unteroifizier bekommt, der ihn tüchtig drillt und s stramm stehen läßt. Vielleicht wird er nocki dabei vernünf­tig und besinnt sich auf seine Pflicht dem Vaterland gegen­über. Ein Mann, der so an den flocken seiner s^rau hängt, ist kein Holz, aus dem man Helden schnitzt."

Nein, die sehen anders aus." Traute seufzte tief und schmerzlich auf. Sinnend blickt sie den sonncilbeschie- nene» Gartenweg entlang.

Ta kam Hans gelansen.

Mami, ein Feldpostbrief; eben gab ibn niir der Voll- bote". und, eilends den Brief abiiefernd, läuft er wieder davon.

Gleichgültig hält Traute den Brief in der Hand. Es kommen so viele Grüße und Taiikesbricfe an sie ans dein , pielde. denn beinahe täglich gehen Licbesgabenpaletchen von ihr hinaus an arine Soldaten.

Sie blickt aus den Briefumschlag. Nein, das ist doch keine Feldposlseiidung; es ist doch ein amlUchcs Schreiben. Ter Stempel? Tas Note Kreuz! Alles Blut drängt .hr zum Herzen. Sie zitterte. Tas, das kann nur Nachricht von ihm seinI

Sie reißt den Umschlag auf. ihr Auge hastet über die mit Schreibmaschine geschriebenen Zeilen.

Ein Schrei entringt sich ihren Lippen,-der wie ein Schluchzen klingt:

Karl lebt! Tante Tante!" Sie wirft sich auf die Knie, ihr Arm umfaßt die alte Tome, sie liest, sich über­stürzend. vor, daß es endlich gelungen sei, Tr. Träger zu ermitteln. Er befände sich zur Zeit in Algier in Kriegs­gefangenschaft. wohin man ihn schwerverletzt von Bordeaux aus transportiert habe. Ta es sich um eine» Schwerver­letzten handele, so bestände die Aussicht, daß beim näcksten Austausch von Gefangenen Tr. Träger nach der Schweiz ausgeliefert werde.

«Traute, mein Kind, nun kann ich ruhig sterben, nun

Sämtliche Kirchen in Cherson beschlagnahmt. Wie aus Moskau gemeldet wird, wurden in Cherson an der Mün­dung des Dnjcpr sämtliche Kirchen und Synagoge» von kommunistischen Vereinigungen geschlossen und 'hr Eigen­tum beschlagnahmt. Cherson sei die erste Stadt tn der Sowjetunion, die ohne Kirchen und ohne Synagogen lei. Die Kirchen würden teilweise tn Kinos, Theater und Klubs umgewandelt werden.

Der frühere amerikanische Staatssekretär Fall wegen Bestechung vcrurteilt. Der frühere amerikanische Liaars« sekretär des Innern Albert Fall ist wegen Bestechung zu einem Jahr Gefängnis und einer Geldstrafe von 100 000 Dollar verurteilt worden. Fall hatte seiner Zeit staatliche Oelfclder verpachtet, wofür er Vcstechungsgelder n- Höhe von 100 000 Dollar erhalten hatte.

Abschaffung der Dienstpflicht in Australien. Der austra­lische Ministerpräsident Scullin kündigte im Anschluß an die Kabinettsberatungen über die Haushaltspläne des Beriet, digungsministeriums an, daß die Regierung beschlossen habe, in Australien die zwangsweise militärische Ausbildung und die Unterhaltung von militärischen Lagern abzuschaffen. DaS Kabinett habe die Vcrteidigungsfrage eingehend erörtert und sei übereingekommen, daß die ganze Frage mit den leitende» Sachverständigen der verschiedenen Negierungsabteilungen erörtert werden müsse, einschließlich der Frage der Einfüh- rung eines anderen Systems, anstelle der gegenwärtige» zwangSioeiscn militärischen Ausbildung.

Was geht in Polen vor?

Die polnische Hauptstadt war der Schauplatz eines mertz« würdigen Ereignisses, das der polnischen Oessentlichkeit in hohem Maße zu denken gibt. Letzte Woche sollte nämlich nach siebenmonatiger Pause di« Herbsttagung des polnischen Landtages, des Sejms, eröffnet werden. Kurz vor Eröff­nung der Sitzung drang eine Abteilung von über 100 Offi­zieren in den Saal ein, und zur gleichen Zeit begannen sich auch vor dem Scjmeingang und in der Vorhalle Offiziere zu versammeln. Kurze Zeit darauf erschien auch Marschall Pilsudski im Sejin. Als der Sejmmarfchall, der greise Daö- zynski, die Offiziere ersuchte, das Sejmgebäude zu verlassen, weigerten sie sich, so daß der Sejmmarschall die Sitzung ver­tagte, da er, wie in einem Schreiben an die Abgeordnete» angeführt wurde, unter dem Druck der Säbel von Offizieren, die mit Geivalt in den Sejm eingedrungen seien, das Parla­ment nicht eröffnen könne. Marschall Pilsudski, der über eine Stunde auf die Eröffnung der Sitzung gewartet hatte, mußte unverrichteter Dinge wieder abfahrcn. Für den Zwi­schenfall kehlt in politischen Kreisen icde Erklärung.

Umer Vilo zeigt den Schauplatz »es Vorfalles, sc» pol­nischen Sejm bei einer seiner Sitzungen. Auf der Redner­tribüne steht man Marschall Pilsudski.

weiß ich doch, daß sie ihn mir nicht zu Tode gemartert und grausam umgebracht uno in fremder Erde verscharrt haben."

Tie zitternden alten Hände streichelten den blonden Fraiienküpf. der an ihrer Brust liegt.

Ihre Tränen mischen sich mit denen Trautes.

Nein, Tantchen, nun mußt vu erst recht leben denn denn wir müssen doch Kar! gesund pflegen. Sie-ch und wund ein Krüppel wird er vielleicht sein! Aber. Tantchen, nicht rasten und ruhen will ich. Himmel und Erde will ich in Bewegung setzen, bis ich ihn wieder habe. Ich hole ihn uns Tantchen, ich fahre in die Schweiz, so balv ich erst weiß, wo er dort ist."

Wieder vergehen lange Wochen und Monate, dann kommt ein Telegramm aus Genau am VierivaldstäUsriee.

Es enthält die Nachricht, daß Tr. Träger im deutschen Offiziersheim anaefoinmen sei und die flehende Bitte an sie um baldige Nachricht. Seit Is/? Jahren sei er ohne jedes Lebenszeichen aus der Heimat. Ein ausführlicher Brief folge. Ihm gebe es den Umständen angemessen.

Noch am selben Tage, als die Nachricht kam, reiste Traute nach der Schweiz. Mit fieberhafter Eile hotte sse schon alles geordnet und sich Baß und Neiseerlaubnis von den zuständigen Behörden verschafft.

Die blauen Wellen des Vierwaldstätter Sees rauschten, flüstern und tragen weiße Schaumfrönchen ans grüne User. Sie legen sie geschäftig dem Manne zu Füßen, der da einsam auf einer Bank hart am Mer des SceS in Gersau sitzt.

Ten Kopf an die Lebne der Bank gestützt, ruht er m,t- gcschiossenen Augen im Morgensonnenschein des strahlen- den Augusttages. Tief und wohlig atmet er die würzige, kräftige, nach Blumen und Wasser duftende Luft ein« ^

iFortlevuaa total.»