Der Kongreß der Freien Gewerkschaften

ist in Dresden mit 400 .Vertretern eröffnet morden. Die Wirtschaftskrise der letzten Jahre ist natürlich auch an ihnen nicht spurlos vorübergegangen. Im Jahre 1908 verloren sie beinahe 34 000 Mitglieder. Im folgenden Jahre blieb die Mitgliederzahl ungefähr stationär. Wer im letzten Jahre gewannen sie wieder einen starken Auf­schwung, so daß im Jahre 1910 die Weite Million über­schritten wurde. Bor Wanzig Jahren hatten sie 278000 Mitglieder. Im Jahr-e 1904 wurde die erste Million erreicht, fetzt die Weite. Den' Vorsitz führte Legten. l§r begrüßte die VersaMmslten und kennzeich-nete- die Si­tuation. Zur Unterstützung der Streikenden und Ausge­sperrten sind im letzten Jahre 19 Millionen Mark ausge­geben worden, mehr als in irgend einem früheren Jahre. Und dann, so fuhr Legren fort, müssen wir lins bewußt bleiben, daß wir auf unsere Kraft allein angewiesen sind. Was die Msetzgebüng bringt, das ist immer so, als ob sie gerade das Gegenteil dessen zu schaffen beabsichtige, was die Arbeiter wollen. Wan denke an die Reichs Ver­sicherungsordnung! Bezeichnend ist auch die Haft­ung, di« die Dresdener Hygiene-Ausstellung Zu den Gewerkschaften angenommen hat. Tie Gewerk­schaften wollten, einer Einladung folgend, auf der Aus- stMüng eine spezielle Heimarbeitsausstellung veranstalten, zvgen sich aber wieder zurück, als ihnen unannehmbare Bedingungen gestellt wurden, die adf den Einfluß der In­dustriellen zu ruckzuführen find. Man hat uns in der Ausstellung verhindert, ,zu zeigen, was ist; nun so werden wir hier wenigstens MÜnÄich ausfllhren, was iwch Zn tüN ist. Auch dieser Kongreß wird dazu beitragen, daß bald die Zeit kommt, wo sich det Staat nicht mehb in den Tienst des Unternehmertums stellt, und den Wünschen der Arbeiter Rechnung tragen muß. (Beifall.)

Nach Begrüßungsansprachen von schwedischen, öster­reichischen und ungarischen Abgesandten erstattete Legien den Rechenschaftsbericht, in welchem er gusführte, daß im Jahre 1909 nicht we­niger wie 12000 Landarbeiter organisiert worden seien. Das ist aber freilich noch ein sehr geringer Prozent­satz der Landarbeiter Überhaupt. Man ist spät an diese Arbeitergruppe herangegsngen, weil man mit den Indu­striearbeitern genug zu tun hatte und weil es auch an Geldmitteln fehlte. Es ist Sie Klage erhoben worden, man möge lieber, statt hierfür. Geld auszugeben, das vielleicht nichts nützen werde, ein Arbeitersekretariat in einer Jn- dustriegegend errichten. Aber Arbeitersekretariate müssen möglichst von den .Arbeitern derjenigen Gegend errich­tet werden, die es angeht, nicht aus Mitteln der Gesamt­heit. Man hat auch gesagt, wir wollten noch mehr Ge­werkschastsbeamie anstellen, so wie die-Christlichen; aber mit den Christlichen können wir auch in der Hinsicht nicht konkurrieren. Wie die Christlichen das leisten können, ist mir ein Rätsel. Durch ihre Beiträge können sie es nicht. lUoer man braucht das nicht hoch einzu­schätzen. Haben denn diese christlichen Gewerkschaftsbeam- ten verhindert, daß wir jetzt über zwei Millionen zählen? Wir haben Vertrauen zu unserer Sache, das ist das beste Agitationsmittel. So ist es auch Mt den Gewerk­schaftshäusern. Manche existieren soso. (Zuruf: Manche auch nicht.) Ja, manche auch eigentlich nicht, aber das braucht man ja nicht zu sagen. (Heiterkeit.) Je- idenfalls müssen wir mit dem Bau von Gewerkschaftshäusern sehr vorsichtig sein. Tie Generalkommission hat getan, was sie konnte, -aber wenn sie sich doch auch einmal zuge­knöpft verhalten hat, ,so wird man dies hoffentlich ver­stehen. Eine andere Sache sind unsere Unterrichts- kurse. Es wird sich Mgen, ob diese Kurse eine An­zahl besserer Gewerkschaftsbeamten schaffen werden. Dafür ist die Zeit noch zu kurz; die Kurse dauern jetzt sechs Wochen. Sehr verschieden waren die Diäten der Teil­nehmer; die Schlechtergestellten veranlaßten eine Lohn-

Schrnke mir noch eine kleine Frist,

Daß ich ganz dich kenne,

LH ich Freund dich nenne;

wenn du lachst, dann weiß ich, wer du bist!

tzeinrich Lilienfein.

Die Häuser am Berge.

Roman von Peter Halm.

13, (Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Wenn immer! Ich glaube nicht einmal, daß Frau Olga an einem eigenen Kinde sich genügen ließe. Frauen ihrer Art haben kein Talent, Mntter zu sein."

Freitag erhielt in dieser Stunde zu seiner nicht ge­ringen Verwunderung die Bestätigung dessen, was er fürchtete.

Wir haben so offen miteinander geredet," begann er nach einer Zeit, in der Frau Perwuchin den Tee aus- getragen hatte, ,-daß wir aneinander schon noch ein we­nig klug werden können!" Um seinen Mund zuckte ein Lächeln.

Was war eigenclich bei 'der Wahl Ihrer Frau aus­schlaggebend?" fragte Perwuchin. Die Frage kam Frei­tag recht; denn er konnte sie später an Perwuchin richten und erwarten, daß den Dichter keine Rücksichten aus die Gegenwart Frau Esthers in seiner Offenheit beeinträchtigen Würden.

Hm," machte der Maler,die gegenseitige Neigung; weine Frau war schön und entstammt einer sehr gebildeten Famftie."

Der Russe lächelte.Was können wir davon auf uns anwenden, Esther? Tie gegenseitige Neigung. Nun gut. Mer meine Frau war weder schön, noch entstammt sie einer gebildeten Familie."

Und ist twch die Frau eines Dichters!"

»Ich denke!" sagte Perwuchin.Sehen Sie, und dabei haben wir auf keinen Tag unserer Ehe mit reuigen Herzen znrückzublichm."

Perwuchin hptte tzen leichten weißen Lei neu Hut bis

erhöhung (Heiterkeit) und .daraus haben wir die Sache einheitlich geregelt. In neuerer Zeit ist auch die-Frage erörtert worden, ob diese Kurse mit der sozialdemo- kratischen Parteischule zu pereinen wären. Ich bin nicht der Ansicht, daß dies zweckmäßig wäre. Die Kurse sollen nicht put Wissen füllen, sondern nur den Weg der Weiterbildung .durch Selbststudium zeigen. Des­halb können wir die Kurse nicht verlängern, denn wen wir ein halbes Jahr oder länger in eine Schule tun, den nehmen wir schon gewissermaßen aus seiner bisherigen Tätigkeit heraus und haben dann die Wicht/ ihn in der allgemeinen ArbeitsSewegung zu beschäftigen. Das kön­nen wir nicht. Man hat (auf sozialdemokratischer Seite) daran Anstoß genommen, daß zwei Herren, die aus der sozialdemokratischen Partei au^eschieden sind (Bern­hard und*Ca live r)"in den Kommissionen unterrichten. Will man etwa auch den T-r. Sommerfeld, der über Be­rufskrankheiten liest, zwingen, .sozialdemokratisches Partei­mitglied zu werden? IM habe viel von bürgerli­che n Politikern gelernt und bin der Ansicht, es komme im­mer darauf an, ob einer etwas kann. Tie Generalkom- miffion hat darüber folgende Erklärung formuliert:Für Heranziehung der Vortragenden ist allein maßgebend, daß sie ihrer Aufgabe gewachsen sein müssen, die Materien wissenschaftlich und in einwandfreier Art behandeln kön­nen, wobei die Voraussetzung ist, daß die Teilnehmer zu ihnen Vertrauen haben müssen." Redner bemängelt sodann noch die staatliche Streikstatistik und sagte über das Verhältnis von Partei und Gewerkschaften etwa folgendes: WMn wir auch*:mit der Partei verhan­deln, so sind unsere Organisationen aber n ich keines­wegs sozialdemokratisch. Wir werden jedenfalls zur parteipolitischenNeutralität gelangen, auch wenn gewisse. Vereinsgesetzfiche Gründe nicht'vorhanden ge­wesen wären. Tenn die Zweiteilung der Arbeiterbeweg­ung in Partei und Gewerkschaften liegt in der Natur der' Sache, was wir Z. B. auch an der Entwicklung in Skan­dinavien sehen. Aber es ist natürlich notwendig, daß sich die Leitung der Gewerkschaften mit dem Vorstand der ihr am nächsten stehenden Partei verständigt. Man könnte theoretisch vielleicht zu der Ansicht kommen, die Gewerk­schaftsarbeit bei Sisyphusarbeit, denn z. B. ein Aollgesetz kann die Arbeit von Jahren zu Nichte machen. Aber die Aufklärung der Arbeiter, ihr Selbstgefühl, das kann kein Gesetz wegnehmen. Darum soll man uns mit solchen Aussprüchen vom Leibe bleiben. Darüber bekamen wir eine Polemik mit Küutsky, wobei natürlich auch auf unserer Seite nicht besonders die Worte auf die Wagschale gelegt wurden. Mit derselben Entschiedenheit weisen wir die Be­hauptung zurück, ^ daß-hie. Gewerkschastsbeamten in ihrer Stellung zu bürgerlichen Anschauungen kämen.

In der Diskussion wird vom Vorstand des Zen­tralvereins der Bildhauer beantragt, eine allgemeine Kasse ins Leben zu. rufen, zu der alle Verbände Beiträge leisten zur Unterstützung von Streiks und Aussperrungen, die von den betreffenden Verbänden allein nicht durchgeführt werden können. Ter Antrag' wird nächstes Jahr beraten werden. Cohen beantragt, daß zur Abwehr der Aussperr­ungen, die nur mit außergewöhnlichen Mitteln möglich ist, die Geueralkommissiou von den Verbänden der Mit- gliederzahl entsprechende Beiträge zu erheben habe. K loht-Berlin wünscht für den Antrag, den Cohen zu vertreten hat, daß die Arbeiterinnen, da sie geringere Lohne haben, auch geringere Beiträge zu zahlen hätten. Leip- hart-Berlin verhält sich im Namen der Holzarbeiter durchaus ablehnend gegen den Gedanken eines allgemeinen Streikfonds. Gibig von den Glasarbeitern ist für den Antrag Cohen, weil .man damit die Drückeberger fassen könne, die sich scheuten, zu einem großen Kampf, der sie direkt nicht sa'ngehe, Beiträge- zu geben. Stühmer- Berlin von den Schneidern weist darauf hin, daß im Jahre 1907 eine Aussperrung im Schneidergewerbe aus Mangel an Unterstützung abgebrochen werden mußte. Mit 100000 bis 200 000 Mark wäre zu helfen gewesen. Nachdem der Generalkommission und dem Kassier Ent-

auif den Wirbel zurückgofchhben; der Wind fächelte jmiit Len Flügeln' seiner rohseiEen Jacke; er kipple ein wenig mit dem Stuhle nach rückwärts.

Na, was sagen Sie nun?"

Ein gewagtes Experiment, das einmal vortrefflich gelungen ist", antwortete Freitag mit einem leichten Nei­gen des Kopfes gegen Frau Esther.

Nun gut, sehen Sie", fuhr Perwuchin fort, und während er seinen Klemmer rückte, glitt ein etwas malitiö- scs Zucken über sein Gesicht,diese Deutschen sind doch recht eigentlich Gemütsmenschen; aber der Mann keines anderen Volkes ist von einer so törichten kleinlichen Ei­telkeit uud Denkungsart hinsichtlich der Frau, als der Deutsche. Ost betrachtete er sie als Spielzeug; dann kehrt sich die Sache häufig um, und sie spielt mit ihm. Immer aber will er eine Rolle--mit seiner Frau spielen, er will sich Mit M bewundern lassen; je mehr er selbst im Durch­schnitt steckt, destonetter" soll sie sein, damit er wenigstens etwas besitzt, seiner Eitelleit genugzutun, und wenigstens seiner Frau wegen die Augen der anderen flüchtig aus sich gerichtet zu sehen. Das nennen sie dann in Deutsch­land eineNeigungsheirat". Der Mann heiratet beinahe nur zur Hälfte süv sich, zur Hälfte für seine Nebenmen­schen, deren Urteil die Vorbedingung für sein Wohlbefinden ist. TieGesellschaft" mit deft tausend Rücksichten, die sie fordert, hat sich für das deutsche Voll schlechthin zu einer Gefahr ausgewachsen, die unerkannt auch die Besten in ihre Fesseln schlägt: sie fordert zu allererst das Auf­gaben der Persönlichkeit. Wer in der sogenannten Gesell­schaft einwandfrei sich bewegen will, muß 'ein Sklave fein. Rechnen Sie sich selbst aus/wohin der deutsche Mann da­mit gelangen muß."

Es scheint, Sie stehen mit dieser Ansicht tvieder ein wenig abseits, lieber Perwuchin, aber ich vermag mich ihrer Richtigkeit nicht ganz zu verschließen", sagte Freitag.

Er war sehr nachdenklich geworden es war, als hätte dieser Russe nicht von irgendwelchen Deutschen aus dem Durchschnitte geredet, sondern von Walther und Olga Freitag. Zudem hatte ein Wort, das er nur so nebenhin sprach, nämlich, daß die deutsche Frau des Mittel-

lastung erteilt war, sprach Legien das Schlußwort. Die Anträge werden der Borständekonferenz überwiesen.

Man bespricht im weiteren Verlauf der Verhand­lung die

Vereinbarungen mit dem Zentralverband deutscher Genossenschaften.

Diese umfangreichen Vereinbarungen sind im Juni 1910 verfaßt und vom Genossenschaststage bereits ange­nommen worden. Sie betreffen 1. Die Heimarbeit, die möglichst bekämpft werden soll. Nahrungs- und Ge­nußmittel, die aus der Heimarbeit stammen, sollen über­haupt nicht mehr vertrieben werden. 2. Tie Strafan­staltserzeugnisse, die von den Gewerffchaften und den Konsumvereinen nach Kräften ausgeschlossen werden stillen. 3. Ten Konsumvereinen wird empfohlen, nur solche Firmen zu berücksichtigen, die die Gewerk­schaften, ihre Tarife ustv. anerkennen. 4. Die Gewerkschaftsvertreter werden auf ihre genossenschaft­lichen Pflichten hingewiesen. 5. Betrifft den ge­werkschaftlichen Boykott von Lieferanten der Konsumvereine, der nur unter gewissen Kautelen erfolgen darf. 6. Stellungnahme zu den Produktivgenof­fen s cha f t e n. Darüber wird bestimmt t

Es wird anerkannt, daß nach dem Grundsatz der Produk­tion für den organisierten Konsum die über den örtlichen Rahmen hinausgehend« Eigenproduktion für die Konsumvereine eine Aufgabe der Großeinkaufsgenossenschast deutscher Konsum- Vereine und, soweit bedruckte und unbedruckte Papierwaren und Papier in Frage kommen, der Berlagsanstatt Deutscher Konsum- Vereine .ist. Di« Errichtung besonderer Produktiv­genossenschaften kann daher nur gut geheißen ts^rden, wenn es sich handelt: s) um Bereinigung von Genossenschaften eines Bezirks zur gemeinsamen Produktion bezw. Zur Umwand- - lung einer Arbeitsgenossenschaft in eine Produktivgenossenschaft, deren Mitglieder di« Genossenschaften sind; b) wenn industrielle Arbeitergenossenschaften, ., sogenannt« Arbeiterproduktivgenossen- schaften, durch eine Gruppe von gewerkschaftlich organisierten Arbeitern, wie solches häufig nach erfolglosen Streiks vorkommp errichtet wird, und wenn diese Errichtung im Einverständnis mit dem Borstand des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine und die Großeinkaufs- sowie der zuständigen Gewerkschaftsleitung erfolgt. Arbeitsproduktivgenossenschaften, die aus andere Art gegründet wurden, sind länglich als Privatunternehmen zu betrachten und können kernen Anspruch auf geschäftliche Ver­bindung mit den Konsumvereinen, mit den Zentralvereinen des Verbandes erheben. Die Genevalkommission und die zuständigen Gewerkschaftsvorstände verpflichten sich, ihre Mitglieder darüber aufzuklären, daß die Errichtung von industrieller Arbeiterge­nossenschaften eine große wirtschaftliche Gefahr für die beteiligten Arbeiter bringen kantr und nur dann eine Aussicht auf Erfolg gewährt, wenn alle notwendigen Voraussetzungen: erfüllt sind, d. h. wenn einerseits für eine fachmännische Leit­ung und ausreichendes Betriebskapital gesorgt und andererseits der Anschluß an den organisierten Konsum gesichert ist. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist von der Errichtung einer industriellen Arbeitergenossenschaft dringend abzuraten. Die GroßeinkanfsgenossenschaftszweSe würden leiden, und die Ge­nossenschaften dagegen verpflichtet sein, sich nur dann, wenn die ohgn erwähnten Voraussetzungen erfüllt sind, mit neu ein­gerichteten industriellen Arbeitergenossenschaften in Geschäftsver­bindung zu setzen. Ebenso verpflichten sich die Vorstände dev Revisionsverbände, nur unter- bissen Voraussetzungen industrielle Arbeitergenossenschaft?" als Mitglieder in ihren Verband auf­zunehmen.

Bauer-Berlin hält darüber ein Referat und fand damit große Unaufmerksamkeit. ES folgte die Diskus­sion, die sich sehr kurz gestaltete. Die Veränderungen wurden angenommen.

Deutsches Reich.

Schluß und RauS!

Berlin, 29. Juni.

Die Session deS preußischen Landtags ist'ge­stern nachmittag 5 Uhr durch den Reichskanzler im Auf­trag des Königs nach einer stürmischen Schlußsitzung geschlossen worden . Tie Ankündigung des Schlus­ses erfolgte erst um 2 Uhr nachmittags. Tie National- liberalen, Freisinnigen und Sozialdemokraten beschwerten sich darüber, daß der erst in einigen Tagen erwartete Ses­sionsschluß nicht früher angskündigt worden war, w idurch eine Reihe wichtiger Fragen mitten in der Behandlung

stau.de s in falscher Selbsteinschätzung fin der Regel weit über ihre Verhältnisse hinaus sich kleide, sowie, daß die Frauen keines arideren Volkes ihren Gesprächsstoff lediglich aus ihrem Kleidungsbedürfmsse bestritten fast eine noch: stärkere Wirkung ans Freitag gehabt. Es fiel ihm in dieser Stunide wie ein Schleier vor den Augen, und er wußte kaum, ob er Perwuchin dankbar dafür zu sein hatte.

Die Must zwischen ihm und Olga wuchs und wuchs und er sah den Tag nahen/ da. waren sie sich fern und fremd, und keiner konnte das andere erreichen, lind hatten doch einst Hand in Hand die Wanderung in den SomMer ihres Lebens angetreten!

Frau Perwuchin war glücklich, sich neben ihrem Manne' in dieser Bergeinsamkeit zu scheu; Frau Olga hatte den ihren aus Rom gedrängt, weil sie eifersüchtig und unzu­frieden war; die Hitze des SoMmers würde auch seine' Kraft zermürben, hatte sie gemeint; zudem empfand sie'' es als eine Schande für Men Mann, ihn immer von' seinem Vater abhängig sehen M müssen. Das schien gut ge­meint. Aber die Stille von Tranagra mit dem entsetzlich eintönigen Geplärr der Zikaden, das wie eine ewige Feile für ihre Nerven wirkte, haßte sie schon am dritten Tage. Mm sechsten nahm ihr Haß/Gestalt an: sie quälte ihren Mann mit tausend Nichtigkeiten.

Freitag erhob' sich ganz plötzlich sehr nachdenklich und in tiefer Verstimmung :Leben Sie wohl", sagte er und schüttelte Perwuchin und seiner Frau die Hände,ich tauge in dieser Dämmerung nicht zum Gesellschafter; ich habe zu viel mit msr selbst zu tun mir scheint es/ als war' auch ich im Begriff gewesen, mein bißchen Per­sönlichkeit in Rücksicht aus unwürdige Launen zu ver­lieren. Auf morgen ich muß aus mir selbst zur Klar­heit kommen." "

Der Russe nickte und blieb allein am Tisch, Frau Esther ging mit Tellern und Gläsern ins Haus, urid Wal­ther Freitag kletterte Wer die Schatten hinaus, die der jenseitige Höhen-ug auf die Bergwand warf, uüd stieg hinein sn di? Sonne, die wie Purpur um die Zacken^ der Felsen lag, königlich und still.

(Fortsetzung folgt.) __ . ...