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mit Erzähler vom Schwarzwald.
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Amtsblatt firr die Stadt Wildbad. !flü^
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ZkkiiLw'risgiäet' blllclögä.
Nr. 240.
Freitag, den L4. Oktober 1S10.
27. Jahrg.
Eine Republik mehr!
Bon Friedrich Naumann.
Tie Zahl der Könige auf Erden wächst nicht m e h r. Kaum ist in Montenegro ein neuer „König" entstanden, so rutscht fern im Westen ein andrer in den Ozean, ein junger Prinz von 21 Jahren, den ein erschreckendes Geschick am 1. Februar 1908 aus den Thron ries. Gegen ihn läßt sich nichts anderes sagen als was gegen jeden König von 20 Jahren gesagt wird: er besaß noch keine Kraft zur Ausfüllung seiner angeborenen Stellung. Ob er überhaupt das Zeug zur Staatsleitung in sich hatte, wer weiß das? Wahrscheinlich wird er nicht in die Lage . ^ kommen, jemals die Probe zu machen. Wer freilich will es wissen? Ta er erst 21 Jahre alt ist, so hat er noch viele Zeit, sich seinem Volke als Retter aus späteren republikanischen Nöten anznbieten. Und es ist leicht möglich, daß ihn die Engländer als politische Waffe gegenüber den portugiesischen Ministern aus Lager behalten. Immer wenn die Minister dem Londoner Winke nicht gehorchen wollen, wird ihnen dann gedroht werden, Manuel zeigt sich! So wenigstens kann die Zukunft dieses Königs a. D. sein, daß 'er zur Disposition des englischen auswärtigen .Amtes steht.
Das Verhältnis zu England ist und bleibt nämlich offenbar der Angelpunkt aller portugiesischen Politik wie sich auch darin zeigt, daß die erste Kundgebung der neuen republikanischen Regierung eine Ergebenheitsversicherung gegenüber England ist. Die Engländer haben die Könige von Portugal etwa so behandelt, wie sie die einheimischen Fürsten Indiens zu behandeln pflegen: mit viel Hochqchtung, aber wenig Zlchtung. Sie mußten stets nachgeben, sobald englische Interessen in Frage kamen. Den , Anlaß dazu gab meist das altererbte Kolonialreich, das zwar nur noch ein armer Rest früherer Herrlichkeit ist, aber doch noch immer etwas bedeuten könnte, wenn es in dis richtigen Hände käme. Die Bodenfläche des portugiesischen Kolonialbesitzes ist nicht sehr viel geringer als die des deutschen und enthält etwa 9 Millionen Einwohner. Bis vor 20 Jahren freilich behaupteten die Portugieser, viel mehr zu besitzen, denn sie rechneten ganz Afrika zwischen Angola und Quilimana zu ihrer Interessensphäre. Das aber störte die Pläne Cecil Rhodes, und deshalb fuhren im Jahre 1891 englische Kriegsschiffe vor die portugiesischen Häfen in Afrika. Damit war die Sache entschieden;
vus Lta!urge,ey rn Ser Geschichte kennt und anerkennt,
der kann prophezeien; wer dies nicht, weiß nicht, was morgen geschieht, und wäre er Minister.
k. Börne.
Großindustrielle.
Roman von Ernst Georg y.
18s (Nachdruck verboten)
(Fortsetzung.)
Agathe saß und blickte ihn an. Schmerzhaft deutlich Prägte sich jedes Wort des frivolen Chansons, jede Melodien nüance der Begleitung ihr ein. — Bor ihr saß der Mann, den sie liebte pnd begehrte. Und er warb um sie in Ehren! Das Melbeneidete Weib des Millionärs, des Modeautoren sollte sie werden, sie!? Dennoch kam keine Freude in ihr auf. Sein Antlitz war bleich, von tiefen Linien durchfurcht, zeigte Spuren innerer Känrpfe.
„Ich habe Sie erschreckt," fuhr er herzlich fort, „ich tvill Sie nicht überrumpeln, Agathe. Ueberlegen Sie sich Äles in Ruhe, lusnd geben Sie mir übermorgen Bescheid. Hwen Sie Proben? — Nein! Nun gut, dann hole ich Er übermorgen vormittag, gegen zwölf Uhr, die Antwort. Jr-tzt muß ich nach Eisenhütt hinaus. Wir feiern ein kleines Familienfest Mein Bruder holt mich Mit seinem Auto ab." Er erhob sich. Von seiner -Höhe schaute er voller Sympathie auf die schöne Frauengestalt herab. Seine Hand glitt kosend über ihr weiches braunes Haar und ruhte eine Minute auf ihrer Schulter, Er fühlte, wie ein Erzittern bei seiner Berührmlg durch ihren Körper schauerte. „Ans morgen also!" Werner Kars einen hastigen Blick auf das andere Paar und ent- iMrte sich vorsichtig, ohne erst Wschied zu nehmen.
Agathe sah seine hohe Gestalt hinter der Portiere Verschwinden iuKrd bedeckte ihr Gesicht mit den bebenden Händen. „Nur Ruhe, Ruche", dachte sie und versuchte, die derhrrene Fassung wiederzuerlangen. Sie war nicht nm- lonst die große Bühnenkünstlerin, die sich Und ihre Stimmungen meistern konnte. Als sie sich nach einigen Minuten erhob Und zu den andern trat, war außer einer tiefen Blässe nichts mehr von der in ihr tobenden Erregung zu bemerken.
„Wy ist mein Bar, mein Hüttenbesitzer?" fragte
Portugal ist als Kolonialmacht ein Vasallenstaat Englands und den politischen Ausdruck dafür fand im Jahre 1903 König Eduard von England, als er in Lissabon sein Glas erhob aus die altbewährte Mlianr, die „unvergänglich" sein werde. Portugal hat für die Staatengeschichte nach außen hin etwa dieselbe Bedeutung wie Egypten: Selbstverwaltung unter englischer Kontrolle. Militärisch bedeutet es sehr wenig. Tie Heereskosten betragen noch nicht 50 Millionen Francs im Jahr, die in Portugal selbst stehende Truppe wird mit 32 000 Manu angegeben. Das ist einigermaßen wichtig für die Beurteilung der Revolution. Sie richtet sich nicht gegen den Militarismus, weil ein solcher nicht vorhanden ist. Deshalb kann sie mit Hilfe der Wmee gemacht tverden. Eine Truppe, die zu klein ist, um in der äußeren Politik etwas zu bedeuten, wird zur innerpolitischen Macht, denn gegenüber der übrigen Bevölkerung wirkt sie als erste (Gewalt, sobald sie nur selbst in sich einigermaßen einig ist. Zur übrigen Bevölkerung gehört aber in diesem Falle euch der König. Er hat nicht die Truppe in der Hand, sondern die Truppe hat ihn. Das ist der Vorgang, den wir in neuerer Zeit in ähnlicher Weise sich in den verschiedensten südamerikanischen Staaten vollziehen sehen, nur daß es sich dabei in Brasilien um einen König, sonst um Präsidenten handelte. Näher aber liegt uns noch, die jung- türkische Revolution zum Vergleich herbeizuzieheu. Das Heer wirkt gegenüber der Krone als Volksvertretung. Was aber ist das Heer? Es ist in allen diesen Fällen ein Offizierkorps von lebenslänglichen Berufsoffizieren. Diese Ossiziere sind die gegebenen Führer einer erst im Entstehen begriffenen Bildnngsschicht, sobald sie selber sich geistig über Pferde Spiel und Weiber herausarbeiten. Sie machen Revolution ans unbeschäftigtem Idealismus und vielleicht etwas aus finanziellen Wünschen.
Die Finanzen sind ja überhaupt bei allen Staats- Umwälzungen eines der wichtigsten Stücke. Da alle konservativen Staaten nach einem geschichtlichen Gesetz (erbliche Mitgenießer zehren den Staat auf) schlechte Finanzen haben müssen, so ist es erklärlich, daß auch das patriarchalisch-klerikale Portugal die Goldschätze seiner Ahnen längst verloren und in Staatsschulden verwandelt hat. Die Tragödie der Staatspapiere ist noch in lebendiger Erinnerung der dainals Betroffenen. Portugal ist bas verschuldetste Kulturland, dein: es berechnet aus den Kopf
der Bevölkerung ebensoviel Schulden wie Frankreich, ohne im Entferntesten die Hilfsquellen der Franzosen zu besitzen. Seine Schuldenabzahlung ist sehr gering, seine Steuern aber sind trotzdem unmenschlich hoch im Verhältnis zur Lebenslage der Volksmehrheit, die von Weinbau und Gartenknltur sich dürftig ernährt. Das Gesamtbild ist etwa folgendes: Ein Schuldnerstaat kann seine Lasten nur abschütteln, wenn er zu einer um vieles gesteigerten Arbeitsweise übergeht. Dieser Uebergang hängt aber von einer gründlichen Aenderung des Bildnngswesens ab. Diese Aenderung aber ist unmöglich, solange die Geistlichkeit in alter Weise herrscht. Tie Errettung des Landes von seiner materiellen Not wächst sich also ganz von selber zum Kulturkampf aus zw i s ch e n Au f k l ä r u n g und Kloster. In diesen Kampf war ein junger König hineingestellt, der offenbar keinen eigenen Standpunkt besaß und der kein Sparsamkeitsgenie im Sinne Friedrich Wilhelms 1. von Preußen war. Auch er nahm Vorschüsse aus der Staatskasse in beträchtlicher Höhe, wie cs sein Vater auch schon machte. Er verzehrte die Zivilliste künftiger Jahre. Was nützt so ein König? Mit bloßer Mystik und Tradition kann man einen König nicht halten, der selber nichts tut, um sich als unentbehrlich zu beweisen. Es hätte ein Königskopf ersten Ranges dazu gehört, um nach dem Attentate auf Vater und Bruder die Führung des Staates fest in die Hand zu bekommen. Daß Manuel das nicht war, ist kein besonderer Borwurf, denn warum sollte gerade er begabter sein als andre Menschen? Er wurde Majestät und war noch ein Bursche, der sein Leben genießen will. Und wer lveiß, ob er nicht den Tag segnet, wo ihm die befreienden Bomben aufs Schloßdach gefallen sind?
Es war nicht schwer, den König zu entfernen, aber schwer wird es jetzt sein, die Republik auf die Beine zu stellen. Durch die Beseitigung des Königs sind nämlich die Sachschwierigkeiten kaum geringer geworden. Wir können sie aus^der Entfernung nur in ihren allgemeinsten Grundrissen sehe'n und auch das bisherige Programm der neuen Regierung bietet selbstverständlich nichts, als weitgehaltene Versprechungen. Die drei wesentlichsten Punkte scheinen zu sein: Volksschule, Trennung von Staat und Kirche, Selbstverwaltung der Kolonien. Das aber sind alles keine Sachen, die von heute auf morgen gemacht werden können, die Republik aber wird bald zeigen sollen, daß sie etwas leisten kann. Deshalb
Wonne, mitten im Gesänge abbrechend und sich umwendend.
„Herr Werner läßt sich entschuldigen, er mußte schleunigst düs Weite suchen."
„Aha, er fürchtet die Schlange", neckte Elke.
„Er ist noch langweiliger als in Trouville, - bah — fahren wir fort!", rief die Laretton ärgerlich.
6. Kapitel.
Hartwig Werner saß neben dem Schreibtisch und drehte nervös einen Bleistift zwischen den Fingern. Seine Blicke hingen an dem Vater, der den Sessel verlassen hatte uni» nun sinnend im Zimmer ans und ab schritt. Wie immer, wenn er erregt war oder tief nachdachte, strich der Ge- heinrrat dabei seinen weißen, langen Bart.
Plötzlich blieb er vor dem Sohne stehen. „Mir scheint, mein Junge, es kommt mm doch endlich zwischen uns zu der Wrechnung, die mir eigentlich schon seit deinen Mündigkeitserklärnng schwer auf dem Herzen liegt."
„Bist du mit mir nicht zufrieden, Vater?"
„Offen gesagt — nein!"
„Und was wirfst du mir vor?"
Der alte Werner blickte zum Fenster seines Arbeitszimmers hinaus ans die an den Garten anstoßenden kolossalen Werke und Anlagen, die sein Vater und er in unausgesetzter Arbeit geschaffen hatten. Er seufzte. „Was ich dir vortyerfe? Nichts Positives! Urrd doch das Schlimmste!"
„Das Schlimmste, Vater?" Hartwig erschreckte.
„Ja, wenigstens für meine Wffässung das Schlimmste, was ich einem Manne vorwerfen kann, und das ist Mangel an Charakter-—"
„Erlaube", fuhr der Sohn, ihn unterbrechend, auf; aber eine Hairdbeäoegnng des Vaters brachte ihn zum Schweigen.
„Ich will dir erklären, wie ich das nieine, Hartwig. Vielleicht findet mein Wort die richtige Statt und lvirkt reinigend. Ich wünsche es in deinem Interesse."
„Ich wußte nicht, daß ich in solchem Maße deine Unzufriedenheit verursacht," sagte der Jüngere bitter.
„Wir waren liberale Eltern, deine Mutter und ich," fuhr der Geheimrat fort, „wir bauten auf euren gutensoliden Fond und ließen euch frei, unseren Verhältnissen gemäß leben und euer Dasein ansbauen."
„Ich habe —> —
„Du hast keine Schulden, keine Dummheiten, oder böse Streiche gernacht, mein Junge, das ist richtig", brauste der Barer auf. „Ich kann nicht einmal .sagen gottlob. Beinahe wäre es mir leider gewesen."
„Merkwürdige Auffassung, Vater!"
„Tein großväterliches Erbe und dein Konto drüben erfüllten dir ohnehin alle Wünsche. Wozu also Schulden? Du spielst nicht, hast keine übermäßigen Verschwenderpassionen, Weiber und Pferde regen dich nicht besonders auf. Das ist Arrlage, aber kein Verdienst weiter."
„Worin liegt also mein Fehler? Erkläre mir, bitte —"
„Ich bin dabei und spreche hier nicht gls Vater mit Vorwurf oder Tadel, sondern als Mann zum Manne, Hartwig. Darum verlange ich von dir Ruhe und Ver-. standnis, verstanden?"
,Hch bin ruhig."
„Gut." — Der Geheinrrat setzte sich wieder vor den Schreibtisch hin und drehte den Stuhl dem Sohne zu Er blieb völlig beherrscht. „Du liebst die Gräfin Boardet?"
„Wer Vater, diese Jugendsache — — —"
„Erschüttert dich noch heute derart, daß sie nicht nur mir, soirdern uns allen auf dem Ronsachschen Diner auf- fiel. Noch heute stehst du nitter dem Banne dieser Frau. Sie ist verheiratet, dir unerreichbar; und mit Freude bemerken wir, daß du trotz deiner inneren Kämpfe »dich, wie im vorigen Jahre, auffallend der trefflich erzogenen, ernsten Angelika Sadow widmest. — Sadows und wir erwarten eure Verlobung, und stehen ihr mit Sympathie gegenüber."
„Die Komtesse ist mir sehr sympathisch, mehr nicht", erwiderte Hartwig.
„Ich lasse alle.die Damen fort, die man im Lauf der Jahre mit dir in Verbindung brachte, mein Sohn. Auch von der rothaarigen Französin, die jetzt wieder hier ailsgetaucht ist. will ich nicht sprechen. Das scheint bei — euch — nun einmal so dazu zu gehören. Gut! Wer derartige Episoden streicht nmn gewöhnlich in deinen Jahren Äms und rangiert sich in einer Ehe."
„Bon gerade diesem Wunsch habe ich dir vorhin berichtet, Vater."
(Fortsetzung folgt.)