Saison 1910.

Es ist anders geworden im lieblichen Wildbad, in der Heilstadt, mit den schmalen, sauberen Straßen, im engen Tal. Verschwunden das bunte mannigfaltige Leben auf den Gassen, leer die Musikvlähe und Anlagen. Man hört nur noch die schrillen Dissonanzen surrender Sägen und dazwischen das eintönige Klopfen der Holzhauer oder da^ mechanische Hämmern der Bauhandwerker. Die bunien Flaggen, die auf Villen und Hotels flatterten, sind abge­hißt. Bald werden auch die letzten Fremden von hinnen gehn und alle mi'Issen die graue Lebenssiraße weiterpilg-rn: Diese in feinen Salons die Langeweile pflegen, jene den kalten herzlosen Mammon klappern lassen, andere wieder in dumpfigen Büros mit der Feder kratzen, Eisen hämmern oder blanke Maschinen bedienen, ein jeglicher in seine Art. Aber so manches Mal wird ihnen allen die Erinnerung an unser wild-romantisches, lieblich-idyllisches und heilspendendes Städtchen erwachen und sie werden sich hinein wünschen in die kleine und doch so unendlich große Welt voll Schönheit und Sonnenlicht. Sie alle haben sich erquickt am Born des Heils, berauscht im Tannenduft der Wälder. Aus allen Gegenden des Sonnenaufgangs sind sie hergekommen: Dichter und Dichterlinge, die aus dem Brünnlein der Schönheit ihre krausen Verse schöpften, Gelehrte und Denker, die ihre müden Nerven und kranken Glieder wieder stählten, Handwerker und Arbeiter, die neue Kraft, frische Gesundheit suchten. Und in bunten Seiden­schleiern und großen Blumenhüten verloren sich im lauschi­gen Tannendickicht sommerabendsj die Schönen um die Schönheit zu kosten. Es funkelten bei Lichterglanz im Kursaal Wein und Tanz. An erleuchteten Sommer­abenden lustwandelte die große, glückliche Menge oftmals in den grünen Blätter-Dom an der Enz und schritt vor­

über an buntflammigen Feuerbildern auf dunklem Nacht­grund, zwischen Bäumen in grün - goldnem Schwimmern, schwarz verbrämt, durchsprengt mit roten und blauen Licht­farben, wie Klatschrosen und Kornblumen, und hörte mit Lust dazu die schmelzenden Akkorden klassischer Konzert­weisen. Wie ein Segelrennen ist die Saison auf das Meer der Zeit verschwunden. - Wie mancher, der als Kurgast hier geweilt-, denkt zurück der schönen Zeit und möchte sich wohl emporreißen aus, dem Alltag des Lebens und sich in Wildbad wieder frei und glücklich machen.

Wünsche, die das Leben nicht erfüllt, Illusionen.-

Die diesjährige Saison nahm einen hervorragenden Ver­lauf, sodaß sie in der Chronik Wildbads einen Ehrenplatz beanspruchen darf. Die Fremdeuzisfer hat beinahe das 20. Tausend erreicht und aus den Spalten der Fremdenliste kann man ersehen, dag auch das kosmopolitische Leben in Wildbad steigt und sich besonders in der Hochsaison gut be­merkbar machte. Neben seiner im Vordergrund stehenden Bedeutung als Krankenbad gewinnt Wildbad von Jahr zu Jahr mehr als Luxus- und Vergnügungssammelort. Daß in erster Linie unseren! unermüdlichen Badkommissär Freiherr von Gemmingen der Aufschwung Wildbads zu verdanken ist, gilt allen Einwohnern als selbstverständlich. Vornehm und glänzend arrangierte Feste haben während dieser Saison Wildbad den Ruf als fashionables Bad gesichert; als Kur­bad ersten Ranges, als Segen für Gicht, Rheuma, Nerven­leiden u. a. ist es ja längstens weltbekannt. Die Prome­naden und Anlagen zeigten allabendlich ein buntes Leben und Treiben, und die verschiedensten Sprachen der Welt drangen ans Ohr des Besuchers. Das Einweihungsfest des Kurhauses, die glänzenden Beleuchtungen, die Matinees und trefflichen Konzerte des Kurorchesters und verschiedener Militärkapellen, die kunstvollen Musikabende, an denen sich Künstler und Künstlerinnen hier ein Rendezvous gaben, und nicht zu allerletzt die stimmungsvollen Reunions, luden oftmals zu regem Besuche ein und zeigten unser Städtchen

im günstigsten Lichte. Das Kgl. Badkommiffariat hatte dem Vergnügungs-Programm dieser Saison eine Vielseitig­keit zu Grunde gelegt, die keine Ermüdung auskommen ließ. Und nach dieser Richtung hin schulden alle Einwohner Herrn Badkommiffär Freiherr von Gemmingen herzlichsten Dank. Lobenswert anzuerkennen ist das Zusammenarbeiten aller erforderlichen Aktionen des großen Betriebsapparates unseres Bades und besonderer Dank gebührt wohl Herr» Geh. Hofrat Dr. Weizsäcker für seine Tätigkeit, ferner Herrn Badinspektor Feucht für sein tatkräftiges, mühevolles Walten, und ebenso so auch Herrn Badkaffier Maier für seine Mühe. Auch Hr. Stadtfchultheiß Bätzner und mit ihm die Stadl­vertretung taten ihr Möglichstes, um das Ansehen Wildbads als Luftkurort zu erhöhen und kann unser Städtchen getrost in den Wettbewerb anderer Städte treten. Aus der Saison 1910 ersieht man für unsere Badestadt den Anbruch einer neuen, wichtigen Epoche.

Wildbad, 30. September. Eine Trauerkunde durch­flog heute Morgen unsere Stadt und meldete das plötzliche Ableben des hochgeschätzten Badinspektors Feucht. Ein arbeitsfreudiges Leben hat der Tod mitten in rastloser Tätigkeit beendet, das pflichtgetreue Herz schlägt nicht mehr. 22 Jahre lang hat der Entschlafene mit seinem ganzen willensfreudigen und willensstarken Ich die hiesige Bad- inspektorstelle vorgestanden und allezeit mitgearbeitet am Aufblühen und Ansehen Wildbads in restloser Konsequenz. Alle Symphatien der Einwohner und auch des Kurpublikums schlugen ihm entgegen, alle wußten seinen geraden und aufrichtigen Charakter zu schätzen. Nun schläft er still, sein Platz ist leer. Mit seinen Anverwandten betrauert eine große Gemeinde den guten Menschen, den tüchtigen Beamten. Ruhe sanft" werden viele dem Verstorbenen Nachrufen. Ein ehrendes Andenken wird ihm die Geschichte Wildbads wahren jetzt und immer.

Druck und Verlag der Beruh. Hofaim,rischen Puchdruckerei ln Wildb-rd. Berantwsrtllrb: t 8.: Barrl Kühler daselbst.

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Wir laden hiermit unsere Mitglieder zu der am

Sonntag, den 9. Oktober 1910,

von 2 Uhr Nachmittags an

im Kotel zum goldenen Gchfen» Hiev, stattfindenden

außerordentlichen

General - Versammlung

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Tages-Ordnung:

1. Ankauf eines Bauplatzes zur Erstellung eines Bankgebäudes.

2. Wahl des dritten Vorstandsmitgliedes.

Wildbad, den 29. September 1910.

j)vr Vorstnnä:

Carl Bätzuer. W. Ulmer. I. V.. Ar. Rath.

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Alle im Jahre

1888, 1889

und

1890 Geborenen,

werden zu dem am

Sonntag, den 2. Oktober, abends von 8 Uhr ab

stattfindenden

Rekruten- xxxxx xxxxxx Abschied

im Gasth. zur alten Linde

freundlichst eingeladen.

Ais Wekvuten.

Ein tüchtiges

Einer geehrten Einwohnerschaft von Wildbad «ud Umgebung mache ich die ergebene Anzeige, daß ich das früher von meinem Vater betriebene

nach auswärts für sofort gesucht.

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Der auf Sonntag geplante Ausflug wird besonderer Um­stände halber verschoben.

VE" Samstag abend 8 Uhr "AM

Singstunde

im Gasthaus zumAdler".

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