von verstorbenen Stockheimer Bürgern, oder solchen, die in Amerika oder sonstwo auswärts waren. Nachdem dch Fälle, die so ziemlich -cflle gleich gelagert siird, dnrchgc- sprochen waren, wobei der Angeklagte keinerlei Reue zeigte, nahm ihn der Vorsitzende über die Ursachen und Begleiterscheinungen ins Verhör. Darüber gefragt, wie er zu diesen ungeheuren Betrügereien gekommen sei, gibt der Angeklagte an, daß die Gehaltsverhältnisse zu schlecht gewesen seien Md er auch keine Möglichkeit zu NcbeNf- verdiensten gehabt habe. Auf Vorhalt des Vorsitzenden, daß man ihm von Seiten der Behörden sowohl, wie von den bürgerlichen Kollegien Stockheims abgeraten habe, unter diesen Gehaltsverhältnissen das Amt anzutreten, gibt Bosch dies zwar zn, macht aber geltend, daß ihm aus der Gemeinde Stockheim heraus allerlei Versprechungen bezüglich Unterstützung gemacht worden seien. So habe ein Bürger ihm angeboten, eine Versicherungsagentur an ihn abzutreten und auch die Möglichkeit eines Nebenerwerbes im Wein- und Hopfenbau in Llus sicht gestellt. Er habe dann auch Weinberge gekauft, und dies sei der Hauptgrund seiner Verschuldung gewesen. Daneben aber erschien doch -auch die Haushaltung Bosch's in einem .recht schroffen Gegensatz zu den Vermögensverhältnissen ;und dem Einkommen. Bosch hatte im Ganzen als Schultheiß ein Einkommen vor dem Jahr 1900 von 1122 bis 1300 M, nach 1900 bis zum Höchstbetrag von 2267 M. Er hat aber schon bei den niederen Gehaltssätzen sich ein eigenes Haus gekauft um 1500 M, in das er aber dann 7300 M hineinverbaute und folglich auch ziemlich teuer wohnte. Dann hat er die „Sonne" gekauft und ziemlich großartig eingerichtet, hat Weiirberge und Obstgärten angelegt und viel Geld hineingesteckt, um damit vorbildlich zu sein. Aber sehr viel hat auch der persönliche Aufwand verschlugen. Es wurde festgestellt, daß viele Wurstwaren von auswärts kamen, Landjäger, Salami, Mengener Würste, perschiedene Zentner Ochfennranlsalat z. T. jährlich über 80 Pfund, verschiedene Fäßchen Sardinen, Tee, das Pfund zu 4.50 M, Münchener Bier, große Quantitäten Mineralwasser. Auch sehr teure Leibwäsche ivurde angeschafft, ein Dutzend Hemden um 116,50 M, dann in einem Jahr drei Dutzend Krawatten. Sehr viel hat Bosch für eine Bibliothek angelegt, die einen Kaufwert von 5—6000 M hatte, sodann waren 67 Geigen vorhanden, die er kaufte und zu feu- ren Preisen — seit 1905 allein für 1200 M — reparieren ließ, trotzdem aber verhältnismäßig billig wieder losschlug. Auch für über 1000 M Lotterielose hat er gekauft, 2 Schreibmaschinen und verschiedene Vervielfältigungsapparate iangeschasft, sich hoch in Versicherungen eingekauft usw. Kurz flott gelebt. Den ersten Fehler machte er als Ortsstenerbeamter, wo er amtliche Gelder zuerst für sich verwendete — angeblich auslieh — und dann, als er sie abliefern mußte, die erste Fälschung vor- ! nahm. Er hoffte immer durch Lotteriespiel usw. die sich > zu Unrecht angeeigneten Summen wieder ersetzen zu können, hat auch einmal 3000 M gewonnen, kam aber im übrigen durch die immer crößer werdenden Zins- und Zielerlasten in immer größ.re Schwierigkeiten hinein, sodaß er in einem Jahr bis zu 50 000 M betrügerisch sich aneignete. Verschiedentlich lat er solche Urkunden doppelt ausgefertigt für verschiedene Kassen, war aber immer bemüht, die Kassen zu befriedigen, damit diese keinen Anlaß hatten, an die Schuldner direkt heran zu - gehen.
In der Zeugenvernehmung erklärt der Zeuge Neuweiler, Bauer und Kaufmann in Stockheim, daß Bosch tatsächlich viel auf seine Güter verwendet habe. Für den Haushalt habe er seiner Schätzung nach 6—7000 M jährlich gebraucht, aber man habe geglaubt, daß Bosch das aus Lotteriegewinnen und Erbschaften bestreiten könne, lieber die Amtsführung sei nichts zu sagen, die sei tadellos gewesett.
Zeuge Bezirksttotar S i e h l e r - Güglingen als Konkursverwalter teilt mit, daß die Gläubiger ans etwa 10 Proz. ALfinduirgssumme rechnen können. Es stehen 60000 Aktiva gegen etwa 300000 Passiva. Bosch habe nach seiner Meinung, von Anfang an unvernünftig ge- wirtschaftet und keinen Sinn für Geldwerte gehabt. Er habe sichauch viel zu teuere Passionen geleistet.
Zeuge Wilh. Mayer, Sparkaffenrechner-Bretten, schildert den Geschäftsverkehr Bosch's mit der Brettener Sparkasse, der sehr vorsichtig und raffiniert war. Er habe immer für rechtzeitige Erfüllung der aus Stockheim anfälligetn Verpflichtungen gesorgt und sich hie und da vor dem Termin eine Aufstellung für alle Schuldner des Ortes geben lassen. Das sei einmal durch eine Zufälligkeit unterblieben, dann haben sie direkt an die Schuldner geschrieben Und alle Briefe zurückbekommen. Weil die Schuldner nicht existierten. Mayer ging dann sofort nach Stockheim und.habe sich erkundigt, auch bei ?Bosch, und dieser habe ihm dann gestanden, daß das Fälschungen feien. Das habe dann zur Verhaftung des Bosch geführt. .
Zeuge Wilh. Edelmann-Sinsheim bestätigt, was vier den Verkehr .Bosch's mit der dortigen Kaffe gesagt war.
Zeuge Ehr. G o l l e r - Künzelsan war schon einige »Zeit mißtrauisch bezüglich der Unterschriften und wollte Imn nächsten Termin alle Stockheimer Papiere zusammen- legen und untersuchen, 'da kmn der Zusammenbruch. Er Mbe nicht annehmen können, daß ein Mann in solcher ^Stellung ein Lump sei, sonst hätte er schon viel früher Bedenken gehabt. Tatsächlich sei ja der Kontrolleur Weiß w^ch einmal in Stockheim gewesen, aber ungeschickter Weise in hie Sonne (Schwiegersohn Bosch's) und dann in die -Hände Boschfs gekommen, sodaß er nichts habe erfahren können. Dieser Besuch veranlaßte Bosch, aber doch mit Künzelsan, abzubrechen und sich der Brettener Sparkasse zuznwenden.
Den Geschworenen wurden nun 4 Hauptfragen sorge legt, denen -die Vorgänge mit jeder Kasse als eine ortlaufende -.Handlung zu Grunde gelegt waren, dann sber im einzelnen unterschieden zwischen Privaturkunden- älschnng, öffentlicher Urkundenfälschung, falscher amtlicher Beurkundung und Betrug. Ebenso, soweit dies Essig war, ob mildernde Umstände vorhanden seien.
Der Staatsadnwalt stellte noch einmal alle Momente Emmen, die Raffiniertheit und Ueberlegung, die zahl-»
DaL Denkmal Lubivlg It. in München,'da§ am 19. Juni enthüllt irurd«.
H ft»."'
ML!!
W
ksEIlV-M'ß'.'.'i
pE. -
Mi
LMM
««!»»*-
reichen Fälle, den Mißbrauch des Vertrauens, die flotte Lebenshaltung, die wirtschaftlichen und nwralischen Schädigungen und beantragt, alle Schuldfragen zn bejahen urrd die mildernden Umstände zu versagen.
Der Verteidiger, Rechtsanwalt -Tv. Spröhnlc, suchte die Sache zwar keineswegs zu entschuldigen, aber doch ans den schlechten Gehaltsverhltänissen herans begreiflich zu machen. Er stellt sodann in leuchtenden Farben dar, was Bosch seiner Gemeinde geleistet habe auf vielen Gebieten der öffentlichen Wohlfahrt, Kinderschule, Wein- und Obstbau, und fand verständnisinnige Heiterkeit, als er von dem 25jährigen Jubiläum Bosch's die Aenßerung zitierte: „Man könne einer Gemeinde zu einem solchen Schultheißen nur gratulieren." (Bosch hatte bei diesem Anlaß die Verdienstmedaille des Friedrichsordens erhalten). Er plädierte Ms mildernde Umstände.
Der Spruch der Geschworenen lautete aber schließlich gemäß dem Antrag des Staatsanwalts aus Bejahung aller Schuldfragen und Versagen mildernder Umstände. Der Staatsanwalt beantragt mit Rücksicht auf das hohe Alter eine Gesamtznchthausstrafe von 8 Jahren, eine Geldstrafe von 1000 M, event. weitere 3 Monate Zuchthaus Und Aberkennung der bürgerl. Ehrenrechte .-auf 10 Jahre. Der Verteidiger spricht für eine wesentliche Herabsetzung der beantragten Strafe und Anrechnung der Untersuchungshaft.
Der Gerichtshof erkannte schließlich auf eine Gesamtstrafe von 7 Jahren 6 Monaten Zuchthaus, 1200 M Geldstrafe oder event. weitere 60 Tage Zuchthaus und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf 5 Jahre, Einrechnung der Untersuchung mit 2 Monaten. Als strafmildernd wurde die im übrigen gute Amtsführung, die immerhin schwierige Lage und das hohe Wer Md die persönlichen Verluste angesehen, als strafverschärfend die hohe Zahl der Fälschungen, die kolossalen Summen Und die schlimmen Folgen für das Verhältnis der Beamten -und des öffentlichen Vertrauens, vor allem aber jauch Kr StockHeim selM
-»
Der Allcnstcin-Prozctz nimmt ein rusches Ende.
Allenstein, 1. Juli. Frau Schönebeck-Weber, die sich bei einem Selbstmordversuch an der Pulsader verletzte, ist heute nachmittag nach der Pro- vinzial-Jrrenhei (anstatt in Kortau übergeführt worden.
Im Unterseeboot.
Aus der Wochenschrift „Die Freistatt'" (herausgegeben von Freiherrn v. Vogelfang, Wien) geben wir eine Schilderung der Eindrücke wieder, welche ans die Insassen eines Unterseebootes während einer längeren Fahrt cindringen. Ein amerikanischer Tauchbootkommandant schreibt darüber:
Das Boot ist untergetaucht, das Tageslicht verschwunden, umn hört nur das dumpfe, zornige Stampfen der Maschine. Die erste Wahrnehmung, die sich dem Bewußtsein aufdrängt, das ist der Geruch. Tie Atmosphäre ist ähnlich der des Maschinenraumes eines großen Schlachtschiffes; aber dort kann man sich bewegen, kann vorwärts gehen, kann sehen. Hier bist du in ein heißes, dumpfes, enges Loch eingepreßt. Du siehst nichts, du hörst nichts als die arbeitende Maschine. Dein Auge muß am 'Kompaß haften, du verfolgst das Schwanken der Nadel, und nach kurzen Glockeiffignalen belvegst du die Hebel, deren Handhabung dir übertragen ist. Tu selbst wirst zu einer Maschine, einer menschlichen Maschine, die eine andere im Gange HM. Wenn das Boot senkrecht hcrabsinkt, spürst du gar nichts; nur ein Zeiger verrät dir, daß du mit deinem Stahlstiche in die Tiefe hinabgletzest. Wenn du tauchst, dann verrät dir wenigstens die leichte Senkung des Bodens die Bewegung, und du mußt dich vorwärts oder zurück neigen, um das Gleichgewicht zu behalten. Wenn du den Mick emporwendest und durch die Luke schauen willst, dann siehst du nur einen dünnen grünlichen Lichtschimmer, der dir vom Tageslicht erzählt. Hin und wieder steigst du empor, um durch das Periskop nach deinem Ziele Ausschau zu halten. Aber das sind kurze Augenblicke: dann wieder mußt du hinunter, dünner und dünner wird -das Tageslicht bis matte, grünliche Finster
nis dich wieder umgibt. Alle Bewegungen des Bootes das Tauchen und Austauchen müssen langsam und vorsichtig bewirkt werden, denn dein Leben hängt davon ab, daß die Chemikalien in den Batterien nicht ineinander geraten.
Aber einen Augenblick gibt es doch, wo wir -Unter- seebootsleute ein GlückSgefühl kennen lernen: das ist an schönen Tagen, wcknn wir nach langer Fahrt im Dunkeln auffleigen und durch die Teckluke emporschauen. Lichter und lichter wird es dann, das Dunkelgrün wird zu einem Hellgrün, wir kommen dem Seespiegel näher. Das ist, als glitten wir hinauf zu einen: mächtigen, silberblitzenden Spiegel. Aber dieses Gefühl der Erlösung.ist dem Unterseemann nur selten geschenkt und ist teuer erkauft durch lange Stunden und Tage in ungewisser Finsternis. Ter Mann auf einem Schiffe kann getrost Yen Kamps 'mit dem .Sturme urrd dem Zorne des Meeres ausnehmen, er hat den Himmel über sich, er hat Licht, er sieht sein Schicksal und kann mit ihm ringen. Aber die zehn oder zwanzig Männer, die im Unterseeboote ihre Pflicht tun, sehen nichts von der Sonne, keine Wolken, keine Farben, es gibt kein Teck, wo sie einmal die von Bewegungslosigkeit matten.Glieder strecken können, es gibt keine Luke, durch die man einmal frische, wirklich frische Luft schöpfen kann. Das Boot ist eine große Maschine, und der Mann nur Nebensache. Es gibt keine Kabinen, überall sind Maschinenteile, Drähte, Hebel, Klappen, zwischen denen man fast unbeweglich steht und eine ewig gleiche Ausgabe erfüllt.
Für Oesen oder Dampfheizung ist kein Raum, die Maschine braucht alles Kr sich; wenn die Wintermonate nahen, dann wird das Boot zum Eiskühler, und oft stehen die Matrosen stundenlang bei einer Temperatur von Null Grad auf ihrem Posten, ohne sich durch kräftige Bewegung erwärmen zu können. Das Boot ist vielleicht Nur halb untergetaucht, durch den tnrmartigen Aufbau sieht man die See, in der dumpfen muffigen Atmosphäre wird die Sehnsucht nach frischer Lust übermächtig; aber wenn die Luke geöffnet wird, schlagen vielleicht eiskalte Wogen in das Innere. Wer einen Augenblick frei ist, schleicht sich in die Nähe des Gasmotors, um ein wenig Wärme zu empfangen. Jedermann an Bord ist sich bewußt, daß ein kleines Versehen, ein Zufall, eine geringfügige Nach-' läWgkeit das Schicksal aller besiegelt, und darum werden auch pur die zähesten, mutigsten und charakterstärksten Leute ausgewählt, um im Unterseeboot ihrem Lande zu dienen. .
Die Auswahl ist streng, und nicht viele bestehen die Probe, die sie ablegep müssen, um in dies Elitekorps ausgenommen zu werden. In Amerika macht jede Bemannung eines Unterseebootes eine sogenannte Prüsungsfahrt mit, bei der Men Matrosen an Bord Ziel und Tauer der Reise unbekannt bleibt. Mit vollem Ballast sinkt das Boot in die Tiefe, die Lichter erlöschen und die Fahrt beginnt. Nur der Mann am Kompaß kennt die Richtung. Tie übrigen stehen im Tunkeln an ihrem Posten, sie spüren, wie die Stahlhülle unter der Arbeit der Maschine zittert, aber sic wissen nicht mehr, wo sie sind und was werden wird. Ta zeigen sich Mut und Selbstbeherrschung. Tas ist auch der Augenblick, in dem der Offizier die Nerven seiner Mannschaften prüft, das ist die Stunde bei der schwächen unfehlbar erkannt werden. Kein Wort fällt, aber der Mann, der bei dieser Prüsungsfahrt jnur Kr wenige Sekunden Anwandlungen von Schwäche oder Unruhe gezeigt hat, über den ist das Urteil gesprochen. Er scheidet aus dem Unterseeboots-korps aus, und nie wieder betritt sein Fuß die Stahlfließen eines Tauchbootes.
Handel und Volkswirtschaft.
Reutlingen, 1. Juli- Die Architektur-- und Baufirma Krämer und Wrndmnller hat das beim Bahnhof gelegene Lam» parterfche Anwesen um den Preis von 58 000 Mark erworben. Sie beabsichtigt, darauf ein modernes, gut bürgerliches Hotel zn erstellen.
- Ihr Standpunkt. Haben Sie's gelesen, gnädige Frau, die Sonnenflecken sind von großem Einfluß anjsirnsere Witterungsverhältnissc". - „Ja, ja, es geht hall nichts über die Reinlichkeit!"