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mit Erzähler vom Schwarzwcrld.

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Nr. S8:r.

Zeigt den Hausgenossen würde.

Euren Frauen seid gesprächig.

Gegen Fremde seid bescheiden.

Gegen euch und eure Aiuder Unachtgebend streng und fest.

Herder.

22 )

Willst du Richter sein?

Roman von Maximilian Böttcher.

(Fortsetzung.)

Die andern vielen Bekannten aber, die einen: nicht gerade vor der Nase wohnten? An denen fuhr man jetzt, wo allen die Arbeit auf den Nägeln brannte, zwar ab und zu mal auf der Straße vorbei, wenn man sich aber sprechen wollte, mußte man sich schon abends in die Krone bemühen, in der jetzt bei der Sommerhitze die Fliegen, von Tabaksqualm und Fufel- geruch benebelt, sich schwadronsweise auf den müden Gast und sein schales Bier niederliehen. DieMuhme" Wirtin, die Pflegemutter Frau Maries, hatte Gottfried einmal aufgelauert, ihm zugeflüstert: Mußt dich nicht so dünn machen, Friedel. Sieht ja aus, als ob du dich schämst. Wirst deinen Landsleuten ja noch 'mehr fremd dadurch, als du's schon so bist. Komm nur flei­ßig zu mir, trink dein Gläschen dazu wird's doch noch reichen und sollst mal sehen, bald bist du wieder mit allen dick Freund!" Doch Gottfried wußte ganz genau: seine Anwesenheit sollte der Alten, der die Hab­gier aus den Augen funkelte, nur als willkommene At­traktion für die anderen Rodenauer dienen, deren Ju­gend ihr durch lne appetitlichen Töchter desWeißen Roß"-Wirtes ohnehin in letzter Zeit stark abspenstig ge­macht wurde.

Außer dem einarmigen Nachbarn und der Muhme Kronenwirtin legte jedenfalls kein Rodenauer ein be­merkbares Interesse für den Heimgekehrten an den Tag. Die Kinder ebenfalls noch, die stehenblieben und ihn

Amtsblatt für die Ltadt Wildbad. /s lnsörate nur 8 Ag. ^

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verkündigungsblatt

der t(gt. Forstämter Wildbad, Meistern.

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während der Saison mit

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Freitag, den S. Dezember liMS.

Präsidentenwahl im Reichstag.

Berlin, 1. Dez.

(kb). So schwer wie diesmal ist wohl noch nie die Wahl eines Reichstagspräfidiums zusammengekommen. Tausend Schwierigkeiten und Bedenken, immer ireue Wi­derstände galt es diesmal zu überwinden, und als heute der Reichstag nach dreistündiger Sitzung auseinanderging, da war trotz aller Vorverhandlungen vor und hinter den Kulissen das Haus noch immer nicht konstituiert: die Wahl des 2. Vizepräsidenten, um die sich be­kanntlich alles dreht, hatte bis Freitag ver­tagt werden müssen.

Zur Erklärung des heutigen Vorganges ist eine kurze Rekapitulation der Vorgeschichte notwendig. Das Zentrum, das als stärkste Partei «des Hauses von rechtswögen den Anspruch auf die Stellung des Präsidenten hat, hatte nach der Neuwahl von 1907, als in der Regierungspolitik Gegen das Zentrum" Trumpf war, sich in den Schmoll­winkel zurückgezogen und auf jede Beteiligung am Prä­sidium verzichtet. Nun, bei der veränderten Lage der Dinge, präsentierte es wieder seine Rechnung, allerdings nicht ohne den konservativen Brüdern im schwarzblauen Block die Konzession zu machen, daß es sich zur Wiederwahl des Grafen Stolberg bereit erklärte, wenn ihm die Würde des 1. Vizepräsidenten überlassen bliebe. Es frug sich nun, welche Stellung die nationalliberale Frak­tion, die bisher bekanntlich durch den 1. Vizepräsidenten Paafche im Vorstand des Reichstags vertreten war, zu der Neugruppierung der Parteien einnehmen würde. Es ist wohl nur dem lauten Protest der Nationalliberalen im Lande draußen und insbesondere der jungliberalen Presse und der jungliberalen Führer zu danken, wenn die Frak­tion in letzter Stunde sich entschloßt und zwar, wie man hört, ziemlich einmütig sich entschloß, nichts bereits wie­der mit dem neuen Block anzubandeln, sondern gleich! dem Freisinn von derFinanzreform"-Mehrheit auch! bei dieser Gelegenheit deutlich ab zu rücken und keine der Präsidentenstellen lanzunehmen.

Aus ähnlichen Gesichtspunkten heraus hatte auch die sozialdemokratische Fraktion beschlossen, diesmal nicht weiße Stimmzettel abzugeben, sondern, um die Blockfirma recht deutlich zu unterstreichen, die Wiederwahl des Grafen Stolberg ebenso wie die Neuwahl des vom Zentrum präsen­tierten Abgeordneten Spahn zu Unterstützen. Inzwi­

schen hatte nun aber auch die Reich spart ei aus welchen Gründen ist noch nicht recht ersichtlich es ab­gelehnt, ihrerseits den 2- Vizepräsidenten zu stellen. Es blieb also nur noch! znr Auswahl die Sozialdemokra­tie, die anscheinend durchaus Lust hatte, dem Grafen Stol­berg und dem Oberlandesgerichtspräsidenten Spahn ihren Herrn Singer auf die Nase zu setzen, daneben die Polen und endlich das etwas bunte, nach dem Ausscheiden des Abgeordneten Schack nun auf 18 tapfere Mannen zu- sammengefchmolzene Häuflein der Wirtschaftlichen Vereinigung. Und siehe da, die Outsiders schienen wieder einmal Glück haben zu sollen; um die Mittags­stunde hieß es in den Wandelgängen einer aus der Mitte der Wirtschaftlichen Vereinigung, der Welfe von Damm werde als 2. Vizepräsident künftig die Geschicke und Ge­schäfte des Reichstags lenken.

Der Wahlakt ging in der üblichen, recht komplizierten Weise vor sich. Graf Stolberg wurde mit 256 von 354 abgegebenen Stimmen gewählt. Die freisinnige Frak­tionsgemeinschaft und die Nationalliberalen gaben, den Fraktionsbeschlüssen entsprechend, weiße Zettel ab, 96 an der Zähl. 2 Stimmen entfielen, worüber das Haus mit stürmischer Heiterkeit quittierte, jaus denWahrheits"- Helden, die Zierde des Hauses, den Abg. Bruhn.

Zum 1. Vizepräsidenten wurde mit 239 Stimmen bei 104 Stimmenthaltungen Herr Spahn gewählt. Herr Bruhn erhielt abermals eine Stimme. Bei der Wahl des 2. Vizepräsidenten gab es gar 118 Stimmenthaltungen. 221 Stimmen erhielt der bisherige 1. Vizepräsident Paasche, der aber sofort, unter Berufung auf das Ein­verständnis mit seinen politischen Freunden, dieAblehn - ung der Wahl erklärte.

Und nun gab es abermals eine Ueberraschung. Eine lange, lebhafte, ja stellenweise leidenschaftliche Ge­schäfts o r duu n g s d e ba t te. Plötzlich beantragte nämlich der konservative Führer v. Norm au n, die Wahl des 2. Vizepräsidenten auf Freitag zu verta­gen und heute nur noch die Wahl der Schriftführer vor­zunehmen. MiURecht protestierte dagegen der Abg. Sin­ger, mit der Motivierung, daß ohne einen 2. Vizepräsi­denten das Haus überhaupt nicht konstituiert, also nicht arbeitsfähig sei. Er fand Unterstützung bei den. Juristen sowohl der freisinnigen Fraktionsgemeinschaft (den Abg. Dr. Müller-Meiningen nnd Dr. Wi eurer) wie auch der nationalliberalen Partei (dem Abg. Basser­mann), außerdem aus den Reihen der Sozialdemokratie

scheu-prüfenden Blickes musterten, wenn er mit seinen mageren Gäulen vorbeifuhr. Der Vierzehnjährige vom Großbauern Brückner aber, der ihn schon öfters frech angegrinst hatte, rief ihm eines Tages das WortTot­schläger" zu. Und nahm dann natürlich, was die bar­füßigen Beine hergeben wollten, Reißaus. Aber die lange Lederpeitsche in Gottfrieds Hand war doch noch fixer, und sie faßte den Flüchtling so, daß! gleich sein dünner, auf fremden Obstbäumen abgescheuerter Hosen­boden querüber aufplatzte, und der Bauer sich ein At­test über die Mißhandlung vom Doktor ausstellen ließ. Von da ab flohen die Kinder vor Gottfried Reinhardt. Und war doch keiner in Rodenau, der die Kinder lieber lieber gehabt hätte als er. Nicht einmal Frau Pastor Reimer, die bei jeder Frau, die eins auf dem Arm oder an der Hand hatte, stehenblieb und mit demlieben Ge­schöpf", demsüßen Balg", demganzen Vater" oder der ganzen Mutter", schön tat. Reimer, ihr Gatte, hatte sich zwar in Landluft und leichtem Dienst bis in die Siebzig hinein vortrefflich konserviert, doch war er wegen seiner orthodoxen Strenge nicht gerade beliebt bei seiner Gemeinde, die sich für ihn, den längst pen- fionsfähigen, sicher einen jüngeren Seelenhirten bei der Regierung erbeten haben würde, wenn die Frau Pastor es ihm Gegensatz zu ihrem Manne nicht so meisterhaft verstanden hätte, allen Rodenauer Frauen zum Munde zu reden. Und wo hätten die Frauen die Männer nicht in der Tasche?

Trotz des ärztlichen Ältestes aber besann sich Brück­ner und nahm von der geplanten Anzeige bei der Staats­anwaltschaft Abstand. Onkel Jörg berichtete, der in dem geplatzten Hosenboden seines Sprößlings arg mitgetrof­fene Vater hätte kundgetan, er würde .sich hüten, so einen, so einen der sicheren gerichtlichen Bestraf­ung zu überantworten. Hinterher könnte man keine

Stunde sicher sein, ob so einer-so einer . . . nicht

blutige Rache nehmen würde!

Dazu hatte Gottfried zum ersten Male aus vollem Halse und ohne Bitterkeit gelacht. Die vier Wochen, die er nun schon in der Freiheit lebte, hatten seinen

2«. Jahrg.

noch bei den Abgeordneten Südekum und dem Abg. Bebel, der nach jahrelangem Schweigen heute zum er­sten Male wieder das Wort ergriff. Merkwürdigerweise waren auch in dieser rein geschäftsordnungsmäßigen Frage nur die Konservativen v. Normann und Dietrich und der Klerikale Graf Praschma einer Meinung, und da der Block auch bei dieser Gelegenheit strenge Dis­ziplin erwies, wurde denn auch in namentlicher Abstim­mung der Vertagungsantrag v. Normann mit 220 Stim­men gegen 90 freisinnige und sozialdemokratische Stim­men bei 42 nationalliberalen Stimm enthalt» nge n an­genommen. Da der zweite Teil des Normannschen Antrags, die Schriftführerwahl schon heute vorzunehmen, zurückgezogen wurde, vertagte sich das Haus auf Frei­tag. Auf der Tagesordnung steht neben der Fortsetz­ung der Präsidentenwahl das englische Handelsprovisorium und das Notgesetz über die Witwen- und Waisen-Versicher- ung.

Anscheinend sollen neue Verhandlungen zwi­schen Konservativen und Reichsparteilern in die Wege geleitet werden, um doch noch an Stelle des Herrn v. Damm ein Mitglied der Reichspartei, etwa den Fürsten Hatzfeld, als den 2. Vizepräsidenten zu gewinnen. Auch der Abgeordnete Erbprinz von Hohenlohe-Lange n- burg wird als Kandidat für diesen Posten genannt.

* qc H

Mit der Ablehnung des zweiten Vizepräsidentenpo- stens haben die Nationalliberalen die einzige richtige Kon­sequenz aus der politischen Situation gezogen. In diesem Verhalten liegt der ernstliche Entschluß dieser Partei, das Tischtuch zwischen sich und dem schwarz-blauen Block ent­zwei zu schneiden. Die Nationalliberalen haben durch diese Tat das Vertrauen in eine liberale Politik, das bei den Linksliberalen viele Jahre hindurch erschüttert war, zum zweitenmale seit der Abstimmung über die Reichsfinanzreform befestigt.

* * 4-

Anträge im Reichstag.

Im Reichstag sind folgende Anträge ejngc- bracht worden: 1) Antrag Hertling (Ztr.): Tie Verbünde­ten Regierungen zu ersuchen, die Gründung und Unter­haltung einer mit allen Hilfsmitteln der modernen Technik ausgestatteten Versuchsanstalt für Luftschiff­fahrt in F r i e d r i ch s h a fe n unter Leitung Zeppelins zu ersuchen, dem Mißbrauch enrgegenzuwirkev, wonach in zu ersuchen, dem Mißbrauch engegeuzuwir.eu, wonach in

jungen Körper mit neuer Kraft genährt und in dem gekräftigteu Körper auch die junge verdüsterte Seele wieder frei und stark werden lassen. Die Arbeit im Hellen Schein der warmen goldenen Sonne, die Ar­beit auf der über die Maßen geliebten Heimatscholle! tat ihm so wunderbar wohl. Und wenn ihm auch die Menschen feindselige Gesichter schnitten, Gott sah doch freundlich auf seiner Hände Werk. Der Roggen war so gut unter Dach und Fach gekommen und lohnte so reich­lich, daß fein Ertrag sicher die Hypothekenzinsen für das ganze Jahr decken mußte; Hafer, Rüben und Kar­toffeln standen prächtig und versprachen die gleiche köst­liche Ernte. Ja, Gottfried fühlte, er hatte einen Weg vor sich, der zu einem Ziele führte; hoch oben vom blauen Himmelsbogen her blitzte und flammte es wie Hoffnung auf Segen. Das vergangene Trübe, das er durchgemacht, konnte er's nicht für einen bösen Traum nehmen? Tat er nicht am klügsten, es zu vergessen, für den er schuldlos gelitten, dem er Entlarvung und Vergeltung zugeschworen? Hatte Onkel Jörg nicht recht, wenn er sagte, allein das Bewußtsein des inneren Wer­tes mache den Mann, nicht die Meinung der dummen und blinden Welt? Und wenn die beiden Nächsten, eben der Onkel Jörg und die Mutter, fest und in Liebe zu einem hielten, fest und voll Vertrauen auf ihn bau­ten, konnte er dann der Wertschätzung der andern, des Verkehrs mit den andern, den sogenanntenalter: Be­kannten", den in Wahrheit ewig Fremden, nicht gut und gern entraten?

Ja, nur der Wertschätzung der einen entriet sich's schwer, der einen, die er wohl noch mehr liebte als den Onkel und die Mutter zusammengenommen. Die .Sehnsucht, Erna Plathen zu sehen und zu sprechen, schwieg eigentlich nie ganz still in Gottfrieds Brust, schwieg nicht still im Drange heißester täglicher Arbeit, schwieg nicht still während der kurzen Mahlzeiten, schwieg auch nicht still im Traum des Einschlafens, in: Traum der Nacht, war und blieb in ihm wie ein unbezwing- liches glühendes Fieber.

(Fortsetzung folgt.)