Amtliche Bekanntmachungen.

Kommunalverband Calw.

Ausgabe von Nährmitteln an Kranke und Kinder gegen Brotmarken.

Nachdem der Reichsminister für Ernährung und Land­wirtschaft laut Erlaß vom 29. April 1920 L3202 von der Anrechnung der mehlhaltigen Kindernährmittel auf die Mehlration abgesehen hat, ist die Anordnung der Landes­getreidestelle (Calwer Tagblatt Nr. 90 vom 19. April 1920), wonach Grieß, Kindergerstenmehl Zwieback und Keks nur gegen Ablieferung der entsprechenden Brotmarken abzu- geben sind, hinfällig. Die Ausgabe dieser Nährmittel kann daher wieder nach den bisherigen Grundsätzen erfolgen.

Calw, den 18. Mai 1920.

Kommunalverband: Oberamtmann Eös.

Amtliche Bekanntmachung.

Betreff: Haferablieferung.

Die Laudesgetreidestelle drängt auf rasche Erfüllung der noch rückständigen Haferlieferungen. Sie weist insbe­sondere auf die Mißstimmung hin, die unter den Land­wirten dadurch entstanden ist, daß ein Teil derselben die verlangte Hafermenge zu dem Preis für Umlagehafer ab­geliefert hat, während andere sich dadurch Vorteile ver­schafft haben, daß sie ihrer Ablieferungspflicht nicht nach­gekommen sind.

Die Kommunalverbände sind deshalb beauftragt wor­den, den säumigen Landwirten die Ablieferung der rück­ständigen Hafermenge an den Kommunalverband binnen kurz bemessener Frist aufzugeben. Ist die Ablieferung der umgelegten Menge infolge Abgabe von Hafer an Dritte nicht mehr möglich, dann haben die Landwirte unbeschadet der Strafvorschrift in 8 80 Abs. 1 Nr. 13 der REO. als Schadensersatz das Doppelte des zur Zeit der Festsetzung geltenden Marktpreises, oder falls der von ihnen erzielte Verkaufspreis höher ist, diesen an die Reichsgetreidestelle zu zahlen. Nach Ablauf der obengenannten Frist wird ent­weder zur Enteignung geschritten oder der vom Oberamt festgesetzte Schadensersatz im Zwangsweg beigetrieben.

Kommunisten bereit zu halten, weshalb Haussuchung bei ihm vorgenommen wurde, die jedoch erfolglos verlaufen ist. Durch irgend ein Mißverständnis veranlaßt, muß Paasche die Flucht ergriffen haben, und da er auf dreimaligen An­ruf nicht stehen blieb, erschossen worden sein. Die Schriftl.

Vermischter.

Eine diplomatische Doktorfrage.

ml. Blätternreldungen'zufolge sollte der deutsche Ge­schäftsträger in Paris am Quai d'Orsay nicht mit der ge­hörigen Rücksicht behandelt worden sein. Insbesondere wies man darauf hin, daß die Türhüter, wenn Dr. Mayer im Auswärtigen Amt erscheint, die zum Zimmer des Ministers führende Tür nur zur Hälfte öffnen, während sie beide Flügel aufzureißen pflegen, wenn der englische Botschafter vorspricht. Wie der PariserExcelsior" erklärt, darf man in dieser Praxis aber ganz und gar nicht eine den Vertreter Deutschlands herabsetzende Geste sehen. Sie ist lediglich eine Folge der im Protokoll festgelegten diplomatischen Etikettenvorschrift. Es besteht in allen diplomatischen Aemtern der durch Ueberlieferung geheiligte Brauch, daß beim Erscheinen eines Botschafters beide Flügel der zum Empsangssaal führenden Tür geöffnet werden, während man sich mit der Oeffnung eines Türflügels begnügt, wenn ein Bevollmächtigter oder ein Geschäftsträger zum Empfang erscheint. Da Dr. Mayer nun nur als Geschäftsträger in Paris beglaubigt ist, handle der Türhüter nur nach seiner Instruktion, wenn er ihm nur einen schmalen, dem bri­tischen Botschafter aber einen breiten Weg zum Allerheilig­sten des Ministers öffne. Bekanntlich hat der Franzose für jede Ungezogenheit und Geschmacklosigkeit eine Ent­schuldigung.

Wie sich Italien amüsiert.

mi. Nach einem durch statistisches Material gestützten Bericht derEpoca" ist das Wachstum der italienischen Krnotheater, deren Zahl sich bisher über 4000 belief, noch immer in Madigem Wachstum begriffen. Wie groß das llnterhaltungsbedürfnis der Italiener ist, bezeugt daneben die stetige Zunahme der Theater und Varietes. Am stärk­sten zeigt sich das llnterhaltungsbedürfnis in Mailand, wo man einige zwanzig Theater und vierzig Lichtspieltheater, ganz zu schweigen von den anderen Vergnügungsgelegen­heiten, zählt. Man hat berechnet, daß Abend für Abend zwei Drittel der Mailänder Bevölkerung diese llnterhal- tungsstätten besuchen. Neapel hat im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl die kleinste Anzahl von Vergnügungs­lokalen aufzuweisen, nämlich 22 Theater und Varietebüh­nen und etwa 20 Kinotheater. Die Bewohner von Rom geben allabendlich über 100 000 Lire für Eintrittskarten zu Theatern und Kinos aus. Es gibt in Rom 25 Theater und Schauspttlbühnen und über 40 Lichtspieltheater. Wäh­rend vor zehn Jahren noch der Jahresdurchschnitt des Unterhalt« agsbudgets des Italieners 6 Lire betrug, ist er heute auf über 65 Lire gestiegen. Eine beredte Sprache reden au..- die anderen Ausgabeziffern, beispielsweise die für We!,!. Trotz des Gesetzes gegen den Alkoholmißbrauch, das dc n Zweck dienen sollte, die Zahl der Weinschenken zu ven gern, haben sich diese nach Inkrafttreten des Gesetzes um nicht weniger als 35 Prozent vermehrt. Ebenso ist a der Verbrauch von Tabak in"5 Jahren um 50 Prozent ' stiegen.

Es darf erwartet werden, daß die noch sSumlgen Land­wirt« bei dieser Sachlage in ihrem eigenen Interesse ihre Pflicht zur Ablieferung des Umlagehafers umgehend erfül­len und dem Kommunalverband dadurch die Durchführung der erwähnten Maßnahmen ersparen.

Calw, den 25. Mai 1920.

Oberamt: Vögel, Amtmann.

Vergütung für Kriegsleistungen.

Gemäß Art. 21 Abs. 3 des Gesetzes über Kriegs­leistungen vom 13. 4. 1873 (R.G.Bl. S. 121) werden die Gemeinden Althengstett, Oberreichenbach, Ostelsheim, Un­terreichenbach aufgesordert, ihre Anerkenntnisse über Ver­gütung und zwar:

Althengstett für Naturalquartier, Stallung und Verpflegung im Monat November 1918, Oberreichanbach für Naturalquartier und Stal­lung im Monat November 1918,

Ostelsheim für Naturalquartier und Stallung im Monat November 1918, ^

Unterreichenbach für Naturalquartier und Stallung im Monat November u. Dezember 1918 der Oberamtspflege Calw behufs Empfangnahme von Ka­pital und Zinsen vorzulegen.

Calw, den 21. Mai 1920. Oberamt: Eös.

Oberamtliche Bekanntmachung.

Die Besitzer von stationären und ortsbewsglichen Ex­plosionsmotoren (Verbrennungsmotore) werden hiemit auf­gefordert, dieselben unverzüglich bei der Gemeindebehörde ihres Wohnorts sStadt)-Schultheitzenamt anzumelden.

Unter stationär fallen sämtliche in den Werkstätten, Fabriken und sonstigen Unternehmungen zum Betrieb auf-' gestellten Explosionsmotors Und Benzol-Lokomobile. Unter ortsbeweglich sind die Sägen- und Dreschmaschinen- Explosionsmotore und Benzollokomotiven zu verstehen.

Es wird ausdrücklich noch darauf aufmerksam gemacht, daß diejenigen Motorenbesitzer welche der Meldepflicht nicht Nachkommen, kein Anrecht auf Bezug von flüssigem Brennstoff geltend machen können. Irgendwelche Aender-

Dir M der steigende» B«n.

W.W. Früher hieß es, der sinkende Wert des deutschen Geldes verteuert die Rohstoffe und damit die wichtigsten Eebrauchsgegenstände. Man hoffte, daß unsere Valuta doch recht bald wieder steigen möchte, damit es uns besser gehe. Jetzt ist die Valuta gestiegen und steigt immer wei­ter, aber die wirtschaftliche Entwicklung geht nicht bergan. Die Kursentwicklung der deutschen Mark seit Januar dieses Jahres wird durch folgende Ziffern gekennzeichnet:

Der holländische Gulden kostete an der Berliner Börse: am 6. Januar 1920 -1t 18.58, am 27. Januar -1t 42.60, am 10. Mai-1t 18.63.

Der deutsche Markkurs hat also in 15 Wochen das wie­der eingeholt, was er im fünften Teil der Zeit, in 3 Wochen, zu Beginn dieses Jahres verloren hatte. Nun hat sich in der Volkswirtschaft der Satz als richtig erwiesen, den man früher nur auf einzelne Betriebe anwendsn zu kön­nen glaubte. nämlich, daß die Preise für fertige Waren um einige Monate hinter den Schwankungen der Rohstoff­preise nachhinken. Die durch den Tiefstand des Markkurses Ende Januär bedingte Verteuerung ausländischer Roh­stoffe kam auf dem Markt der fertigen Erzeugnisse erst im Laufe des April voll zur Wirkung. In Erwartung eines weiteren Sinkens oder doch eines fortdauernden Tief­standes des Markkurses haben die Rohstoff-Importeure und Fabrikanten fortlaufend beträchtliche Mengen teurer Roh­stoffstoffe gekauft, die noch jetzt nicht vollständig verarbeitet sind. In noch viel größerem Umfange liegen aber die daraus gewonnenen fertigen Erzeugnisse in den Lager­räumen der Händler und Fabrikanten. Der inländische Verbraucher, dem es schließlich einleuchtete, daß der Kurs­sturz der deutschen Mark die Preise verteuert, erwartete nun beim Steigen des Markkurses ein schnelles, erhebliches Sinken der Preise und kaust nur das Allernotwendigste. Die hohen Rohstoffpreise und die inzwischen gewaltig ge­stiegenen Löhne und anderen Produktionsunkosten haben die Erzeugnisse der deutschen Industrie auf einen noch nie dagewesenen Grad verteuert. Das Inland kauft nicht, weil es einen Preissturz erwartet; das Ausland kauft nicht, weil der deutsche Markkurs inzwischen solche Höhe erreicht hat, daß die Waren-Spekulanten draußen an unseren Export­gütern nicht mehr genug verdienen. So ist fast mit einem Schlage der Inlands- und Auslandsabsatz zum Stehen ge­kommen. Was wird die Folge davon sein?

Die oft aus ganz anderen Berufen in den Handel ein­gedrungenen Gelegenheits-Kaufleute, Schieber, Wucherer und Kettenhändler die sich meist vis zur Grenze ihres Ver­mögens mit Waren vollgesogen haben, können eine Unver­käuflichkeit ihrer Vorräte wahrscheinlich nur kurze Zeit ertragen. Um ihre laufenden Verpflichtungen zu erfüllen, werden sie ihre Waren nötigenfalls auch zu Verlust­preisen abstotzen müssen. In diesen Strudel würde dann auch der solide Kaufmann und der direkt verkaufende Fab­rikant hi'hingerissen werden. Die Preise würden dann allerdings sinken, aber zahlreiche Betriebe würden die Pro­duktion einschränken und Arbeitskräfte entlassen. Selbst wenn die Löhne nicht schneller stürzen sollten als die Preise, würden den Massen Erwerbsloser die billigeren Waren genau so- unerschwinglich sein wie früher die teueren. Das Reich würde eingreifen, die Erwerbslosen unterstützen und neue Verbrauchsschulden übernehmen müssen. Damit würde

ungen (Vesttzwechsel, Verkauf usw.) sind jeweils dem' Roh-' stoff- und Austragsamt, Abteilung Betriebsstoffe, Stutt­gart, sofort mitzuteilen.

Calw, den 18. Mai 1920.

__ Oberamt: Bügel, A mtmann.

Bekanntmachung d. Heeresabwicklungsamtes Württemberg betreffend Nachforschung nach lettischen Staatsangehörigen.

Nach Ansicht der lettischen Delegation für Kxiegsge« ffangenen-Angelegenheiten befinden sich in Deutschland noch zahlreiche Kriegsgefangene rc. lettischer Nationalität. In Kürze sollen diese nach ihrer Heimat abtransportiert werden.

Es wird daher ersucht, alle außerhalb der Kriegs­gefangenenlager untergebrachten Kriegsgefangenen rc.> lettischer Nationalität dem Kriesgefangenenlager Ulm zuzuführen um ihren Abtransport in ihre Heimat bewerk­stelligen zu können. In Frage kommen auch solche, die sich widerrechlich aus den Lagern und den zugewiesenen Ar­beitskommandos entfernt haben, falls sie nach Lettland ab­transportiert werden sollen. Bestrafungen wegen eigen­mächtigen Entweichens haben sie in diesem Fall nicht zu gewärtigen.

Zurückbleiben dürfen nur solche, die schriftlich aus Heimtransport verzichtet haben. Die amtlich beglaubigten Verzichtserklärungen sind alsbald dem Kriegsgefangenen­lager Ulm zu übersenden.

Desgleichen werden alle ehemaligen russischen Staats­angehörigen. die nach den jetzt bestehenden Gesetzen ein An­recht auf die lettische Staatsangehörigkeit zu haben glauben und nach Lettland zurückzukehren wünschen, aufgefordert, unverzüglich ihre Adressen und Gesuche an das Kriegs­gefangenenlager Ulm einznsenden, welches das Weitere ver­anlassen wird. -

Die Oberämter usw. werden ersucht, diese Bekannt­machung auch in den Bez.-Blättern veröffentlichen zu wollen.

Stuttgart, 14. Mai 1920.

Heeresabwicklungsamt Württ.

Abw.-Amt des fr. Xlil. A.-K.

das Steigen des deutschen Markkurses, das übrigens genau so unberechtigt ist wie vor vier Monaten der jähe und tiefe Sturz aufhören und die Schaukel würde nach der entgegengesetzten Richtung schwingen. Und' so wird es weiter gehen, bis eS endlich gelingt, den deutschen Mark­kurs auf einer erträglichen Höhe ungefähr stabil zu halten. Das wird erst eintreten, wenn wir den spekulativen Machenschaften inländischer und ausländischer Gewinnler die einzige ausgleichende Kraft entgegenftellen, die uns zu Gebote steht: Steigerung der Arbeitsleistung vornehmlich auf den Gebieten der Urproduktion: Landwirtschaft und Bergbau, durch Ueberführung industrieller Arbeitsloser auf das Land und in die Gruben-Distrikte, _Dr. Croll.

MWWche WchMl».

Geldmarkt. Die Reichsbank hat oe,l Silberpreis, nunmehr auf 4 Mk. ermäßigt. Das charakterisiert die Bes­serung der Valutaverhältnisse. In Zürich ist die deutsche Mark am Freitag mit 13,50 Rappen notiert worden. Sch hat also auch in der letzten Woche ihre Erholung fortgesetzt, denn sie notierte vor acht Tagen 11,55, vor 14 Tagen 10,58 und vor 3 Wochen 9,80. Auch die Eeldsätze an den deut­schen Börsenplätzen bleiben flüssig. Der Privatdiscont iw- tiert andauernd 4A Prozent.

Börse. Vor der mehrtägigen Unterbrechung durch die Pfingstfeiertage lag über dem Börsengeschäft, wie im­mer unter solchen Umständen, eine gewisse Zurückhaltung, die diesmal noch verschärft wurde durch das Mißtrauen und die Börsenlage überhaupt und durch Befürchtungen, daß der bevorstehende Krach am Warenmärkte, der sich schon durch umfangreiche Kreditkündigungen anmeldet, auch nicht ohne, Einfluß auf das Effektengeschäft bleiben werde. Die sonst von der Spekulation am meisten bevorzugten Papiere hat­ten deshalb vielfach einen Rückgang zu verzeichnen. So war am Freitag die Kriegsanleihe mit 80 gesucht. Di«

4 Aigen Württemberger stiegen sogar aus 89, wogegen die, Schatzanweisungen auf 99A sich ermäßigten.

Produkten markt. Haber kommt neuerdings wieder stärker an den Markt. Auffallend groß ist der Unter­schied in den Preisnotierungen zwischen Berlin und Süd­deutschland. Trotz flauer Tendenz wurden am Freitag in Berlin 170 -1t für den Zentner bezahlt, in Mannheim nur 150 -1t. Zuverlässige württembergische Notierungen liegen uns wiederum nicht vor, doch soll das Geschäft bei uns in letzter Zeit recht schwach gewesen sein. Die Nachfrage nach Heu hat bei dem Wachswetter und der Aussicht auf ein« Riesenfutterernte aufgehört, zumal da wir unmittelbar vor der Heuernte stehen. Stroh ist eher noch, abör gleichwohl schwer verkäuflich. Die Preise der Hülsenfrüchte fallen fort­gesetzt, besonders Erbsen, die jetzt nur noch die Hälfte von dem kosten, was sie noch vor sechs Wochen galten.

Warenmarkt. Die rückläufige Preisbewegung charakterisiert sich als Weltkonjunkturwende. Kohle und Eisen bleiben aber fest und wirken geradezu als Brems­schuh gegen einen radikalen Abbau der immer noch viel zu hohen Warenpreise. In Textilsachen ist das Tempo lang­samer, in Häuten und Leder rascher, aber in beiden voll­zieht sich der Preisrückgang unaufhaltsam, obgleich die In­teressentenkreise mit allen möglichen Mitteln, sogar mit Drohungen gegen die Zeitungen, die dem Publikum die Wahrheit berichten, dagegen ankämpfen. Ist uns doch neu-