HSürtL. Landtag.

l Stuttgart, 16. Juli.

Präsident Payer eröffnet die 57. Sitzung um 31/4 Uhr. Am Regierungstisch: die Minister v. Weizsäcker, v. Pischek, v. Zeyer, v. Fleischhauer, v. Schmidlin und Prä­sident v. Buhl.

Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der Be­ratung der

Beamtenvorlage.

und zwar bei der Vorlage betr. Aenderungen des Be­amtengesetzes Zur Besserung der Anstellungs- und Pen­sionsverhältnisse der Beamten und der Versorgung ihrer Hinterbliebenen.

Berichterstatter Liesching (Vp.): Der Entwurf be­zweckt hauptsächlich die Pensionsberechtigung sämtlicher Be­amten, die Pensionsfähigkeit des Wohnungsgeldes und der freien Dienstwohnung, die Befreiung der Beamten von den Leistungen zur Witwen- und Waisenversorgung und die Erhöhung der Witwen- und Waisenpensionen. Die auf vierteljährige Kündigungsfrist angestellten Beamten nach Vollendung des 7. Anstellungsjahres als unwider­ruflich angestellt gelten zu lassen, habe die Kommission nicht gutgeheißen, dagegen habe sie eine Resolution an­genommen, die Regierung um Vorlegung eines Gesetz­entwurfs zu ersuchen, der ein neues Verzeichnis der auf Lebenszeit anzustellenden Beamten enthält, ferner zu der Erwägung, ob nicht bestimmten Kategorien der auf Kün­digung angestellten Beamten der Anspruch verliehen wer­den soll, nach Ablauf einer Anzahl von Jahren seit der etatmäßigen Anstellung in die Reihe der auf Lebenszeit angestellten Beamten verwiesen zu werden. Gegen die Aufnahme der Volksschullehrer in das Beamtengesetz habe er nichts einzuwenden. Den auf Kündigung angestellten Beamten soll ein besonderer Schutz zuteil werden. Der diesbezügliche von dem Abg. Rembold-Gmünd gestellte Antrag sei angenommen worden. Ein ähnlicher Schutz (Anhörung des Staatsministeriums) wie gegen die Kün­digung sei auch gegen die Versagung der Dienstaltersvor­rückung erfolgt. Das Urlaubs recht der Beamten sei gesetzlich festgelegt worden, wobei der Staat die Stell­vertretungskosten zu übernehmen habe. Auch in Krank­heitsfällen wünsche die Kommission keinen Abzug am Ge­halt. Ter Anspruch auf Ruhegehalt sei auf alle etats­mäßig eingestellte Beamten ausgedehnt worden. Bei Tienstunfähigkeit, verursacht durch den Dienst, tritt lebens­längliches Ruhegehalt auch ohne vorangegangene 9jährige Dienstzeit ein. Militärdienstzeit wird als Zivildienst­zeit angesehen. Bezüglich der Witwen- und Waisenpen­sion ging die Kommission über die Vorlage hinaus. Sie beschloß eine Erhöhung aller 2000 Mark nicht überstei­genden Pensionen um je 100 Mark rc. Der Entwurf soll am 1. April 1907 in Kraft treten. Es soll den Beamten eine geordnete Geltendmachung gemeinsamer Wünsche in der Weise sicher gestellt werden, daß ganze Bcamtenkategorien die Einreichung von Gesuchen um Verbesserung ihrer dienstlichen Verhältnisse beim.zustän­digen Ministerium gestattet wird. An die Kammer ge­richtete Eingaben sollen dann in sachliche Beratung ge­zogen werden, wenn die Gesuchsteller zuvor vom zu­ständigen Ministerium einen abschlägigen Bescheid oder in angemessener Frist keinen Bescheid erhalten haben. Nach Besprechung der finanziellen Wirkungen,, die be­kanntlich eine dauernde Mehrbelastung von 71/4 Millio­nen Mark ergeben, schließt der Redner nach^ständigem Referat: Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, daß wir die Mehrausgaben tragen können und daß das Volk mit ihnen einverstanden ist. Wir bitten Sie um einstimmige Genehmigung. (Bravo).

Tr. Lindemann (Soz.) präzisiert seinen abweichen­den Standpunkt in einigen Fragen. Er ist gegen eine Erweiterung der Anstellung auf Lebenszeit, weil sich die Gegensätze zwischen Staatsbeamten und Gemeinde- bezw. Privatbeamten vergrößern würden, für eine Erhöhung des Mindestbetrags der Witwenpension auf 450 Mark (gegenüber 350 Mark) und für gesetzliche Regelung des Beamtenkoalitionsrechts. Diesbezügliche Anträge wolle er aber zunächst nicht wiederholen.

Rembold-Aalen (Ztr.) führt nach einer kurzen Be­merkung des Präsidenten v. Buhl aus, man sei in Be-

Die Komödiantin.

Roman von Oswald Benkendorf. LS

Gern, gern, aber verkaufen kann ich dem Herrn Hauptmann von denen da nichts, so gern ich auch dienen möchte."

Das verlange ich ja auch nicht, im Gegenteil, ich würde doch meinem Freunde, dein Grafen Bentheim nichts rauben wol- len! Ich bitte sogar über diesen kleinen Vorfall Schweigen zu bewahren. Ich möchte nur sehen, was er erhält, und ob Sie mir nicht AehnlicheS verschaffen können, dabei ist ja keine In. LiSkretion."

Behüte, verlassen sich der Herr Hauptmann ganz auf mich, ich bin Geschäftsmann und weiß, was sich geziemt."

In zehn Minuten kehrte Ernst in den Laden des Händlers zurück, sein Antlitz war gerötet, das Herz klopfte ihm, er nickte Herrn Isidor zerstreut zu, der das Bücherpaket in zuvvrkom- meuder Weise öffnete. Dann vertiefte er sich in den Inhalt der von dem redlichen Prellmaun zusammeugelrageuen Schätze.

Doch die Beschäftigung mit den altersgrauen Büchern und . vergilbten Blättern währte nur kurze Zeit, dann erhob sich Kind«

( ler von dem fettgläuzcnden Lehnstuhl, den Herr Wolf ihm hin«

' geschoben.

Packen Sie diesen Kram immerhin wieder zusammen, mein i guter Herr Isidor, das ist nichts für mich, oder schauen Sie zu, daß Sie ein militär-wissenschaftiiches oder auch ein statistisches i Werk aus dem Prellmaunschen Nachlaß für mich erhandeln, s Adieu, ich spreche mal wieder vor!"

l-Kann es auch etwas über Pferdezucht sein, Herr Hauptmann ?" j rief der Händler dem Fortgeheuden nach.

:Gewiß, über Stallfütterung, Hufvefchlag, was Sie wollen,

komme nächstens wieder."

Während sich der alte Wolf anschickte, die Bücher für die ^ Echloßherrschaft wieder sorglich zu verpacken, machte Kindler ' einen Spaziergang auf dem Wall, eS drängte ihn, in» Freie zu t kommen, er sah blaß aus und seine Augen glühten wie im Fie- der, der Moderduft im Laden de» ehrenwerten Isidor Wolf ' hatte ihm Uebelkeit erzeugt.

A * » *

Franziska Lauen machte ln Abwesenheit der Tante Sidonie In Wilmenau in aller Form da» Hausmütterchen, wie Kurt lä­chelnd bemerkte und gleichfalls in scherzendem Tone aab sie

amtenkreisen zufrieden. Begrüßt werde besonders die Einreihung der unständigen Verwendung in die Dienstzeit vom 23. Lebensjahr ab. Die Beiträge zur Witwen- und Waisenversorgung hätten früher zu viel Klagen Anlaß ge­geben. Wesentlich ist auch die Abschaffung der Bestimm­ungen bei Altersungleichheit der Ehegatten. Die Tüch­tigkeit und Zuverlässigkeit der Beamten beruhe wesentlich auf ihrer Unabhängigkeit, die ihnen, soweit sie ihre Pflicht tun, gewährleistet werde. Auch der Schutz gegen die Versagung der Dienstaltersvorrückung ist sehr notwendig. Die von Gröber beantragte Resolution entspricht, was das Petitionsrecht anlangt, ganz den Bedürfnissen.

Mäher (Vp.) betont die soziale Wirkung der an­gestrebten Verbesserungen. Die Rechtsstellung der Be­amten werde befestigt. Wertvoll ist die Aufhebung der Haft als Disziplinarstrafe. Das Werk sei gerecht, so­zial und human.

Baumann (D. P.) erklärt die Zustimmung seiner Partei gegenüber dem Berichterstatter und bittet um wohl­wollende Behandlung der Resolutionen durch die Re­gierung.

Vizepräsident Kraut (BK.) gibt namens seiner Freunde eine ähnliche Erklärung und drückt seine Freude namentlich über die Fürsorge von Witwen und Wai­sen aus.

Auch der Abg. Keil (Soz.) erklärt die Zustimmung seiner Partei.

Der Finanzminister betont, daß nach seinen Be­rechnungen der Etat für 1907 mit einem Ueberschuß von 303 472 Mark, für 1908 mit einem solchen von 196 310 Mark abschließen wird. Durch die von mir erwarteten Leistungen ans Reich werden Abmängel von 98 000 Mk.

> bezw. 362 000 Mark eintreten. Namens der Regierung danke ich aufs Wärmste und hoffentlich werden auch die Beamten sich diesem Danke anschließen.

Bei der nun folgenden Abstimmung wird d ie Vor­lage mit sämtlichen 77 abgegebenen Stim­men angenommen, und darauf die Etatberatung aus morgen vormittag 9 Uhr vertagt.

Wundschan.

Die treuen Bundesgenossen. Tittoni und Aehrenthal haben bei ihrer Zusammenkunft in Desto des Dritten im Bunde nicht vergessen. Wie nämlich das Wie­ner Fremdenblatt aus Berlin meldet, haben Tittoni und Aehrenthal durch ihre Vertreter in Berlin dem Fürsten Bülow die Mitteilung machen lassen, daß sie während ihrer Unterredung Deutschlands und dessen treuer Bundesgenossenschast in herzlicher Wür­digung gedacht haben.

Am Dienstag sind die Leiden Minister in Racconigi eingetroffen und sind sofort vom König empfangen wor­den. Dieser unternahm mit Freiherr v. Aehrenthal eine Automobiltour im Parke und kehrte dann ins Palais zurück, wo er Frhrn. v. Aehrenthal der Königin vorstellte. Hierauf fand ein Frühstück in kleinem Kreise statt. Nach Beendigung desselben hielten die Majestäten Cercle ab. Alsdann fuhren Frhr. v. Aehrenthal und Minister Tit­toni nach dem Bahnhof und reisten nach Turin ab.

* *

Das Scheitern der Betriebsmittelgemein- schast wird gegenwärtig in einer Polemik zwischen bayeri­schen und württembergischen Blättern lebhaft erörtert. Ge­genüber der Beschuldigung, daß Bayern aus Partikularis- müs den Plan hat zum Scheitern bringen lassen, macht dieAügsb. Abendztg." offenbar aus offiziöser Quelle ei­nige sehr interessante Mitteilungen. Es wird erzählt, daß der Gedanke einer Güterwagengemeinschaft oder eines erweiterten Uebereinkommens über gemeinsame Wagenbenützung schon vor Jahren von Bayern ausge­gangen sei. Der Abschluß eines solchen Uebereinkommens zwischen Bayern und Preußen sei nahezu perfekt gewesen, die bayr. Eisenbahnverwaltung habe jedoch den dringen­den Wunsch zu erkennen gegeben, den Kreis der Beteilig­ten zu erweitern und insbesondere auch, Württemberg an diesem Uebereinkommen zu beteiligen. Ta seien die Ver­handlungen ins Stocken geraten, und plötzlich habe Würt­temberg den Plan einer Betriebsmittelgemeinschaft vorge-

zurück, daß dies jetzt kein leichtes Amt sei mit der Menge Von fremden Leuten im Schlosse, Künstler und Handwerker, die alle untergebracht und verköstigt werden wollten. Kurt war derge­stalt von den Vorbereitungen zu den geplanten Ucberraschun- gen in Anspruch genommen, daß er Franziska nur bei den Mahl­zeiten sah und sprach, und auch dann bewegte sich das Gespräch lediglich um kleine, tägliche Vorkommnisse.

Das war allerdings ganz natürlich und doch empfand e» Franziska recht schmerzlich, daß der Mann, als dessen Verlobte sie sich schon stillschweigend betrachtet hatte, nicht einmal soviel Zeit für sie erübrigte, um eins jener Gespräche mit ihr zu füh­ren, wie Geschwister oder gleichgesinnte Freunde zu tun pfle­gen. Also auch geistig war sie ihm nichts mehr, Herz und Seele hatte die Fremde an sich gerissen.

Während Franziska, einein guten Geiste gleich, fast unhör- bar im Hause ordnend waltete, hing sie doch stets ihren trü­ben Gedanken nach, und vielleicht gerade weil ihr Wesen äußer­lich so beherrscht war, nistete sich der Gram tief in dem In­nern ein. Recht gut, daß sie so viel zu tun und zu sorgen hatte, notgedrungen mußte sie ihr Interesse sehr prosaischen Dingen zuwenden und diese Tätigkeit zerstreute sie doch.

Eben war sie wieder in der Speisekammer beschäftigt, eine Besichtigung der vorhandenen Vorräte mit der Wirtschafterin vorzunehmen, als Frau Haber lachend rief:Ach, sehen Sie doch, gnädiges Fräulein, was haben wir denn da? Meiner Treu, das sind Bücher und alte Papiere, die dort neben den Man­deln und Rosinen liegen. Ist denn die Thea ganz kopflos gewor­den, daß sie derlei gelehrte Sachen in die Speisekammer legt?"

Sie wird sich wohl aus der Leihbibliothek in Spangenberg heimlich ein paar Bücher zum Lesen mitgebracht haben, das wäre noch nicht so schlimm, wenn Thea mir eine gute Mahl ge­troffen." meinte Franziska begütigend, indem sie sich den Büch­sen mit den Konserven zuwendete.

Frau Julie Haber runzelte die Stirn.Na, das fehlte mir bloß noch, heimlich Romane lesen, als wenn wir gerade j etzt weiter nichts zu tun hätten, ich wills mir ausgebeten haben. Thea!" rief sie darauf, die Tür öffnend,komme sofort in die Speisekammer!"

Die Gerufene erschien mit erhitzten Wangen.Was ist das dort?" fragte Frau Julie, mit einer gebieterischen Handbewe­gung nach einem langen Tische aus hartem Holze deutend.

! gebracht. Bayern habe sich redlich an den Beratungen § über dieses Projekt beteiligt, aber zu einer Einigung habe man nicht kommen können. Das Augsburger Blatt gibt als Ursache neben finanziellen Gründen folgendes an:

Nach dem letzten Entwurf (1905) eines Vertrags über eine Betriebsmittelgemeinschaft sollte das sogs­nannte Gemeinschaftsamt zuständig sein zur Festsetzung der Zahl und Art der zur Verstärkung des Betriebs- mittelparkes u nd für die neu zu erbauenden Strecken zu beschaffenden Lokomotiven und Wagen. ChefdesGe- meinschastsamtes sollte der preußische Ei­senbahnminister sein. Außerdem sollten dem Ge­meinschaftsamt eine Anzahl Mitglieder der verschiedenen Eisenbahnverwaltnngen angehören, deren Zahl im Wege der Verständigung der Regierungen zu vereinbaren ge­wesen wäre. Diese Delegierten der anderen Verwalt­ungen sollten wohl eine beratende, aber keine ent­scheidende Stimme haben; sie sollen zwar befugt sein, ihren Zentralbehörden über den Stand der gemein­schaftlichen Arbeiten Auskunft zu erteilen und deren Wünsche beim Gemeinschaftsamt anzubringen; die Ent­scheidung selbst sollte jedoch ausschließlich bei dem ' Ehef des Gemeinschaftsamts, also bei dem preußi­schen Eisenbahnminister liegen. Darnach hätte zweifellos die daher. Eisenbahnverwaltung, wenn der j Chef des Gemeinschaftsamts die Anschaffung einer be- l stimmten Zahl pnd Art von Lokomotiven oder Wagen j für Bayern für notwendig erklärte, diese Anschaffung ! vollziehen müssen.

Eine solche Regelung hätte aber sowohl das Budget­recht des bayerischen Landtages wesentlich eingeschränkt als äuich dem föderativen Charakter der Reichseinrichtun­gen widersprochen und eine reine bureaukratische Verfass­ung des Gemeinschaftsamtes geschaffen; alle Bemühun­gen, eine andere Verfassung zu erzielen, seien erfolglos ge­blieben. Diese Rechtfertigung der bayerischen Regier­ung wirft allerdings ein anderes Licht auf die Verhand- ! lungen, ein Licht, das Preußen nicht sehr günstig beleuchtet. I Danach muß die Schuld an dem Scheitern der Betriebs­mittelgemeinschaft tatsächlich Preußen zufallen, das Rechte i für sich beanspruchte, welche die anderen Staaten nicht zu- erkennen konnten. l

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Der Index ist gerechtfertigt. Der in Karlsruhe erscheinende, klerikaleBadische Beobachter" hat im Hand­umdrehen den Beweis für die Notwendigkeit des Inder erbracht und damit allen weiteren Erörterungen dieses I heiklen Themas die Spitze abgebrochen. Er meint, her Grundgedanke des Index seiso gesund und vernünftig, daß ihn keine ernste Weltanschauung ganz entbehren kann" und beruft sich zum Beweise dafür auf einen Artikel über I ng end l ek.tür e, der unter her Ueberschrift:Ueber- wache die Lektüre Deiner Kinder!" durch die sozialdemo­kratische Presse geht. Darin heißt es:

Kinder lesen gewöhnlich alles, was ihnen in die Hände kommt und zwar um so mehr, je geistig' aufgeweck- i ter sie sind. Bei den Knaben erfreuen sich die Jndia- nerbücher, die 'In den Buchhandlungen für wenige Pfen­nige zu haben sind, einer ganz besonderen Beliebtheit. Mit grausigen Titelbildern versehen, locken sie die klei­nen Gernegroße zu den Schaufenstern heran, und schon manchem Jungen ist durch solch schädliche Lektüre . der Tatendurst ins Unendliche gestiegen, und er fühlte sich als Held und ging aus die Wanderschaft, um selbst Abenteuer zu erleben. Solche kleinen Ausreißer haben durch ihre Dnmmenjungenstreiche schon manchen El­tern bange Stunden und Tage gemacht.

Das fromme Blatt fügt dem hinzu:Hieß ist also ohne weiteres zugegeben, daß es schädliche Lektüre gibt, welche ! man insbesondere den Kindern fern halten soll. Damit j ist die Berechtigung eines Index festgestellt." ! Also, weil unmündige Kinder nicht alles lesen sollen, da­rum müssen auch Erwachsene sich vorschreiben lassen, was für sie geeignet Und ivas nicht. Uns fehlt das vorge­schriebene Maß von Frömmigkeit, um derartige Gedanken- ^ sprünge zu verstehen. Daß das ganze katholische Volk mit dieser Gegenüberstellung auf die Stufe unmündiger Kinder gestellt wird, scheint das Blatt gar nicht zu merken.

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Was soll denn dort sein, Frau Haber?" gegenfragte daS

erschrockene Mädchen,die Ware, welche ich heute in Spaugen- berg besorgt, ist alles richtig, der Bestellzettel und die quit­tierte Rechnung liegen dabei."

Und das da?" '

Ach!" rief Thea halb lachend, halb ärgerlich, denn Frau Haber fand leicht eine Gelegenheit sie zu meistern,da hat der David das Bücherpaket für den gnädigen Grafen mit in die Speisekammer gelegt, das ist wirklich komisch."

So, für den jungen HerrnGrasen?" fragte, noch immer et­was mißtrauisch, Frau Haber, indessen Franziska schnell näher trat und in ihrer gütigen Weise sagte:Nun, das kleine Verse­hen ist leicht wieder gut zu machen. Nehmen Sie die Bücher, Thea, und tragen Sie dieselben in das Wohnzimmer, wenn der ! Graf heim kommt, werde ich selbst ihm die Bücher übergeben, legen Sie dieselben ans den runden Tisch."

Thea tat, wie ihr geheißen, und bald verließ auch Franziska die Speisekammer, um sich hinaus zu begeben.

Kurt war ausgeritten, sie war ganz allein in dem trauten Raume, der jetzt so öde und ansgestorben erschien durch die Ab­wesenheit der Bewohner. Ihre Blicke irrten durch das Gemach, gewvhuheitsgemäß wollte sie zu einer Nadelarbeit greifen, die neben ihr ans der Gobelindecke lag, als ihr Blick daS Bücher­paket streifte, das Thea so ans den Tisch gelegt, wie sie es in der Speisekammer, wo Frau Haber es geöffnet, vorgefnnden.

Und schon streckten sich die weißen Finger nach den grauen, unscheinbaren Bänden ans und Franziska las neugierig die Ti­tel mid Namen der längst vermoderten Verfasser dieser poeti­schen Ergüsse. Da gab es doch wenigstens wieder Anknüpfungs­punkte zu einem geistigen Austausch mit Kurt, wie das sonst gewesen, und froh angeregt, blätterte sie weiter, hier und da einen Vers lesend.

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Kurt war früher, als er vermutet, heimgekehrt, da er Ba­ron Rotkirch, einen benachbarten Gutsbesitzer, nicht angetroffen. Gewohnheitsgemäß begab er sich in das Wohnzimmer, wo auch jetzt in Abwesenheit der übrigen Familienmitglieder der Tee genommen ward. Da der Abend bereits dämmerte, war die große Hängelampe entzündet worden und beleuchtete niit Hel­lem Schein daS Antlitz des jungen Mädchens, das lesend am Tisch saß. 13S.L0