.Stätte fanden, an demselben Orte, wo der große Mann fein Leben enden sollte. Zu seiner Hinterlassenschaft gehörte auch ein großes Herbarium, das über 7000 Arten enthielt, und das Linnss Witwe heimlich nach Londor Verkaufte. Obgleich Linus als Mineraloge wie als Zoologe gleichfalls Großes wirkte, behielt er doch feine wesentlichste Wichtigkeit auf dem Gebiet der Botanik, für die er Unsterbliches geleistet hat. Sein berühmtes System behielt seinen Wert, obgleich es ein künstliches war Und durch andere, natürliche, inzwischen überflügelt worden ist. Der erste Gedanke dazu stammte von Magnol, der schon 1689 darauf kam, die Verwandtschaft der Pflanzen untereinander zu bedenken und sie danach zu klassifizieren, ohne jedoch aus diesem Gedanken die bleibenden Folgen zu ziehen. Nicht anders gings mit Haller. Erft Linus führte die Idee durch. 1757 wird er geadelt, 1763 tvird er Mitglied der Pariser Akademie der Wissenschaften, wie allmählich überhaupt von allen. Sein Wohnsitz blieb bis fast ans Ende seines Lebens Upsala, wo er sich bis 1775 damit beschäftigte, seine großen Werke neu zu bearbeiten, andere vor allem Reisebeschreibungen zu verfassen. Tie Ergebnisse seiner Erfahrungen und Gedanken faßte er in der: „Philosophia botanica" zusammen, die ein Höhepunkt seines Schaffens ist, soweit man bei einer so abgeklärten und einheitlichen Lebenstätigkeit bedeutenden Unterschied überhaupt machen kann. Sie enthält u. a. die großen Lehrsätze: Die Natur macht keine Sprünge. Alle Pflanzengattungen grenzen an einander wie die Gebiete auf einer Landkarte. Die Zahl seiner Schriften ist außerordentlich groß, 1902 erschien ein eigener Katalog davon, herausgegeben von Jung in der Mbliographia Linnacana. Ljnns starb am 10. Januar 1778 in Hamarby. Sein Tod war ein schwerer Schlag für alle seine vielen Bewunderer, aber ein Glück für ihn selbst, weil er in den letzten Zeiten vom Schlage gerührt Und gelähmt war. Sein Verstand hatte gelitten. So blätterte er wohl in seinen Büchern, ohne sich zu erin- .nern, daß er sie geschrieben hatte. Sagte man es ihm, so erwiderte er: „Das freut mich, sie sind interessant." Linus war etwas über mittelgroß, der Kopf breit, der Ausdruck der lebhaften Augen frei und offen, trotz wenigen Schlafs war seine Gesundheit kräftig. In Stockholm erhebt sich seit 1885 sein von Kjellberg gearbeitetes Denkmal.
Der Spion
Eine Po li zeiko m ö d ie.
Brüssel, das so günstig zwischen den großen Zentren London, Paris und Amsterdam gelegen ist, bildet den vortrefflichsten Sammelpunkt der internationalen Gaunerwelt. Nirgeirds in der Welt vielleicht ist daher einer Polizei die Möglichkeit gegeben, sich so oft und so gründlich zu blamieren wie hier in Brüssel. Die Brüsseler Polizei nützt diese Möglichkeit gewöhnlich nach Kräften aus. Wenn irgend wo in einem dunklen Teile der Stadt ein aufregender Mord geschieht, so gerät natürlich auch die Brüsseler Polizei in Aufregung. Sie verhaftet nach links, sie verhaftet nach rechts, was sie eben bekommen kann. Nur den richtigen verhaftet sie nicht. Das ist sehr unangenehm und von Zeit zu Zeit ist es nötig, daß die Polizei ein wenig den guten Ruf ihrer Geschicklichkeit iauffrischt. Das ist ihr nun in glänzender Weise gelungen. Sie hat einen Spion erwischt! Natürlich einen, der für Deutschland arbeitet! Es gibt ja hier bekannterweise ein besonders ausgezeichnet funktionierendes französisches Spionagcsystem. Aber wenn man einen Spion fängt, muß es schon ein deutscher sein. Das ist wirksamer und reizt die Phantasie!
Die Spionengeschichte ging folgendermaßen vor sich: In der Zeitung stand eine Anzeige: „Gesucht ein junger tüchtiger Spion. Gefl. Off. sub. usw.!" Nicht ganz so offen lautete die Anzeige zwar, aber doch ungefähr eben so unverblümt wurde „ein intelligenter Unteroffizier" durch Zeitungsofferte gewünscht. Es meldete sich Herr Wuytsch, ein dreißigjähriger äußerst edler Ex-Unter- offizier. Herr Wuytsch ging zum Stelldichein, das ihm der Annoncenschreiber gab, und dieser hatte sofort ein unbegrenztes Vertrauen zu dem unbekannten Bewerber und sagte: „Was Sie zu tun haben ist Kinderspiel. Nur ein bischen spionieren. Gehalt: 15 Franken pro Tag, nebst Reisespesen. Schlagen Sie ein?" So erzählt nämlich Herr Wuytsch, daß sich der Vorgang abgespielt habe. Wuytsch zeigte sofort tiefe Entrüstung. Sein Vaterland verraten! Niemals! .Im Gegenteil! Wuytsch lief sofort auf die Polizei und zeigte seinen Versucher an, der natürlich inzwischen verschwunden war, gleichzeitig hatte Wuytsch, der Vaterlandsretter, eine geniale Idee. Er ging zum de uts ch en M ilit äratt a ch e und bot ihm, zum Schein natürlich nur, ausspionierte Geheimnisse an. Auf diese Weife wollte er in aller Unschuld den eigentlichen Spio- nageagcnten entdecken. Der deutsche Militärattache machte kurzen Prozeß: Er zeigte Herrn Wuytsch die Tür, genau so, wie das bei vielen anderen verkrachten Existenzen geschieht, die sich bei den Militärattaches um eine Stelle als beeidigter Spion bewerben.
Dieser eigentümliche Herr Wuytsch fühlte sich nun als der Held des Tages und richtig, es gelang ihm, an einem schönen Morgen, als er gerade ganz zufällig mit zwei Polizisten spazieren ging, den Versucher und Annoncenschreiber auf der Straße zu entdecken. Der Mann hieß Louis Stalens, war früher ebenfalls Unteroffizier, jetzt Annoncensammler, und in seiner freien Zeit ein wenig Spion. Stalens, wurde verhaftet, und nun konnte weder die P lizei länger ihre glänzende Findigkeit, noch Wuytsch seim schönen Charakterzüge vor der Mitwelt verbergen. Alles wurde den Zeitungen haarklein erzählt, was ja bekanntlich das beste Mittel ist, um unbekannte Spione zu sangen. Und so erfuhr die aufgeregte Brüsseler Polizei e- nge furchtbarer Dinge. Stalens wurde im Gesang-..^ : Uirlich gefragt, wer sein Auftraggeber sei. „Der Major Theißen!", war endlich die langersehnte Antwort. Das konnte stimmen. Denn jeder, der ein bis- mit den hiesigen Verhältnissen vertraut ist, was die Polizei ja schließlich ist, weiß, daß Theißen aus der Spionage ein ehrliches Gewerbe macht. Vor zwölf Jahren etwa hatte Theißens etwas Pech. Man setzte ihn in Paris einige Jahre ins Gefängnis, und als Theißen wieder nach
Brüssel kam und wieder die erquickende Lust der Freiheit genoß, schrieb er über sich selbst eine Broschüre, die den bemerkenswerten Titel führte: „Ein belgischer Dreyfus". Die Polizei ging also zu dem belgischen Dreyfus. „Belgien auszuspionieren", meinte er, „das fällt mir gar nicht im Traume ein. Ich kaufe lediglich Geheimnisse fremdet Mächte auf und schlage sie wieder an den Meistbietenden los. Das ist ein Geschäft, wie jedes andere, Herr Kommissar! Es ernährt mich, wie Sie das Ihrige ernährt!" fügte der „belgische Dreyfus" treuherzig hinzu. Und damit hatte die Polizei nichts Neues erfahren.
Aber man denke! Wuytsch erhielt einen Brief aus Aachen. Von einem Herrn Simeon! Welche ein Glück! Er wurde zu einem Stelldichein aufgefordert! Militärische Geheimnisse sollte er jedenfalls ausliefern! Eine solch wichtige Neuigkeit konnte Herr Wuytsch nicht verschweigen. In allen Blättern stand das Geheimnis. Das Stelldichein sollte in Hasselt stattfinden. Man las auch in den Blättern, daß Berichterstatter für den großen Tag in Hasselt erwartet wurden, und daß die Polizei anrückte. Ueberhaupt unter starkem Andrang des Publikums sollte die ganz pfiffige, geheimnisvolle und verschwiegene Verhaftung des nichtswürdigen deutschen Spionageagenten vor sich gehen. Und welche zweite wundervolle Ueberraschung: Herr Simeon kam wirklich! Er kam, obgleich seit vier Tagen jedes noch so kleine belgische Blättchen spaltenlang von der Spionagegeschichte und dem deutschen Spionageagenten berichtete, der in Hasselt erwartet wurde. Liest man denn in Deutschland keine belgischen Blätter? Wußte man dort so blutwenig von dem, was in Belgien die Spatzen vom Dache pfiffen, daß Herr Simeon so blindlings in die Falle lief? Bildet man sich wirklich in Belgien ein, daß man in Deutschland kein französisch verstehe? Liegt es nicht viel näher zu glauben, daß die deutsche, respektive die Aachener Polizei auf den naheliegenden Gedanken kam, der edle Wuytsch könnte ein Agent-Provocateur sein, den sie dingfest zu machen wünschte? Nein, so weit gingen weder die Gedanken der schlauen Brüsseler Polizei, noch die der belgischen Presse. Herr Simeon erschien also, suchte den Wuytsch, ging mit ihm spazieren und unter Beifall des zahlreich erschienenen Publikums wurde dann Herrn Simeons „geheime" Verhaftung vorgenommen. Herr Simeon aber knüpfte den Rock auf und legitimierte sich als Polizeirat aus Aachen. „Wir haben einen Polizeirat aus Aachen gefangen!" telephonierten die Polizisten von Hasselt nach Brüssel. „Was sollen wir mit ihm machen?" — „Loslassen sofort loslassen!" telephonierte die Polizei von Brüssel erschrocken zurück, der nun endlich ein Licht aufging. Heute sind alle bei dem Vaudeville beteiligten Personen wieder in Freiheit.
Das ist die Art, wie die Brüsseler Polizei auf geheimnisvolle Weise einen deutschen Spion fing!
Fr- Ztg-
Stuttgart, 24. Mai. Spielplan der K. Hoftheater für die Zeit vom 26. Mai bis 3. Juni. Sonntag 26. Mai: Die Fledermaus. 27. Mai: Maria Stuart. 28. Mai: Fidelio. 29. Mai: Jlsebill. 30. Mai: Sherlock Holmes. 31. Mai: Rigoletto. 1. Juni: Die Jungfrau von Orleans. 2. Juni: Außer Abonnement: Tristan und Isolde. 3. Juni: Die lustige Witwe. — K. Wilhelma- theater. 26. Mai: Sherlock Holmes. Es wird besonders darauf hingewiesen, daß die am Dienstag den 28. Mai stattfindcnde Ausführung von „Fidelio" in das Sonntags-Abonnement (S. 3) fällt und daß die ursprünglich für den 30. Mai angesetzt gewesene achte Aufführung des Schiller-Zyklus — Jungfrau von Orleans — erst am 1. Juni stattfindet. Mit der am 26. Mai stattfindenden Vorstellung von „Sherlock Holmes" endigen die Aufführungen des Hoftheaters auf der Wilhelma-Bühne. Die Fidelio-Aufsührung am 28. Mai wird von Erich Band dirigiert werden; sie ist die erste der Festvorstellungen aus Anlaß des Musikfestes. Die zweite ist „Jlsebill" und die dritte am 2. Juni „Tristan und Isolde".
Vermischtes.
Björnstjerne Björnson über Tod und Un sterblichkeit. In der norwegischen Zeitschrift „Sam- tiden" veröffentlichte Björnson jüngst einen Artikel, der Antwort auf eine an ihn gerichtete Frage nach seiner Ansicht über die Unsterblichkejtstheorie gibt. Aus diesem „Glaubensbekenntnis" des Dichters sei einiges hervorgehoben :
Björnson glaubt nicht an des einzelnen Menschenleben nach dem Tod e." Ihm scheint, die Menschen haben kein Recht, auf eine Auferstehung zu hoffen. Legt man ein Samenkorn in die Erde, so entsteht daraus eine Pflanze; legt man dagegen ein Tier oder einen Menschen in die Erde, so ersteht kein neues Tier und kein neuer Mensch.
Der Dichter sagt, man solle das Gute tun um des Guten willen und keinen anderen Lohn dafür erwarten. Wie die Todesstrafe den Mord nicht verhindern kann, so vermöge auch der Glaube an eine Auferstehung nicht das Böse hintanzuhaltcn. Wir kennen nicht einmal die Erde, auf der wir leben, und verstehen nicht unser Dasein; es ist darum kein Grund für uns vorhanden, sagt der Dichter, mehr vom Jenseits wissen zu wollen.
Tie einzige Unsterblichkeit, welche Björnson anerkennen will, ist die, welche im Geschlechte, in der Familie liegt. „Schon das ungeborene Kind hat Einfluß auf die Gesinnung und die Handlungen seiner Mutter. Es besitzt also Unsterblichkeit, bevor es das Licht erblickt. Der Menschenring, in dem wir geboren werden und leben, befindet sich in unendlicher gegenseitiger Beeinflussung, und die Verantwortung des einen für den anderen ist sehr viel größer, als wir jetzt noch erkennen. Wenn erst das Kind in der Schule dieses begreift, werden tvir kaum nach einer anderen Unsterblichkeit zu suchen brauchen."
Björnson glaubt dagegen an „eine Ordnung und HarmoniederKräft e". „Ich begrenze mein Pflichtgefühl und meine Liebe auf das, was ich kenne. Hiereicht mir etwas zur Freude oder habe ich zu leiden, so
bin ich gewiß, mich in Uebereiustimmung mit den höchsten Gesetzen zu befinden, und ich gestehe, daß das mir zur Ermunterung und zum Tröste wird."
Die diesjährige Herkommer Automobilfahrt
zu welchem nahezu 200 Wagen gemeldet sind, führt an zwei Stellen durch württembergisches Gebiet. Während aber im vorigen Jahr die Fahrtlinie mitten durch Württemberg ging und auch durch Stuttgart führte, berührt sie diesmal nur den südwestlichen und südlichen Teil des Landes. Von Mannheim über Karlsruhe, Achern und Op- penau kommend, werden die Wagen am 7. Juni auf dem Kniebispaß die württembergische Grenze überschreiten, um über Freudeustadt, Loßbnrg, Alpirsbach, Fluorn, Oberndorf und Rottweil Tuttlingen zu erreichen. Hinter Tuttlingen gelangen die Wagen wieder auf badisches Gebiet und passieren Ludwigshafe-n, Ueberlingen und Meersburg, fahren dann uuf württembergischen Boden über Friedrichshafen dem Bodensee entlang, um endlich in Lindau als ihrem Tagesziel einzulaufen. Wie die Nennungs- liste ergibt, wird sich die Automobilindustrie Württein- bergs an der Herkommerfahrt durch 18 Mercedeswagen beteiligen und unter den Führern befinden sich dem angegebenen Wohnsitz nach 5 Württemberger.
Mit Regenschirm und Sauerstoff.
Der Trick eines Geldschrankknackers.
Aus Brüssel wird dem B. T. geschrieben:
Am Ausgange des Bahnhofes in Antwerpen erhebt sich das Terminus-Hotel. In seinem rechten Flügel zu ebener Erde befinden sich die Geschäfte der Geldwechsler van Gladbeck und de Leat, die ihre Gelder und Wertpapiere, soweit sie deren für den Tagesbedarf benötigen, nachts in einem im Halbgeschoß oberhalb des Ladens stehenden eisernen Geldschrank verschließen. Darüber befinden sich die Fremdenzimmer des Hotels Terminus. In der Nacht vom Sonntag zum Montag stieg dort ein gut gekleideter, leidlich französisch sprechender, blonder junger Mann ab, der sich als Ingenieur Lag affe aus Amsterdam in das Fremdenbuch eintragen ließ. Er nahm das Zimmer Nr. 104, das im ersten Stock genau über dem Laden des Geldwechslers gelegen ist. Am Montag wurde ein umfangreiches Paket für ihn abgegeben, das aus einem Geschäfte in der Stadt stammte. Am Dienstag Abeno um elf Uhr schellte er dem Stubenmädchen und ersuchte um einen Krug heißen Wassers, da er sich die Füße zu waschen wünschte. Er erhielt sofort das Gewünschte. Eine halbe Stunde später verließ er das Hotel. Er ging zum Bahnhof hinüber und kam mit, einer großen Reisedecke zurück. Dann schloß er sich in sein Zimmer ein, nachdem er sorgfältig das Schlüsselloch mit Papier verstopft hatte. Der Bursche ging nun folgendermaßen zu Werke: Er verschob zunächst das Bett und schnitt ungefähr einen halben Quadratmeter des Teppichs aus. Dann bohrte er mit einem Drillbohrer eine Anzahl Löcher dicht nebeneinander in den Fußboden auf einem Raume, der genügte, um einen Menschen hindurchzulassen. Ohne Schwierigkeiten und Geräusch hob er dann das so durchlochte Bohlenstück heraus. Jetzt galt es, den Zement zu entfernen. Der Verbrecher grub erst ein kleines Loch, durch das er einen geschlossenen Regenschirm steckte. Die Krücke wurde am ^ Gebälk festgebunden und das Schirmdach an der Decke des unteren Geschosses ausgespannt. Nun konnten die auszubrechenden Mörtelstücke hinuntbrpurzeln, soviel sie wollten, sie mußten geräuschlos in den ausgespannten Regenschirm fallen. Als das Loch groß genug war, um den Verbrecher hindurchzulassen, entrollte er eine Strickleiter, dessen Enden am Gebälk mit Drillbohrern befestigt wurden. Dann ging es in das Zwischengeschoß hinunter, wo sich der ersehnte Geldschrank befand. Zunächst wurden die Fenstervorhänge sorgfältig zugezogen, darauf dem für den „Herrn Ingenieur" abgegebenen Paket dicke Bettdecken entnommen, aus denen um das Geldspind herum schnell ein undurchsichtiges Zelt gebildet wurde. Jetzt trat das benötigte warme Wasser, das in diesem Zustande- nur gefordert worden war, um keinen Verdacht zu erwecken, und der noch nachts vom Bahnhofe geholte Handkoffer in Aktion. In diesem ruhten, weich gepolstert, zwei eiserne Ballons, die einen genügenden Vorrat von Sauerstoff bargen. Sie wurden in das Halbgeschoß herunter- besördert, mit ihnen eine Azetylenbatterie und das jetzt reichlich vorhandene Wasser. Diese drei Elemente innig gesellt, riefen eine Stichflamme von so großer Durchschlagskraft hervor, daß das Stahl des Tresors hinschmolz wie Blei. Der findige Einbrecher hatte selbst das Mitbringen einer Gesichtsmaske zum Schutze gegen die furchtbare Glut nicht vergessen. Es dauerte unter diesen Umständen nicht lange, und die Geldwechslerschätze lagen vor ihm ausgcstreckt. Um fünf Uhr morgens erschien Lagasse in der Portiersloge. Er hatte eine kleine Reisetasche umgehängt und erzählte, er wolle einen eintägigen Ausflug unternehmen, von dem er abends wiederkehren wird. In Wahrheit scheint er aber den um 5,59 Uhr morgens abgehenden Zug nach München-Gladbach über Brüssel bestiegen zu haben. Gleichzeitig verschwanden aus dem Hotel zwei andere Holländer oder Deutsche, die im zweiten Stock über dem Zimmer von Lagasse gewohnt und sich als Peter Klein aus Basel, 55 Jahre alt und Karl Treut (?), 25 Jahre alt ausgegeben hatten. Diese beiden sowohl wie Lagasse hatten alle ihre „Effekten", Werkzeuge, Koffer in ihren Zimmern zurückgelassen, Lagasse hatte sich selbst die Mühe gegeben, das herausgc- schnittene Stück Teppich wieder einzufügen und das Bett an seine alte Stelle zu rücken. Drei Stunden nach der Abreise des verbrecherischen Kleeblattes entdeckten der aufräumende Kontordiener und seine Frau den unter so außerordentlichen Umständen und mit so verblüffender Kunstfertigkeit ausgeführten Einbruch.
Wie ein Privat-Telcgramm des B. T. noch meldet, ist Lagasse identisch mit einem Karl Wilhelm Obs, am 29. Januar 1882 in Hamburg geboren, der sich auch Vogel oder Artur Hammer oder v. Biermann nannte. Zuletzt hat er am 10. April in Dresden einen Einbruch unter ähnlichen Umständen bei der Sächsisch-Böhmischen Dampfschiffahrt vollführt. — Obs gehört einer Geldschrankeinbrecherbande an, von denen erst jüngst durch die Berliner Kriminalpolizei zwei Mitglieder verhaftet worden sind-