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mit Erzähler vom Ächwarzwald.
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Amtsblatt für die Stadt N)rldbad.
verkündigungsblatt
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Ponrrerttas. dm L8. März
1997.
Aie S»-iatißrr»»G des Feeres
Das ernste Problem des „Militarismus" Kreist kjtz Aufsatz von Eduard Goldbeck im „März" an seiner ernsten Wurzel an:
Der Ausdruck „Die Sozialisierung des Heeres" Mag 8em Leser zunächst als ein leeres Gefäß erscheinen: die fügenden Ausführungen sollen die Form füllen. Das yrer geigt heute dem Betrachter manche Züge, die ich tutisozial nenne, weil sie den Anschauungen des Volkes, soweit dieses sich als eine Kulturgemeinschaft fühlt, wider- ßwechen. Ich will, um nicht ins Blaue zu reden, solche Mge aufzählen.
.Wenn wir das Verhältnis der Offiziere zu den Mann» Masten betrachten, so gewahren wir erstens die Unsitte der Soldatenmißhandlungen. Es gibt zwar noch Pädagogen, die die körperliche Züchtigung dem Kinde gegenüber für unentbehrlich halten; es gibt noch Terrori- Mn, die für gewisse Verbrechen die Prügelstrafe anem-- Dehlen. Im Hause, in der Schule, in der Lehre wird hre preußische Tradition der Fuchtel noch unentwegt geübt. Trotzdem aber wird niemand leugnen, daß der Geist unseres Volkes und unserer Zeit (der Geist unseres Volkes in unserer Zeit) die Züchtigung generell verwirft. In -er Armee denkt man darüber anders; ich darf das sagen, da ich Offizier war und die Anschauung des Offizierkorps kenne. Sie mag sich inzwischen gewandelt haben, aber gewiß nicht durchgreifend, denn solche Wandlungen vollziehen sich sehr langsam, und ein Jahrzehnt bedeutet für die innere Umbildung eienes Standes nicht viel. Eine Mißhandlung gilt als läßliche Sünde. Die wenigsten Offiziere begreifen, wie unnobel es ist, einen Wehrlosen zu schlagen. Alle Kabinettsordres, alle Ermahnungen, »lle Strafen bleiben fruchtlos. Warum? Weil die Standesanschauung in dieser Handlung nichts Ehrenrühriges erblickt. Uns aber, den bürgerlich Empfindenden, scheint ein solcher Roheitsakt der militärischen Pädagogik antisozial. Er beschwert das Gewissen der deutscheil Kultur- gemeinschast, ssr beschämt uns dem Auslande gegenüber, er schasst und verschärft als Ausdruck unerträglicher Kastenüberhebung jden Klassenhaß, den wir gern ausrotten möchten.
Dann erwähne ich die „mildere" Form der Mißhandlung: die Beschimpfung. Vor kurzem wurde ein drol- kig-charakteristischer Fall erzählt. Ein Soldat der Schutz- Kuppe kehrt nach Deutschland zurück, er meldet sich auf dem Bezirkskommando, und hier tönt es ihm in den Lauten der geliebten Muttersprache entgegen: „Kerl, nehmen Sie die Flossen zusammen!" Er erwidert anatomisch korrekt, militärisch anstößig, er habe keine Flossen, son--
Me«» der Ariihling ko««t.
«»«»« kr« Mar»aiei« Böb«e.
Nachdruck scrdrte«.
. 1 .
«Kr Hundert Mark, Liselotte ... Tu deine Hand auf Md laß dich nicht lange betteln . . . solche Bagatelle . . - Nicht der Rede wert —"
„Ja, daö glaube ich. Für dich sind das alles Ba- M«r. Ich gab dir doch erst am vorigen Dienstag wt Mark. Wenn du dein Taschengeld nicht besser reuhältst, kann ich dir nicht helfen. Wo tust du viele Geld nur hin? Glaubst du, ich könnte die Hundertmarkscheine aus dem Aermel schütteln —"
„Mann ich Armeen aus der Erde stampfen? wächst Wir ein Kornfeld in der flachen Hand? — Mach keine Mtze, Li-Lo. — Soviel wird die Berolina doch wohl noch «ßW e r se n. . ."
Mein, das wirft sie ganz und gar nicht ab," sagte lk» junge Mädchen aufgeregt. „Du hast ja keine Ah- . . . Wenn die kolossale Miete und die Kosten fürs Hsrsona! Und die baren Auslagen abgerechnet werden. Reibt verzweifelt wenig übrig. Eben weil du so viel ge- bvckuchst, sitzen wir immer auf dem Trockenen. Wenn du chst erst einmal selbst deinen Unterhalt verdienst, wird es »M besser werden, aber bis dahin haben wir unsere Arbeit, uns über Wasser zu halten. .
„Ach, geh. . . bei den Einnahmen; den ganzen EMnmer war die Wohnung gerammelr voll Gäste, und die meisten Zimmer sind noch besetzt. Das muß, doch Welch bringen. Ich versteh' freilich nichts davon —"
,^Leider Gottes verstehst du nichts davon. Wenn du MUckst, wie schwer sich heutzutage eine Mark verdient, tv-üc- dch du wohl etwas welliger leichymnig draufloswirtschaf- iken, mein lieber Viktor."
-Die erregte Unterhaltung der Geschwister Menger >G,»he in dcnr kleine!: Ram: neben dem Speisezimmer ge- fi'st.k, den die Bewohner, der; Pension Berolina seinem
dem Arme und Beine, wird wegen Insubordination vor ein Kriegsgericht gestellt und nur deshalb sreigesprochen, weil ein Stabsarzt, der ein satirischer Schelm ist, und das Herz auf dem rechten Fleck hat, als Sachverständiger erklärt, der Angeklagte habe unter dem Einfluß des Tropenkollers gehandelt. Das Benehmen des Leutnants, der unter dem Einfluß des Kommißkollers gehandelt zu haben scheint, dünkt uns antisozial; wir wollen den Menschen als solchen geachtet sehen, auch wenn er Untergebener ist, und der Rüpelkomment soll beseitigt ivcrden, wo es auch sei. Wäre der kollernde Leutnant eine Einzelerscheinung, so dürften wir den Fall ignorieren. Er ist aber typisch.
Disziplin ist unerläßlich. Ein .Heer ohne Disziplin ist eine staatsgefährliche Bande, aber der Begriff darf nicht überspannt werden. Alle Vergehen und Verbrechen, die nicht die Disziplin unmittelbar berühren, müssen, dem bürgerlichen Gericht anheimfallen. Die Strafverschärfungen, die den Verurteilten treffen, weil er des Königs Rock trägt, wirken verwirrend und irreführend. Aber sie stärken den esprU ' corps, wenden die Militaristen ein. Das ist durchaus nicht wünschenswert, erwidern wir. Ter Soldat soll nick, aus den Bürger wie der Normanne auf den Angelsachsen herabscheu; in einem „Volk in Waffen" fehlt zu dieser Selbsteinschätzung jede Berechtigung. Die Strafverschärfungen verstoßen gegen das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz, sie wirken antisozial.
Betrachten wir nun das Osfizierkorps als solches.
Vor kurzem hat ein Leutnant vor seinen Richtern die freche Aeußerung gewagt, wenn er sich mit allen Ehrenmännern schießen müsse, mit deren Frauen er verkehre, dann habe er überhaupt nichts anderes zu tun. Wir übersehen durchaus nicht, daß die Auffassung der Ehe sich in allen Volksschichten lockert; indessen ein so schamloser Zynismus gedeiht nur in der Treibhausatmosphäre des Standesprivilegs. Der dumme Junge glaubt, das Portepee verpflichte ihn zu ritterlichen Alkovenleistungen und berechtige ihn zu einer Sondermoral. Sein antisoziales Verhalten ist nur eine giftige Blüte dieses mit Dünkel gedünkten Bodens.
Im Osfizierkorps werden adlige und bürgerliche Offiziere nicht nach denselben Normen behandelt. Die Garde, die „bevorzugten" Regimenter, gehören dem Adel, der Adel avanciert rascher, er bildet die Umgebung des Kriegsherrn. Die bürgerlichen Offiziere sind Offiziere zweiter Klasse. Dieses Regime ist ungerecht, also antisozial. Natürlich schädigt es auch die Leistungsfähigkeit der Armee. Vor allem aber ist die Tatsache, daß der König von Preußen nur von adligen Flügeladjutanten umgeben ist, auch politisch überaus wichtig. Vermutlich würde Preußen,
viereckigen Winzigkeit wegen den O-Zug getauft hatten. Das Licht der Gasainpel über dem Tisch zeichnete einen kreisrunden Hellen Schein auf die gestärkte Serviette und überzog die rot tapezierten Wände des putzigen kleinen Gelasses mit intensiver Helle.
Liselotte saß in der Sofaecke.
Sie war kürzlich dreiundzwanzig geworden. Die meisten Leute hielten sie zwar für älter. Die Leitung des großen Haushalts, der seit vielen Zähren in ihren Händen lag, erforderte viel Umsicht, viel Ruhe, viel Besonnenheit und Klarheit des Denkens. Das alles und noch ein gut Teil Willensstärke prägte sich in den feinen, regelmäßigen Zügen des Mädchens aus. Die goldklaren, hellbraunen Augen hatten etwas Sinnendes, Prüfendes, das zarte, bleiche Gesicht erschien im ersten Augenblick beinahe unbedeutend, erst bei eingehender Betrachtung offenbarte es dem Beobachter seine innere Schönheit und wurde dann immer reizender, je länger der Betreffende es studierte. Auffallend !var allein das prachtvolle, naturkrause Haar, — ein wunderbares Gemisch von Dunkelsamtbraun und Hellgold. Ueber dem dunklen Grundton zitterten — ganz eigenartig in der Wirkung — die Hellen Spitzchen wie eine Wolke glitzernden Goldpuders oder ein Netz spinnwebfei ner Sonnenfäden.
Der Bruder war zwei Jahre jünger als Liselotte. Er hatte die schlechte Haltung, die nervösen, fahrigen Bewegungen und das fahle Aussehen eines jungen Menschen, der in seinen Entwicklungsjahren zu rasch gewachsen ist und seine Gesundheit durch eine rraturwidrige Lebensweise untergräbt. Mit Liselotte hatte er gar keine Aehnlichkeit.
Viktor stand an der Wand und drehte sich eine Zigarette. „Wir wollen doch nicht erst lange debattieren, geliebte Li. Ich muß das Geld haben. Hörst du, ich muß! Das Hin- und Herzerren nutzt ja nichts und regt dich nur unnötig auf. Ich habe keinen Pfennig in der Tasche und bin einem Kommilitonen noch dreißig Mark schuldig. Wo das Geld bi ' lieber Gott. . , das kann ich dir nicht so detaillier. .. .an hat eben Betz?
wenn das Milieu des Königs ein anderes wäre, sich weit freier entwickelt haben.
Dies sind die Gesichtspunkte, unter denen ei» Er- meeresorm dringend wünschenswert wäre. Humane Behandlung der Mannschaften, Beschränkung der militäc.- gerichllichen Kompetenzen, Umbildung der Standesmoral, tatsächliche nicht nur formelle — Gleichstellung dev bürgerlichen mit den adligen Offizieren unter besonderer Berücksichtigung der Umgebung des Kaisers. Bei eingehender Prüfung lassen sich diese Gesichtspunkte vermehren — ich erinnere nur an die Boykottierung der Inden — und aus dem Prinzip des Volksheeres ableitem, Mir genügt es, hier eine Anregung zu geben.
Die Sozialisierung des Heeres ist eine ungemein wichtige politische Angelegenheit. Denn, wie die internationalen Dinge nun einmal liegen, brauchen wir ein starke» Landheer und eine aktionsfähige Flotte. Das muß auch der Radikalste einsehen, und erst dann ist ein dauernde» Zusammengehen des Liberalismus mit der Sozialdemokratie möglich, wenn die Sozialdemokratie sich entschließt, die Forderungen der Landesverteidigung prinzipiell nutz Pragmatisch anzuerkennen. Diese Anerkennung wird nicht ausbleiben, wenn das Heer, soweit sein Zweck es erlaubt, zu einer volkstümlichen Institution umgeschaffen wirdr Dann ist der liberal-sozialdemokratische Block möglich, denn um den Zukunftsstaat brauchen wir uns nicht raufen, wir können ihn der Evolution überlassen. Dieser BloE muß und wird sich bilden, denn die Liberalen wie die Sozialdemokraten werden über kurz oder lang einsehen, daß sie einzeln machtlos sind. Die Zukunft des Liberalismus ist also mit der Sozialisierung des Heeres eng verbunden.
K»»ndfcha».
Der Reichstag auf dem Gefrierpunkt. In ei
nein Leitartikel hat unlängst die Fr. Zt. ans die Ge sah» der langen Intervalle in Bezug auf die Arbeite» des Reichstages hingewiesen. Nun, da sich seit der Vertagung des Parlaments diese Gefahren bereits bemerk-« sich machen, kommt das Blatt auf diese Sache zurück! und führt aus: „Der natürliche Tatendrang des jungen Parlaments, der eine natürliche und gesunde Folge de» Wahlkampfes ,st, wird nicht gestillt und so tritt als Reaktion eine Ernüchterung ein, die in der Presse der verschiedensten Richtungen zum Ausdruck gelangt. Zu den Zeitungen des Zentrums und der Sozialdeinokratie kommk der sonst viel verlästerte Dr. B a r th unerwartet zu Ehren, weil er sich als Gegner des Reichstagsblocks bekundet. Drz Barth ist ein viel zu intelligenter Politiker, um die Trieb
pflichtungen und kann sich nicht immer lumpen lasse». Heutzutage — —"
„Heutzutage! Das Wort »nacht mich ganz nervös Und auch die anderen Phrasen. Wenn Leute in repräsentativen Stellungen mit solchen Ausreden die Tatsache, daH sie über ihre Verhältnisse leben, zu entschuldigen suche»,, so finde ich das ja schließlich begreiflich, - wenn auiA keineswegs berechtigt. Aber von einem jungen Studie-! renden aus bescheidenen Verhältnissen verlangt kein MensM einen besonderen Aufwand — —"
„Wir hrben nächste Woche eine große Festlichkeit mit Damen in unserer Verbindung, — wird eine teure AistiL werden, iaber man kann sich nicht zurückziehen. Frag« Ribbeck, der ist auch eingeladen..."
„Ribbeck. Das ist auch so ein leichtsinniges Hlchn^ Er schuldet mir noch drei Monate Pension. Wenn ep am nächsten Ersten nicht bezahlt, fliegt er raus..."
„Es ist einfach gräßlich, wie du Philisterst, Mädel. Unsere hochseligen Ahnen am Rhein würden sich in ihrem Steinläden umdrehcn, wenn sie dich hörten. Ribbeck rs« ein tüchtiger Kerl. Wenn es ihni mit seinem Lichtbach in der Mauerstraße glückt, ist er fein heraus. Also urH aüf besagten Hammel zu kommen . . Wann bekomme i<H
das Geld?" '
„Zch kann es dir doch nicht geben," sagte Liselotte, und alles Starke, Klare, Energische in ihren Zügen erlosch plötzlich in einem gequälten, trostlosen Ausdruck. „Glaubst du, ich würde diese unerquickliche Auseinandersetzung noch länger ausdehnen, wenn ich deinen Wunsch erfüllen könnte? Zch habe grade soviel in der Kaffe, um die Miete am Ersten zu bezahlen und die notwendigsten Ausgaben der nächsten Wochen zu bestreiten... ach Gott. . . was für ein bischen Leben. . . was für ein miserables Leben. . ." Sie brach plötzlich ab und legt« das Gesicht in die Hände. Ein ersticktes Schluchzen rang sich durch ihre Lippen.
(F»rtschu»g folgt.)