lehnt worden sei, werde sein Verlangen wohl keine Aus­sicht auf Erfolg haben. (Keil: Sehr richtig!)

Die Kommissionsanträge zu den Art. 91 und 94 werden hieraus angenommen.

Zu letzterem verlangt Minister v. Pischek, daß die Bestätigung der Wahl des Ortsvorstehers durch den König nicht bloß in den großen Städten, sondern auch in den mittleren Städten (1050 000 Einwohner) er­folgen soll. Dadurch werde ihm die Befürwortung des gestern beschlossenen Art. 40 n erleichtert.

Abg. Liesch ing (Vv.) tritt dem entschieden ent­gegen.

Minister v. Pischek: Bei den größeren Gemein­den macht sich das Bedürfnis nach dem freien Wieder­bestätigungsrecht in erhöhtem Maße geltend.

Abg. Remb old-Aalen (Ztr.) spricht sich ebenfalls gegen das Verlangen des Ministers aus.

Abg. Frhr. v. Seckendorfs stellt einen Antrag, wonach die Bestätigung des Königs auch in den mitt­leren Städten zu erfolgen hat. Die Beratung über die­sen Artikel wird wegen der Beschlußunfähigkeit des Hau­ses abgebrochen.

Zu Art. 97 wollte die Kammer der Standesher­ren, ebenso wie die Aufstellung des Amtsverwesers auch diejenige der ständigen Stellvertreter der Bestätigung durch die Kreisregierung unterstellen und in beiden Fällen für die Versagung der Bestätigung das Mini­sterium des Innern als Beschwerdeinstanz bestimmen. Hiermit wird nun die Beratung des analogen Artikels 48 wieder verbunden.

Zwei von den Abgg. Liesching und Kraut ent­sprechend der anfangs zu Art. 79 erwähnten Erklärung des Ministers des Innern gestellte Anträge werden hierauf ohne Debatte im Sinne des Beschlusses des an­deren Hauses angenommen. Hier wird abgebrochen. Fort­setzung Dienstag nachmittag 3 Uhr. Schluß der Sitzung nach halb 1 Uhr.

Aus WürLLemöerg.

Dieustuachrichte«. Uebertragen: Dem Oberpräzeptor Müller am Karlsgymnasium in Stuttgart die Stelle des Rekrors und ersten Hauptlehrers an der Realschule in Schwenningen; dem tit. Professor Kälber an der Realschule in Sindelfingen die Stelle des Rektor und ersten Hauptlehrers an dieser Schule; dem Amtsverweser Dr. Schick an der Realschule in Bopstngen die Oberreallehrersstelle an dieser Schule; dem Amlsverweser Oskar Schund am Gymnasium in Heilbronn die Oberreallehrersstelle an der Bernheimer'schen Real­schule in Buttenhausen; dem Hilfslehrer Köbele am Realgymnasium in Stuttgart die Oberreallehrerssttlle an der Realschule in Maul­bronn ; eine Schulstelle in Nagold dem Schullehrer Kläger ia Herren­berg; eine Schulstelle in Neuenbürg dem Schullehrer Egger in Hoch- dorf, Bezirks Owen; die zweite Schulsteve in Neuenstadt dem Schullehrer Bayer in Halzhausen, Bezirks Ulm; die israelitische Schulstellc in Oberdorf, Bezirks Aalen, dem Schullehrer Erlebacher in Nordstetten.

Ernannt: Der Gerichtsassessor Dr. Weigclin, Hilfsarbeiter bei dem Grundbuchamt Cannstatt, zum Amtsrichter bei dem Amts­gericht Stuttgart Stadt; der Gerichtsassessor Kuohn, stellvertretender Amtsrichter in Balingen, zum Amtsrichter daselbst nud der Hilssze- richtsschreiber Goll bei dem Amtsgericht Stuttgart Stadt zum Amts- gerichlSschreibcr bei diesem Gericht mit dem Titel Amtsgerichtssekretär.

Enthoben: Der Präsident a. D. von Schlierholz seinem Ansuchen gemäß von der Mitgliedschaft bei der zur Beratung des Konservators der vaterländischen Kunst- und Altertumsdenkmale ein­gesetzten Sachverständigenkommission, und gleichzeitig den Professor Dr. von Lange an der philosophischen Fakultät der Univ.rsität Tüb­ingen zum Mitglied dieser Kommission ernannt.

Berliehen: Dem Privatlehrer Dr. Kolb in Stuttgart den Titel eines Professors.

Die Dienstentlassung gewährt: Dem ordentlichen Professor Dr Häußermann an der Technischen Hochschule in Stutt­gart unter Belastung in seinem Titel und Rang.

Die Beschlüsse der Berfassungskommission der ersten Kammer zur Verfassungsrevision sind jetzt veröffentlicht. Sie stellen im wesentlichen den Regier­ungsentwurf wieder her, gehen aber in einer Reihe von Fragen noch weit hinter diesen zurück, sodaß das Gesetz in dieser Fassung für die 2. Kammer nnannehm- wird. Die wichtigste Aenderung ist die Streichung der 17 Proporzrnitglieder für hiß 2. Kammer, die dann nur aus 75 Abgeordneten bestehen würde. Fer­ner wird das wahlfähige Alter von 25 ans 30 Jahre erhöht. Die erste Kammer wird von 5 3 auf ^Ab­geordnete reduziert. Statt 3 Vertreter des Han­dels und der Industrie werden nur 2 bewilligt, die 2 Handwerksvertreter sind gestrichen. Statt 8 ritterschaftliche Mitglieder geht der Vorschlag der Kom­mission auf 6 zurück. Die erblichen Mitglieder der ersten Kammer müssen mindestens 20 000 Mark Rente beziehen.

Bei der Frage des Budgetrechts beantragt die Kommission, den Beschluß der Abg.-Kammer,die Be­stimmungen über die Mitwirkung beider Kammern bei Erhöhung der Steuersätze über die durch die ordentliche Gesetzgebung festgestellte Höchstgrenze hinaus bleiben un­berührt", dahin abzuändern:

Diejenigen Steuern, deren Sätze im Weg der or­dentlichen Gesetzgebung fest bestimmt sind, werden in diesen Sätzen so lange und insoweit forterhoben, als nicht beide Kärntnern über die Ablehnung der Steuer oder die Ermäßigung des Steuersatzes einverstanden sind. Auch bedarf« es eines übereinstimmenden Be­schlusses beider Kammern, wenn eine Steuer, für wel­che in einem Steuergesetz ein fester Steuersatz bestimmt oder ein Einheitssatz sestgestellt ist, in einem höheren Betrag erhoben werden soll."

lieber die Gleichberechtigung beider Kammern bei der Ausnahme von Anlehen und der Veräußerung von Bestand­teilen des Kammerguts soll folgende Bestimmung getrof­fen werden:Bei der Beschlußfassung über Aufnahme von Anlehen und über Veräußerungen von Bestandteilen des Kammerguts, auch wenn sie in Verbindung mit der Be- Wußsassung über den Hanptetat erfolgt, sind beide Kam­mern gleichberechtigt."_

Stuttgart, 12. Mai. Auf dem Pragfriedhof wur- öv heute Vormittag der im Alter vou 53 Jahren aus dem Leben geschiedene Vorsitzende des Vorstands der Versicherungsanstalt Württemberg, Präsident Georg von Maginot, zur letzten Ruhe bestattet. Ein überaus zahlreiches Trauergefolge erwies dent Dahin­geschiedenen die letzte Ehre. Unter den Leidtragenden befanden sich u. a. der Minister des Innern Dr. v. Pischek, die Präsidenten von Bockshammer, von Nestle, bon Kilbel, von Hoffmann, sowie zahlreiche Beamte,

Stuttgart, 12. Mai. Zur Lage in der Me­tallindustrie. Nachdem verschiedene Bezirksverbände des Metallindustriellenverbandes die von diesem ange­ordnete Aussperrung ihrer Arbeiter abgelehnt haben, hat der Vorstand des Metallindustriellenverbandes seine da­hinzielenden Anordnungen zurückgezogen, wodurch die drohende Aussperrung von 320000 Metallarbeitern, die auch für die württembergische Metallindustrie von tie? einschneidender Wirkung gewesen wäre, gegenstandslos ge­worden ist.

Stuttgart, 14. Mai. Der Streik der Bau­schreiner ist beendigt. Die Arbeit wurde heute früh wieder ausgenommen. Die Arbeitgeber be­willigten die 9i/2stündige Arbeitszeit, einen Stundenlohn von 42 Pfg. für jüngere Arbeiter, von 4850 Pfg. für- selbständige Arbeiter, sowie einen Zuschlag von 5 Pfg. pro Stunde für Arbeiten aus Bauten.

Stuttgart, 14. Mai. Der im Jahre 1881 ins Leben gerufene Verein württbg. Bauwer km ei­st e r beging hier am Samstag und Sonntag sein 25jähr. Jubiläum in festlicher Weise. Am Samstag fand ein Begrüßungsabend statt. Am Sonntag vormittag be­sichtigten die Teilnehmer das neue Rathaus, abends ver­einigte man sich zu einem Bankett in der Liederhalle, wo­bei ein eigens hierzu verfaßtes Festspiel aufgeführt wurde. Als bleibende Erinnerung wurde den Mitgliedern eine Festschrift überreicht, die eine vollständige Geschichte des Vereins enthielt. Heute Montag finden im Bürger- mnseum die geschäftlichen Verhandlungen statt.

Reutlingen, 13. Mat. Zur Lohnbewegung im Baugewerbe. Der Streik der Maurer dauert unver­ändert fort. Gestern mittag und abend fanden Versamm­lungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern der Zimmerer statt. Obgleich mittags zwischen den Kommissionen beiderseits eine Einigung erzielt wurde und auch abends von seiten der Arbeiter auf Fürsprache des Verbandsvorsitzenden Failen- schmied aus Stuttgart die seitherigen Abmachungen ange­nommen wurden, hatten die Arbeitgeber in ihrer Versamm­lung dieselben abgelehnt. Die Arbeitnehmer beschlossen hierauf, heute Samstag abend zu kündigen und in 14 Tagen in den Streik einzutreten. Die Abmachnngen drehten sich hauptsächlich um den Minimallohn der über 19 Jahre alten Zimmerer, welcher aus 42 Pfg. in deu Vorverhandlungen festgesetzt war.

Waibttugen, 13. Mai. Das Elektrizitätswerk Waiblingen erstellt von der Firma Wild n. Co. in Stuttgart, ging um die Kaufsumme von 150 000 Mk. in den Besitz der Stadt Waiblingen über.

Nagold, 11. Mai. Die Hebmaschinen, die bei der unglücklichen Hebung des Gasthauses zumHirsch" zur Verwendung kamen und die seit dem Einsturz hier lagerten, wurden heute von dem Bauführer des Werkmeisters Rück- gauer abgeholt und am hiesigen Bahnhof verladen. Rück- gauer benötigt die Maschinen, da er für die nächste Zeit trotz des Nagolder Unglücks eine Reihe von Aufträgen aus­zuführen hat (z. B. in Sonthofen). Et ist aber wohl ausgeschlossen, daß künftig in die zu hebenden Gebäude Personen zugelafsen werden. Die Gesamtsumme der Spenden für die Opfer derHirsch"-Katastrophe beträgt bis sitzt nach einer neuerlichen Veröffentlichung des Hilfs­komitees 60,063 Mk. 72 Pfg. Weitere Gaben werden dringend erbeten.

Sindelfingen, 14. Mai. Der Aufstand der hies. Weber ist nunmehr beendet. Die Verhandlungen, die im Beisein des Stuttgarter Gewerkschaftssekretärs statt­fanden, führten u. a. zu folgenden Vereinbarungen: Eine kleine Lohnerhöhung, die sich haupsächlich auf die bisher gering bezahlten Artikel erstrecken soll, wird zugefichert. Der Stundenlohn für Taglohnarbeit soll 30 Pfg. betragen. Die Arbeitszeit soll für sämtliche Arbeiter gleichmäßig geregelt werden.

Blaubeuren, 12. Mai. Sämtliche in der Kunst­glaserei, Ban- und Möbelschreinerei von Joh. Schmid hier beschäftigten Glaser und Schreiner haben heute vormittag die Kündigung eingereicht. Es han­delt sich um 50 Personen; sie verlangen höhere Ak­kordlöhne. Es ist nicht ausgeschlossen, daß es zu einem Streik kommt, wenn sich die Parteien nicht einigen können. Der Kündigung nicht angeschlossen haben sich die Vorarbeiter und das Hetzerpersonal.

In Cannstatt hat sich in der Fabrikstraße ein älterer Weichenwärter, der wegen Krankheit seiner Frau schwermütig geworden war, erhängt. Wäh­rend des gestrigen Gewitters lösten sich in einem Steinbruch an der unteren Ziegelhütte Steine und stürz­ten in die Tiefe. Dabei wurde ein verheirateter Ar­beiter schwer verletzt und mußte ins Krankenhaus ver­bracht werden.

Der Metzger Christian Schanz kam unangemeldet von Koblenz in seine Heimat Calmbach bei Neuen­bürg zurück, schloß sich in seinem elterlichen Anwesen ein und machte seinem Leben ein Ende .

In der letzten Nacht wurde in Neckarwest heim eingebrochen: ImOchsen" fielen dem Dieb 56 Mk. Kleingeld in die Hände, bet Metzger Holzwart wurde eine Anzahl Würste und bet Ww. Riecker aus dem Keller 4 Laibe Brot und Wein gestohlen. Die Landjägermannschaft fahn­det nach dem Täter.

Das Opfer eines Verbrechens wurde Samstag nach­mittag in Laussen a. N. der Friseur Merkle hier; er wollte sich mit der brennenden Erdöllampe in den Keller begeben, wurde aber, wie er später sagte, hinab­geworfen, vermutlich von seinem Gehilfen Steinmann, zog sich, da die Lampe explodierte und seine Kleider Feuer fingen, ziemlich schwere Brandwunden zu uns verlor sofort das Bewußtsein. Erst nach einiger Zeit wurde man durch den aus dem Keller aussteigenden Ranch aus ihn aufmerksam. Auf Anweisung der K. Staats­anwaltschaft wurde nun Sonntag Steinmann durch den Landjäger verhaftet, sprang aber ans dem Transport in den Kanal und schoß sich, bevor er mit einem so­fort losgebundenen Nachen erreicht wurde, aus einem Revolver 3 Kugeln in den Kopf, worauf er untersank; seine Leiche konnte noch nicht geborgen werden. Merkle wurde noch vorgestern nach Heilbronn überführt.

Nach anderen Meldungen soll Steinmann dem Fri­seur in den Keller nachgeschlichen sei und dort versucht

haben seinen Prinzipal zu erdrosseln. Tann habe er ihn mit Petroleum übergossen und angezündet. Auch soll Steinmann zur Frau des Friseurs unerlaubte Bezieh­ungen unterhalten haben. Merkle liegt mit furchtbaren Brandwunden im Heilbronner Krankenhaus. Ein Arm ist gänzlich verbrannt und muß abgenommen werden.

In Bückingen wurde am Donnerstag vorige Wo­che im.Hause des Herrn Paul Moeßner ein Einbruch­diebstahl verübt. Dem Dieb fiel eine Tamenuhr im Wert von 30 Mk. und 20 Mk. Bargeld in die Hände. Der Tat dringend verdächtig ist ein seit Donnerstag abgängi­ger Schlafgänger.

KeriHLssaak.

Leipzig, 12. Mai. Der Händler 'Kempgens ans Essen wurde heute von dem vereinigten 2. und 3. Straf­senat des Reichsgerichts wegen versuchten Lan­desverrats zu 3 Jahren Zuchthaus, 5 Jahre Ehrverlust und Polizeiaufsicht verurteilt. Der Ange­klagte hatte den Versuch gemacht, die fraglichen Gegen­stände sich durch 2 Soldaten des Bezirkskommandos zu verschaffen, um sie der russischen Regierung zu verraten. Mit Rücksicht auf die Energie des verbrecherischen Willens und daraus, daß der Angeklagte gerade Soldaten zum Verrat zu bestimmen versucht hat, wurde von einer Ge­fängnisstrafe abgesehen.

Budapest, 12. Mai. Der Kaschauer Gerichtshof hat über den 87jährigen Bischof Sigmund Bubics we­gen greisenhaften Schwachsinns die Kuratel verhängt.

SermWtes.

Die Leiche im Koffer.

Ueber das bereits gemeldete Verbrechen, dem in Wild­ungen die 74jährige Frau Vogel zum Opfer fiel, werden nach der Kl. Pr. aus Frankfurt, dem Entdeckungsort der schauerlichen Tat, folgende Einzelheiten gemeldet:

Gegen 11 Uhr vormittags lies gestern von dem drei­zehnten Polizeirevier die Meldung beim Präsidium ein, daß bei dem Eisenbahnspediteur Mensinger, Gro­ßer Hasenpfad 117, ein Koffer geöffnet sei, der eine bereits in Verwesung übergegangene Leiche ei­ner Frau enthalte. Vier Kriminalbeamte fuhren so­fort hin. Auf dem Stapelraum der Firma befand sich der Koffer, der etwa 1.20 Meter lang und etwa 80 Zenti­meter hoch war. Mit Stöcken entfernte man zunächst die Kleidungsstücke, die oben lagen, und fand dann am Boden die Leiche einer Frau mit graumeliertem Haai> die mit hochgczogenen Beinen in den Koffer hineingezwängt worden war. Die Leiche, die mit Chlorkalk bedeckt war, um die Verwesung anfzuhal- ten und den Geruch zu beseitigen, wimmelte von Wür­mern, die wie Ameisen auf ihr umherliefen. Die Lei­che lag auf Kleidungsstücken, die beim Herausnehmen wie Zunder zerrissen, da sie von dem Chlorkalk zerfressen wa­ren. Im Deckel des Koffers, der ganz mit Eisenblech' beschlagen war und amerikanische Arbeit zu sein scheint, befand sich ein Verschlag, der eine angefangeue Tischdecke, Wollsäden und anderes mehr enthielt. In dem Koffer selbst lagen zwei zerbrochene Sonnenschirme, ein Opernglas, eine rotlederne, einem Portefeuille ähnli­che Tasche. Düten von Wildunger Geschäfts­leuten n. a. mehr. Der Koffer, der 116 Kilogramm schwer war, trug ein Vermerk wonach er eine Reise über das Meer hinter sich hatte. Auf einem Schild stand: Hambnrg-Amerika-Linie". Mensinger konnte den Be­steller der Sendung nicht näher beschreiben. Er erzählte, daß am 26. April ein gut gekleideter Herr bei ihm gewesen sei, der ihm das Eintreffen eines von Wildungen per Eilfracht abgeschicktenKoffers mit Kleid­ungsstücken" mitteilte. Ter Herr habe um Aufbewahr­ung des Koffers für drei Monate ersucht, wobei er an­gab, daß er nach Italien reisen wolle. Er erklärte sich be­reit, das Lagergeld sofort zu erlegen, wovon der Spe­diteur aber Abstand nahm, da der Unbekannte einen sehr zahlungsfähigen Eindruck machte.

Die Frankfurter Polizei setzte sich sofort mit der Wildunger Polizeibehörde in Verbindung. Diese teilte mit, daß unzweifelhaft Raubmord vor­liege. Die Ermordete sei sicher die 74 Jahre alte Frau Maria Vogel, geborene Lange, aus Amerika. Als Mör­der komme ihr Neffe, der Möbelhändler Wilhelm Meyer, geboren am 16. Oktober 1875, zu Meschede in Westfalen in Betracht. Frau Vogel und Meyer seien vor etwa zwei Jahren zusammen von San Franzisko nach Wildlingen zu dauerndem Aufenthalt gekommen. Er habe in Wil­dungen ein Möbelgeschäft betrieben. In letzter Zeit sei es zu Zwistigkeiten gekommen, weil Meyer sich verheira­ten wollte. Frau Vogel habe deshalb vor vier Wochen einmal die Hilfe der Wildunger Polizei angerufen. Seit drei Wochen waren beide verschwunden. Bald danach sei auch das 23jährige, aus guter Familie stammende Fräu­lein Christiani, die Braut des Meyers, abgereist. An eine Reise nach Italien glaubte die Wildunger Polizei nicht, sie war vielmehr der Ansicht, daß sich Meyer mit seiner Braut wieder nach Amerika gewendet habe, wo er mit den Verhältnissen genau vertraut sei.

Die weiteren Ermittlungen führten dann zur Ver­haftung des Meyer und des Frl. Christiani an Bord des Graf Waldersee" bei der Landung in Newyork.

Aus Wildungen wird noch gemeldet, daß Meyer als der Geliebte der alten Frau galt. Er habe von ihr ständig Geld erhalten. Als er die Absicht äu­ßerte, Fräulein Christiani zu heiraten, kam es zu Aus» einandersetzungen, und Frau Vogel gab kein Geld mehr heraus. Es gab Streit und Zank und dann kam das Ende mit Schrecken. Das unnatürliche Verhältnis hatte einen unnatürlichen Schluß gefunden. Möglich ist, daß die Tat im Zorn geschah, und daß der Raub erst erfolgte, als die schwere Tat nicht tnehr ungeschehen gemacht werden konnte. Die Aburteilung wird wohl durch das Schwurgericht in Kassel erfolgen.