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mit Erzähler vom Schwarzwald.

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lelelon Nr. 41 .

Amtsblatt für die Stadt wildbad.

Verkündigungsblatt

der Kgl. Horstämter wildbad, Meistern, Enzklösterle rc. mit

amtlicher Fremdenliste.

Znrerate nur - pfg. Huruisrlige tt> ptg. aie klein- rpaltigr Ssrmonäreile.

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Hlr. 57 .

Areitag, oe« S. März

1806 .

Im Reichstag stand am Mittwoch der Gesetzent­wurf Bass er man ns betr. Abänderung der Ge­werbeordnung (Gehaltsregelung der Angestellten usw.) in Verbindung mit einem Antrag betr. die Ver­hältnisse der technischen Angestellten, sowie mit dem von Bassermann eingebrachtcn Gesetzentwurf betr. Aenderung des Z 63 des Handelsgesetzbuchs (Gehaltsre­gelung in Krankheitsfällen) zur Beratung. Abg. Basser­mann begründete seine Anträge und weist auf die stets wachsende Zahl der technischen Angestellten hin, die mit den Handlungsgehilfen auf gleicher sozialer Stufe stehen und von der Gesetzgebung vernachlässigt worden seien. Es handle sich um Techniker, Werkmeister, Werksührer, Gru­ben- und Fabrikbeamte. Monatliche Gehaltsregelung müsse verlangt werden, ferner Gehaltsregelung in Krank­heitsfällen auf die Dauer von 6 Wochen (ohne Anrech­nung der Bezüge von Krankenkassen), sowie Ausstellung eines Zeugnisses. In der Debatte wurde den Anträ­gen von keiner Seite widersprochen, worauf die 3 Gegen­stände einer 14gliedrigen Kommission überwiesen wur­den. Donnerstag Fortsetzung der Etatsberatung.

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Die Budgetkornmission des Reichstags hat am

Mittwoch eine Reihe weiterer Flottenforderungen angenommen, zunächst die Forderung von 8 Will. Mark als erste Rate zum Pan zweier Torpedoboots»' Divisionen; dagegen stimmten nur die Sozialde­mokraten. Bei der Forderung von 2i/s Millionen zur Beschaffung von Unterseebooten gab Staats­sekretär v. Tirpitz eine Darlegung der Entwicklung die­ser Waffe und begründete eingehend die bisherige Zurück­haltung der deutschen Marine gegenüber der Untersee­bootsfrage. Man dürfe die Wichtigkeit dieser Waffe nicht überschätzen, wenn natürlich Verwendungsmöglichkeiten für Unterseeboote auch bei uns keineswegs ausgeschlossen seien. Me Forderung wurde sodann angenommen, ebenso wurde eine Reihe weiterer Titel genehmigt. Bei Kapitel ,,Geldverpflegung der Marineteile" wurden an Stelle der geforderten 6 nur 4 Admirale bewilligt.

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Sachsen und Württemberg. Aus Dresden wird vom 7. gemeldet: König Friedrich August brachte bei der gestrigen Galatafel auf den König von Württemberg einen Trinkspruch aus, in dem er u. a. betonte, wie wichtig es sei, daß in diesen Tagen po­litisch hoher Erregung besonders die deutschen Bundes­fürsten es bewiesen und betätigten, wie fest und treu ihre Freundschaft zu einander sei. Hätten doch auch Württemberger und Sachsen auf blutgetränkten

Schlachtfeldern Waffenbrüderschaft geschlossen, und die Namen Villiers u. Champigny würden ihnen unvergeßlich bleiben. Nachdem der König noch der verwandtschaft­lichen Beziehungen beider Fürstenhäuser gedacht hatte, schloß er: Alle Gefühle des Dankes und der Freund­schaft, die mich in diesem Augenblicke zu Eurer Maje­stät erfüllen, bitte ich in die Worte zusammenfassen zu dürfen: Seine Majestät der König von Württemberg, mein erlauchter und lieber Freund, er lebe hoch! Hierauf dankte der König von Württemberg zunächst für den freundlichen Empfang in Sachsens Hauptstadt. Als Chef des württembergischen Hauses sage er innigsten Dank für das Glück, das eine Angehörige seines Hauses in Sachsen gefunden habe. Daß eine innige und treue Bun­desfreundschaft der deutschen Fürsten die festeste Bürgschaft dafür sei, daß auch in schwerer Zeit, vor welcher uns Gott bewahren möge, immer ein fester Hort in den Thronen Deutschlands zu finden fei für Recht, Sitte und Ordnung, sei auch seine volle Ueberzeugung. In treuer Hingebung an das große deut­sche Vaterland so schloß der König seine Rede fühlen wir uns alle geeint. Dies hindert aber nicht die innige Anhänglichkeit und die warmen Gefühle des einen Stammes für den anderen, und in diesem Sinne fasse ich nochmals meinen Dank für alle Gnade und Wohl­wollen zusammen in den Worten: Seine Majestät der König von Sachsen, mein werter und lieber Freund, mein Bundesgenosse nird sein Haus Hoch! Der König von Württemberg reiste heute Vormittag ab. König Friedrich August begleitete ihn zum Bahnhofe.

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Gegen Schiüahrtsabgaben hat sich nun auch mit aller Entschiedenheit der sächsische Landtag erklärt. Bei Beratung der Petition der Elbstädte Dresden, Königstein, Riesa, Meißen und Schandau gegen Erhebung von Schiffahrtsabgaben sprach sich Mittwoch die Erste Kammer einstimmig gegen derartige Abgaben aus. Be­sonders der Vizepräsident der Ersten Kammer, Ober­bürgermeister Beutler-Dresden, sprach sehr nachdrücklich gegen sie. Ihre Unvereinbarkseit mit der Reichsverfass­ung stehe fest. Der frühere Oberbürgermeister von Leip­zig, Geheimrat Georgi, bezeichnet eine etwaige Wie­dereinführung solcher Abgaben als ein wirtschaftli­ches und nationales Unglück. Im allgemeinen war man überzeugt, daß Preußens Standpunkt verfass­ungsrechtlich gänzlich unhaltbar sei und Sachsen bei der schweren Schädigung durch die Abgaben sich entschieden gegen sie wehren müsse. Finanzminister Rüger versi­chert, das sächsische Interesse werde von der Regierung in der Sache gewahrt werden. Die Regierung werde zunächst die preußischen Vorschläge abwarten. Der Mi­

nister vermied es also auch diesmal, sich klar gegen die Schiffahrtsabgaben auszusprechen. Bemerkenswert war, daß der bekannte Agrarier und frühere Vizepräsident des Reichstages, Herr v. Fr ege, mit starkem Nachdruck das , Fazit der ganzen Verhandlung dahin zog, daß die Erste i Kammer einmütig gegen jede Interpretation der Reichs- ! Verfassung sei, die die Freiheit der Stromschiffahrt be­laste.

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Italien und der Dreibund. Was inan in den letzten Jahren schon oft mehr oder weniger verhüllt aus­gesprochen hat, ist durch den Verlauf der bisherigen Sitzungen in Algeciras ziemlich deutlich bestätigt wor­den, der Dreibund ist sanft entschlafen und auf Italien als Verbündeten kann Deutschland kaum noch rechnen. Der Bündnisvertrag besteht zwar noch auf dem Papier, aber wir möchten dem Fürsten Bülow nicht raten, die Probe auf das Exempel zu machen. Die Extratouren der italienischen Politik scheinen doch nicht ganz so harm­los gewesen zu sein, als der Lenker der deutschen Po­litik vor Jahren annahm. Die Interessen Italiens gra­vitieren eben in neuerer Zeit mehr und mehr nach denk stamm- und geistesverwandten Frankreich hin. Man braucht nur einen Blick in die italienischen Zeitungen der letzten Tage zu werfen, sie strotzen geradezu von unfreundlichen Auslassungen gegen das verbün­dete Deutschland. Das deutsche Reich hat nur ein Land, das auf der Marokkokonferenz bisher treu zu ihm! hielt, das ist Oesterreich-Ungarn. Daß aber selbst dieses Land bei seiner nationalen Zerrissenheit kein absolut sicherer Verbündeter ist, wissen unsere Staatsmänner sehr wohl. Das Fazit der gegenwärtigen politischen Lage ist also, daß Deutschland so ziemlich isoliert ist. Wir sind zwar stark, aber wir haben keine Freunde mehr. Das

war früher anders. »

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Das Ministerium Rouvier gestürzt. Obgleich die Stellung des französischen Kabinetts schon seit län­gerer Zeit als erschüttert galt, war man auf einen plötz­lichen Sturz des Ministeriums Rouvier nicht gefaßt. Trotzdem ist dieser am Mittwoch erfolgt^ Die Inven­taraufnahme ist dem Kabinett verhängnisvoll geworden. Ueber die Sitzung wird depeschiert:

Im Verlaufe der Debatte beriet die Kamtner über eine Interpellation wegen der Kircheninventaraufnah­men. Die am Schluß eingebrachte Tagesordnung, in welcher der Regierung das Vertrauen aus­gedrückt wird, wurde mit 267 gegen 234 Stimmen abgelehnt. Rouvier erklärte darauf, die Regier­ung habe an der Verhandlung kein Interesse mehr, und verließ den Saal, gefolgt von den übrigen Mi-,

Auf Irrwege«.

Roman von Klara Rheinau. 7

Meta nickte, mit einem Lächeln, das sofort wieder ver- schwand, als sich die Tür hinter Ottilie geschlossen. Regungs­los stand sie in ihrem Hochzeitsstaat in der Mitte des Zimmers, nur als sie das fröhliche Stimmengewirr in der Halle drunten hörte, ging ein Schauder durch ihren Körper.

Rach einigen Minuten erschien Ottilies strahlendes Gesicht wieder unter der Tür.Du kannst jetzt kommen," sagte sie eifrig,ich habe sie auf Deinen Anblick gebührend vorberei­tet."

Eins Sekunde lang hatte Meta das Gefühl, als ob die Sinne ihr schwinden müßten, aber all ihre Kraft zusammen« nehmend, folgte sie der Cousine langsam die Treppe hinunter.

In der nächsten Minute trat eine liebliche, weiß geklei­dete Erscheinung in den gemütlichen Raum ein, der, halb Küche, halb Wohngemach, der Familie zum gewöhnlichen Auf­enthaltsort diente.

Die beiden Männer, die neben dem hohen, dunkeln Kamin­sims standen, blickten eifrig nach der Tür, durch welche Meta kom­men mußte, und das Bild, das sich ihnen darbot, lebte noch lange in der Erinnerung des Vaters, dessen Lebensglück die Tochter so grausam zerstören sollte.

Das Eichengetäfel des Zimmers war mit den Jahren ganz dunkel geworden und glänzte fast wie ein Spiegel, dank der unermüdlichen Sorgfalt, die die tätigen Haushälterinnen der Talfarm ihm immer zugewandt hatten. Der große Raum war nur matt erhellt, denn selbst an den klarsten Sommer- tagen drang das Licht nur sehr gedämpft durch die dicken, rautenförmigen Scheiben herein. Aber gerade diese halbe Däm­merung ließ Metas zarte Gestalt noch ätherischer erscheinen, und von dem dunkel glänzenden, eichenen Hintergrund hob sich das blendende Weiß ihres duftigen Kleides sehr wirkungs­voll ab.

Kein Wunder, daß Georg MartynS blaue Augen glücklich anfleuchteten, als er der holden Braut ansichtig wurde und bedachte, daß sie, ehe vierundzwanzig Stunden vergingen, sein eigen sein werde, bis der Tod sie scheide. Selbst des Vaters strenge Züge wurden weich beim Anblick seines schö­nen Kindes, des Kindes, das ihn einen so hohen Preis, das

Leben ihrer Mutter, gekostet, aber seinem Herzen so unend­lich teuer war. Ernst und kalt von Natur, war er Meta stets ein liebevoller, zärtlicher Vater gewesen, der jedoch für seine Ansichten unbedingten Gehorsam verlangte. Ihre bevorste­hende Vermählung mit Georg Martyn erfüllte ihn mit un­endlicher Befriedigung. Der ehrenhafte, biedere, junge Mann, gut situiert und von sehr respektabler Abstammung, war ge­rade der Schwiegersohn, wie er ihn sich wünschte. Seiner Tochter Zukunft würde gesichert und ein Heim in Bereit­schaft sein für die liebgewvnnene, verwaiste Nichte, wenn der Herr ihn abrufen sollte.

-O, Du darfst sie nicht anrühren, Georg," ertönte jetzt Otti­lies Helle Stimme, als der stattliche junge Mann auf die Braut zueilte,heute ist sie nur zum Ansehen da, meine Herren," fügte sie mit drolligem Ernste bei,ich habe die Ehre, Ih­nen Fräulein Meta Lockhard vorzustellen, wie sie an ihrem Hochzeitstage erscheinen wird."

An ihrem Hochzeitstage! O, die fröhlichen Worte wären auf ihren Lippen erstorben, hätte sie ahnen können, daß Me­tas Hochzeitstag niemals anbrechen, daß diese liebliche Toi­lette niemals eine Braut schmücken werde.

Nach einigen scherzhaften Reden Ottilies verschwand die weiße Vision, und vor Georg Martyns Augen schien das Zim­mer Plötzlich dunkler geworden zu sein. Aber der Gedanke an morgen erfüllte sein Herz mit seliger Freude, und wie Rührung lag es auf seinem schönen, sonnverbrannten Gesicht, während er an das Fenster trat und sich dort niedersetzte. Er war so glück­lich, so tief und wahrhaft glücklich, daß er es in Worten nicht auS- drücken konnte.

Der Farmer war mit seiner Pfeife hinausgegangen; er sah ihn im Garten zwischen den Rosen hin- und herwandern, fühlte aber keine Lnst, sich ihm anzuschließen. Er beobach­tete die Tür, durch welche Meta wieder eintreten mußte, und antwortete nur zerstreut auf die munteren Bemerknngen Ot­tilies, welche eifrig beschäftigt war, eine reichliche Abendmahl­zeit aufzutragen. In späteren Jahren gedachte sie oft trau­rig des festlich gedeckten Tisches mit seinem hübschen, alten Por­zellan und gediegenem Silber, den fein geschliffenen Glasscha­len mit selbstbereiteter Marmelade, den Bergen von Kuchen, den kalten Fleischspeisen, die sie zierlich mit frischer Petersilie garniert. Und sie hatte wohl Grund, daran zurückzudenken I

ES war für lange Zeit das letzte, glückliche Mahl in diesem Zim­mer. ' >

Als Meta in ihrem blauen Kleide wieder herunterkam, sah sie sehr bleich aus, aber ihre Augen glänzten, und sie lächelte, als sie neben dein Verlobten auf dem Fenstersitz' Platz nahm. Sie sprach nicht viel, aber Meta Lockhard war nie gesprächiger Natur gewesen, und Georg Martyn fühlte sich vollkommen glücklich, als er, die Hand der geliebten Braut in der seinen haltend, still an ihrer Seite saß. Doch plötzlich schien er besorgt zu werden.

Deine Hand ist kalt wie Eis, mein Liebling," flüsterte er zärtlich.Du fühlst Dich doch nicht etwa krank?"

O nein, meineHändesind immer kalt, wie Du weißt," ant­wortete Meta, aber als sie ein wenig erschauerte, bestand er darauf, das Fenster zu schließen, und Meta war es vielleicht nicht unlieb, die hohe, leicht gebeugte Gestalt ihres Vaters draußen nicht mehr sehen zu müssen.

Sie liebte ihren Vater zärtlich, und der Gedanke, daß sie nahe daran gewesen, ihm Kummer zu bereiten, bedrückte sie.

Das Abendessen verlief, dank der mutwilligen, neckischen Laune Ottilies in fröhlicher Weise. Auf Metas Bitten hatte sie von deren Abenteuer nichts verraten, und wenn sie manch­mal besorgt zu ihr hinüberblickte, lächelte diese ihr stets be­ruhigend zu. Allerdings sah sie sehr bleich aus, aber ihr Be­nehmen war sanft und ruhig wie immer, und weder ihr Va­ter, noch ihr Verlobter bemerkten irgend welche Veränderung an ihr.

Nach dem Abendessen begaben sich alle in den Garten hin­aus. Die Luft war weich und balsamisch, kein Wölkchen zeigte sich am tiefblauen Himmel, es schien gute Aussicht für den morgigen Tag.

Sie bildeten ein etwas schweigsames Quartett, als sie, von Blumenduft umweht, die Gartenwege auf- und abschritten. Meta ging Hand in Hand mit ihrem Vater, dem Georg, mit feinein Gefühl, am letzten Abend seinen Platz abgetreten hatte; Ottilie flatterte in ihrem weißen Kleide bald zu diesem, bald zu jenem.

Ueber der Gartentür erhob sich stolz der grüne Bogen und strömte die süßen Düfte seiner Rosen aus. Georg lächelte glücklich, als er davor stehen blieb und den Spruch zu entziffern suchte. 130M