Tages-Kyroutk.

Berlin, 23. Febr. Die Steuer ko mm iss io n des Reichstags nahm mit 15 gegen 10 Stimmen den Antrag ans Einführung einer Wehrsteuer an. Mini­sterialrat v. Burkhard erklärte, die bayrische Regierung habe Bedenken gegen die Wehrsteuer auf Grund der Er­fahrungen, die Bayern damit gemacht habe.

Berlin, 23. Febr. Einen Antrag auf Besteuer­ung von Zeitungsanzeigen hat der Abgeordnete Burkhardt >(wirtsch. Vgg.) in -der Steuerkommissivn des Reichstags gestellt.

Berlin, 23. Febr. DasMilitär-Wochenblatt" mel­det: Generalleutnant von Arnim, Kommandeur der 2. Garde-Division, ist zum Gouverneur von Metz er­nannt worden.

Berlin, 23. Febr. In einer Unterredung mit dem Budapest er Korrespondenten der Tägl. Rundschau be- zeichnete der Vizepräsident der ungarischen Unabhängig­keitspartei, Bolonyi, Deutschlapd als den Hauptschuldigen (!) an der ungarischen Krisis und den Dreibund für tot.

Kassel, 23. Febr. Generaloberst v. Wittich, frü­herer Kommandeur des 11. Armeekorps und militärischer Erzieher des Kaisers, ist in Würzburg gestorben.

Köln, 23. Febr. Das Zentrum des Reichstags sprach sich nach derKöln. Volkszeitung" gegen eine S teueräUf Erbanfälle an Ehegatten und Des­zendenten gemäß dein Antrag Am Zehnhoff aus.

Gotha, 23. Febr. Der gemeinschaßliche Landtag lehnte gegen tue 6 Stimmen der Sozialdemokraten deren Antrag ad, das Ministerium wegen derNtchtbestättgung sozialdemokratischer Gemetndebeamten unter die Anklage der Verfassungsverletzung zu stellen.

Dresden, 23. Febr. Die I. Kammer hat die Regierungsvorlage über eine veränderte Zu­sammensetzung der 1. Kammer angenommen, nach­dem der dazu gestellte Abänderungsantrag der Deputation nicht die zu einer Verfassungsänderung erforderliche Zwei­drittelmehrheit erhalren hatte.

Karlsruhe, 23. Febr. Wie die Karlsr. Ztg. meldet, at der badische Et send ahnrat heute die Vor- chläge der badischen Regierung betreffend dis Etsenbahntarifreform einstimmig gutge­heißen. Danach sind die Kilometerhefte aufzu- heben und für die 3. Klasse der Satz von 2 Pf g. pro Kilometer einzuführen.

Karlsruhe, 23. Febr. Ter Ministerialdirektor im Ministerium des Innern, Geh. Rat Karl H e.i l, ist im' Alter von 58 Jahren gestonben.

Karlsruhe, 24. Febr. Prinzessin Max von Baden wurde von einem Sohn entbunden.

München, 23. Febr. Die Kammer der Reichs­räte hat heute das Landtagswahlgesetz ohne Er­örterung in 2. Lesung einstimmig angenommen. Die 3. Lesung findet am 13. März statt.

Mülhauseu, i. Elf., 23. Febr. Der Streik der Textilarbeiter in der Fabrik Frey dauert fort. Die Baumwollfabriken beschlossen, auf den nächsten Kün­digungstermin sämtlichen Arbeitern zu kündigen. Durch diese Aussperrung werden etwa 0000 Arbeiter betroffen.

Stratzburg, 23. Febr. Der zur Zeit im Bau be­griffene Rangierbahnhof von Straßburg, der sich 7 Ki­lometer weit bis Mundolsheim erstreckt, wird der größte Rangierbahnhof Deutschlands werden. Die Kosten der Ausführung sind auf 00 Millionen Mark ver­anschlagt.

Rom, 23. Febr. Der König hat bestimmt, daß die Einkünfte der Domänen dem internationalen Acker baui ustitut zu überweisen sind.

London, 22. Febr. In Beantwortung einer An­frage im englischen Unterhaus erklärt Runciman, daß die Uebertragung des russischen Pachtgebietes von Port Arthur an Japan keinerlei Veränderung hinsichtlich des Status guo für Wei-Hai-Wei geschaffen habe, das an die englische Regierung verpachtet sei, und es würde auch gegenwärtig keinerlei Veränderung betreffend dieses Pachtgebietes beabsichtigt.

Parts, 23. Febr. Die Deputtertenkammer beendete die Beratung des Gesetzentwurfes betr. die Alters­

versicherung für Arbeiter. Der Gesetzentwurf wurde in der Gesamtabsttmmung mit 501 gegen 100 Stimmen angenom­men. Die Linke nahm vie Abstimmung mit Beifall auf. Hierauf wurde die Beratung über die 2 provisorischen Bud­get Zwölftel begonnen.

Petersburg, 22. Febr. Nach einem aufgestellten Plan soll der Rücktransport der Mandschurei-Ar­mee ungefähr Anfang Juni beendet sein.

Konftantinopel, 23. Febr. Die Geheimpolizei ent­deckte in der Vorstadt Synatri in einem armenischen Hause eine Anzahl fertiger Bomben und große Mengen Dy­namit. sowie einen ausführlichen Plan für ein Al­te n t a t a u f d e n S u l t a n. Der Entdeckung wird große Bedeutung beigelegt und scheint es diesmal keine Polizei­mache zu sein. Der hiesige Havas-Vertreter, Sandoz, wurde auf der Reise nach Bulgarien in Sofia wegen angeblicher- Spionage verhaftet.

Tienlsia, 23. Febr. Der japanische Gesandte hat in Peking wegen der Zunahme des Fremden­hasses Vorstellungen erhoben.

Hongkong, 23. Febr Zwischen Samschui und Chtngyuen überfielen Piraten das englische Passagterboot, das zwischen den beiden vorgenannten Orten verkehrt. Sie raubten der Mannschaft 900, den Paffagieren 3000 Dollars. Am 16. Februar war bereits an dem gleichen Orte eine Dschunke angehalten und gänz­lich ausgeplündert worden.

Am Freitag wurde der etwa 30 Jahre alte Fabrik­besitzer Johannes Weidenmüller in Bischofsheim ver­haftet und in das Untersuchungsgefängnis nach Hanau abgeführt. Weidenmüller wird beschuldigt, seiner Frau, mit der er erst wenige Jahre verheiratet ist, Phos­phorsäure Unter das Essen geschüttet zu haben, um sie zu beseitigen. Ein Gefäß mit Gift wurde bei ihm beschlagnahmt.

In Frankfurt a. M. wurde eine sieben Mann starke E inbrech er b an de nachts verhaftet.

Die Leiche der jungen Frau, die sich von dem Nie- derhausen-Wiesbadener Zug überfahren ließ, ist als diejenige der nervenleidenden Frau des Kaufmanns Weg- ner in Erbenheim erkannt worden.

Die Polizei in Barmen verhaftete den Lithogra­phen Alfred Becker wegen Anfertigung falscher Hun­dertmarkscheine.

Das Druckereigebäude desLahnsteiner Tageblatt" in Oberlahn st ein ist niedergebraunt. Vier Maschi­nen wurden zerstört, ein Feuerwehrmann tötlich ver­letzt. Der Materialschadeu ist bedeutend.

Der Schlächtermeister Struve in Meldors (Hol­stein), wurde dort ermordet, wahrscheinlich von seinem eigenen Sohn.

Der dreifache Raubmörder Sch miedt von Hainburg ist noch nicht verhaftet. Er hat insge­samt 21 Schüsse auf seine Frau, Schwiegermutter, Kin­der und Verfolger abgegeben.

Der 28 Jahre alte Bremer Fabrikant Cols m ann, der sich in Samaden (Engadin) anshielt, wurde am Diens­tag an der Diavelczza durch eine Lawine bei einer Skitour in die Tiefe gerissen. Donnerstag wurde die Leiche aufgefuuden und nach Samaden gebracht.

Me Marokko - Ko«ferer»z.

Algeeiras, 22. Febr. In der heutigen Komi­teesitzung der Konferenz wurde ein großer Teil der die Bank betreffeirden Entwürfe geprüft. In allen Neben puu kteu wurde, von einigen Abänderungen ab­gesehen, im großen und ganzen Uebereinstimmung erzielt. Der geprüfte Teil der Entwürfe wurde dem Redaktionskomitee überwiesen. In den beiden Haupt­fragen, nämlich der Aufbringung des Kapitals und der Frage des Vorzugsrechtes, ist man zur Einig­ung nicht gekommen. Die beiden Fragen wurden deshalb vertagt. Spanien unterstützte Frankreich in Hin­sicht auf die Anleihe. Bezüglich der beiden vertagten Punkte beharrt jeder bei seiner Ansicht. Die beiden Fra­gen gaben Anlaß zu einer in den verbindlichsten Formen geführten Erörterung zwischen Revoil und Tatten-

bach. Der englische Delegierte Nicolson trat tat-, kräftig für Revoils Ansichten ein.

Me Nnrrche« irr M«tzLa«d.

Gapon und Witte.

Die Angelegenheit Gapvn-Witte wird heute vom Zentralkomitee des russischen Arbeiterverbandes in der Rufs" dahin richtiggestellt, daß nicht Gapon, sondern des­sen rechte Hand, Matjuschenski, 30000 Rubel im Auf­träge Wittes erhalten habe, daß dieser mit 23 000 Ru­bel verduftet sei und jetzt gesucht werde. Das Komitee spricht die feste Ueberzengung aus, daß Gapon von die­sem Gelde keinen Groschen genommen habe. Doch tritt dieRufs" an anderer Stelle mit weiteren Enthüllun­gen hervor, die bestätigen, daß Gapon von Witte pro­visorisch 500 Rubel zur Reise nach Paris erhalten habe, sich in dortigen Finanzkreisen als eine Art russischer Jinanzagent bewege und überall versichere, man könne Rußland ruhig eine neue Anleihe hergeben, weil er für das Aufhören der politischen Arbeiterbewegung garan­tiere. Witte läßt natürlich alle Meldungen, daß er mit dem Priester Gapon Beziehungen unterhalten, oder ihm Geld gegeben habe, dementieren.

Das Ministerium Witte.

Aus Moskau wird der Voss. Ztg. telegraphiert, daß in etwa 8 bis 10 Tagen eine Umbildung des Kabi­netts Witte erfolgen soll und zwar soll das jetzige Ge­schäftsministerium durch ein Parteiministerium ersetzt wer­den. Es scheint, daß bereits alle Portefeuilles vergeben sind. Witte bleibt, ebenso der Kriegs- und der Marine­minister. Die Absolutisten rüsten bereits, um gegen eine solche Umwandlung Stellung zu nehmen.

WÜrtt Landtag.

Stuttgart, 23. Febr. Vizepräsident Dr. v. Kiene eröffnet die 148. Sitzung um Uhr. AiN Regierungs­tisch : niemand. Auf der Tagesordnung steht zunächst die Beratung von Petitionen, von denen mehrere persönli­cher Natur, durch Uebergang zur Tagesordnung und Ein­ladung der Kammer der Standesherren zum Beitritt er­ledigt werden. Zu der Eingabe des früheren Rechtsan­walts Georg Mohr in Heilbronn, derzeit in München be­richtet der Abg. Storz (Vp.), Mohr wurde verurteilt wegen Verbrechens der Notzucht zu 3 Jahren Gefängnis. Er beantragte disziplinäres Vorgehen gegen den Schwur­gerichtspräsidenten v. Will ich wegen ungenügender Be­weiserhebungen. Eine Parlamentsjustiz kann aber eben­sowenig anerkannt werden, wie eine Kronjnstiz. Der Landtag hat nur das Recht der Kritik wozu jedoch der vorliegende Fall das Material nicht bietet. Man darf der Justiz nicht in die Arme fallen. Der Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung wird angenommen. Es folgt die Verlesung des Rechenschaftsberichtes des Stän­dischen Ausschusses über seine Amtstätigkeit während der Vertagung des Landtags vom 24. Juli 1905 bis 11. Ja­nuar 1900. Berichterstatter ist Frhr. v. Gemmin gen. Der Stand der Staatsschuld hat am 18. Dezember 1905 540 700928 Mk. 59 Pfg. betragen. Der Bericht findet keine Beanstandung. Nunmehr werden gewählt für den verst. Abg. v. Nieder in die Legitimationskommission der Abg. Rembold-Aalen, in die Petitionskommission der Abg. Keßler, in die Kommission für die Gemeinde- und Bezirks­ordnung der Abg. Schluchte und in die volkswirtsch. Kommission anstelle des Abg. Dr. Hartranft der Abg. Haußmann-Balingen. Nächste Sitzung mit Rücksicht auf den morgigen Feiertag und den Fastnachtsdienstag Mitt­woch Nachmittag 3 Uhr mit der Tagesordnung 1) An­trag Rembold-Aalen und Genossen betr. Aushebung der Disziplinär- und Freiheitsstrafen gegen Unterbeamte und Unterbedienstete. 2) Antrag Betz betr. Abschluß von Schiedsgerichtsverträgen. 3) Antrag Gröber u. Gen. betr. Unfälle der Gemeindebeam-teu usw. Schluß der Sitzung -Fl 1 Uhr.

Aus Kieke zur Kunst.

Roman Vvu Viktor Rheinberg. 45

Du wünschtest danials, aus Gründe», die ich anerkennen mußte, daß ich mich nicht an sie binden sollte. Ich habe mich fern von ihr gehalten, sie >n vergesse» versucht, ans Liebe zu Dir, Onkel! Doch, als ich hörte, daß ihr Vater verunglückt und ihre Mut­ter todkrank, sie selbst aber völlig verlassen sei, da erwachte die Liebe zu ihr mit aller Macht in meinem Herzen, ich mußte zu ihr, mich schützend ä» ihre Seite stellen. Und nun, gelieb­ter Onkel, trenne auch Du die nicht, welche in der Stunde des Unglücks sich gesunden, und sich Treue sürS Leben ge­schworen haben."

Der alte Herr saß, finster vor sich niederblickend, in seinem Lehnstuhl, er kämpfte augenscheinlich einen schweren Kampf, endlich sagte er:Der Tod Heinersdorfs ändert allerdings viel i» der Sachlage, aber dennoch.. wer weiß, ob seine Frau eine Annäherung meinerseits wünschen würde?"

Und wen» ich Dir nun sagte, Onkel, daß sie daS sehnliche Verlangen trägt, sich mit Dir vor ihrem Ende zu versöhnen, und daß ihr Leben nur noch an sehr schwachen Fadenhängt, könntest Du Dich da nicht entschließen, der Unglücklichen zu vergeben?"

Ich will jetzt allein sein, Hans! Ich muß mit mir selbst tn» reine kommen, später laste ich Dich rufen." Mit den Wor­ten entließ der Freiherr seinen Neffen.

Dieser eilte in Tante Brigittes Zimmer, wo er die alte Lame sowie Martha und Melanie begreiflicherweise in ban­ger Erwartung fand.

Nach Verlauf einer Viertelstunde bat er seine Braut, ihm z» folgen.

Zitternd legte sie ihren Arm in den seinen.

Er geleitete sie bis an die Tür von Onkel Gebhards Zim­mer und sagte:Gehe nun getrost hinein, mein Engel, und Gott segne Deine Worte."

Was soll ich ihm nur sagen, Han»?' fragte st«, sich ängst­lich an ihn schmiegend.

Sprich zu ihm, wie Dein Herz e» Dir eingtbt, denk« an Leine Mutter und an ihre Sehnsucht, sich mit dem Onkel IN versöhnen!" Damit entfernte sich Han».

Melanie öffnete mit zitternder Hand die Tür und trat in das dämmrriae Gemach.

Da saß der alte Herr noch auf derselben Stelle am Schreib- tisch, den Kopf aus beide Hände gestutzt. Als er das leise Geräusch vernahm, was Melanies Eintritt verursachte, blickte er ans.

Was ist das?" ries er halb erschreckt, halb freudig aus, Du kommst selbst zu mir, Marie, oder ist es nur ein Traum?"

Melanie war zu ihm geeilt und neben seinem Stuhle in die Knie gesunken.Ich bin Melanie, die Tochter der armen, krau- ken Marie, welche durch mich Sie aufleht, alles vergessen und vergeben zu wollen!"

Ihr von Tränen überströmteS, liebliches Gesicht, umrahmt von der Fülle blonder Locke», war jetzt zu ihm emporgerichtet, während sie noch auf den Knien lag.

Der alte Freiherr war ganz in ihren Anblick versunken, plötzlich nahm er ihr Köpfchen zwischen seine beiden großen Hände, sah ihr in die blauen Kinderaugen und rief mit bebender Stimme:Ja, Du bist das lebendige Abbild Deiner Mutter mein Kind ! Genau so stand sie einst vor mir in ihrer Jugend- blute, in schöner, glücklicher Zeit! Doch das ist längst vorbei! Wa» liegt nicht alles zwischen dem Einst und Jetzt!"

Jetzt ist meine arme Mutter todkrank und vom Schicksal schwer geprüft Wollen Sie ihr die letzte Bitte versagen?"

Nein, Kind, das verhüte Gott." Er hob Melanie empor und sich selbst hoch aufrichtend, fragteer:Und wo weilt Deine Mutter? Laß uns zu ihr eilen, ehe e» zu spät wird."

Sie ist in Hallerbrück. Aber wa» kann, wa« soll ich tun, um Ihnen meinen Dank, so tief wie ich ihn empfinde, zu bewei- sen?" Melanie hatte seine Hand ergriffen, und wollte sie an die Lippen führen.

Sr ließ e» nicht zu. Mit väterlicher Zärtlichkeit nahm er die zarte Gestalt in seine Arme, küßte sie auf die Stirn und sagte:Zum Dank dafür sollst Du mich Onkel und Du nennen, und meinen Neffen Han» recht glücklich machen. Willst Du?"

O mein geliebter, mein teurer Onkel!"

Mehr brachte Melanie nicht hervor. Tränen Mickten ihre Stimme.

* *

Der Freiherr ließ sofort anspannen, und nachdem drüben bei Tante Brigitte ein Hin- und Herfragen, ein Umarmen und Glück- wünschen stattgefunden hatte, stieg der alte Herr von Otter»- bach mit dem Brautpaare in den Wagen.

Während der Fahrt wurde wenig oder garnicht gesprochen.

Der Oheim blickte still und ernst vor sich hin, Han» und Me­lanie saßen schweigend Hand in Hand.

Bald war man am Tore angelangt, hier ließ der Frecher» halten und alle drei stiegen an». Der Kutscher erhielt dev Befehl, imgoldnen Stern" ausznspannen, wo beide Herren ihn später treffen würden, um nach Uhlingen zurückzusahren Dann gingen alle zu Fuß bis zum Wellerschen Hanse. Oben im Wohnzimmer neben der Krankenstube kam ihnen Sophie ent­gegen mit dem Bericht, die gnädige Frau habe die ganze Zeii in einer Art Halbschlaf gelegen, jetzt aber unruhig nach dem Herrn Assessor verlangt.

Ich komme sofort," sagte dieser,bitte, bleibt Ihr einst­weilen hier.

Lieber Hans," redete ihn die Kranke an, sobald sie seine» ansichtig wurde,ich habe keine Zeit mehr zu verliere», ich muß heute noch an Deinen Onkel schreiben, wenn e» nicht zu spät werden soll.

Willst Du mir behilflich sein und mir Papier und Feder geben?"

Möchtest Du ihm nicht lieber mündlich alle» sagen, wa» Du auf dem Herzen hast, beste Mutter?"

Mündlich? Um Gottes willen. Han», wa» soll da» heißen?" Beide Hände auf ihr stürmisch klopfende» Herz pressend, blickte Frau von Heinersdorf ihn erwartungsvoll an.

,E» soll heißen, geliebte Mutter, daß mein Oheim hier ist und sich danach sehnt, Dich zu sehen!"

O, mein Gott, hilf mir!" rief die Krank«, ängstlich nach der Tür schauend.

Han» schlich hinan» und die hohe Gestalt de» alten Frei­herr» im weißen Bart und Haar stand im Zimmer.

Gebhard!" tönte e» vom Bett her.

Marie, meine arme Marie!" Mit dem Ausrufe war de» alte Herr an ihrem Lager auf die Knie gesunken

Dann hörte man nicht», nur stille» Weinen.

Du kommst zu mir," sagte endlich dH Stanke,o, womit habe ich diese Güte verdient! Kannst Du mir denn verzeihen? O, sage «» mir, wie sehne ich mich danach, e« zu hören!"

So wahr ich hoffe, einst Barmherzigkeit vor Götte« Thr»» zu finden, so gewiß habe ich Dir alle» voll und ganz »ergebe», meine lieb», mein« arme, irregeleitete Marie!" Sr küßte ihre Hände. lSS.20