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Nr. 1.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Ealw.

85. Jahrgang.

Erschein nnq4n>«Ise: a mal wüchentl. Anzeigeprel« : Die kleinspnltige^Z-Ile W dts. Rrk innen :.Mr. Lchlutz der Anieigennnnnbnie s Uhr nnrouliag«. ,rer»Iprecherg.

Freitag, den 2. Januar 1920.

vezua«pretr: Inder Stad! mirTrüqerlohn Mk. 4.5-1 vierteljiihriich, Postbez»g«prei« Wk. S.I0 uiir «eslellgeld und Zuschlag. -__

Sie Reichmgikliüz zim «me« 3chr

Berlin, 1. Jan. Der Reichspräsident hat den Reichskanzler gebeten. folgende^Kundgebung zum NeujahrStage zu veröffentlichen: In dem vergangenen Jahre ist zwar das Chaos abgewehrt, die Ein­heit des Reiches erhalten und befestigt worden; indessen mußte unter dem Druck rücksichtslosen Zwanges ein Friede geschlossen werden, der die Ehre unseres Volkes, seinen Wohlstand, die Früchte vergangener und künftiger Arbeit fremder Gnade zu überantworten droht. Das heute beginnende Jahr muß zeigen, ob die Deutschen trotz allem sich als Nation staatlich und wirtschaftlich zu, behaupten hoffen können, oder durch inneren Hader, dem sich äußerer Haß zugesellt, in einem endgültigen Zusammenbruch auch die Hoffnungen ihrer Kinder be­graben n üsscn. Diese Schicksalsfrage vor Augen, bitte ich heute alle, die sich Deutsche nennen, in der gemeinsamen Not die Reihen zu schließen und ein jeder an seiner Arbeitsstelle für den Wieder­aufbau unseres Vaterlandes das Aeußerste zu tun. Berlin, 1. Ja­nuar 1920. Der Reichspräsident: gez Ebert.

Vör der Ratifikation.

lWTB.) Paris. 31. Dez. (Ag. Harms.) Der Oberste Rat der Alliierten trat heute morgen unter dem Vorsitz ron Jules Lambon zusammen und hörte den Generalsekretär Dutasta, der über seine Verhandlungen mit Herrn v. Lersner Bericht erstattete, sowie den General Lerond, der über die Verhand­lungen zwischen den alliierten Vertretern und der von Geh. Rat v. Simson präsidierten Abordnung berichtete. Der Rat l-uhl-'u, d'.ch Maßnahmen bvzägtich des Inkrafttretens des Fricdensvertrages vor dem 6. Januar dem Tage, der für den Austausch der Ratifikationen in Aussicht genommen ist getroffen werden müssen. Der Rat beschloß ferner, daß ' d«r Sck> utz der Angehörigen der Gebiete, in denen Votksnbüimmni^, Werden soll en, im Ausland

derjenigen Macht zufülft, deren Veriiftksl 1U!t uu , r..

lommission des betreffenden Gebietes präsidiert. Der Rat ent- s^ivd, daß der Unterhalt der V e s a tz u n g s t r u-p p e n in den 'Abstimmungsgebieten jeder an der Besetzung teilnehmenden Macht obliegt. Di,e Rückerstattung der Kosten soll durch. die Macht erfolgen, der das Abstimmungsgebiet zugesprochen wird. Sofort nach Inkrafttreten des Friedensvertrages soll die deut­sche Regierung I92vvl> Tonnen Schwimmdocks abllesern,, zu deren unverzüglicher Ablieferung sie sich verpflichtet hat. Der Rest des abzulrefernden Materials ist innerhalb einer Frist von L9 Monaten abzuliesern.

Paris, 31. Dez. Dutasta hatte am Dienstag abenb eine weitere Unterredung mit Herrn v. Lersner über die Inkraftsetzung des Ver­sailler Vertrages Falls nicht Unvorhergesehenes Antritt, wird die Zeremonie des Austausches der Ratifikationsurkunden am 6 Januar 4 30 Uhr nachmittags im Ministerium des A«ußeru staltftnden Als­bald nach Unterzeichnung des Protokolls sehen die Alliierten der Ab'-efernüg des Materials entgegen, das unverzüglich abzutretrn sich nie Deutschen bereit erklärt haben, d h. 192000 Tonnen pluS bOOVO T onncn. Im übrigen wird das Material gemäß der an Ott und Stelle gemachten Feststellungen in Danzig, Hamburg und Bre­men orn rlliictten Sachverständigenkommissionen rerlonyt virtrn Suche:ram 3t Dez. Pressebureau Rad-o m-'t-t daß nach Austausch re, Rotisikationen am 7. oder 9. Januar sich die tirlo- matischru iLrq^kreichz auf ihre Posten in Deutschland be­

geben werden. Die Abfahrt der mit der Besetzung der deutschen Ab­stimmungsgebiet. beauftragten alliierten Truppen beginnt am 12. Januar.

* Berlin, 2. Jan. DasV. Tgbl." berichtet aus Genf: Die Zeremonie bei der Unterzeichnung des Protokolls, die, wie bereits gemeldet, am 6. Januar, nach einer anderen Meldung am 7. Januar, im Ministerium des Auswärtigen stattfinden soll, wird ganz einfach gehalten werden." Man erwartet die Ankunft des englischen Premiörmiyisters Lloyd George.

Oie französische Presse zur Ratifikationsfratze.

Jan Petll Parisicn" sagt, man er­warte die Antwort der deutschen Negie»uüg betreffs der schrift-

^ Alliierten in der Srapa Flow- Lefku7^.4^^ral!-kr,etär Dutasta und Freiherr von 5 fallen den 6. Januar nur als möglichen Tag des, lei"ob-7 Lriedensvertrages. ins Auge fassen können, heute stsion fast sicher, daß dieses Datum über- mnde7 Sichtlich des strittigen Eerichts-

der Abstimmungsgebiete wolle General Le-rond alle

en7e e? Verwickelungen ausgeWos-

Üus 7 ',. k? a Ki ein weiterer Grund, anzunehmcn. daß der Austausch der Ratifikationsurkunden nicht vo, dem 10 ^ ja

selbst 12. Januar erfolgen dürfte. Jean Brice behauptet im Journal", General Lerond glaube noch etwa zehn Tage zu bedürfen, um die vollen juristischen, administrativeti und mili­tärischen Einzelheiten für die Ueberleitung der Verwaltung in den Abstimmungsgebieten zu regeln.

Deutschland nach dem Friedensschluss.

Nach der letzten allgemeinen Volkszählung vor dem Kriege tim Dezember 1910) zählte das Deutsche Reich auf 340 857 Quadratkilometer eine Bevölkerung von 64 925 993 Einwohner. Nach dem Friedensschluß scheiden hiervon ohne weiteres aus dem Reiche aus die Abtretungsgebiete. Es sind dies 65 013 Quadratkilometer mit 6 062101 Bewohnern, wovon 50 086 Qua­dratkilometer mit 4112191 Bewohnern auf Preußen entfallen, der Rest entfällt auf Elsaß-Lothringen mit 14 521 Quadrat­kilometer und 1874 014 Berpohnern und auf Bayern mit 405 Quadratkilometer und 75 896 Bewohnern. Auf das Saar­gebiet, von dem zu Höften ist, daß es nach 15 Jahren zum Vaterland zuriickkehren wird, entfallen 1860 Quadratkilometer mit 644 792 Einwohnern.

Von den aus dem Reiche ausscheidenden Bewohnern der Abtretungsgebiete sprechen als Muttersprache 3 823 000 deutsch und nur 1 729 000 polnisch, sowie 204 000 französische, der Rest eine sonstige nichtdeutsche Sprache. Schärfer als durch diese Ziffern, die das gewaltige Ueberwiegen der reindeutschcn Ele­mente in den abzutretenden Gebieten beweisen, kann die schrei­ende Ungerechtigkeit der Losreißung dieser Landesteile vom Mutterland nicht beleuchtet werden.

Die Abstimmungsgebiete, die ausschließlich Preußen betref­fen. umfassen im ganzen 33 429 Quadratkilometer mit 3 0/0 060 Bewohnern. Hiervon sprechen als Muttersprache 1 352 000 deutsch, 1253 000 polnisch, Ist4 000 dänisch, der Nest eine son stige nichtdeutsche Sprache. Auch hier also ein Ucbcrwiegen der deutschen Bevölkerung über die polnffche. Die Abtretungs­gebiete machen 12,02 Prozent der bisherigen Gesamtfläche des Deutschen Reichs u^susicir0,34 Prozent "-der bis­

herigen Eesamtbevölkerung, die Absiimmunn-.gebiete ma-.'cn 6,t8 Prozent der Eesamtftäche aus und umfassen 4.76 Vro-"nt der Eesamtbevölkerung. Im ungünstigsten Fall, den mit allen Mitteln zu verhüte» jeder Deutsche verpflichtet ist, würde das Reich somit 98 443 Quadratkilometer 18F!0 Prozent icin-- bisherigen Fläche und 9 133 061 Einwohner 14,07 Proz. seiner bis herigen Volkszahl verlieren.

' ich-ttschsnn'' würde, ergibt sich aus

der einen Witter vast miß- ihrer

eigenen Bevölkern».« bisher noch rund 6 581 500 wesuM'Dvr- wnen aus ihren landwirtschaftlichen Veberssbiissen ernähren kennten. Das zerbrochene und verkleinerte, seiner Ueber- schußgebiete beraubte Deutschland wird diese Menschen nicht er­nähren können.

Die Schweizer Presse znm Neuen Jahr.

. Bern, 2. Jan. In ihrem Rückblick auf das verflossene Jahr be­tont die Schweizer Presse übereinstimmend, daß das Jahr 1919 der hoffenden Menschheit die schwerste Enttäuschung gebracht habe. Die Nationalzeitung" schreibt, daß das Versagen Wilsons alle Freunde der Demokratie und der Dölkcrversöhnung entmutigte und di« Gläu­bigen Lenins stärkte. Die .Torgauer Zeitung" nennt den Frie­densvertrag von Versailles die größte Enttäuschung, weil die Ge­rechtigkeit,' die wieder auf ihren Thron gesetzt werden sollte, die Züge persönlicher Rache trage und zum blutigen Moloch geworden sei, der Kinder morde und Gefangene nutzlos peinige. Das .Journal de Geneve" sagt, daß die wirkliche Gerechtigkeit noch nicht ihre Herrschaft angetrrten habe. In ihren Ausblicken auf 1920 be­zeichnet die Mehrzahl der Blätter als Vorbedingung einer Aende- rung der Weltlage eine Aenderung der Gesinnung derjenigen, die jetzt die Welt beherrschten.

Zu Sicheren Lage.

Eiu belgischer Sozialist über die surovriische Wirtschaftslage.

Brüssel, 80. Dez. Camille Huysmans setzt in der Zeitung .Peuple" seine Artikelreihe über die internationale Lage sott. Er sagt, der FricdenSvertrag von Versailles sei unter der Voraussetzung gemacht worden, daß ein wirtschaftlicher Ruin Deutschlands die Rettung für Frankreich, Belgien und England bedeute. Jetzt aber sehe man, daß der Ruin Deutschlands den Ruin Frankreichs, Bel­giens und Englands nach sich ziehen würde. Heute seien die be­deutendsten Finanz- und Wirtschaftspolitiker der 'Entente gezwungen, zuzngcben, daß die alliierten Nationen Deutschlands Betriebe retten «nt» Rohstoffe liefern müssen, Daß man Industrie, Handel und Fi­nanzen in Deutschland wieder äuftichten müsse, wenn man sich selbst vor Zusammenbruch und Bankerott retten wo§e. Zwischen der Lage Deutschlands und der Lage Belgiens, Frankreichs u^d Italiens sei nur ein Gradunterschied, und wenn die Krisis sich ver­schärfe, werde man in weniger als sechs Monaten sich in einer ähn­lichen wirtschaftlichen Lage befinden. Allgemein erkenne man jetzt an, daß die Einfuhr deutscher Waren das einzige Mittel sei, den Wechselkurs wieder zu verbessern, die Lebensteuerung herabzudrücken

und das wirtschaftliche Leben wieder aufzurichten. Aber um von Deutschland einzusühren, müsse man Deutschland erlauben auszu- sühren, das heißt Güter zu erzeugen.

Auch in Frankreich dämmert es.

Paris, 31. Dez. DerTemps" schreibt in seinem heutigen Leitartikel zu der Finanzrcde des Ministers Klotz, daß di« Aus­sichten, die sich jetzt tn Deutschland eröffnetcn, nicht allzu düster seien. Weiterhin meint der .Temps", es sei die höchste Zeit, daß der Friedensvertrag in Kraft trete, damit sich endlich die alliierten Regierungen mit der deutschen Regierung in Verbindung setzen, um Maßnahmen zu treffen, die die wirtschaftliche Aufrichtung Deutsch- lands und seine Zahlungsfähigkeit sicherten.

Englische Flottenmanöver im Mittelmeer.

London, 1. Jan. Die Zeitungen melden, daß zum erstenmal seit Abschluß des Waffenstillstandes wieder Flottenmanöver im Mit­telmeer stattfinden. Die Einheiten der Adriaflotte werden nach dem Mittelmeer befohlen, wo sie gemeinsam mit der unter dem Kommando deS Admirals Nobcck sichenden Mittelmcerslotte operieren sollen. Die Manöver findet: ungefähr Mitte Januar statt und haben keine (!) politische Bedeutung.

Eine englische Schätzung des derzeitigen Standes des deutschen Heeres.

London, 2. Jan Obgleich Deutschland auf Grund des Frie- densvettrags nur ermächtigt ist, drei Monate nach der Ratifikation 100 OM Mann unter den Waffen zu halten, schätzt das britische KricgSminPcrium die heutige Zahl der dcutsch-n Soldaten auf ungefähr eine Million, darunter 400 000 ttMare Soldaten-. 12 000 Matrosen, 50 MO bewaffnete Polizisten und ungefähr 500 000 Zeit- freiwillige und Bürgerwehrleute. Tie Herabsetzung dieser HcereS- bestände gebt infolge der gegenwärtigen Lage Deutschlands und der Arbeitslosigkeit nur langsam vor sich.

England erntet die Fichte der deutschen Arbeit in M: o otamlen.

- PWTB.)-London, 1. Jan. Reuter meldet, daß der Bau der Bahn von Bassorah nach Bagdad um 14 Mei­len täglich sortschrcitct. Man hatte gehofft, hie beiden Städte auf Weihnachten miteinander zu verbinden. Der Dienst wird in allernäckster Zukunft ausgenommen werden kennen. Zwei Züge werden die Fahrt van Bassorah nach Bagdad in 28 Stunden zurücklegcn.' Man hofft aber/durch Verbesserun­gen die Fahrzeit auf 12 Stünden hcrabsetzen zu können. Eüterzüge werden zur Zurücklegung der Strecke 48 Stunden be­nötigen.

Die Syrier gegen die Fremdherrschaft.

Bern, 1. Jan. Wie die Genfer Blätter melden, herrscht unter der syrischen Bevölkerung eine große Erbitterung gegen den eng­lisch sranzösischen Vertrag Man bereite sch zum Widerstand vor. Zahlreiche bewaffnete Banden hätten stth gebildet und seien zui^i Kampfe fertig. Nach in Newyorf vorliegenden Meldungen for­derten 120 000 Assyrier,- daß Mesopotamien frei vom französischen Joch unter englisches Mandat (I) gestellt tyerhe.

Die Esttents ynd die türkische Frage.

Paris, 1. Mm. Jean Brice sagte im .Journal", in Länder sei zwischen Lloyd George und Clemenceau nichts Grundsätzliches über die Orientsrage festgelegt, worden. Auch in den späteren Unterredungen zwischen Lord Curzon und Bcrthelot in de/ letzten Woche habe es sich lediglich um vorbereitende Besprechungen ge­handelt. Die französische öffentliche Meinung sei mehr denn je ent­schlossen, den sranzösischen Grundsatz der Erhaltung des Sult-ns In Konstantinopel ausrecht zu erhalten und nicht zu-ugeben. dckß man die Tollheit begehe, Rußland tn die Arme Deutschlands zu treiben, indem man ihm für immer den Weg zum Mittelmeer versperre.

Die verschleierte Auslieferung Ostsibiriens

an Fapgn durch die Entente.

(WTB.) Rotterdam, 31. Dez. SautN. Rottcrd. E." melken dieTimes" aus Sibirien,>däß die Lage der zurückweichen­den Armee Koltschaks furchtbar sei.- Die Bevölkerung von Irkutsk sei der ^lt weilenden Negierung Katt^baks feindlich gesinnt. Die E-fenbahnstation dieser tzhad^soll sich in den Händen der So^mlrcpölutionäre 'befinden. Na-b^ einer Meldung der Time^nus. Paris ist Japan bereit, in Sibirien durch energische Untdrsiü^ung die Lage zu rett«t, rv^jin es von den Mächtzen die Ermächtigung dazu erhält. Dasselbe D'att meldet aus RewPork, daß, einer halbamtlichen Mitteilung aus Washington zufolge, die Vereinigten Staaten,