Hervorragende Fachmänner aus allen Staaten, die in! Betracht kommen, über die Ergebnisse der Arbeiter-Versicherung seit 1889 berichten sollen, in welchem Jahre her erste Internationale Arbeiterversicherungskongreh zu Paris abgehalten wurde.
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Im englischen Unterhaus hat man sich am Donnerstag über den Ankauf englischer Kohlenfelq der durch ein deutsches Syndikat unterhalten. Sir Howard Vincent (kons.) fragte an, ob das Handelsamt im Besitze amtlicher Mitteilungen in Bezug auf den Verkauf von Kohlenfeldern in Whitworth an ein deutsches Syndikat, das im Arftrag der deutschen Marine handle, sei, und ob das' Handelsamt die Käufer davon verständigen Mrde, dah die Regierung besondere Gesetze plane, um die Verschiffung von Kohlen für den Gebrauch fremder Machte zu verhindern. Unterstaatssekretär des jHandelsamts, Bonar Law, erwiderte hieraus, Vincent solle sticht annehmen, daß die britische Regierung jemals et- !was gegen bloße Verschiffungen von Kohlen für den Gebrauch fremder Machte im Verlaufe-des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs einzuwenden gehabt habe. Das einzige, wogegen sich die Regierung verwahre, sei der Erwerb von irgend etwas, was vinem Monopol auf Tämpferkohlen ähnlich sei, durch Fremde oder eine fremde Regierung. Das Handelsamt habe keine.amtlichen Mitteilungen in Bezug auf gerade die genannten Kohlenfelder, sei aber der Meinung, daß sie schon längere Zeit zum Verkauf Angeboten worden seien und daß/man bisher dort keine Dampferkohle gefördert habe. Unterstaatssekretär der Admiralität, Pretyman, erklärte, das Whitworther Kohlenfeld liege außerhalb des Gebietes, in welchem Tampfer- kohlen, welche für die Märinezwecke brauchbar feien, bisher gefördert worden seien Aus dem Kaufpreis gehe Herr vor, daß der Ankauf sehr unbedeutender Natur sei und daß keinerlei Einmischung nötig sei. Markham (lib.) fragte an, ob Pretyman bekannt sei, daß gerade dieses Kohlen- feld bereits seit 20 Jahren in London ansgeboten worden sei und daß nur 10 L. pro Acre als Kaufpreis gefordert morden sei, ohne daß sich! ein Muser gefunden habe. (Heiterkeit und Beifall). Pretyman antwortete nicht. Fißmaurice (lib.) fragte, ob in der letzten Zeit zwischen der englischen und der französischen Regierung irgendwelche Noten ausgetauscht worden wären über den Ban des Tunnels unter dem Kanal. Bonar Law antwortete, er wisse nicht, daß in letzter Zeit Verhandlungen über den Tunnelbau stattgesnnden hätten oder daß sich irgend etwas ereignet hätte, das auf den in Bezug auf diese Sache eingenommÄien Standpunkt von Einfluß gewesen wäre. * * *
Englische Flotlenkoirzentration. Ter offiziöse „Daily T.legraph" bestätigt, „daß die Admiralität eine große und sofortige Verstärkung der Geschwader in den heimischen Gewässern an-, geordnet hat." Sie erhöht die Stärke der Kanal- flotte, die vor kurzem nur acht Linienschiffe zählte, ans Wicht Weniger als 15 .Linienschiffe, während die atlantische wird mitetllündische Flotte nur je um ein Linienschiff (jetzt je neun) verstärkt wird und ein weiteres den Reserveditff- -sionen zngefügt wird, die damit zwölf Linienschiffe'zählen, Das englische Blatt schreibt triumphierend: „Infolge dieser Entscheidung wird England an Schissen, die sm Dienst und auf kürzeste Notiz kriegsbereit sind, nicht weniger als 45 erstklassige Linienschiffe, die alle seit der Annahme des Naval Defence Acts gebaut sind, zur Verfügung haben und außerdem 15 Panzerkreuzer, die zum ersten, zweiten und dritten Kreuzergeschwader gehören, stebst 27 anderen.Kreuzern, ,iw Reservedienst' mit einend Mannschaftenstamm und zahlreichen Torpedoboote^. Alle diese Schisse sind für jede Eventualität bereit und alle find in den nahen Meeren konzentriert." Wen diese Konzentration einsWichtern soll, braucht kaum gesagt zu Wdrden.
Das Kanalgeschwader oder, wie die Jingos es lieber nennen, das Nordseegcschwader, das Admiral Sir Arthur Wilson kommandiert, ist, wie der „Daily Telegraph" hervorhebt, „das größte Panzergeschwader moderiger Schisse, das je unter den Befehl eines Admirals gestellt wurde."
Verschleiertes Glück.
Roman von Ewald August König. 40
„Wir haben oben ein Zimmer unbenutzt, Vater/sagte Anna, die sich plötzlich für den Zimmermann in hohem Grade zu interessieren schien; „Kost und Logis könnten wir dem Herrn geben."
„Und wenn man etwas verdienen kann, muß man'S mitnehmen," fügte der Kutscher hinzu.
„Und nachher kann man den sauer verdienten Groschen nachlaufen!" spottete der Wirt.
„Ich zahle voraus," erwiderte Christian in demselben spöttischen Tone.
„Das läßt sich hören," nahm Anna wieder das Wort; „das Geld wäre uns also sicher."
„Und ein ordentlicher Kerl bin ich auch," warf der Zimmermann ein.
„Habt Ihr Arbeit?" fragte der Wirt.
„Nein, ich bin gestern erst hier angekommen."
„Wo habt Ihr denn früher gearbeitet," unterbrach der Kutscher ihn, der jetzt einen vertraulichen Ton anschlug.
„In Derendorf."
„Das ist ja nicht weit von hier," sagte der Wirt, „kehrt dahin zurück, das ist rechtschaffener, als wenn Ihr Euch von Eurer Schwester unterstützen laßt."
„Wer sagt Euch, daß ich das will ?" fuhr Christian wieder auf. „Ich werde wohl auch hier. Arbeit finden, und geschieht's «licht, so hat niemand sich darum zu kümmern. Wenn Gabriel Ullendlein am Leben geblieben wäre, hätte er meine Schwester geheiratet, bah, e» ist alles gleichgültig, ein Mann wie ich, der Hva» gelernt hat und feine Arme zu brauchen weitz, kommt immer durch die Welt!"
„Vorausgesetzt, daß er arbeiten will," sagte Anna, die jetzt den Kutscher beobachtete, der seinen Livreerock aufknöpfte und eine silberne Uhr aus der Westentasche zog. „Weshalb seid Ihr Nicht in Derendorf geblieben, wenn Ihr dort gute Arbeit hattet?"
„Was doch die neugierigen Leute nicht alles fragen können?" Ahnte der Zimmermann. „Weshalb ich hierhergekommen bin? Weil meine Schwester mir telegraphierte; e» muß wohl im Anfang zwischen ihr und der Frau Röber nicht alles geklappt haben ; e- läßt sich ja denken. Di« Schwester ist wahrscheinlich
Diese gewaltige Konzentration moderner Panzerko - lossc ist nur durch den japanischen Seesieg in der Tsuschi- mastraße möglich geworden. So wie die Meldung von ihm einlies, rief die englische Regierung ihre sieben Linienschiffe" in Ostasien telegraphisch zurück.
* * *
Erweiterung des englisch-japanischen Bündnisses. Die „N. Fr. Pr." meldet, in Wiener diplomatischen Meisen verlaute bestimmt, die Anwesenheit! des! P ri n- zen Arisugawa in London hätte hauptsächlich den Zweck gehabt, das Terrain für die Ausgestaltung des e n g- li sch-ja Pa n ischen Einvernehmens zu einemt. Offensiv- und T efensivbün-dnis zu sondieren. Das bisherige, erst -in zwei Jahren erlöschende Bündnis ist nur defensiver Natur In maßgebenden Kreisen Englands sei eine starke Strömung für eine derartige Ausgestaltung schon mit Rücksicht auf die Gefahr, daß Rußland später sich für die ostasiatischen Niederlagen in Indien schadlos halten wollte.
Tages-ShrontL.
Berlin, 20. Juli. Aus Paris meldet das Berl. Tagebl.: Der Epoche zufolge wird König Alfons am 10. September nach Berlin abreisen. Die Reise nach Wien soll erst im November erfolgen.
Berlin, 21. Juli. Nach einer Zuschriftmm die Weltkorrespondenz ist Hr. v. Lindeguist fest entschlossen,, unter keinen Umständen sein Amt als Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika anzntreten, ehe nicht Hr. v. Trotha nach Deutschland zurückgekehrt ist. ,
Essen, 20. Juli. Infolge des Vorgehens der Arbeitgeber im Baugewerbe betrachten die Arbeiter ihrer)- seits den T a ris v er t r a g.als gelöst und stellen in eir ner großen Versammlung neue erhöhte Lohnforderungen! auf. Zur Zeit wird die Verhängung des allgemeinen B au arb ei t erst r ci? s erwogen.
Pforzheim, 21. Juli Der hiesige Verein für Fen erb estjüttung hat d>.m hiesigen Magistrat einj Gesuch um Errichtung eines Krematoriums, eingereicht, wobei der Verein sich mit einer namhaften, Summe zur Unterstützung des Unternehmens verbindlich macht.
Fürth, 20. Juli. Ber der heutigen R e i chs tags- Nachw ah! für den Wahlkreis (Fürth-Erlangen wurde Barbeck (fr. Vg.) nach mutmaßlicher Berechnung mit etwa 500 Stimmen Mehrheit niedergewählt. Um 10 Uhr abends waren für Barbeck )fr. Vg.) 13,120 Stimmen abgegeben und für den Gegenkandidaten Segitz (Soz.) 12970 Stimmen bekannt. Es fehlen noch einige Ortschaften.
Paris, 20. Juli. Mehrere Blätter melden aus Fez, daß die Nachricht vom deutsch-französischen Abkommen in der Marokko-Frage auf den Sultan und den Maghzen großen Eindruck gemacht habe. Der Sultan habe den deutschen Gesandten Grafen Tatt enbach zu sich berufen, um von ihm Erläuterungen über das Abkommen zu erlangen.
London, 21. Juli. Das Unterhaus hat einen Antrag des Nationalisten Redmond auf Herabsetzung beH Postens des irischen Budgets, der sich auf die Landeskommission bezieht, als Protest gegen die Verwaltung der irischen Landakte nach längerer Beratung mit 199 -gegen 196 Stimmen angenomm e n- (Stürmischer Beifall bei den Oppositionellen)!. Diese Abstimmung bedeutet eine Niederlage des Kabinetts Balsour. Es ist >äber fraglich ob die überstimmte Regierung jetzt schon zurücktritt.
Konftautinopel, 20 Juli. Die Gerüchte über eine schwere Erkrankung des Sultans sind völlig unbegründet. Er erfreut sich bester Gesundheit.
Das Opfer einer Unvorsichtigkeit ist in Königshofen (Baden) Taglöhner Gärtner geworden, indem er in einer Mühle, wo er arbeitete, Branntwein verlangte, statt eines solchen aber Essigsäure bekam. Nach kurzer Zeit trat der Tod bei ihm ein.
Irr vergangener Nacht sind in Lindau am Bodensee eine Reihe von Mägen aus dem! Hinteren Zugteil eines Güterzugs entlaufen. Die Versuche, die Wagen aufzuhalten,' mißlangen. 9 Wagen liefen in den inneren! Seehafen und Wurden zertrümmert.
ebenso habgierig, wie ihr Bruder es war; da mußte eS sie ärgern, daß die Haushälterin so viel erbte."
„Vielleicht hat sie geglaubt, die Haushälterin würde alle» erben," warf der Kutscher ein.
„Wahrscheinlich," nickte Christian. „Bon der Heirat Wend- leinS mit meiner Schwester ist oft die Rede gewesen."
„Aber zu stände gekommen wäre sie nie," fiel Anna ihm ins Wort; „Fräulein Spitzer wünschte die Heirat, aber Herr Wendlein wollte nicht."
„Woher wissen Sie das so genau?" fragte der Zimmermann mit schneidendem Hohn.
„Mein Bräutigam hat es mir gesagt!"
„Und dem hat der Onkel ein L für ein U gemacht, ich kann'S ihm nicht verdenken. Den Verwandten Wendleins mußte die Heirat ja verhaßt sein, deshalb verschwieg bei: alte Mann ihnen seine Absichten; sie erfuhren» nach der Trauung noch früh ge- nug; ich hätte es auch so gemacht. Wir haben durch den Tod WendleinS viel verloren.
„Im Januar hätte er meine Schwester geheiratet; bas war fest beschlossen; dann erbte sie später das ganze Vermögen. Und ich behaupte, daß Ihr Bräutigam das gewußt hat."
Anna zuckte schweigend die Achseln und sah den Kutscher an, der gedankenvoll nickte.
„Also, wie ist es? Kann ich hier wohnen?" fragte Christian, indem er sich erhob.
„Habt Ihr überhaupt noch keine Wohnung?" forschte ber Kutscher.
„Einstweilen im schwarzen Raben, aber da gefällt es mir nicht." V
„Kommt morgen einmal wieder," sagte Anna, dem Vater nachblickend, der das Schenkzimmer verließ, „wir wollen überlegen, ob eS geschehen kann."
„Er wäre mir lieb," erwiderte der Zimmermann mit einem zynischen Lächeln, „und wie gesagt, ich zahle voraus." Damit ging er hinaus.
Anna erhob horchend da» Haupt, sie atmete tief auf, als sie ihn draußen am Fenster vorbeischreiten sah. „WaS sagen Sie zu diesem Manne?" wandte sie sich zu dem Kutscher, der die Börse au» der Tasche holte, um die Zeche zu berichtigen, „was halten Sie von ihm?"
I Am Freitag vergangener Woche versetzte nach einenk ' Wirkshäusstreit inViern h e i m bei Tarmstadt oer Händler Wilh. Kaemps dem Taglöhner Weidner einen Messerstich in den Kvpf. Tie Waffe drang bis ins Gehirn. Der Getroffene, der über eine sonderbare Konstitution verfügt haben mnß, begab sich! trotz der schweren Verwundung wieder in das Wirtshaus zurück uud trank noch mehrere Glas Mer. Dann legte er sich im Freien schlafen Am andern Morgen machten sich die Folgen der Verletzung in Lähmungserscheinungen bemerkbar, die allmählich den ganzen Körper ergriffen. Vorgestern ist Weidner gestorben. Kacmpf wurde verhaftet, leugnet aber die Tat.
In Koblenz wurde der 58jährige Schmied Stoffel aus Windesheim bei Kreuznach hin geeicht et. Dep Gerichtete hatte im verflossenen Jahre seinen Schwager, den er jahrelang auf das ScheuMchste mißhandelte, im Bett festgebunden und dann das Haus angesteckt. Ter Schwager fanv dabei den Tod.
In Marxloh bei Ruhrort stürzte einNeubau ein, wobei 8 Arbeiter verletzt wurden, davon 2 schwer. Einer liegt noch unter dem Schutt begraben und wird vermißt.
Auf dem Bahnhof Altena (Westfalen) rvnroe der 25 Jahre alte diensttuende Zugführer Tusch vom Zuge überfahren und getötet.
Der lieberfall guf den Oberleutnant Arnvldi in K i e l wird die gerichtliche Sühne erhalten. Tie drei Stra- ßcnräuber, die den -Oberleutnant seinerzeit überfallen^ schwer verwundet und ausgeraubt hatten, wurden von der Polizei jin Preetz verhaftet. In ihrem' Besitze wurde Ar- noldis Zigarrenetui vorgefunden. Tie Verhaftung erfolg-, te nach einem Raubansall aus' einen 60jährigen Manns,
In Fröschweiler im Elsaß wurde der „Reichst. Korresp." zufolge, gestern der Wirt Um Hof er in einem ihm gehörigen leerstehenden. Hause von einem 20jährigest jungen Manne, der sich dort unberechtigter Weise aufhielt, nach kurzem Wortwechsel, durch einen Revolverschnß getötet. Sodann gab der Mörder noch auf die her- beieilende Frau des Umhoser einen Schuß ab und traf sie in den Unterleib. Außerdem verwundete er noch! einen jungen Mastn durch einen Streifschuß. Der Möcher flüchtete in den nahen Wald. Tie durch eine lNanen- patrouMe urw eine Abteilung Infanterie ausgenommen-^ Verfolgung verlief resultatlos. Tie Frau des Wirts wird nicht mehr aufkommen. Die Unglücklichen hinterlassen fünf Kinder, von denen das älteste 14 Jahre alt ist.
Iik IlMttHtN tu AußtrMd.
Ein Attentat auf Pobjedonoszew.
InPetersburg lief aas Gerücht um, daß aus den Oberprokurator des Heiligen Syrrods, Pobjedonoszew, ein Mordanschlag versucht wurde. Dieses Gerücht wird durch folgende Meldung der „Russkoje Slowo" bestätigt: Als der Oberprokurator am Mittwoch auf dem Petersburger Bahnhof ans Zarskoje Sselo eintraf, trat ein junger Mensch auf ihn zu und versuchte einen Revolverschnß gegen ihn äbzuseueru, een mit Pobjedonoszew ein- getroffener Reisender vermocht' das jedoch zu verhinderst und übergab den Mann der Polizei, die ihm den gelächenen Revolver abnahm, 'Nur die Geistesgegenwart dieses! Reisenden, dessen Namen unbekannt blieb, rettete den Ober-? Prokurator. Dieser fuhr nach dem Anschlag zum Gebäude, des Synods und kehrte später ohne jede Begleitung nach Zarskoje Dsero zurück. Ter Verhaftete zählt etwa 28 Jahre. (Tie russische Telegravhenagentur dementiert das Gerücht von dem Attentat. Es sei durch die Festnahme eines Mannes aus dem Bahnhof veranläßt, bei dem aber nichts verdächtiges gesunden wurde).
Die Polizei
dementiert den Regierungsboten.
Offiziell teilt der Poltzeichef des Kaukasus, Generalmajor Schirecken, betreffs der gestrigen Meldung de» „Regierungsboten" über die Vergiftung von zwanzig Arbeitern nach Theegenuß mit: Vier Erkrankte verließen das Krankenhaus noch an demselben Tag, zwei nach, zwei Tagen, drei nach vier Tagen; gestorben ist keiner»
„Nichts 1 " lautete die Antwort.
«Ich auch nicht! Wissen Sie, was ich glaube?*
„Nun?"
„Ich mag e» nicht aussprechen, so lange ich nicht weiß, w« Tie sind."
„Wer ich bin?" erwiderte er lächelnd. „Das sehen Sie ja an meiner Livree."
„Gerade da» macht mich stutzig,"fuhrsie mit gedämpfterStimm« fort. „Sie sind früher schon hier gewesen, vor einigen Monaten, nicht einmal, sondern öfter, und jedesmal anders gekleidet. Damals war hier eine Schlägerei vorgefallen, einer von den Raufbolden wurde erstochen und niemand wollte den Mord begangen haben. Jetzt glaube ich, Sie haben'S herausgebracht, wer der Mörder war."
„Na, na," sagte er überrascht.
„Ich kann mich ja irren, aber ich habe einen scharfen Blick und ein gutes Gedächtnis," fuhr sie fort. „Damals saßen Sie auch wie heute an einem Tisch allein und lasen Ihre Zeitung, und ich sah, daß Sie alles beobachteten und auf jedes Wort horchten. Ich erinnere mich noch ganz genau, daß Sie wie ein Dachdecker gekleidet waren, Sie trugen unter dem Rock einSchurz-
„Ich glaube, Sie wollten mir etwas über den Zimmermann sagen," unterbrach er sie freundlich.
Anna blickte sich mit horchender Miene um, dann ließ sie den Blick einige Sekunden lang auf der Türe ruhen, durch die de« Vater kommen mußte. „Ich glaube, daß er der Mörder ist!" flüsterte sie. „Ich kann diesen Verdacht nicht lo» werden, Gott verzeih' mir, wenn ich dem Mann unrecht tue."
„Haben Sie Gründe für diesen Verdacht?" fragteer leise.
„Darüber muß ich noch Nachdenken."
„Ich glaube nicht, daß Sie welche finden werden. Sie hören ja, daß Wendlein die Haushälterin geheiratet haben würde."
„Das ist eine Lüge."
„Im Gegenteil, ich finde diese Behauptung sehr wahrscheinlich. Der Tod WendleinS lag überhaupt nicht im Interesse der Wirtschafterin und ihre» Bruders, außerdem war der letztere gar nicht in der Stadt. Wenn der Zimmermann die Tat begangen hätte, würde er die Kasse geplündert und sich mit dem Raube au» dem Staube gemacht haben." 118,20