anlage für die Stadt HeilbroNtt Unter der Voraussetzung zu genehmigen, daß dieselbe von der Stadtgemeinde übernommen wird. Nachdem der Gemeinderat hiezu sein Einverständnis erklärt hat, handelt es sich um die Beschaffung der Kosten für das auf dem neuen Friedhof zu errichtende Krematorium, welche auf ca. 80 000 Mrk veranschlagt sind. Da es nicht angängig sein wird, daß diese aus städtischen Mitteln aufgebracht werden, müssen sie durch die Mit- alieder des hiesigen Leichenverbrennungsvereins zur Verfügung gestellt werden.

Ulm, 2. Juli. Der Ulmer Kegelprozeß welcher vom Reichsgericht in Leipzig behandelt wurde, hat nun durch das wiederholte Urteil des Oberlandesgerichts in Stuttgart seine ent- aülüae Erledigung dahin gefunden, daß dem Beklagten (dem Wirte) ^ der Kosten aller In­stanzen, dem Kläger '/< derselben zugeschieden und entschieden wurde, daß abends nach 10 Uhr nicht bei offenem Fester und nach 11 Uhr nicht mit Kegeln ohne schützende Gummireifen und nicht mit Holzkugeln gekegelt werden darf

Ulm, 5. Juli. Die hiesige Schuhmacher- innung erklärte in ihrer gestrigen Sitzung die Errichtung einer Schuhmacher-Fachschule für ein dringendes Bedürfnis und sprach ihre Bereit- Willigkeit aus, die Fachschule auf ihre Kosten zu errichten, falls der Staat und die Handelskammern des Landes nahmhafte Beiträge leisten und die Stadt Ulm unentgeltlich ein Lokal zur Verfüg­ung stellt.

Ravensburg, 4. Juli. Sängerfest. Wie verlautet, werden nun der König und die Königin das Sängerfest am Montag vormittag besuchen und der Hauptaufführung in der Sängerhalle anwohnen. Die durch den Streik der in der Sängerhalle arbeitenden Zimmerleute verursachte Störung in der Ausstellung der Halle ist nun dank angestrengtester Tätigkeit soweit gehoben, daß auf die Fertigstellung der Halle bis etwa Freitag gerechnet werden kann.

Tages- Nachrichten.

Villingen, 4. Juli. Gestern abend hat sich, demSchw." zufolge, der 33 Jahre alte Knecht Martin Wülste in seiner Wohnstube an der Ofenstange erhängt. Der Lebensmüde hin- lerläßt Frau' und 4 Kinder. Das Motiv ist unbekannt.

Achern, 4. Juli. Bei der Schiffskata-

Rnstere Mächte.

Novelle von Conrad vom Walde.

0 Nachdruck verboten.

Warum mutz die Erinnerung Der Seele Wogen ti-s erregen?

Wo die Verzweiflung grinsend droht Sich um das volle Herz zu legen!

Noch kürzlich hatte er der Mutter die ersten Veilchen mitgebracht, welche sie lächelnd und mit einem Segensblick genommen, und jetzt lag sie schon da aus dem Parade-Totenbett! Alles hatte sie vorher genau bestimmt, und nun hielt er noch ein versiegeltes Heft in der Hand, welches die Aufschrift trug:Für meinen Sohn Wladimir; in der Nacht vor meinem Begräbnis zu öffnen." Er hätte die Totenwache nimmer erkauften Händen anvertraut! Jetzt war es Zeit, das Vermächtnis der Toten zu lesen.

O Mutter," seufzte er schwer und zwei Tränen tropften auf seine Hände,teuerste Mutter, warum mußte ich Dich so früh ver­lieren?!"

Noch einen Blick warf er auf das schöne, friedliche Gesicht der Toten, dann ließ er sich neben den grünen Blattgewächsen, welche zu Häupten des Sarges ausgestellt waren, zwischen den Armleuchtern mit den brennenden Wachs­kerzen nieder und entfernte die Hülle von dem Schriftstück.

Begierig verschlang er das Aktenstück mit den Blicken, welches russisch geschrieben war. Er las:Mein lieber Sohn! Du wirst Dich gewundert haben, in meinem Nachlaß ein größeres Vermögen zu finden, als Du vermutet; >ch habe es gut angelegt, um es für Dich stets bereit zu halten. Daß ich Deine junge Seele Du bist kaum einundzwanzig Jahre alt mit dem Nachfolgenden erst jetzt belaste, verzeihe meiner Mutterliebe, welche Dir den ersten Traum des Lebens nicht stören wollte. Nun aber, da ich weiß, daß es keine Heilung mehr für mich gibt, habe ich stets in Deiner Ab­

strophe des DampfersSlokum" (wurde auch ein Jllenauer, Joseph Vollmer, Sohn des früheren Oberwärters Vollmer, hart betroffen, indem lt.M. N." die Frau nebst drei Kindern verunglückte.

Berlin, 5. Juli. Der Ferienreiseverkehr hat heute mit aller Macht eingesetzt. Der so­genannte Vorverkehr, der bis zum Schluß der Schulen gerechnet wird, zeigt in diesem Jahr einen Umfang wie nie zuvor. Die Züge nach München, Frankfurt und Basel müssen geteilt werden. Heute ist der erste Sonderzug hier eingetroffen. Er kam mit guter Besetzung aus Basel und brachte zahlreiche Süddeutsche zum Besuch der Reichshauptstadt.

Berlin, 4. Juli. DerReichsanzeiger" meldet: Gemäß dem Bundesratsbeschluß vom 23. Juni schlug Graf Posadowsky vor, daß nunmehr die Bundesregierungen der Resolution des Reichstages vom 23. März Folge geben und über die Lohnbeschäftigung der Kinder im Haushalte wie in der Landwirtschaft und in Nebenbetrieben am 18. November eine einheit­liche Erhebung durch die Lehrer und Lehrerinnen der Volksschulen lassen, zunächst über Art und Umfang jener Kinderbeschäftigung.

Hamburg, 4 Juli. Nach der Meeres­opferstatistik sind im Mai 106 Schiffe vollstän­dig verloren gegangen, darunter 4 deutsche. Außerdem wurden 401 Schiffe beschädigt, dar­unter 34 deutsche.

St. Blasien, 4. Juli. Der Staatssekre- tär des Reichsmarineamts, StaatIminister v. Tirpitz, ist heute abend zu einem mehrwöchigen Kurgebrauch hier eingetroffen.

Paris, 8. Juni, lieber die Explosion des Kessels einer Lokomotive auf dem Bahnhof St. Lazare, worüber bereits kurz berichtet, wird noch näher berichtet: Gegen 11 Uhr war eine Lokomotive unweit des Bahnhofs zwischen der Europabrücke und dem Tunnel von Batignolles mit einem gewaltigen Knall explodiert. In den Häusern der Umgebung regnete es Fensterscheiben, Stücke der Lokomotive flogen bis in eine Ent­fernung von 100 Metern. Selbst der Dampf­kessel legte in der Luft einen weiten Weg über die hohen Gebäude der Rue de Saint-Peters- burg zurück und fiel auf das Dach des Hauses Nors der Rue de Berne, das unter der Wucht eingedrückt wurde. Die zwei Nächstliegenden

Häuser der Rue de Berne und der Rue de Rome wurden ebenfalls noch beschädigt. Von einem Verluste an Menschenleben ist nicht die Rede. Der Maschinist und der Heizer der Lokomotive hatten eben ihre Mahlzeit beendet und sich auf den Weg begeben, um ihren Dienst anzutreten, als sie in einer Entfernuug von etwa 10 Meter durch die Explosion zu Boden geworfen wurden. Der Letztere kam mit heiler Haut davon, der Maschinist wurde an den Beinen und am rechten Arm verwundet, aber nicht lebensgefährlich. DemTemps" zufolge sind im ganzen siebzehn Personen verletzt worden, sieben, die sich in einem vorbeisahrenden Zuge befanden, die anderen in den Häusern, die durch die Explosion erschüttert wurden, aber alle Fälle scheinen außer dem des Maschinisten unerheblich zu sein. Ueber die Ursache des Unfalls weiß man nichts und wird man nach der Versicherung eines Bahningenieurs nichts sicheres erfahren können, weil die Lokomitive ganz zersplittert ist.

Es war zunächst das Gerücht entstanden, die Explosion sei durch Dynamit verursacht worden. Ingenieur Labouret erklärte dieses Gerücht für widersinnig. Die 80 Hektoliter Wasser, die der Lokomotiokeffel enthielt, hatten durch plötzliche Verdampfung eine solche Span­nung erhalten, daß die heftige Wirkung der Explosion dadurch leicht zu erklären ist.

Paris, 4. Juli. Der bekannte Automobil- rennsahrer Beconnais ist gestern bei Laboubeyre auf der Straße von Boreeaux nach Bayonne mit seinem Maschinisten Bernhard durch einen Sturz aus dem Automobil ums Leben gekommen.

Antwerpen, 6. Juli. Der Postdampfer Kroonland" derRed Star Linie", in Ant­werpen, ist laut Telegramm am 4. Juli wohlbehalten in Neuyork angekommen.

London, 8. Juli. Lloyds Agentur meldet aus Port Lous auf Mauritius: Das deutsche SchiffConstanze," von Cardiff kommend, ist gestern abend in der Nähe der Küste in tiefem Wasser gesunken. Verluste an Menschenleben sind nicht zu beklagen.

Belgrad, 5. Juni. Das Haupt der Juni- Verschwörung, der Deputierte Gentzitsch zieht sich vom politischen Leben zurück und begibt sich mit seiner Familie ins Ausland.

Neuyork, 4. Juli. DieNeuyork Times" behauptet, einen Brief von einem Bureau er­

vesenheit geschrieben. Dir meine Geschichte mit-

Uteilen. Ich sterbe in Frieden mit der ganzen Welt, nur mit einem nicht und überlaffe es Dir, zu entscheiden, wie Du Dich gegen ihn teilen willst. Die Rache ist des Herrn, das veiß ich: solltest Du ihm aber jemals unter die Lugen treten, so weißt Du nun, was Du dem Lndenken Deiner Eltern schuldig bist. Schon Dein Großvater war nach Rußland aus- zewandert und hatte es dort zu Ehren und Reichtum gebracht. Er hinterließ zwei Söhne, Paul und Stephan Engelbrecht. Dein Vater Paul gelangte als Rechtsgelehrter sehr schnell .u Ansehen und wurde noch sehr jung Staats- :at; Dein Oheim Stephan bekleidete das Amt ünes Steuerdirektors. Mein Vater, Ladislaus iiubomirsky, machte als Direktor der Peters- mrger Bank ein großes Haus, und so kam es, > auch die Brüder Engelbrecht bei uns Zu- ;ang fanden. Ich, Olga, die ältere Tochter, lerlobte mich bald darauf mit Deinem Vater; ;inen Major Sulkowsky hatte ich ausgeschlagen; Rarfa, meine Schwester, heiratete meinen Zchwager Stephan, so daß wir gegenseitig nicht mr verschwistert, sondern auch verschwägert vurden. Unser Glück wäre vollständig gewesen, venn wir nicht gewußt hätten, wie sehr Dimitri Zulkowsky unsre Familie haßte, weil ich nicht hn zum Gatten gewählt; indes was konnte er ms auch schaden? Fast zu gleicher Zeit wurdest Du, mein teurer Wladimir, und Dein Vetter Waldemar geboren. Vor Sulkowskys Haß gatten wir wohl Ruhe, da er befördert und in ;ine ferne Garnison versetzt wurde. Drei Jahre päter starb mein Vater am Schlag, und zwei )ahre darnach tauchte auch Dimitri Sulkowsky vieder in Petersburg als General auf. Er zeiratete in ein vornehmes Geschlecht hinein und Me Fühlung mit dem Hofe.

Der Kaiser war ein großherziger Mann, velcher sich mit verbessernden Plänen trug; ver- chiedene Anschläge auf sein Leben aber hatten hn mißtrauisch gemacht, besonders seitdem die

mächtige Partei der Nihilisten entstanden war.

Eines Morgens war Dein Vater wie ge­wöhnlich aufs Bureau gefahren. Da brachte mir ein Diener von ihm ein Schreiben des In­halts:Angesichts dieses nimm die gesamten Papiere, welche unser Vermögen darstellen und fahre unverzüglich nach Königsberg, wo wir wieder Zusammentreffen werden. Gefahr im Verzüge. Paul."

Ich raffte gehorsam alles zusammen und erreichte mit Dir, meinem Kleinod, Königsberg, wo ich in einem Gasthaus abstieg. Mit namen- loser Ungeduld wartete ich acht Tage, welche mir zuletzt zur Höllenqual wurden, auf Deinen Vater, er kam nicht. Da schrieb ich an den Bankier Zestowitzsch, den Freund meines seligen Vaters, und erhielt die grauenvolle Antwort: Paul Engelbrecht, der Staatsrat, und sein Bruder Stephan nebst Familie seien am Tage meiner Flucht nach Sibirien abgeführt worden, ihr Vermögen beschlagnahmt. Wohin die Un- glücklichen verschickt, könne er noch nicht er- fahren. Und der Grund zur Verbannung? Dimitri Sulkowsky hatte uns aus Haß und Rachsucht als Nihilisten bezeichnet. Ich raste vor Wut, aber ich hatte Dich und mußte mich für Dich zu erhalten suchen. Voll Furcht vor dem langen Arm des Zaren reiste ich mit Dir an den Rhein und nahm in der Stadt der Kunst meinen Wohnsitz. Eifrig trat ich von hier aus in einen Briefwechsel mit Zestowitzsch, reichte auch durch ihn ein Gnadengesuch an den Zaren ein, aber durch des Generals Einfluß wurde alles zu schänden; der Kaiser wird die Rechtfertigung der Gebrüder Engelbrecht nie er­halten haben. Mein Herz blutete, aber nie er­fuhr ich von ihnen auch nur eine Silbe, bis nach acht Leidensjahren Zestowitzsch mir zuerst den Tod meiner Schwester Marfa, dann Deines Vaters und zuletzt das Erliegen Stephan Engel- brechts in Nertschinsk, der Bergwerkstadt in Ostsibirien, anzeigte; Waldemar, Dein Vetter, meldete er gleichzeitig, sei in eine staatliche